Lernen S' Geschichte, Herr Reporter! (eBook)

Bruno Kreisky - Episoden einer Ära
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
272 Seiten
ecoWing (Verlag)
978-3-7110-5288-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lernen S' Geschichte, Herr Reporter! -  Ulrich Brunner
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Dem Mythos Bruno Kreisky auf der Spur Wie war es als Journalist, einen Politiker mit Ecken und Kanten wie Bruno Kreisky aus nächster Nähe zu erleben? Ulrich Brunner, der einst von Kreisky mit dem legendären Zitat »Lernen S' Geschichte!« angegangen wurde, erzählt von seinen Begegnungen mit dem Staatsmann und lässt uns hinter die Kulissen blicken. Wie unterschieden sich Privatmann und öffentliche Person? Woher kamen seine politischen Ambitionen? Wie hat er die Politik Österreichs nachhaltig geprägt? - Porträt eines herausragenden SPÖ-Politikers: Wie Kreiskys Biografie mit der Entwicklung der Zweiten Republik verschränkt ist - Packend geschrieben, mit Insiderwissen, über das nur wenige verfügen: Ulrich Brunners Erinnerungen an den Jahrhundertkanzler - Willy Brandt, Olof Palme, Otto Bauer, Dr. Karl Renner: Welche Persönlichkeiten beeinflussten Kreiskys politisches Selbstverständnis? - Der Sozialdemokratie verpflichtet: Wie die Unterdrückung durch den Austrofaschismus Kreisky prägte Lieber Staatsschulden und dafür Vollbeschäftigung: Die Prioritäten des Staatsmannes Kreisky Arbeitslose hätten ihm mehr schlaflose Nächte bereitet als weniger Geld in der Staatskasse: Durch solche und andere Zitate, oft aus dem berühmten Pressefoyer entnommen, ist Kreisky auch heute noch im politischen Gedächtnis präsent. Ulrich Brunner, selbst jahrzehntelang Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, begann seine Karriere bei der Arbeiterzeitung und war schließlich beim ORF beschäftigt. In diesem Sachbuch kommentiert er die Ära Kreisky ebenso kenntnis- wie anekdotenreich aus der Perspektive des Journalisten und Wegbegleiters. Dadurch ist ihm eine Biografie gelungen, die den Mythos Kreisky durchaus kritisch hinterfragt und die Geschichte der SPÖ nachzeichnet - eine genauso unterhaltsame wie informative Reise durch die Nachkriegsgeschichte Österreichs!

Ulrich Brunner, geboren 1938 in Wien, stammt aus einfachen Verhältnissen, absolvierte nach der Pflichtschule eine Schriftsetzerlehre und holte die Matura nach. Er nahm eine Karriere im Journalismus auf, die ihn von der Arbeiter-Zeitung in den ORF, zuletzt Intendant des Landesstudio Burgenland, führte. Die Debatte, in der der titelgebende ikonische Satz fiel, ist legendär und symbolhaft für die Ära Kreisky, an der bis heute in der Politik Maß genommen wird. Ulrich Brunner lebt in Wien.

Ulrich Brunner, geboren 1938 in Wien, stammt aus einfachen Verhältnissen, absolvierte nach der Pflichtschule eine Schriftsetzerlehre und holte die Matura nach. Er nahm eine Karriere im Journalismus auf, die ihn von der Arbeiter-Zeitung in den ORF, zuletzt Intendant des Landesstudio Burgenland, führte. Die Debatte, in der der titelgebende ikonische Satz fiel, ist legendär und symbolhaft für die Ära Kreisky, an der bis heute in der Politik Maß genommen wird. Ulrich Brunner lebt in Wien.

VORWORT


2020 ist es 50 Jahre her, dass Bruno Kreisky die erste SPÖ-Alleinregierung der Zweiten Republik gebildet hat, vor 30 Jahren ist er in einem Staatsakt zu Grabe getragen worden. Er war gemeinsam mit Willy Brandt und Olof Palme eine der großen Gestalten der Sozialdemokratie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Parteiführer stehen für das goldene Zeitalter der Sozialdemokratie, die im Positiven wirkmächtigste politische Bewegung des 20. Jahrhunderts. Ein Blick zurück lässt den Niedergang der Sozialdemokratie umso deutlicher hervortreten.

Die Sozialdemokratie droht heute an einer Gemengelage zu scheitern, die nicht leicht aufzulösen ist. Hauptursache ist wohl die Globalisierung, also der freie Warenverkehr, dem in den letzten Jahren auch ein ziemlich unkontrollierter Menschenverkehr durch Migration und Asyl folgte. Der freie Warenverkehr hat schon länger zu einem schleichenden Wohlstandstransfer von den entwickelten Ländern in Entwicklungs- und Schwellenländer geführt. Das begann schon ab 1960, als die Textilindustrie nach Asien übersiedelte, dann folgte die Fotoindustrie, wofür in Österreich beispielhaft der Niedergang des Radio- und Kameraherstellers Eumig steht. Mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums 1990 hatten westliche Konzerne plötzlich gut ausgebildete Industriearbeiter vor der Haustür, die billiger waren als einheimische Fachkräfte. Also wanderten wieder ganze Branchen ab. Eigentlich hätte die Abwanderung ganzer Industriezweige zu einem geringeren Einkommen der arbeitenden Menschen in den westlichen Industrieländern führen müssen. Das wurde aber durch neue Staatsverschuldung abgemildert.

