Ein Tagebuch im strikten Sinne des Wortes, Neuguinea 1914-1918

Buch | Softcover
276 Seiten
2003 | 3., Aufl.
Verlag Dietmar Klotz GmbH
978-3-88074-287-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Tagebuch im strikten Sinne des Wortes, Neuguinea 1914-1918 - Bronislaw Malinowski
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In seinem Tagebuch aus den Jahren 1914-15 und 1917-18 beschreibt der Ethnograph Malinowski seine Selbsterfahrung bei den Trobriandern. Dieses Tagebuch zeigt weniger die Entwicklung einer theoretischen Verarbeitung der Feldforschung als die Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben einer anderen Gesellschaft. Malinowski lebte im Anschluss an einen kurzen Aufenthalt auf der Insel Mailu, wo er an der Südküste von Papua ethnographische Studien durchgeführt hatte, in der Zeit des Ersten Weltkriegs 19 Monate auf den Trobriandinseln nordöstlich von Neuguinea, um zum genaueren Verständnis der "primitiven Kultur" die Sprache zu erlernen. Nur allmählich und widerwillig wuchs Malinowski in die Gesellschaft der Trobriander hinein.Seinem Tagebuch vertraute er seine unglückliche Isolation an: Vor den Widrigkeiten des alltäglichen Umgangs mit den Eingeborenen zog er sich in Scheinwelten zurück, in die Lektüre betäubender Roman, auf einsame Spaziergänge und in gymnastische Übungen. Gegen die erotischen Versuchungen, denen er sich durch die halbnackten Mädchen und Frauen ausgesetzt glaubte, versuchte er sich durch Konzentration der Gedanken an die Verlobte zu feien. Krankheit und Hypochondrie hatten den Traum von den Inseln der Glückseligen zerstört. Von der Lethargie und dem Rassismus, der Europäern in tropischen Stationen eigentümlich ist, hat ihn vielleicht nur sein akademischer Ehrgeiz und sein starkes Pflichtgefühl gegenüber dem Ideal wissenschaftlicher Objektivität bewahrt.

Bronislaw Malinowski, geboren 1884 in Krakau, gestorben 1942 in New York, studierte u. a. bei Wilhelm Wundt in Leipzig und bei J. G. Frazer in London. Während des Ersten Weltkriegs nahm er an einer Expedition nach Neuguinea und Melanesien teil. Spätere Forschungsreisen führten ihn zu den Pueblo-Indianern und nach Afrika.

