INSIDE LIGNANO - Eine Spurensuche -  Harald Zilka

INSIDE LIGNANO - Eine Spurensuche (eBook)

Die Geschichte der Adria seit der Antike

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
316 Seiten
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99093-411-1 (ISBN)
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Der Buchautor und Filmemacher Harald Zilka (Radio Adria-Eine Erfolgsgeschichte, Adria-Nostalgie-Bücher) folgt wieder den Spuren der Geschichte. In einer spannenden Reise wird die gesamte Geschichte des beliebten Urlaubsortes Lignano und der anderen Adriaorte erzählt. Von den Venetern zu den Römern und der Großmacht Venedig bis zur Wiedergeburt als Tourismusort, den Weltkriegen und bis zur Entstehung einer künstlichen Touristen-Region und der Wickie, Slime & Paiper-Generation. Er forschte in römischen, griechischen und venezianischen Quellen und beleuchtet neben den Sonnenseiten auch die Schatten, in denen in der Geschichte um die Macht der Adria gekämpft wurde.

Geboren in Wien, absolvierte er die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Schon als Kind sammelte er Erfahrung beim ORF-Kinderfernsehen und produzierte ab 2000 diverse, teilweise preisgekrönte Filme. 2012 wurde er mit dem Film "Remember Him" (mit dem ehemaligen TV-Star Günter Tolar) bekannt, 2012 veröffentlichte er den Roman zum Film. Er war auch Teil der Schreibgruppe des bekannten österreichischen TV-Moderators Peter Rapp. Internationale Bekanntheit erreichte er mit der Filmdokumentation "Radio Adria-Eine Erfolgsgeschichte" (mit Josef Hader u. a. ehemaligen RA-Stars). Als Autor schrieb er zahlreiche Bücher, unter anderen die Adria-Nostalgie-Bücher von "Lignano", "Caorle", "Jesolo" und "Bibione".

Frühmorgens in Lignano

Um Geschichte zu spüren, kann man nicht mit den historischen Büchern beginnen, denn sie sind trügerisch und dick verstaubt. Es tut gut, sich dorthin zu begeben, wo sich die Erinnerungen der Urlaube der Kindheit und das moderne Lignano verbinden. Man muss ins Auto steigen, Österreich oder Deutschland hinter sich lassen und nach Lignano fahren, wo an jeder Ecke ein paar Blitze der Erinnerung durch das Gehirn fahren, so wie es sich bei den Erlebnissen früher eingeprägt hat. Der verstorbene Sänger Udo Jürgens schrieb darüber ein Lied (Wir sind schon auf dem Brenner, Album Sempre Roma, Ariola - 1990).

Süden voraus, hinter Tunnels und Staus,

schon Milano in Sicht.

Kein Blick zurück auf dem Weg in das Glück,

das Italien verspricht.

Spiele am Strand, schöne Mädchen zur Hand,

Blicke, die sich versteh'n.

Himmel und Meer, Open End, Open Air,

Freunde - das woll'n wir seh'n.

Wir sind schon auf dem Brenner,

wir brennen schon darauf.

Wir sind schon auf dem Brenner,

ja, da kommt Freude auf!

