Nichts kaufen, alles haben (eBook)

In 7 Schritten zu einem konsumfreien, nachhaltigen und großzügigen Leben
eBook Download: EPUB
2021
368 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-26720-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nichts kaufen, alles haben - Liesl Clark, Rebecca Rockefeller
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Klamotten, Kosmetik, Elektronik: Wir kaufen ständig neu und schmeißen vieles anschließend wieder weg. Was davon bleibt: Müllberge, die unseren Planeten zerstören, und das ungute Gefühl, den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Liesl Clark und Rebecca Rockefeller, die Gründerinnen der globalen »Buy Nothing«-Bewegung, liefern mit diesem Buch eine fundierte Analyse unseres Kaufverhaltens und führen in sieben Schritten zu einer nachhaltigen Konsumkultur, die auf dem Prinzip des Schenkens und Tauschens beruht. So schonen wir Ressourcen, kommen unseren Mitmenschen näher und haben wieder Raum für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

Liesl Clark ist Mitbegründerin des »Buy Nothing«-Projekts und preisgekrönte Filmemacherin. Sie hat unter anderem für National Geographic Wissenschaftsdokumentationen über die entlegensten Ecken der Welt gedreht. Rebecca Rockefeller hat das »Buy Nothing«-Projekt mit seiner ersten lokalen Facebook-Gruppe auf Bainbridge Island (Washington/USA) gegründet. Als Social-Media-Beraterin verhilft sie Künstler*innen und Non-Profit-Organisationen zu mehr Sichtbarkeit.

www.buynothingproject.org

Warum es besser ist, nichts zu kaufen

Wie also sind wir vom Splitter im Fuß eines Kindes am Strand dazu gekommen, ein globales Experiment zu starten, um mehr miteinander zu teilen? Natürlich ist alles zurückzuführen auf Plastik.

Nach diesem Tag am Strand wurden wir zu Frauen mit einer Mission. Mit unseren Kindern im Schlepptau umsegelten wir Bainbridge, die kleine Insel im Puget Sound und unsere Heimat, um noch mehr über den kontinuierlichen Zustrom von Plastik zu erfahren. Wir bargen ganze Wagenladungen Plastikabfall, der mit jeder Flut an die Ufer gespült wurde. Wir sammelten Plastikbrocken von der Größe eines VW-Käfers, kleine Stücke von der Größe einer Mikrofaser und alles, was größenmäßig dazwischenlag.

Wir verbohrten uns regelrecht in die Herkunft des Plastiks am Strand und brauchten drei Jahre, bis wir die Ufer der Gegend gesäubert und alle Arten von Haushaltsplastik wie Eimer, Zahnbürsten, Strohhalme, Luftpolsterfolie, Reißverschlussbeutel, Verpackungen von Erdnüssen, Styropor-Fleischpackungen oder die allgegenwärtigen Plastikwasser-flaschen einschließlich ihrer Verschlüsse katalogisiert hatten. Als Bürgerinnen wurden wir zu Wissenschaftlerinnen, die sich um die Beantwortung der entscheidenden Frage bemühten: Woher stammten die Kunststoffe, die unsere Strände und Gewässer verunreinigen?

