Die Bank gewinnt immer (eBook)

Wie der Finanzmarkt die Gesellschaft vergiftet
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
256 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44519-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Bank gewinnt immer -  Gerhard Schick
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Der Finanzmarkt zieht uns das Geld aus der Tasche. Unfairer Umgang mit Sparvermögen und unserer Altersvorsorge, gigantischer Steuerbetrug und dreiste Immobilienspekulation machen uns das Leben schwer. Eine fehlgesteuerte Finanzindustrie birgt Crashgefahr und schafft immer neue Probleme - bei den globalen Herausforderungen, aber auch im Alltag der Bürger und Verbraucher. Sie ist zu groß, zu mächtig und zu intransparent. Und sie vergiftet das gesellschaftliche Klima. Es ist höchste Zeit für eine Finanzwende, sagt der quer durch alle politischen Lager hoch geschätzte Finanzexperte Gerhard Schick. Neue Regeln und Maßnahmen müssen her und kriminelle Akteure gestoppt werden. Schick zeigt: Eine bürgerfreundliche Finanzwelt ist möglich. »Wer mit Schick redet, trifft auf einen eloquenten und energiegeladenen Aktivisten.« Süddeutsche Zeitung »Niemandem fällt jemand ein, der ähnlich hartnäckig ist wie Schick, bei Freunden und Gegnern gleichermaßen geachtet.« Die Welt »Immer auf Augenhöhe mit dem Ministerium und oft auch darüber.« Ralph Brinkhaus, CDU-Fraktionsvorsitzender

Gerhard Schick, promovierter Volkswirt, ist Vorstand des Vereins Finanzwende. Von 2005 bis 2018 war er Mitglied des Bundestages, ab September 2007 finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ab 2011 Mitglied im Finanzmarktgremium des Deutschen Bundestages. 2014 hat er bei Campus sein Buch »Machtwirtschaft, nein danke!« veröffentlicht.

Gerhard Schick, promovierter Volkswirt, ist Vorstand des Vereins Finanzwende. Von 2005 bis 2018 war er Mitglied des Bundestages, ab September 2007 finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ab 2011 Mitglied im Finanzmarktgremium des Deutschen Bundestages. 2014 hat er bei Campus sein Buch »Machtwirtschaft, nein danke!« veröffentlicht.

Kapitel Vorwort
Bürger in Bewegung


Es ist ein schöner Spätsommermorgen, als ich durch den Tiergarten in Richtung Zeit-Redaktion radele, um Marc Brost, den Leiter der Hauptstadtredaktion, zu treffen. In einem Interview will ich meinen Rücktritt aus dem Bundestag öffentlich machen. Für mich ist es ein Aufbruch ins Ungewisse. Noch weiß niemand in der Öffentlichkeit von unserem Vorhaben, noch könnte ich alles abblasen. Aber während ich kräftig in die Pedale trete, spüre ich nicht nur den Wind um meine Nase, sondern auch, dass der Schritt, den ich kommunizieren werde, richtig ist: Dieses Vorhaben ist es wert, dass ich dafür mein Bundestagsmandat aufgebe.

Erscheinen soll das Interview pünktlich zum zehnten Jahrestag der Lehman-Pleite. Zehn Jahre lang habe ich daran gearbeitet, die Finanzmärkte wieder in den Griff zu bekommen, nachdem sie die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hatten. In dieser Zeit ist mir immer klarer geworden, wie dringend es ein starkes Gegengewicht zur Finanzlobby braucht. Nur mit einem solchen Gegengewicht kann es gelingen, die Finanzmärkte stabiler zu machen und eine nächste Finanzkrise zu vermeiden. Denn nach dem Beinahe-Kollaps von 2008 machten große Teile der Finanzwelt munter weiter wie zuvor.

Bisher klaffte hier eine Lücke. Es fehlte jemand, der in Sachen Geld die Rolle übernimmt, die Umweltverbände wie Greenpeace, NABU oder BUND bei Klima- und Naturschutz spielen, Wohlfahrts- und Sozialverbände wie AWO oder Caritas beim Sozialen und Amnesty bei den Menschenrechten. Doch genauso dringend, wie sich um Fragen von Ökologie und Gerechtigkeit zu sorgen, ist es, sich darum zu kümmern, dass uns die Finanzmärkte nicht noch einmal an den Rand des Abgrunds bringen, zumal diese eng mit den beiden anderen Bereichen verflochten sind.