Das Gesicht der Stadt und das Serviceangebot hat sich verändert; das Ritual der Reisen ist fast gleichgeblieben. Die österreichische Staatsgrenze markierte eine Veränderung, die wir auch als Kinder spürten. Egal ob es nach Lignano, Bibione, Caorle oder Jesolo geht – Italien grüßt im Sommer mit der trockenen Hitze und den Gerüchen des Mittelmeeres. Der Duft von Pinien und Akazien liegt in der Luft, die Einfamilienhäuser entlang der Via Lignano Süd haben ganz andere Dächer als daheim. Die Grillen zirpen laut auch am Tag.Wann immer ich kann, besuche ich bei der Anreise Via Lignano Nord, kurz vor Aprilia Marittima das Grillrestaurant Da Roberta. 1968 gegründet, zählt es bis heute zu den Geheimtipps der Einwohner, die dort Fischköstlichkeiten und Grillplatten mit selbstgemachter Polenta genießen. Als ich in den 80er- und 90er-Jahren mit meinen Eltern da war, kehrten wir mit Freunden einmal pro Woche ein. Der riesige Gastraum ist ein feines Sammelsurium an bäuerlichen und italienischen Dekorations-artikeln aus Weinbau, Landwirtschaft und persönlichen Dingen der Familie. Gut gestärkt führt die Fahrt zum Kreisverkehr, durch Lignano Richtung Zentrum, vorbei am Lunapark. Ein Großteil der Stadt ist kaum älter als sechzig Jahre. Tatsächlich wurde erst 1931 der Name in Lignano Sabbiadoro geändert. Aufgetaucht ist er damals erstmals in einer Broschüre der Hotelvereinigung. Erfunden hat den Beinamen wohl ein schneidiger Journalist. Sabbiadoro, Goldener Sand, sollte wohl ein Seitenhieb auf das noble Grado sein, dass schon sechzig Jahre vorher ein erfolgreicher Badeort war und sich gern mit goldenen Sprüchen und den Beinamen Isola d'Oro, goldene Insel schmückte.

Werbebroschüre des Fremdenverkehrsverbandes, 1956 (Archiv FotoCineClub Lignano)

Der goldene Sand und der blaue Himmel fand auch Eingang in das Wappen der Stadt Lignano, verbunden mit der schneckenartigen Grundstruktur von Pineta. Ein kleiner Spaziergang zum Strand zwischen Punta Faro und der Terrazza a Mare zeigt die Ausmaße des modernen Tourismus.Ausgerechnet hier ist auch die Gegend, wo in den 1930er-Jahren kräftig gebuddelt und aufgeschüttet wurde, um die Sümpfe zu besiegen. Heute, wo es nach Sonnencreme und Salz riecht, das Meer in den hinteren Reihen vom Lärm übertönt wird, findet eine jährliche Reinigung statt. Jeden Winter werden alle Schirme und Stühle abgebaut und mit großen Baggern der Sand umgeschaufelt. Wer wirklich den Adria-Städten näher kommen möchte, muss dies im Herbst oder gar im Winter tun. Früher lagen die Geisterstädte im Nebel, heute gibt es beheizte Hotels und Weihnachtsmärkte und viele Fans kommen gerne auch über den Jahreswechsel.