Das Plastik-Zeitalter

Natürlich stammten sie von uns allen – aus unseren Häusern und Gärten, von Autos, Parkplätzen, Arbeitsstellen, Schulen und Restaurants. Wenn etwas aus Plastik war und einer von uns aus Bainbridge es gekauft hatte, sahen wir es mit hoher Wahrscheinlichkeit eines Tages wieder, nachdem es auf unsere Insel gespült worden war. In jenem Sommer betrachteten wir unsere kleine Insel als einen Mikrokosmos der Welt. Durch unsere Beobachtungen konnten wir bestätigen, dass Plastik ewig hält. Es ist nicht biologisch abbaubar. Es zerfällt in immer kleinere Stücke, die so klein sind, dass in weiten Teilen unserer Ozeane das Mikroplastik – laut der National Oceanic and Atmospheric Administration winzige Plastikteile, die »weniger als fünf Millimeter lang sind (also ungefähr so groß wie Sesamsamen)«1 – das Zooplankton überwiegt, jene winzigen Meereslebewesen, die die Hauptnahrungsquelle für viele Meerestiere darstellen, und zwar im Verhältnis von sechs zu eins.2 Es gibt zweierlei Zersetzungsprozesse, die Interesse verdienen. Der erste besteht in der Zerlegung großer Gegenstände in Mikroplastik. Dies ist bedeutungsvoll, denn je kleiner das Stück wird, desto wahrscheinlicher wird es von Meereslebewesen gefressen und gelangt so in die Nahrungskette. Wir haben selbst erlebt, wie Kunststoffe, die als komplette Gegenstände in die Umwelt gelangen, in kurzer Zeit zu Mikroplastik werden können, wenn sie Kräften wie Schiffen, Sonnenlicht und Wellen ausgesetzt sind. Ein Kugelschreiber, der aus einer Tasche fällt und dann von einem Auto überfahren wird, wird auf dem Weg zum nächstgelegenen Gewässer von einem ganzen Gegenstand zu winzig kleinen Splittern, nachdem er unter einen Reifen geraten ist. In wenigen Wochen wird eine Einkaufstüte aus Plastik, die der Wind vor sich hertreibt, in kleine Schnipsel verwandelt, die Algen ähneln, nachdem sie durch Sonnenlicht und Äste weiter zersetzt wurden. Oder ein Ballon kann die Luft verlieren und danach in eine Art Flocke mit Tentakeln zerfallen, die einer Qualle ähnelt. Wenn Kunststoffe einmal von den Naturkräften erfasst werden, die sogar Felsen am Strand und Muscheln glattschleifen, nehmen sie organische Formen an, die das menschliche Auge und das der Meereslebewesen täuschen. Größere, noch vollständigere Plastikmüllstücke werden ein hungriges Tier nicht täuschen; sie sind zu groß, um von einem Filtrierer aufgesaugt zu werden. Doch es dauert gar nicht lange, bis viele Plastikgegenstände ihre ursprüngliche Form verlieren und zu Mikroplastik zerfallen, das dann mit größerer Wahrscheinlichkeit von Meereslebewesen aufgenommen wird. Man schätzt, dass der gesamte Prozess der Photodegradation von Mikroplastik, der Veränderung von Werkstoffen durch den Einfluss von Licht, im Falle einer Plastikflasche 450 Jahre und mindestens 600 Jahre bei einer Plastikangelschnur dauert.3 Plastik ist heute der Hauptverursacher der Meeresverschmutzung; es umfasst 60 bis 80 Prozent des vom Menschen verursachten Abfalls in den Ozeanen weltweit, und 90 Prozent aller schwimmenden Partikel bestehen aus Plastik.4

Wir begannen ein monatelanges Forschungsprojekt, durchkämmten jede Küste, die wir erreichen konnten, und gingen jeden Strand und jedes Wassereinzugsgebiet in unserer Gegend ab. Jeder starke Regen förderte noch mehr Strohhalme, Brotetiketten und Feuerzeuge zutage: Sie trieben stromabwärts in die Flussmündungen und aufs Meer hinaus. Wir dokumentierten den gesamten Müll aus erster Hand, mit Videos und Fotos. Wir erstellten Tabellen, in denen Gegenstände, Orte und Daten aufgelistet sind, um die in unserer unmittelbaren Umgebung angesammelten Plastikabfälle im geografischen Raum zu erfassen: von der Wildnis bis hin zur städtischen Umgebung. Wir haben uns über Karten und Daten den Kopf zerbrochen.

Wir kamen zu der Erkenntnis, dass Plastik vom ursprünglichen Verbraucher, wo auch immer er sich befindet, zu den Wassereinzugsgebieten und Wasserwegen wandert und schließlich ins Meer gelangt. Die meisten Kunststoffe werden über das städtische Abflusssystem durch Regenwasserkanäle, Wassereinzugsgebiete und Abwässer in unsere Gewässer transportiert. Angesichts von fast neun Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr, die in unsere Meere gelangen, wird schätzungsweise bis zum Jahr 2050 mehr Plastik als Fisch in unseren Ozeanen vorhanden sein.5

Kein Strand auf unserem Planeten ist frei von Plastik, und nur wenige Flüsse sind ohne Plastikreste, ja, unser Land selbst quillt über vor Plastik, auch an den Orten, wo man es am wenigsten erwartet. Unsere sogenannten Ökogärten sind voller Plastik – organischer Kompost, der von Kompostieranlagen verkauft wird, ist oft durchsetzt mit Mikroplastik, wie etwa mit Fäden von zerrissenen Kunststofftaschen. Mit anderen Worten: Wir haben ein sehr ernstes Kunststoffproblem.

