Heilen mit der Intelligenz des Körpers (eBook)
288 Seiten
Ludwig Buchverlag
978-3-641-22380-9 (ISBN)
»Dieses Buch ist tief berührend und ein wirkliches Erlebnis. Es hat mich sehend gemacht und ist ohne Zweifel das intelligenteste Medizinbuch seit Jahrzehnten.« - Dr. Andreas Spuller, Frauenarzt und Gründer des TCM-Zentrums Karlsruhe
Prof. Dr. med. Henry Johannes Greten ist Deutschlands führender Experte für Traditionelle Chinesische Medizin. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilkunde, Homöopathie und Akupunktur leitet eine Praxisgemeinschaft für TCM in Heidelberg, die internationalen Ruf genießt. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin sowie Professor für Chinesische Medizin als Angewandte Neurophysiologie der Universität Porto. Henry Johannes Greten unterrichtete Chinesische Medizin an verschiedenen Universitäten in China. Zu seinen wissenschaftlichen Verdiensten gehört u.a. die Einführung der Doppelverblindung in die Akupunkturforschung und die Schaffung des ersten Masterstudienganges für TCM in Europa.
Das Beste aus zwei Welten
Was macht eigentlich einen guten Arzt aus? Diese Frage kann man unendlich lang, aber auch sehr kurz beantworten: Ein guter Arzt ist einer, der hilft. Es ist der Erfolg, der ihn ausmacht.
Er hilft bei dem Prozess, den wir allgemein als Heilung betrachten. Als Ärzte sollten wir uns aber hin und wieder eingestehen, dass wir bei diesem Vorgang tatsächlich nur die Rolle eines Helfers spielen. Im Grunde sagt es schon der Volksmund: Eine Grippe dauert ohne Arzt eine Woche und mit Arzt sieben Tage. Die meisten Krankheiten heilt die Natur also selbst am besten. Daher ist dieses Buch den beinahe grenzenlosen Möglichkeiten der Selbstheilungskräfte gewidmet. Diese ungeahnt großen Kräfte zu befreien, zu stärken und für den Vorgang der Heilung nutzbar zu machen – das ist das Ziel eines guten Arztes.
Das Bild des Arztes wird häufig durch unrealistische Erwartungen und sogar Träume der Patienten geprägt – und wer möchte ihn nicht haben, den Professor Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik, der jeden Tag kleine Wunder vollbringt, in jeder Situation unfehlbar richtig handelt und außer seiner Pflichttreue vor allem keine Eitelkeiten kennt, von jedem geachtet und respektiert wird und allen Dramen des Lebens gewachsen ist.
Von diesem Mythos des perfekten Arztes, der für alle Patienten gleich gut geeignet ist, sollten wir Abschied nehmen – aber dennoch die Eigenschaften benennen, die gerade in der heutigen Zeit einen guten Arzt ausmachen. Dabei geht es vor allem um die Bedürfnisse der Patienten. In einer Zeit, in der alles computerisiert, standardisiert und abrechenbar gemacht wird, sehnen sich die Menschen naturgemäß danach, wieder als Mensch wahrgenommen zu werden. Der gute Arzt behandelt also nach dem, was der individuelle Patient braucht, weil er sein Gegenüber erkennt und sich – so gut er kann und trotz aller Zwänge des Alltags – bemüht, das Individuum zu respektieren, die besonderen Stärken seines Gegenübers zu erkennen und es anzuregen, diese Stärken für den eigenen Heilungsprozess zu nutzen.
Doch der heute geforderte sparsame Umgang mit Zeit und Geld kommt einer individuellen Behandlung natürlich nicht entgegen. Gerade die »guten« Ärzte, die es verstehen, Symptome zu bessern, haben oft zu wenig Zeit für ihre Patienten, weil ihre Praxen überlaufen sind. Dabei würden viele Menschen sagen, dass genau der Arzt, der sich Zeit nimmt, gut ist. Man sieht schon an diesem Dilemma, dass es nicht leicht ist, einen guten Arzt zu finden.