Die Weihnachtsstraße ist so hell geschmückt wie auch in unseren Städten. Kunstwerke und Sandskulpturen locken immer mehr Gäste an.Wenn man Glück hat kann man tagsüber mehr Sonne bekommen als in der Heimat. Ein kurzer Espresso im luftigen Café der Terrazza a Mare, deren Hauptinnenraum zu meinen Jugendzeiten eine Diskothek war. Heute gibt es hier Ausstellungen und Lesungen. Kunst wird an der Adria überall gefördert. Ein richtiger Eindruck der Stadt ergibt sich nicht bei Tag und noch weniger am Abend, wo sich die Massen durch die Fußgängerzone schieben. Nur frühmorgens oder in der kalten Jahreszeit zeigt sich die Stadt von ihrer privaten Seite. Wer es ruhiger schätzt, kann sich in den anderen Ortsteilen wie Pineta einmieten, wo der Pinien-Ruhe-Faktor deutlich überwiegt. Ein bisschen Wehmut erfüllt den nostalgischen Urlauber, weil die alten Geschäfte heute modernen Designerläden gewichen sind. Ich habe lange mit dem Kabarettisten Josef Hader darüber gesprochen, als wir den Radio-Adria-Film drehten. Eigentlich immer, wenn ein Teil der alten Truppe zusammenkommt, wird über die alten Zeiten gesprochen. Hader selbst, der heute zu den gefragtesten Schauspielern zählt, fährt jedes Jahr nach Aquileia, mietet sich in einer einfachen Pension ein und liebt es dort vor der Basilika Santa Maria Assunta zu sitzen, manchmal zu schreiben. Früher bekam man hier in Norditalien die neueste Mode. Ich erinnere mich gut daran, dass es in den 1980er-Jahren zum Beispiel in meiner Heimatstadt Wien nur sehr altmodische Kleidergeschäfte gab. Unsere Schulhefte kauften wir in kleinen Papierläden neben der Schule und nicht beim Discounter. Kleine Elektrofachhändler hatten Mühe auf den neuen Trend der VHS-Kassette aufzuspringen und die modernsten Klamotten brachte man vom Urlaub in Italien mit. Heute ist auch der Kleidermarkt von Discountern und der Asien-Mafia überlaufen, aber auch dem Onlinehandel. Marktfreiheit, Euro und EU haben den Mittelstand genauso zurückgedrängt wie bei uns. Die kleinen Greisler, Kaffeeshops und Bäckereien sterben, weil große Handelsketten wie Despar, Lidl oder Ikea europaweit alle Produkte anbieten. Früher war es fast unmöglich dunkles Brot zu bekommen, heute ist das gar kein Thema mehr. Eines der wenigen Geschäfte, welches alle Modernisierung überdauert hat, ist ein kleiner Lebensmittel- und Getränkeladen in der Fußgängerzone, der auch ein ganzes Regal von Hitler-Artikeln verkauft. Das Geschäft scheint gut zu laufen. 2018 befand sich das Regal noch ganz hinten im Laden, ein Jahr später zierten die Gegenstände mit zweifelhafter Moral schon die Auslagen auf der Straßenseite. Italien hatte seine eigene Erfahrung mit dem Faschismus, aber auch eine lange quälende Geschichte mit ständigen Flüchtlingsströmen seit der Antike. Die langen Jahrhunderte der wechselnden Besatzer, die um die Adria kämpften und die ständigen Abhängigkeiten haben Spuren hinterlassen. Auch die Monarchie hat sich festgesetzt; fast ein Großteil der Stadt Grado besteht aus Bauwerken, die aus der österreichischen Zeit stammen. Ich war ziemlich enttäuscht, als ich in Grado nach dem echten Italien gesucht hatte und dort Österreich gefunden habe. Hier in Lignano findet man Italien gar nicht. Es ist eine Designerstadt genauso wie in Las Americas in Teneriffa, tief beeindruckt vom amerikanischen Stil der 50er- und 60er-Jahre. Eine verkleinerte Version des amerikanischen Las Vegas, welches tatsächlich mehr US-Architektur aus den 1950er-Jahren importierte als italienische Facetten. Die Villen von Lignano sind in einem Stil gebaut, den man allenfalls aus US-Serien wie Bezaubernde Jeannie (1965) oder Raumschiff Enterprise (1969) kannte. Was immer man sich in der Zukunft vorstellen konnte, wurde in Lignano verbaut. Und zwar mit einer Technik, die in den frühen 1950er-Jahren neu war: Fertigteile, die mit Lastwägen und Kränen angeliefert und Beton, der in vorgefertigte Wände eingefüllt wurde. Dazu wurde auch mit Rahmenkonstruktionen gebaut, in denen Ziegelwände aufgezogen wurden. Die Firma E.M.E Modulari Edili hat einen dreihundertseitigen Geschichtsrückblick herausgegeben, der unglaublich Einblicke gewährt.

Geschichte der Baukunst, 1950-2010, E.M.E Modulari Edili

Ja, wir durchwühlen hunderte Seiten stolzer Baugeschichte, gerne wird auch in Schriften der Comune Lignano davon erzählt. Einige der Villen, die wir später kennenlernen werden, waren in ihrer Zeit futuristisch. Es war der Luxus, der die Menschen aus den zerbombten und wiederaufgebauten Nachkriegsstädten anzog. Zwischen den Appartementsanlagen und Ferienwohnungen stehen von Architekten geschaffene Villen.

Die muschelartige Terrazza a Mare ist nur eines von vielen Bauwerken. Natürlich gibt es auch noch das andere Italien, welches einen Kampf gegen die Mafia führt. Der läuft nicht so wie in den Hollywoodverfilmungen mit Robert De Niro und Joe Pesci und wird von den Touristen auch ferngehalten. Präsent ist dieser Kampf ständig, nachzulesen in den regionalen Tages-Zeitungen wie Udine...

Erscheint lt. Verlag 15.11.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-99093-411-2 / 3990934112
ISBN-13 978-3-99093-411-1 / 9783990934111
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