Im Meer schwimmende Kunststoffe wirken als Lockmittel für schwer abbaubare organische Schadstoffe wie DDT und PCB, indem sie diese giftigen Chemikalien adsorbieren, also an der Oberfläche anreichern. Diese werden dann auf lebende Organismen übertragen und erhöhen ihre Toxizität, wenn sie sich auf ihrem Weg an die Spitze jeder Nahrungskette bioakkumulieren, also sich in einem Organismus anreichern.

Eines der wenigen Forschungslabors, das Mikrokunststoffe in der Umwelt untersucht, ist im Center for Urban Waters in Tacoma angesiedelt, nur sechzig Meilen von Bainbridge entfernt. Anlässlich einer Konferenz über Mikroplastik hat der wissenschaftliche Direktor des Instituts, Dr. Joel Baker, dargelegt, was die Forschung bisher weiß:6

  • Abgesehen von den kleinen Plastikstücken, die im Laufe der Zeit in Mikrokunststoffe zerfallen, wozu auch die Mikrofasern aus unserer Kleidung gehören, sind Körperpflege- und Kosmetikprodukte eine weitere allgemein anerkannte, wichtige Quelle für Mikroplastik. Diese Produkte verwenden Mikroperlen und Glitzer in Schminke, Peelings, Körperlotionen, Zahnpasta und Gesichtscremes.7 Erst vor kurzer Zeit haben Wissenschaftler erkannt, dass Mikroplastik, so klein es auch ist, eine langfristige Bedrohung für die Meeresnahrungskette darstellen kann, weil die Meereslebewesen die winzigen Kunststoffe mit Nahrung verwechseln. Plastikabfall bedroht weltweit mindestens 800 verschiedene Arten, darunter die Hälfte aller Meeresschildkröten und 60 Prozent unserer Seevogelarten,8 und tötet jedes Jahr 100000 Meeressäuger.9
  • Im Meer schwimmende Kunststoffe wirken als Lockmittel für schwer abbaubare organische Schadstoffe wie DDT und PCB, indem sie diese giftigen Chemikalien adsorbieren. Diese werden dann auf lebende Organismen übertragen und erhöhen ihre Toxizität, wenn sie sich auf ihrem Weg an die Spitze jeder Nahrungskette bioakkumulieren.10 Laut Merriam-Webster bezeichnet die Adsorption »die aufgrund von intermolekularen Kräften stattfindende Anlagerung von Gasen oder gelösten Stoffen an der Oberfläche eines Festkörpers, mit dem sie in Kontakt kommen«. Nicht nur schwimmt Plastik überall im Ozean, sondern wirkt zudem wie ein Magnet für eklige Schadstoffe – für die Chemikalien, die den Kunststoffen anhaften und sie umhüllen. Schlimmer noch: Die Wissenschaftler können nun beweisen, dass man das Plastik und die Chemikalien, die es adsorbiert, in den Mägen von Seevögeln sowie den Fischen und Schalentieren findet, die wir Menschen verzehren.11

Als Gesellschaft befinden wir uns mitten im Plastik-Zeitalter, wie einige Wissenschaftler es nennen. In den vergangenen dreizehn Jahren haben wir ebenso viel Plastik hergestellt wie im gesamten vergangenen Jahrhundert. Über welche Menge an Plastik sprechen wir? Ein Artikel im Telegraph fasste eine Studie von Forschern der University of Georgia und der University of California folgendermaßen zusammen: »Seit den 1950er Jahren wurde Kunststoff mit einem Gewicht von umgerechnet einer Milliarde Elefanten produziert … bis 2015 hatte die Menschheit 8,3...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2021
Übersetzer Nikolaus Palézieux
Sprache deutsch
Original-Titel The buy nothing, get everything plan -
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte eBooks • Kaufverhalten • Klimakrise • konsumfrei • Konsumverhalten • Konsumverzicht • Nachhaltigkeit • Ökologisch • Persönlichkeitsentwicklung • plastikfrei • Ratgeber • Selbstversorger • Selbstversorgung • Umweltschutz • Zero Waste
ISBN-10 3-641-26720-X / 364126720X
ISBN-13 978-3-641-26720-9 / 9783641267209
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