12 wichtige Rundbriefe aus 2019 mit einem Nachtrag: Merkels Erbe -  Joachim Jahnke

12 wichtige Rundbriefe aus 2019 mit einem Nachtrag: Merkels Erbe (eBook)

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2020 | 1. Auflage
144 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-6511-4 (ISBN)
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Die Rundbriefe erscheinen wöchentlich. Darin gehen sehr viele amtliche Quellen und Statistiken ein, die zum besseren Verständnis auch in sehr vielen Diagrammen dargestellt werden. Eine Auswahl der Rundbriefe vom Infoportal ist hier zusammengestellt.

Joachim Jahnke hat Rechts- und Staatswissenschaften studiert und im Völkerrecht promoviert. Nach beruflichen Tätigkeiten im Bundeswirtschaftsministerium, in der EU-Kommission und als Vizepräsident der öffentlichen Bank für Entwicklung und Wiederaufbau in London arbeitet er seit 2005 als Herausgeber der Webseite "Infoportal" mit Schwerpunkt auf sozialen Themen und Folgen der Globalisierung.

global news 3709 18-02-19: Xi-Jinpings neues,
aggressiveres China und die deutsche Naivität


Teil 1

1. “China First”

2. Außenpolitik

3. Die Wirtschaft als Motor

Teil 2

4. Militärische Ambitionen

5. Die Naivität in der deutschen Politik

1. “China First”


Der greise Parteiführer Deng Xiaoping gab einst seinem Volk den Rat mit auf den Weg in die sich neoliberal globalisierende Welt: “taoguang yanghui”, was so viel heißt wie “Haltet euch zurück, drängelt euch nicht vor, wartet die Zeit ab”. Der Rat zur Vorsicht im Umgang mit dem Westen zeitigte Wirkung. Voller Optimismus nahm der “Westen” (ich gebrauche den Begriff hier nur geografisch) 2001 Chinas Staatswirtschaft in das weitgehend freie Handelssystem für Marktwirtschaften auf und versprach sich davon, daß auch China bald eine Marktwirtschaft werden würde und vor allem zugleich eine demokratisch organisierte Gesellschaft, mit der man von Gleich zu Gleich friedlich verkehren und profitablen Handel betreiben könne.

Doch nun kommt es unter Xi-Jinping, der 2012 zum Generalsekretär der KPCh aufstieg und kürzlich unter Verfassungsänderung zum Präsidenten auf Lebenszeit, zunehmend anders. Die Partei geht überall, auch in der Wirtschaft, in staatlichen wie privaten Unternehmen, in die Kommandostellungen. Hunderte von Unternehmen haben sich verpflichtet, die Parteizellen vor wichtigen Entscheidungen zu konsultieren. Sie betonen in ihren Statuten, daß es die zentrale Rolle der Partei sei, den Unternehmen die Richtung zu weisen. Auch in den deutsch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen und sogar in hundertprozentigen Tochterunternehmen ausländischer Firmen in China sollen die Parteisekretäre mit am Tisch sitzen und “proaktive Parteiaufbauarbeit” leisten.

Das Land ist auf dem Weg in einen digital perfektionierten Polizeistaat, der jeden Traum an eine demokratische Entwicklung erstickt. Als sich Merkel 2018 über Chinas Digitalisierungs-Strategie informierte, entfuhr ihr beiläufig der Kommentar, George Orwells Fantasien seien gegen die chinesische Realität bloß “ein laues Lüftchen”. Nach Xi-Jinping hat die Partei “die ultimative Führung eines jeden Aspekts unseres sozialen und politischen Lebens”. Beim jüngsten Parteitag der KPCh wurde das Gedankengut Xi Jinpings als zusätzliche Leitlinie in der Parteiverfassung verankert. Seine Macht ist so umfassend wie seinerzeit die von Mao.

Der “Great Firewall” blockiert Google, Facebook und Twitter. Neuerdings wird ein Überwachungssystem eingerichtet, mit dem die moralische Qualität jedes Chinesen bewertet werden soll. Internetgestützte Punktesysteme (“Social Credit Systems”, kurz SCS) sollen die Staatstreue aller Chinesen regelmäßig feststellen. Diese SCS weisen chinesischen Bürgern einen Punktestand zu, der sich aus Online- und Offline-Daten über sie zusammensetzt. Je nachdem, wie sie sich verhalten, steigt oder sinkt er.

2. Außenpolitik


Nach Außen zeigt das Land eine neue Aggressivität sowohl im Wirtschaftsverkehr, wie in den militärischen Ambitionen. Xi Jinping preist sein System als Vorbild für andere an, praktisch als Gegenentwurf zu dem des Westens, das er als “zerrissene Gesellschaften, endlose Machtübergänge und soziales Chaos” bezeichnet. China müsse “Diplomatie als Großmacht” treiben und als Führungsmacht in Asien eine “asiatische Schicksalsgemeinschaft” aufbauen. In seiner Rede zum 95. Gründungstag der KPCh im Juli 2016 beschwor Xi “Zhongguo fang’an”, die “chinesische Lösung” der Menschheitsprobleme:

“Das chinesische Volk ist voller Zuversicht, daß es eine chinesische Lösung für die Suche der Menschheit nach besseren sozialen Institutionen bieten kann”.

