Die Kraft der Demokratie (eBook)

Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
378 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-76484-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kraft der Demokratie - Roger de Weck
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Seit Corona und dem Trump-Fiasko wirken die zerstrittenen Reaktionäre wie lauter Verlierer und Versager, so auch die AfD. Jetzt ist die Stunde der Fortschrittsoptimisten: Nutzen die Grünen und alle Schrittmacher einer ökosozialen Demokratie ihre Chance?

Roger de Wecks preisgekröntes Buch schafft Zuversicht - und Übersicht: Es zerlegt die Argumente der autoritären Populisten in ihrem Kulturkampf wider die offene Gesellschaft. Im deutschen Wahljahr skizziert es, wie eine liberale Demokratie des Ausgleichs von Natur und Mensch, Arm und Reich, Frau und Mann, Schwarz und Weiß aussehen könnte: gestaltungskräftig, auf der Höhe des digital-ökologischen 21. Jahrhunderts. Denn die Natur, sagt de Weck, muss zur Teilnehmerin an der Demokratie werden.



Roger de Weck, geboren 1953, war Zeit-Chefredakteur, Generaldirektor des Schweizer Radios und Fernsehens, Mitglied des Zukunftsrats für Reformen bei ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Im Suhrkamp Verlag erschien zuletzt <em>Die Kraft der Demokratie</em>, das mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch 2020 ausgezeichnet wurde.

Einleitung


Was ist eine Elite – eine, die hohe Ansprüche erfüllt und den Namen verdient? Sie müsste Vorbild sein, verantwortungsvoll handeln, die Interessen des Gemeinwesens über die eigenen stellen. Der Weitblick darf nicht fehlen, das Denken in übergeordneten Zusammenhängen. Zu viel verlangt? Elite ist nicht Establishment.

Im Gegensatz zur Elite wollen Etablierte weniger die Zukunft mitgestalten als vielmehr die Gegenwart verlängern: den Status quo verewigen, dem sie Macht, Geld, Geltung, Privilegien verdanken. Und dann gibt es noch die sogenannten Promis, reich, schön, oder beides, und manchmal begabt. Prominente (besagt das lateinische Wort) »ragen hervor«, jedoch nicht immer notwendig durch Talent oder Leistung, sondern weil der unersättliche Medienbetrieb sie für verwertbar hält – die einen mehr, die anderen weniger. Es gibt ja auch B-Promis und C-Promis. New York hat sogar D-Promis: d-list celebrities. Donald Trump stand anfangs auf der D-Liste.

Trump gehörte weder zur Elite noch zum Establishment, aber er setzte alles daran, im Promi-Alphabet nach vorn zu rücken. Er suchte den New Yorker Medienwirbel, genoss ihn und fand im Fernsehen eine Bühne, die ihn landesweit berühmt machte: die Castingshow The Apprentice (Der Lehrling). Donald Trump, Boss und Showmaster, drillte junge Talente, die sich bei ihm um eine Stelle bewarben. Gern demütigte er die Kandidaten, Widerspruch zwecklos. Einmal maßregelte er eine allzu aufrichtige Anwärterin. Die rechtfertigte sich, sie sei halt ein ehrlicher Mensch. »Wie dumm ist das«, befand Trump.1 Sein sonores »You're fired« beschloss die Show – Sie sind entlassen: Einer der Bewerber schied aus. Seit Trump ins Weiße Haus gewechselt ist, feuert er Minister und Mitarbeiter.

Seine Wahl zum Präsidenten der USA stellte ein Paradoxon dar. So wie Trump mit Kandidaten umging, so verfährt der amerikanische Ultrakapitalismus mit all den Überzähligen und Unterqualifizierten … – die dann Trump wählen. Ausgegrenzte küren den Ausgrenzer. Die Reaktion vieler Verlierer ist die Wahl eines Reaktionärs, der einzig die Gewinner respektiert.

Was steckt dahinter? Alles deutet darauf hin, dass wieder das Recht des Stärkeren angesagt ist. Ausgerechnet seinen despotischen Charakterzügen verdankte Trump den Quotenerfolg im Fernsehen und den Wahlerfolg als Kandidat der Republikaner, die er unterwarf.

Die liberale Demokratie wurde namentlich zu dem Zweck geschaffen, für die Stärke des Rechts zu sorgen, wider das Recht des Stärkeren. Doch mittlerweile sehnen sich viele nach dem »starken Mann«. Sie huldigen ihm, solange er anmaßend und aggressiv auftritt. Das »Volk« bewundert ihn – und das Volk bilden diejenigen, die ihn bewundern. Die anderen gehören nicht dazu. In Trumps Worten sind sie lauter »Volksfeinde«.