Von ihrem programmatischen Anspruch her hätte die Sozialdemokratie Verständnis dafür zeigen müssen, dass auch Menschen in anderen Ländern Wohlstand haben wollen – und dass dies zum Teil auf Kosten der westlichen Welt gehen wird. Es wäre nicht einfach gewesen, das den Wählern zu erklären. Es ist erst gar nicht versucht worden. Noch schwieriger ist es, den eigenen Wählern zu vermitteln, dass Menschen als Migranten oder Flüchtlinge hierherkommen, weil in ihren Heimatländern der Aufbau eines demokratischen Wohlfahrtstaates gescheitert ist – durch Religion, Tradition und übergroßes Bevölkerungswachstum.

Diese Menschen kommen mit Wertvorstellungen, die in ihren Heimatländern genau zu jenen Zuständen geführt haben, vor denen sie emigriert oder geflüchtet sind. Sie legen diese Wertvorstellungen aber mit dem Erreichen Europas nicht ab. Dies führt zu Konflikten im Zusammenleben mit Einheimischen, die die sozialdemokratischen Parteien gröblich unterschätzt haben. Das Entstehen von Parallelgesellschaften, die Probleme in den Schulen, vor allem mit Kindern aus moslemischen Familien – das alles wurde weitgehend ignoriert. Die SPÖ stellte sich zum Migrationsthema zu lange tot. Dass die SPÖ keine klare Haltung in der Migrationsfrage entwickelt hat, hängt wohl mit der Angst vor einer Spaltung der Partei zusammen. Eine linke Minderheit steht für Verklärung von Multikulturalität, die Mehrheit findet den Anteil der Ausländer zu hoch, plädiert für geschlossene Grenzen. Die einen sehen Zuwanderung aus anderen Kulturen als Bereicherung, vor allem Unterschichten empfinden die Einwanderer als Konkurrenten am Arbeitsmarkt und um Sozialleistungen. Da sich die SPÖ nicht entscheiden kann, rinnt sie nach allen Seiten aus: die Multikulti-Fans zu den Grünen, die Migrationskritiker zur Kurz-ÖVP, zur FPÖ. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Klima-Debatte, wo die SPÖ viel zu spät reagiert hat.

Die SPÖ steht heute vor einer völlig neuen Situation. Früher bestand die Gesellschaft aus Klassen. Die SPÖ wurde grosso modo von den Arbeitern gewählt, die ÖVP von Bauern, Unternehmern und Beamten. Ex-Nazis aus allen Schichten wählten VdU, dann FPÖ. Kreisky war der erste SPÖ-Vorsitzende, der dies durchbrochen hat, indem er der SPÖ fernstehende Wähler einlud, »ein Stück des Weges mit der Sozialdemokratie zu gehen«. Die alte Klassengesellschaft gibt es heute nicht mehr. Heute definieren sich die Menschen nach ihrer Lebenswelt. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hat in einer großen Untersuchung festgestellt, dass die Gesellschaft in viele Milieus zerfällt: sozial Engagierte, verdrossene Kleinbürger, leistungsorientierte Liberale, politikferne Einzelkämpfer, antimoderne Konservative, Hedonisten, desillusionierte Abgehängte usw. Alle diese Gruppen sind von einer Partei allein nicht mehr ansprechbar – jedenfalls nicht von einer linken. Rechte Populisten haben es da leichter.

Selbst wenn man in alten Klassenkategorien denkt, hat die Sozialdemokratie schlechte Karten. Die Zahl der Arbeiter ist durch Computerisierung und Digitalisierung drastisch gesunken. Dazu kommt, dass viele hier in Österreich tätige Arbeiter nicht wählen dürfen, weil sie ausländische Staatsbürger sind. Die Wandlung der Arbeitswelt hat außerdem zu vielen neuen Berufsbildern geführt, die nicht eindeutig einzuordnen sind. Für jene, die als Ein-Personen-Firmen arbeiten, fühlt sich die Sozialdemokratie nicht wirklich zuständig.