Bronislaw Malinowski lebte bereits in den Vereinigten Staaten, als der Zweite Weltkrieg ausbrach, und so nahm er eine erst als zeitweilig geplante, dann aber dauernde Stellung als Professor der Anthropologie an der Yale University an. Natürlich benötigte er viele der Manuskripte, Aufzeichnungen und Bücher, die er in der London School of Economics zurückgelassen hatte, als er Ende 1938 auf sein Ferienjahr in die Vereinigten Staaten reiste. Und nachdem er die Berufung nach Yale angenommen hatte, traf er eine sorgfältige Auswahl unter den Büchern und Papieren, die ihm nach New Haven nachgesandt werden sollten, während der größere Teil für die Dauer des Krieges in der London School of Economics eingelagert wurde. In New Haven war ein Teil dieses Materials in seinem Hause verwahrt, während der Rest in seinem Büro in der Yale Graduate School untergebracht wurde. Im Mai 1942 starb Malinowski ganz unerwartet an Herzversagen. Einer der ersten, die auf diese Nachricht hin nach New Haven eilten, war Feliks Gross, Freund und einstiger Schüler Malinowskis, der sich erbot, bei der schwierigen Aufgabe der Sichtung und Ordnung von Malinowskis Büchern und Papieren zu helfen, angefangen beim Inhalt des Büros in der Graduate School. Von dort rief er mich im Fortgang dieser Arbeit an und fragte mich, ob ich von der Existenz eines kleinen, dikken Notizbuches wisse, das er eben gefunden habe und das ein Tagebuch Malinowskis enthalte, fast ausschließlich in Polnisch und in seiner Handschrift abgefasst. Dr. Gross brachte das Notizbuch sofort zu mir und übersetzte ein paar willkürlich herausgegriffene Eintragungen, die sich auf Malinowskis Feldforschung im südlichen Neuguinea bezogen. Er hatte mir nie etwas von der Existenz dieses Tagebuches gesagt. Ich verwahrte es sorgfältig und nahm es mit, als ich 1946 nach Mexiko übersiedelte. Bald nach Kriegsende wurden Malinowskis Bücher und Papiere aus ihrem Lager in der London School of Economics geborgen, und 1949 etwa wurde mir dieser ansehnliche Berg von Manuskripten, Aufzeichnungen und Büchern nach Mexiko geschickt. Unter diesen fand ich zwei Umschläge, die Notizbücher enthielten, eines als »frühes polnisches Tagebuch« bezeichnet, das andere als »Tagebücher«. Diese kleinen Notizbücher waren alle in Polnisch abgefasst. Ich legte sie zu dem ersten, in Yale aufgefundenen Notizbuch - mit der Idee, sie irgendwann einmal übersetzen und vielleicht veröffentlichen zu lassen. So blieben die Tagebücher verschlossen bis Ende 1960, als ich einen Besuch in New York machte. Dort sprach ich mit einem von Malinowskis Verlegern über die Tagebücher; und wir kamen überein, sie zu veröffentlichen. Norbert Guterman war so freundlich, die Übersetzung aus dem Polnischen zu übernehmen, die er in sehr direkter Wiedergabe besorgte. Beim Korrigieren der Abzüge habe ich mich bemüht, möglichst getreu Malinowskis persönliche Wortwahl und Phrasierung im Englischen einzuhalten, jener Sprache, in der er sich in seinen späteren Jahren mit solcher Freiheit auszudrücken wusste. Einige sehr persönliche Bemerkungen wurden ausgelassen, und solche Auslassungen sind durch Punkte gekennzeichnet. Das frühe polnische Tagebuch wurde nicht mit aufgenommen, weil es aus der Zeit vor Malinowskis anthropologischer Laufbahn stammt. Immer habe ich den Wunsch, ja das Verlangen empfunden, etwas über das Leben und die Persönlichkeit eines Malers, Schriftstellers, Musikers oder Wissenschaftlers zu erfahren, dessen Werk mich interessierte oder tief bewegte. Ich glaube, dass psychologische und emotionale Einsichten, wie Tagebücher, Briefe und Autobiographien sie uns vermitteln, nicht nur die Persönlichkeit des Mannes, der gewisse Bücher geschrieben, eine gewisse Theorie entwickelt oder gewisse Symphonien komponiert hat, in einem neuen Licht erscheinen lassen, sondern dass solche Kenntnis des Mannes, wie er lebte und dachte, uns oft einen besseren Zugang zu seinem Werk gewährt und ein tieferes Verständnis. Wenn also das Tagebuch oder die Autobiographie einer hervorragenden Persönlichkeit vorliegen, so meine ich, dass solche Informationen über seinen Alltag, sein Innenleben und seine Gedanken veröffentlicht werden sollten - in der bewussten Absicht, diese Persönlichkeit zu enthüllen und dieses Wissen mit dem hinterlassenen Werk in Beziehung zu setzen. Ich weiß, manche werden sagen, dass ein Tagebuch vor allem etwas Privates sei und nicht veröffentlicht werden solle; und all jene, die diese Ansicht vertreten, werden wahrscheinlich harte Kritik an meiner Entscheidung üben, die Tagebücher meines Mannes zu veröffentlichen. Doch nach reiflicher Abwägung der Frage bin ich zu dem Schluss gelangt, dass es wichtiger ist, heutigen wie künftigen Gelehrten und Lesern der anthropologischen Schriften Malinowskis einen direkten Einblick in das Innere seiner Persönlichkeit und in sein Leben und Denken in der Zeit seiner wichtigsten Arbeiten im Felde zu bieten, als diese Tagebücher in einem Archiv unter Verschluss zu halten. Ich bin daher allein verantwortlich für die Entscheidung, dieses Buch zu veröffentlichen. Mexiko, Mai 1966, Valetta Malinowska.

Reihe/Serie Ein Tagebuch im strikten Sinne des Wortes, Neuguinea 1914-1918 | 1.10
Übersetzer Nils Th Lindquist
Vorwort Valetta Malinowska, Raymond Firth
Sprache deutsch
Maße 148 x 208 mm
Gewicht 370 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sozialwissenschaften Ethnologie Völkerkunde (Naturvölker)
Schlagworte Anthropologie • British-Neuginea • Entdeckung • Forschungsreisen • HC/Ethnologie/Völkerkunde • Kultur • Kulturanthropologie • Kulturkonflikt • Malinowski • Malinowski, Bronislaw • Melanesien • Neuguinea, Geschichte; Reisebericht/Erlebnisbericht • Neuguinea, Geschichte; Reise-/Erlebnisberichte • Neuguinea; Völkerkunde • Stammeskunde • Tagebuch • Trobriander • Völkerkunde
ISBN-10 3-88074-287-1 / 3880742871
ISBN-13 978-3-88074-287-1 / 9783880742871
Zustand Neuware
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