Sehen wir uns noch einmal die Situation der Menschen an, die keine ganz einfache Erkrankung haben, deren Symptome nicht einfach so ausheilen. Dabei denke ich insbesondere an chronische Erkrankungen, also an Menschen, die immer wieder Rückenschmerzen, Allergien oder Verdauungsstörungen haben. Es ist offensichtlich, dass Krankheitsauslöser auf sie anders wirken als auf 90 Prozent der Menschen um sie herum, die den Krankheitsauslöser einfach abschütteln wie ein Hund das Regenwasser. Sie reagieren auf ihre eigene, leider problematische Weise auf die gesundheitlichen Herausforderungen des Lebens, und das ist der Grund, warum sie einen Prozess der Heilung anstreben. Und wir müssen uns dabei klar werden, was Heilung wirklich bedeutet: Heilung heißt neben der Gesundwerdung auch Ganzwerdung. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Patienten häufig das Gefühl oder den Gedanken entwickeln, dass etwas mit ihnen nicht stimmt und der Zustand der Heilung im Sinne dieses Ganzwerdens noch nicht erreicht ist. Etwas fehlt also, und es kann ungeheuer schwer sein, herauszufinden, was es genau ist. Daher macht es keinen Sinn, nur die Krankheitsauslöser zu behandeln, sondern hier muss auch der Mensch behandelt werden, der auf diese Auslöser reagiert. Es muss eine Behandlung gefunden werden, die den einzelnen Patienten in seiner Konstitution, seinem Reaktions- und Bautyp erfasst und stärkt.
Es geht also um die Stärkung der körpereigenen Mechanismen, die Selbstheilungskräfte. Wenn diese Kräfte nicht funktionieren, nicht ausreichen oder falsch verteilt und »im Ungleichgewicht« sind, dann kommen die Symptome eben immer wieder oder werden »chronisch«.
Hier nun kommt die Chinesische Medizin ins Spiel. Sie beruht nämlich auf einer Beobachtung, die mit dem Begriff der Heilung unmittelbar zu tun hat. In der Erkrankung ist etwas nicht ganz, nicht ausgeglichen, es fehlt etwas, etwas ist im Vergleich zu den anderen Eigenschaften zu wenig ausgeprägt. Im chinesischen Denken ist die Persönlichkeit ein Leben lang in Bewegung. Denn das ganze Leben ist ein fortlaufender Prozess der Entwicklung und inneren Bewegung, der mit dem Zyklus der Wandlungsphasen zu tun hat – und Störungen in diesem Ablauf können in jedem Stadium des Lebens auftreten.
Im besten Falle behandelt man also nicht eine »Krankheit«, sondern eben den Menschen. Dies zu unterscheiden, ist eine Grundqualität des Arztes in der heutigen Gesellschaft, in der die Krankheitsauslöser eher zunehmen, in der Medikamente über längere Zeit gegeben werden als früher, in der Menschen älter und damit gebrechlicher werden und länger an den Krankheitsauslösern leiden und ihre persönliche Architektur, ihre Bauweise, also ihre Konstitution eine immer bedeutsamere Rolle spielt. Man muss die Symptome eben als Ausdruck des Ganzen sehen, als das Ergebnis des Wechselspiels zwischen dem Angreifer und dem Angegriffenen, dem Krankheitsauslöser und dem Individuum.
Aber es hängt nicht nur vom »Bautyp«, also von der Architektur des Menschen ab, wie, wann und in welcher Weise er erkrankt. Natürlich gibt es Menschen, die schwache Atemwege und Abwehrkräfte haben, oder Menschen, die schneller Gelenkschmerzen bekommen als andere. Aber übersehen wir dabei nicht etwas Wesentliches? Wo bleiben die Emotionen bei dieser Betrachtung? Erkranken wir auf verschiedene Weisen, weil wir als Teil einer menschlichen Gemeinschaft ganz unterschiedlich emotional reagieren?