Viele, die ihren Aufstieg den von der Sozialdemokratie geschaffenen Möglichkeiten verdanken, sind zu anderen Parteien abgewandert. Manche sind in der SPÖ geblieben und irritieren mit ihren Porsches und Rolex-Uhren die Arbeiterschaft. Didier Eribon hat mit seinem Bericht Rückkehr nach Reims geschildert, wie das in Frankreich abläuft. Der linke Bohemien kehrt nach Jahren in Paris zu seiner Familie in Reims zurück und muss feststellen, dass alle Verwandten, die früher kommunistisch gewählt haben, jetzt ins rechte Lager übergelaufen sind. Arbeitslos und am Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit nordafrikanischen Einwanderern, leben sie ohne Hoffnung auf Aufstieg dahin und wählen Le Pen. Es handelt sich um das abgehängte Prekariat. In Deutschland wählt es AfD, in Österreich FPÖ.

Die Sozialdemokratie hat mit ihren Forderungen über ein Jahrhundert lang mitgeholfen, das kapitalistische Wirtschaftssystem erträglich zu gestalten. Mit dem Erreichen ihrer wichtigsten Ziele hat sie ihre Kraft verloren. Bruno Kreisky zitierte gern das Gedicht von Gustave Leroy aus dem Jahr 1848 als Quintessenz sozialdemokratischer Politik:

Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen:

Dass Arbeit uns und Brot gerüstet stehen;

Dass unsere Kinder in der Schule lernen

Und unsere Alten nicht mehr betteln gehen.

Nimmt man diesen Vierzeiler wörtlich, hat die Sozialdemokratie in der Tat ihre wichtigsten Ziele erreicht. Man könnte sagen: Mission accomplished! Es bleiben natürlich Ungerechtigkeiten. Diese kommen allerdings nicht an das himmelschreiende Elend der Arbeiter heran, das Victor Adler und später den jungen Bruno Kreisky zu ihrem Engagement in der Sozialdemokratie bewegt hat. Es wäre für die Sozialdemokratie trotzdem noch einige Jahre gut gegangen, wenn nicht nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein weltweiter Turbokapitalismus Platz gegriffen hätte. Die Einkommensschere zwischen oben und unten vergrößerte sich dadurch dramatisch. Dieser globalen Entwicklung war mit nationaler Politik kaum beizukommen.

Eine kraftvolle Führungspersönlichkeit könnte die Schwäche der SPÖ vielleicht mildern, aber nicht verhindern. Die Situation ist schließlich eine ganz andere als 1970. Damit sind wir beim eigentlichen Gegenstand dieses Buches: bei Bruno Kreisky. Er hat die SPÖ von 1967 bis 1983 geführt. Mit Autorität, mit Kompromissen, wohl auch trickreich, hat er die Gegensätze in seiner Partei ausgeglichen. So eine Figur ist heute aktuell aber nicht in Sicht. Hin und wieder gibt es ein Signal aus dieser Zeit: Hannes Androsch, Finanzminister unter Kreisky, schreibt unermüdlich Bücher und Kommentare, in denen er für mehr Bildung eintritt, weil Österreich nur so gegen internationale Konkurrenz im Wirtschaftsleben bestehen könne. So weit ist Androsch da nicht von Kreisky entfernt. Dieser gewann seine erste Wahl mit dem Slogan »Leistung, Aufstieg, Sicherheit!« Das Wort Leistung hat die SPÖ mittlerweile gestrichen und wirbt mit Slogans wie: »Hol dir, was dir zusteht!« Damit kann eine karitative NGO werben, aber nicht eine Partei, von der die Wähler erwarten, dass sie außer für Sozialzuwendungen auch noch für anderes zuständig ist.

Warum bringt die Sozialdemokratie heute keine herausragenden Politiker vom Schlage eines Kreisky, Brandt, Palme, Mitterrand oder González hervor? Das liegt wohl am ehesten daran, dass nur eine katastrophale Zeit heroische Figuren hervorbringt. Das war schon in der Anfangszeit der Sozialdemokratie so: Die Namen August Bebel, Victor Adler oder Jean Jaurès stehen dafür. Das gilt natürlich auch für bürgerliche Politiker, etwa für Winston Churchill, der durch die große Herausforderung der hitlerschen Barbarei zum unumschränkten Führer Großbritanniens wurde. Kreisky und Brandt mussten durch ein Stahlbad von politischer Verfolgung, Gefängnis und Emigration gehen, bevor...

Erscheint lt. Verlag 23.7.2020
Zusatzinfo mit zahlreichen schwarz-weiß Abbildungen
Verlagsort Wals
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Allgemeines / Lexika
Schlagworte Ära Kreisky • Berühmte Österreicher • Biografie • Bruni Kreisky • Bruno Kreisky • bruno kreisky zitate • Bundeskanzler • Geschichte Österreichs • Hannes Androsch • Innenpolitik • Johanna Dohnal • Journalismus • Österreich • österreichische bundeskanzler • österreich politiker • Politik • Politik Österreich • Pressefoyer • Sozialdemokratie • Sozialdemokratische Partei Österreichs • SPÖ • spö politiker
ISBN-10 3-7110-5288-6 / 3711052886
ISBN-13 978-3-7110-5288-9 / 9783711052889
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