Während ich in die Pedale trete, lasse ich die letzten Monate noch einmal Revue passieren. Viele Gespräche liegen hinter mir mit Menschen, die wie ich versucht haben, die Finanzmarktregeln zu verbessern. Ihre Erfahrungen gleichen meinen: Im Zweifelsfall setzt sich immer die Lobby durch.

Meine Mitstreiter, das sind zum Beispiel Finanzmarktexperten wie Udo Philipp, der früher in der Private-Equity-Branche tätig war und sein enormes Wissen seither dafür einsetzt, die Finanzmärkte stabiler und fairer zu gestalten. Oder Antje Schneeweiß vom Institut Südwind für Ökonomie und Ökumene, die sich seit Jahren für eine gerechtere Weltwirtschaft engagiert und viel zur internationalen Dimension der Finanzkrise gearbeitet hat. Ganz entscheidend bei der Gründung waren auch deutsche Mitglieder der europäischen Organisation Finance Watch, mit der wir eng kooperieren wollten. Und natürlich zahlreiche Wissenschaftler wie Peter Bofinger, Martin Hellwig, Gustav Horn und Christoph Spengel. Auch Leute aus unterschiedlichen demokratischen Parteien waren von Anfang an mit dabei. So etwa Gesine Schwan (SPD) und der inzwischen leider verstorbene Norbert Blüm (CDU). Organisationen der Zivilgesellschaft, etwa Facing Finance oder der Deutsche Gewerkschaftsbund, machten ebenfalls mit.

Anfangs hatten wir daran gedacht, uns in einem losen Netzwerk zu organisieren. Dann hätte ich meine Aufgabe im Bundestag fortführen können. Doch schnell wurde uns klar, dass wir eine schlagkräftige Truppe von Mitarbeiterinnen und eine richtige, handlungsfähige Organisation brauchten. Schließlich hatten wir vor, uns mit einer der mächtigsten Lobbys des Landes anzulegen: mit Banken, deren Verbänden und billionenschweren Fonds, mit Versicherungskonzernen und Strukturvertrieben. Gleichzeitig würden wir auf der anderen Seite mit Finanzministern, Aufsichtsbehörden und Abgeordneten streiten müssen. Deshalb hatten wir einen Verein gegründet und eine Anschubfinanzierung von gemeinnützigen Organisationen gesichert.

Schnell war uns bei all den Diskussionen auch klar geworden, dass wir jemanden brauchen, der die Bürgerbewegung Finanzwende leitet und als Gesicht in der Öffentlichkeit auftritt. Eigentlich hatte ich vor, das Projekt lediglich mit anzuschieben, mich selbst aber im Hintergrund zu halten, denn sonst würde ich den Bundestag verlassen müssen. Finanzwende musste überparteilich und unabhängig sein. Andernfalls würden wir viele potenzielle Unterstützerinnen verlieren. Der Vorstand einer überparteilichen Organisation kann nicht gleichzeitig Mitglied einer Parlamentsfraktion sein und für diese in der Öffentlichkeit auftreten. Viele Abgeordnete stören sich nicht daran, Diener zweier Herren zu sein, und haben neben ihrem Bundestagsmandat einen oder mehrere Nebenjobs. Für uns stand aber immer fest, dass das keine saubere Lösung ist.

Als es dann schließlich auf mich als Vorstand des Vereins hinauslief, stand ich vor einer schwierigen Entscheidung: Wollte ich meine politische Arbeit im Bundestag beenden, um eine neue Organisation zu leiten, deren Zukunft alles andere als klar war und bei der ich zunächst Arbeitsstrukturen würde aufbauen müssen, die ich im Bundestag schon hatte? Denn trotz aller Kritik an vielen Abläufen im Bundestag war ich immer ein begeisterter Parlamentarier. Das kritische Nachhaken im Ausschuss, die heiße Debatte im Plenarsaal, das eifrige Recherchieren im Untersuchungsausschuss, die vielen Möglichkeiten, gute Initiativen aus dem Parlament heraus zu unterstützen – war Finanzwende es wert, das alles aufzugeben?