Es geht also um die psychische Seite der Therapie – und eine Besonderheit der Chinesischen Medizin liegt ja darin, dass sie auch den Körper in die Psyche einschließt. Man kann erkennen, dass im Körpergefühl eine besondere innere Klugheit wirkt, die Intelligenz des Körpers. Weil alle Symptome des Menschen in der Chinesischen Medizin auch eine emotionale Bedeutung haben, deshalb sind die Symptome Botschafter aus dem Reich des Unterbewussten, die der Vernunftintelligenz, dem »Geist« eines Menschen, etwas über seinen Leib-Seele-Apparat mitteilen können. Dafür aber muss man einen Zugang zu ihnen bekommen, und es gibt eine Reihe hilfreicher Methoden, diese Grenzen des Unterbewussten aufzuheben. Dazu gehören natürlich die Methoden der westlichen Psychotherapie, beispielsweise die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie, die Familientherapie und die Körpertherapien – aber auch das zentrale und uralte Denken der klassischen Chinesischen Medizin, deren Methoden momentan von den modernen Neurowissenschaften und Verhaltenswissenschaften bestätigt werden.
Im Großen und Ganzen werden Menschen also nicht nur deshalb krank, weil sie ihren Körper nicht richtig behandeln oder Angriffen von Klima, Viren und Überarbeitung ausgesetzt sind, sondern auch, weil sie in Bindungsmustern und den dadurch ausgelösten Emotionen gefangen sind. Wie wir sehen werden, kommen diese aus der Tiefe des Unterbewusstseins, und deshalb kennen wir die Eigenschaften dieser Bindungsmuster und Emotionen häufig nicht näher und verstehen nicht immer, warum wir in einer bestimmten Weise emotional reagieren: Warum wird man krank, wenn man die Schwiegermutter sieht? Warum gibt es ganz bestimmte Kollegen, die man nicht riechen kann?
Das Verständnis des eigenen Körpers, der eigenen Person und der Lebensbeziehungen bezeichnen wir als das Selbstkonzept eines Menschen. Wir müssen es ein Leben lang erweitern. Denn wer mit seinem Körper richtig umgeht, seine Emotionen kennt und sie für einen lösungsorientierten Wandel einsetzt, wer seine Art, in Bindungen zu leben, immer weiterentwickelt, der bleibt auch lange gesund. Hat man aber ein falsches Selbstkonzept, so entwickelt man auch körperliche Symptome.
Auf den ersten Blick mag das vereinfachend wirken. Auf der anderen Seite aber gibt eine solche Grundannahme dem Arzt beim Heilungsprozess klare Anhaltspunkte dafür, ob er mit seiner Einschätzung des körperlichen und emotionalen Lebens des Patienten einigermaßen richtig liegt, ob seine Arbeitshypothesen richtig sind. Ist es die falsche Lebensweise für diesen Körper? Stecken alte Emotionen in blockierten (Un-)Gleichgewichten? Gibt es schädliche Automatismen in den Bindungsmustern, im menschlichen Miteinander? In letzterem Fall ist es wahrscheinlich, dass die Patienten eine bestimmte Konstellation der zwischenmenschlichen Verhältnisse immer wieder als schmerzhaft oder ärgerlich erleben. Daraus bilden sich bestimmte Glaubenssätze, wie etwa: »Nie bekomme ich, was ich brauche«, »Immer gerate ich an den falschen Mann« oder »im Grunde misstraue ich den Menschen«. Das wiederum könnte etwas mit ihrer Umgebung zu tun haben, aber auch mit dem jeweiligen Persönlichkeitstyp. Deshalb ist es so wichtig zu unterscheiden, ob es an den anderen Menschen und ihren Verhaltensmustern liegt oder an unserem eigenen Persönlichkeitstyp, den wir besser kennen und annehmen müssen, damit er sich verändern kann.
Ob man seinen Zustand nun durch Nahrungsmittel, körperliche Übungen oder eine Selbstbehandlung mit den eigenen Händen oder Massagegeräten zu verbessern lernt – alle diese Therapien haben etwas gemein: Es geht darum, dass man selbst eine Wirkung erzeugt.
Ein guter...
Erscheint lt. Verlag | 14.6.2022 |
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Zusatzinfo | s/w-Grafiken im Text |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | 2022 • Alternative Medizin • chronische Erkrankungen • eBooks • Fernöstliche Medizin • Ganzheitlich • Gesundheit • Heilen • Heilung • Medizin • Naturmedizin • Neuerscheinung • Schulmedizin • TCM • Traditionelle Chinesische Medizin • Zwei-Welten-Medizin |
ISBN-10 | 3-641-22380-6 / 3641223806 |
ISBN-13 | 978-3-641-22380-9 / 9783641223809 |
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