Auf dem 19. Parteitag im Oktober 2017 erklärte er, das Land nähere sich dem “Zentrum der Weltbühne”. Die chinesische Nation werde “mit noch größerem Selbstbewusstsein unter den Völkern bestehen”. Sie werde eine “Armee von Weltrang” haben. Die Kapazität ihrer gesellschaftlichen Produktivkräfte nehme “in weiten Bereichen eine weltweit führende Position” ein. Ziel sei es, “die Oberhand über die internationale Konkurrenz zu gewinnen”. Den Völkern, “die ihre Entwicklung beschleunigen und ihre Unabhängigkeit bewahren wollen”, stelle China “eine völlig neue Wahlmöglichkeit zur Verfügung”, der gesamten Menschheit “weise chinesische Ideen für Problemlösungen”.

Zu den Machtambitionen Chinas gehört vor allem das gigantische Seidenstraßenprojekt, das mit Bahn-, Schiffs-, Energie- und Digital-Verbundsystemen über Asien krakenhaft bis in die EU hinein reicht und insbesondere die EU-Länder in Osteuropa und auf dem Balkan mit massiven Infrastrukturinvestitionen an China bindet. So konnte China bereits Beschlüsse der EU verhindern.

Seit ein paar Jahren schon treten chinesische Politiker, Diplomaten und Meinungsführer mit einem Selbstbewusstsein auf, das die Grenze zur Arroganz und Herablassung überschreitet. Das gilt auch gegenüber Deutschland, seit sich Berlin verstärkt über Chinas einseitige Handelspolitik beschwert. Die Sprecherin des Außenministeriums nannte den deutschen Botschafter, der die Diskriminierung europäischer Firmen in China beklagt hatte, “unprofessionell und verantwortungslos”. Chinas führender EU-Experte erklärte seinen Lesern den Charakter der Deutschen: Sie seien anderen Kulturen gegenüber intolerant und litten an einem Überlegenheitskomplex. Die orientalische Weisheit Chinas sei dem klischeehaften deutschen Schwarzweiß-Denken einen Schritt voraus. Selbst Merkel meinte am Rande eines Arbeitsbesuchs in Peking: “Heute ist deutlich mehr Auftrumpfen zu erleben.”

Bisher scheint unter den westlichen Staatslenkern nur Trump wirklich begriffen zu haben, was hier läuft.

Der Westen hat die chinesische Staatswirtschaft 2001 gutgläubig oder blauäugig in die für Marktwirtschaften eingerichtete Welthandelsorganisation aufgenommen und dem Land damit einen ziemlich unbehinderten Zugang zu seinen Märkten erlaubt. Von da an hat China sein Entwicklungsmodell total einseitig auf Export ausgerichtet und seinen Auslandshandel immer ungleichgewichteter organisiert. Das Ergebnis war ein kumuliert immer weiter steigender Handelsbilanzüberschuß mit der Welt (Abb. 20208) und auch der EU (Abb. 18493) und Deutschland (Abb. 19076). Der kumulierte Handelsbilanzüberschuß mit der Welt entspricht bereits der Wertschöpfung der deutschen Industrie von fast drei Jahren. Seit dem Jahr 2000 hat sich die reale Wirtschaftsleistung noch einmal fast verfünffacht (Abb. 20209). Allerdings lassen die Wachstumsraten seit 2010 deutlich nach (Abb. 20215).

So wurde China zur Werkbank der Welt, wobei äußerst niedrige Löhne, das Fehlen unabhängiger Gewerkschaften und eines Streikrechts, fehlende ausreichende Sozialsysteme und die brutale Ausbeutung der Umwelt halfen und zum großen Teil immer noch helfen. Das gilt besonders für die ebenfalls brutale Ausbeutung der 280 Millionen in den Exportzentren schuftenden und dort ziemlich rechtlosen Wanderarbeitnehmer. Hinzu kommt eine starke Tendenz zum Dumping, zum Diebstahl technologischen Eigentums und die Manipulation der nicht frei konvertierbaren eigenen Währung. Ganze Industrien anderer Länder wurden weitgehend von den Weltmärkten verdrängt, Überkapazitäten, wie im Stahlsektor, dort hemmungslos abgeladen. Auch gegenüber der EU stiegen die Importanteile in wichtigen Industriesektoren immer weiter (Abb. 19329).

Während sich China bei uns ziemlich lange völlig unbehindert einkaufen konnte und erst jetzt äußerst vorsichtig die ersten Grenzen im strategisch wichtigen Bereich gesetzt werden, hat China immer schon Investitionen nur da ins Land gelassen, wo es diese brauchte und technologisch davon profitieren konnte, teilweise durch erzwungenen Technologietransfer, aber andererseits viele andere wichtige Bereiche gesperrt. Eine Bertelsmann-Studie kam zu dem Ergebnis, daß von den chinesischen Firmenbeteiligungen in Deutschland während der Jahre 2014 bis 2017 zwei Drittel in genau den zehn Schlüsselbranchen getätigt wurden, in denen China bis 2025 eine international führende Position erreichen will.

“Made in China 2025” ist ein gigantisches Aufholprogramm, das die alten Industriestaaten bis Mitte des nächsten Jahrzehnts abhängen soll. Zehn Schlüsselindustrien sollen bis dahin an die Weltspitze gebracht werden: Informationstechnologie, Robotik, Luft- und Raumfahrt, Meerestechnik und Schiffbau, Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr, alternative Automobilantriebe, Energieerzeugung, neue Werkstoffe, Landwirtschaftsmaschinen, Biomedizin und medizinische Geräte. Der Anteil der chinesischen Hersteller an Hightech-Produkten auf dem einheimischen Markt soll bis...

Erscheint lt. Verlag 6.1.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-7504-6511-8 / 3750465118
ISBN-13 978-3-7504-6511-4 / 9783750465114
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