Letztlich war die große Unbekannte, ob genug Menschen mitmachen würden. Wenn sich uns viele Bürgerinnen und Bürger anschlossen, dann konnten wir gemeinsam wesentlich mehr erreichen als mein kleines Team und ich allein im Bundestag. Aber wenn alle sagten: »Schön, dass es euch gibt«, und nicht aktiv würden? Wenn alle abwarteten, statt mitzumachen? Dann hätte ich meine parlamentarische Arbeit, durch die ich immer wieder gute Ergebnisse erzielen konnte, eingetauscht gegen eine schwachbrüstige, wirkungslose Nicht-Regierungsorganisation.

Mein Wechsel wäre dann richtig, wenn sich genug Mitstreiterinnen fänden und genug Menschen bereit wären, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Denn die einzige Finanzierung, die wirkliche Unabhängigkeit garantiert, sind die Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern. Gelder aus der Finanzbranche oder eine staatliche Finanzierung würden unsere Unabhängigkeit gefährden. Meine Entscheidung für Finanzwende war also eine Wette gegen die Politikverdrossenheit. In diesen Tagen vor dem 15. September 2018 fühlte es sich an wie ein »stage diving«, ein Sprung ins Ungewisse, in der Hoffnung, dass viele dabei sein werden und mitmachen.

Als das Interview ein paar Tage später erscheint, erreichen mich viele Rückmeldungen. Teils von überraschender Seite: »Meine Unterstützung haben Sie auf jeden Fall«, sagt mir ein ranghoher Vertreter einer Aufsichtsbehörde am Telefon. »Ich bin zwar bei vielen Fragen keineswegs Ihrer Meinung, das geht mir teilweise viel zu weit, was Sie wollen. Aber wir brauchen Finanzwende dringend als Gegengewicht zu den Interessenverbänden. Sonst haben vernünftige Lösungen keine Chance.« Auch Mitarbeiter aus der Finanzbranche melden sich und wollen uns mit ihrem Sachverstand unterstützen.

Die mediale Resonanz ist enorm. Journalisten fragen mich, ob es das schon einmal gegeben habe, dass ein Bundestagsabgeordneter mitten in der Legislaturperiode in eine neue, zivilgesellschaftliche Organisation gewechselt sei. Mir fällt tatsächlich kein anderes Beispiel ein. Schon wenige Tage nach dem Interview haben wir 600 Mitglieder, mehr, als wir zu diesem frühen Zeitpunkt erwartet haben. Geht die Wette auf die aktive Bürgerschaft also auf?

Im Zug, beim Bäcker, in der Kneipe, überall werde ich angesprochen. Viele sind enttäuscht und begeistert zugleich. Enttäuscht, dass ein Abgeordneter, dem sie vertraut haben, sein Mandat ohne Not aufgibt. Begeistert, dass ein Abgeordneter das tut, was nötig ist, um die Ziele, von denen er überzeugt ist, zu erreichen. Eine langjährige Unterstützerin bei den Grünen in Baden-Württemberg bringt es auf den Punkt: »Ich bin so sauer, dass du uns im Stich lässt«, sagt sie. »Aber ich kann dir einfach nicht böse sein. Du meinst es ernst mit der Finanzwende. Und genau deshalb habe ich dich ja auch gewählt.«

Was wir bei der Gründung im Herbst 2018 nicht ahnen konnten, ist, dass unser Land schon so bald in einer neuen Krise stecken würde, die die Lehman-Krise in den Schatten stellt. Diesmal ausgelöst durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie. Zwar habe ich immer damit gerechnet, dass es zu einer neuen, großen Krise kommen könnte. Aber dass es sich so schnell wieder genau wie 2008 anfühlt, das überrascht mich doch. Im Frühjahr 2020 gleichen die Nachrichten denen von 2008: Die Kurse an den Aktienmärkten ...

Erscheint lt. Verlag 19.8.2020
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Crash • Finanzberatung • Finanzkrise • Finanzlobby • Finanzwende • Geldwäsche • Kreditvergabe • Riesterrente • Steuerbetrug • Versicherungen
ISBN-10 3-593-44519-0 / 3593445190
ISBN-13 978-3-593-44519-9 / 9783593445199
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