Geschlecht und Verdrängung in primitiven Gesellschaften / Geschlecht und Verdrängung in primitiven Gesellschaften

Bronislaw Malinowski, der Begründer der modernen Sozialanthropologie, wurde 1884 in Krakau geboren. Er promovierte 1908 an der Krakauer Universität und ging anschließend nach Leipzig zu Wilhelm Wundt und noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges nach London zu James G. Frazer, wo er 1927 zum ordentlichen Professor ernannt wurde. 1939 erhielt Malinowski eine Gastprofessur an der Yale-Universität. Ethnologische Expeditionen führten Malinowski nach Neu-Guinea, die nördlichen Gebiete Melanesiens, zu den Pueblo-Indianern in den USA und Mexiko und nach Süd- und Ostafrika. Er starb 1942.

Auszüge Inhaltsverzeichnis

Enzyklopädisches Stichwort: Die wissenschaftliche Anthropologie Malinowskis (Zur vorherigen Lektüre empfohlene Einführung in den Problemkreis, dem das Thema entstammt)

Vorwort
I. Die Bildung eines Komplexes
1. Das Problem
2. Die vaterrechtliche und die mutterrechtliche Familie
3. Der erste Abschnitt des Familiendramas
4. Vaterschaft in der mutterrechtlichen Gesellschaft
[.]
II. Der Spiegel der Tradition
1. Komplex und Mythos unter dem Mutterrecht
2. Krankheit und Perversion
3. Träume und Taten
4. Das Obszöne und der Mythos
III. Psychoanalyse und Anthropologie
1. Der Abgrund zwischen Psychoanalyse und Soziologie
2. Ein ‚verdrängter Komplex’
3. ‚Der Ur-Grund der Kultur’
[.]
IV. Instinkt und Zivilisation
1. Der Übergang vom Naturzustand zur Zivilisation
2. Die Familie als Wiege der Kultur
3. Werbung und Paarung beim Tier und beim Menschen
[.]
Über den Verfasser
Literaturhinweise
Personen- und Sachregister

Auszüge Vorwort Die Popularität der Psychoanalyse hat in den letzten zehn Jahren einen geradezu meteorhaften Aufschwung genommen. Diese Lehre hat einen wachsenden Einfluss auf die zeitgenössische Literatur, auf Wissenschaft und Kunst genommen. Schon seit längerem ist sie eine weitverbreitete Besessenheit unserer Zeit. Von ihr sind viele Narren tief beeindruckt, viele Pedanten schockiert und abgestoßen worden. Der Verfasser gehört offensichtlich zur ersten Kategorie, denn er hat eine ganze Weile unter einem nur schwer zu rechtfertigenden Einfluss der Theorien von Freud und Rivers, Jung und Jones gestanden. Pedanterie aber wird die vorherrschende Leidenschaft im Gelehrten bleiben, und so haben nachträgliche Überlegungen die anfängliche Begeisterung abgekühlt. Dieser Prozess mit all seinen Verzweigungen kann vom sorgfältigen Leser in diesem kleinen Band verfolgt werden. Ich will jedoch nicht etwa Hoffnungen auf einen dramatischen Gesinnungswechsel wecken. Ich bin niemals in irgendeinem Sinne der psychoanalytischen Praxis gefolgt oder Anhänger der psychoanalytischen Theorie gewesen; und heute, obwohl unduldsam gegenüber den übertriebenen Ansprüchen der Psychoanalyse, ihren wirren Argumenten und verworrenen Terminologien, fühle ich mich ihr doch für manche Anregung und für wertvolle Belehrung über verschiedene Aspekte der Humanpsychologie tief verpflichtet. Die Psychoanalyse hat uns kopfüber in eine dynamische Theorie vom Geist gestürzt; sie gab dem Studium der geistigen Prozesse eine konkrete Wendung und hielt uns dazu an, uns auf die Psychologie des Kindes und auf die Geschichte des Individuums zu konzentrieren. Schließlich, und das ist von einiger Bedeutung, hat sie uns dazu gezwungen, die inoffiziellen und nicht anerkannten Seiten des menschlichen Lebens zu beachten. [.]