Die scheinheilige Supermacht (eBook)

Warum wir aus dem Schatten der USA heraustreten müssen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
293 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-76840-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die scheinheilige Supermacht - Michael Lüders
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MACHT UND MEDIEN - EINE SCHONUNGSLOSE ANALYSE VON MICHAEL LÜDERS
Die USA sind kein selbstloser Hegemon, sondern ein Imperium - auch wenn hiesige Meinungsmacher gerne das Gegenteil behaupten. Donald Trump aber war kein bloßer Betriebsunfall. Unter Joe Biden wird sich vieles ändern, doch es wird weiterhin gelten: «America First». Michael Lüders warnt vor transatlantischen Illusionen und zeigt, warum Europa aus dem Schatten Washingtons heraustreten muss.
Die USA gelten als Garant für Demokratie und Menschenrechte. Doch für «Werte» einzutreten, ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht eine brutale Machtpolitik. Dennoch verfängt die amerikanische Mär vom selbstlosen Hegemon. Auch deswegen, weil unsere Medien viel zu oft mit zweierlei Maß messen. Michael Lüders zeigt, wie leicht die Öffentlichkeit durch gezieltes Meinungsmanagement zu manipulieren ist. Gestern im Irak-Krieg, heute in der Konfrontation mit dem Iran, mit Russland und China. Doch die USA sind eine Weltmacht im Niedergang - Europa muss lernen, seine Interessen selbst wahrzunehmen. Wir können uns die Rolle als Juniorpartner Washingtons auf Dauer nicht mehr leisten.
  • Wie soll sich Europa in einer Zeit der Machtverschiebungen positionieren?
  • Wir können uns die Rolle als Juniorpartner der USA nicht mehr leisten
  • Meinungsmanagement - warum wir die Welt in Gut und Böse einteilen


Michael Lüders war lange Jahre Nahost-Korrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT. Er ist Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft, in Nachfolge des verstorbenen Peter Scholl-Latour. Als Nahost-Experte und Bestsellerautor ist er häufiger Gast in Hörfunk und Fernsehen.

Vorwort


«Hoffnung» titelte eine deutsche Zeitung nach dem Wahlsieg des Demokraten Joe Biden in Großbuchstaben, rechts auf der Seite unterlegt von einem Grauton-Porträtfoto des künftigen Präsidenten. Sein staatsmännischer Gesichtsausdruck wäre einer Verewigung im berühmten Mount Rushmore National Memorial würdig – in Stein gemeißelt, an der Seite der Büsten von George Washington, Thomas Jefferson, Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt. Die linke Hälfte der Zeitungsseite füllt das sepiafarbene Gesicht der ersten Vizepräsidentin in der Geschichte der USA, Kamala Harris. Erwartungsvoll sieht sie in eine unbestimmte Ferne, ebenso entschlossen wie offenbar klug abwägend, so die unterschwellige Botschaft. Er blickt nach links, sie nach rechts – gemeinsam können beide es schaffen: ihr zutiefst gespaltenes Land wieder zu vereinen.

Eine durchaus ikonische Darstellung. Nach vier Jahren Donald Trump, nach vier Jahren Unberechenbarkeit, «alternativen Fakten» und America first haben die Amerikaner sich selbst und die Welt von einem furchtbaren Irrtum erlöst. Daher auch die Farbwahl der Ikonografie, wie auf alten Fotos – sie steht für die Rückkehr zum wahren, dem vertrauten, dem historisch verbrieften Amerika. Trump war der Antichrist, jetzt aber finden die USA wieder zu sich selbst, zu ihrer vertrauten Rolle als «unersetzliche Nation», als unentbehrliche «Ordnungsmacht».