In Großbritannien unterscheidet der Rechtspopulist Nigel Farage zwischen dem »wirklichen Volk« und dem Rest. Die Alternative für Deutschland (AfD) stempelt Gegner zu »Volksverrätern«. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ortet »Verrat an der eigenen Bevölkerung«. Für die Schweizerische Volkspartei (SVP) übt die Elite »Verrat am Volkswillen«. Als der französische Staatspräsident den Aachener Freundschaftsvertrag mit der Bundesrepublik paraphierte, habe Emmanuel Macron »den Straftatbestand des Verrats« erfüllt, sagte Marine Le Pen, die Chefin des Rassemblement National.2

Verräter – das V-Wort ist Programm, es richtet sich gegen die Liberalität. Und »liberal«, dieses Adjektiv ist eindeutiger, als gespottet wird. Es steht für alles, was zur Freiheit aller beiträgt:

  • eine Demokratie, in der die Menschen in gleicher Freiheit und freier Gleichheit leben;

  • faire Wahlen und Abstimmungen;

  • die Menschenrechte, den Rechtsstaat;

  • das Aufteilen der Staatsmacht zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, dem Parlament, der Regierung und der unabhängigen Justiz, um Übermacht zu verhindern;

  • den (vorerst verlorenen) Kampf von Kartellbehörden gegen wirtschaftliche Übermacht;

  • die Freiheit zu forschen und die Erkenntnisse in die Debatte einzubringen;

  • die Freiheit des Worts, der Meinung, der Medien und der Künste, um diese erkenntnisorientierte Debatte zu ermöglichen;

  • die Freiheit, aus der Debatte politische Schlüsse zu ziehen und selbst Politik zu machen oder sich vertreten zu lassen: durch Parteien und Organisationen, die ebenfalls in freier Gleichheit und gleicher Freiheit wirken.

Das ist liberal und macht die liberale Demokratie aus. »Verräter« jedoch verdienen keine Freiheit. Wer mit dem V-Wort um sich wirft, wendet sich gegen die Freiheit aller. Und will eine unfreie Demokratie. Das ist ein Widerspruch in sich. Denn Freiheit ist der Sinn und Zweck des pragmatischen Ideals, das wir Demokratie nennen. Eine unfreie Demokratie ist keine. Illiberale Demokratien sind undemokratisch, also halbe oder ganze Diktaturen – und Diktaturen sind hart, auch die halben.

Lang und länger wird Trumps V-Liste von Oppositionspolitikern, Parteifreunden, hohen Beamten, Offizieren, Strafverfolgern, Whistleblowern, ehemaligen Mitarbeitern, die allesamt Verrat begangen hätten. Die älteste liberale Demokratie der Welt hat einen Präsidenten, der illiberal und undemokratisch handelt. Er beschädigt sie. Aber nur weil sie bereits beschädigt war, hatte einer wie Trump überhaupt eine Chance, gewählt zu werden.

Der Staatschef der Uneinigen Staaten von Amerika meidet die Elite. Dank tiefer Steuern und Deregulierungen hat Trump die Gunst eines beträchtlichen Teils des ökonomischen Establishments gewonnen. Er sonnt sich im Abglanz von Promis wie der Reality-TV-Diva Kim Kardashian. Er beruft sich auf das Volk. Doch in der trumpschen Machtwelt ist etwas Wesentliches nicht vorgesehen: die Bürgergesellschaft, der demokratische Diskurs, ein offenes öffentliches Leben. Die Res publica, die öffentliche Sache, ist Trumps Privatsache. Hauptsache, er herrscht. So hatte er es bereits als celebrity gehalten. Das Zelebrieren der Macht ist nun der Kern seiner Politik wie seiner Propaganda. Und die wirkt: Allmählich kommt bei vielen Zeitgenossen die Vorstellung gar nicht mehr auf, dass es zum Recht des Stärkeren eine Alternative gäbe.

Unablässig arbeiten antiliberale Politiker daran, die Institutionen der liberalen Demokratie schlechtzumachen. In ihrer Propaganda bilden Parlament, Justiz und Medien das Reich des Bösen: des Elitären. Sie sind »volksfern«, weil sie den »volksnahen« Anführer schwächen, seine Macht begrenzen, sein Gebaren beaufsichtigen, ein Impeachment einleiten. All das ist ja gerade ihre Aufgabe. Doch Autoritäre wie Donald Trump vermengen bewusst die demokratischen Institutionen und die darin wirkenden Personen. Die Lawine persönlicher Anwürfe gegen einzelne Abgeordnete, Richter, Staatsanwälte, Journalisten und Notenbanker kann den Blick dafür trüben, dass diese Individuen unabhängige Institutionen vertreten, dass sie einen Dienst an der Demokratie versehen. Dies verkörperten in idealtypischer Weise der erste Whistleblower, der dem Generalinspekteur der US-Geheimdienste die Ukraine-Machenschaften von Donald Trump meldete und damit die Impeachment-Vorermittlungen auslöste, oder der vom Präsidenten viel gescholtene, aber unanfechtbare Sonderermittler Robert Mueller, der fair und hart fragliche Russland-Verbindungen untersuchte.

Denn jenseits der persönlichen Stärken und Schwächen, der Weltanschauung und der Eigeninteressen ihrer Funktionsträger ist die liberale Demokratie dazu da, Allmacht zu verhindern. Sie verteilt nicht nur die Staatsmacht auf die gesetzgebende, die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt. Sie ermöglicht es zudem der Opposition, den Interessengruppen und Nichtregierungsorganisationen, den internationalen Organisationen und den Medien, sich Gehör zu verschaffen, Einfluss zu nehmen. Die illiberale Demokratie will all dies verhindern oder erschweren.

Liberale Demokratie teilt die Staatsmacht in viele Machtstücke. Niemand...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
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ISBN-10 3-518-76484-5 / 3518764845
ISBN-13 978-3-518-76484-8 / 9783518764848
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