«Amerika» ist nicht allein in Deutschland Glaubenssache. In Politik und Medien, ebenso in kleiner werdenden Teilen der Öffentlichkeit gelten die USA als Sehnsuchtsort, als Garant der Demokratie, vor allem aber als werteorientierter Verbündeter, als «Schutzmacht» Europas im Rahmen der NATO. Doch das Freiheitsversprechen der Vereinigten Staaten war stets und zu allen Zeiten immer nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen findet sich seit Anbeginn eine skrupellose Machtpolitik. Im Kalten Krieg etwa stürzte Washington auf mehreren Kontinenten fortschrittliche Regierungen, mit verheerenden Folgen für die Menschen in den betreffenden Ländern. Allen voran im Iran 1953, in Guatemala 1954, in Chile 1973. Dieses Buch erzählt davon. Der Krieg in Vietnam, der 1975 endete, war nicht weniger ein Verbrechen als der Irak-Krieg 2003, geführt auf der Grundlage von Lügen und dem vorsätzlichen Bruch internationaler Rechtsnormen. Hunderttausende Iraker starben, das Land stürzte ins Chaos, der «Islamische Staat» wurde geboren.

Die USA sind kein selbstloser Hegemon, sondern ein Imperium. Und ein Imperium betreibt grundsätzlich eine imperiale Politik. Das bedeutet, dass machtpolitische Widersacher oder Konkurrenten nach Möglichkeit zu schwächen oder auszuschalten sind, auch mit Hilfe von Subversion, Sanktionen oder militärischen Interventionen. Die Erhöhung Bidens und seiner Stellvertreterin – «Hoffnung» – ist verständlich, insoweit sie die Erleichterung über die Abwahl Trumps spiegelt. Doch war nur Trump allein das Problem? Fällt denn der Schaden, den die Regierung Bush mit ihrem «Krieg gegen den Terror» angerichtet hat, tatsächlich geringer aus als jener, der von der Regierung Trump zu verantworten ist? Hat die Regierung Obama nicht den Drohnenkrieg salonfähig gemacht, unbeschadet seiner vielen zivilen Opfer? Und die Cyber-Spionage auch gegenüber den Verbündeten, bis hin zum Telefon der Bundeskanzlerin, in neue Höhen geführt? Von Cyberangriffen ganz zu schweigen, etwa gegen den Iran? Hat sie nicht unmissverständlich klargestellt, dass die USA selbst mit einem ausgeprägten Sympathieträger als Präsidenten über dem Völkerrecht stehen, aus ihrer Sicht?

Daher sei die Prognose gewagt: Auch Präsident Biden wird, wie jeder seiner Vorgänger seit dem Zweiten Weltkrieg, Militär und Geheimdienste weltweit einsetzen, nötigenfalls Kriege führen zur Wahrung der eigenen Vormachtstellung. Dem übergroßen Einfluss des «militärisch-industriellen Komplexes» wird er sich schwerlich entgegenstellen, der fortschreitenden Oligarchisierung US-amerikanischer Politik nicht entgegenwirken (können). Und gegenüber den maßgeblichen Widersachern Washingtons, Russland und verstärkt China, ebenso wenig auf Deeskalation setzen wie die Präsidenten vor ihm.

Europäische und deutsche Transatlantiker dürfte das kaum erschüttern. So sehr haben sie ihre Rolle eines Juniorpartners an der Seite der USA verinnerlicht, dass sie nur selten darüber nachdenken, ob die Richtungsvorgaben des Bündnispartners tatsächlich auch hiesigen Interessen dienen, ihnen möglicherweise nicht sogar widersprechen. Der Öffentlichkeit gegenüber betonen sie die gemeinsamen Werte, den Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Die andere Seite der Medaille nehmen sie nicht wahr oder relativieren sie. Was auch geschehen ist oder noch geschehen mag: Wir sind und wir bleiben die Guten. Da Transatlantiker in Politik und Medien und darüber hinaus, etwa in den zahlreichen «Denkfabriken», tonangebend sind, ist diese Haltung nicht irgendeine. Vielmehr ein Leitmotiv hiesiger (Außen-)Politik, wenn nicht gar ihr Fundament.

Nibelungentreue aber ist niemals eine gute Option. Auf die USA bezogen auch aus den beiden folgenden Gründen nicht. Zum einen war der Wahlsieg der Demokraten 2020 alles andere als ein Kantersieg über die Republikaner. Trump mag Vergangenheit sein, der Trumpismus ist es nicht. Wer garantiert, dass in vier Jahren nicht erneut ein unberechenbarer Populist ins Weiße Haus einzieht? Oder ein sendungsbewusster evangelikaler Christ? Sollten die Europäische Union und Deutschland weiterhin darauf verzichten, ihr Eigengewicht gegenüber Washington zu stärken, machen sie sich strategisch von ein paar Hundert oder Tausend Wählerstimmen in den maßgeblichen «Swing-Staaten» abhängig.

Zum anderen wandelt sich die Welt unaufhörlich. Die USA werden vorerst eine Supermacht bleiben, haben aber ihren historischen Zenit überschritten. Die Zeit, in der Washington stark genug war, um, zumindest vordergründig, auch europäische (Sicherheits-)Interessen wahrzunehmen, ist vorbei. Die kommende Supermacht ist China, und die Europäer müssen, ob sie wollen oder nicht, für ihre Interessen selbst einstehen. Andernfalls riskieren sie, zum Spielball im geopolitischen Ringen um Macht und Einfluss zu werden.

Was in Deutschland fehlt, sind meinungsoffene, streitbare Auseinandersetzungen über außenpolitische Grundsatzfragen. Somit entfallen Debatten jenseits vertrauter Stromlinien um dieses zentrale Thema weitgehend: Welches Verhältnis wollen, welches benötigen wir zu den USA? Überzeugte Transatlantiker sind durchaus bereit, Exzesse oder Versäumnisse amerikanischer Politik zu kritisieren. Die rote Linie allerdings ist die Benennung des Verbündeten als imperiale Großmacht. Die Geißelung der Machenschaften von «Schurkenstaaten», allen voran Russland, China und dem Iran, zeugt demzufolge von aufgeklärtem Geist, dem rechten Demokratie-Verständnis und ist garantiert sanktionsfrei. Wer jedoch in Richtung USA nicht den vermeintlich richtigen Ton trifft, sieht sich schnell an den Pranger gestellt und des «Anti-Amerikanismus» bezichtigt. Da hilft dann auch nicht der Hinweis, dass etwa die amerikanischen «Selbsthasser», die für die Serie House of Cards verantwortlich zeichnen, gleichwohl ein sehr realitätsnahes Bild der Ära Trump filmisch vorweggenommen haben. Und wäre der vielleicht beste Antikriegsfilm aller Zeiten, Apocalypse Now von Francis Ford Coppola (1979), tatsächlich «anti-amerikanisch»? Zeigt er nicht vielmehr ein künstlerisch verfremdetes, doch psychologisch überzeugendes Porträt der USA, wie sie in Vietnam im moralischen und politischen Morast versinken?

Imperien kommen und gehen, wie in einer Wellenbewegung, lehrte der arabische Historiker Ibn Khaldun schon im Mittelalter. Von ihm wird noch die Rede sein, ebenso von geschichtlichen Ereignissen, die das Wirken kolonialer wie imperialer Mächte nachzeichnen, damals wie heute. Den USA sind andere «Weltenlenker» vorausgegangen, weitere werden folgen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Macht auf Kosten Dritter ausüben. Einem Imperium geht es in den seltensten Fällen um Werte. Im Vordergrund steht die Durchsetzung und Wahrung eigener Interessen, insbesondere die Verteidigung gegebener Vorherrschaft. Das zugrundeliegende Geschäftsmodell, über alle Jahrhunderte, ist die Mehrung des Reichtums einer Minderheit auf Kosten der Mehrheit. Gerechtigkeit gerinnt in diesem Modell zu einem Privileg derer, die, modern gesprochen, den richtigen Reisepass besitzen.

Die Ausübung von Macht geht immer auch einher mit Manipulation, insbesondere der öffentlichen Meinung. Das ist in einer Demokratie nicht grundsätzlich anders....

Erscheint lt. Verlag 18.3.2021
Reihe/Serie Beck Paperback
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Amerika • China • Demokratie • EU • Europa • Frieden • Geschichte • Gut-Böse-Schema • Iran • Kalter Krieg • Konflikt • Krieg • Kultur • Liberalismus • Macht • Menschenrechte • Politik • Putsch • Regimechange • Russland • Westen
ISBN-10 3-406-76840-7 / 3406768407
ISBN-13 978-3-406-76840-8 / 9783406768408
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