Auf sie mit Gebrüll! (eBook)

... und mit guten Argumenten. Wie man Pöblern und Populisten Paroli bietet
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
208 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-25315-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Auf sie mit Gebrüll! -  Hasnain Kazim
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Lernen vom Profi: Hasnain Kazim zeigt, wie man Paroli bietet
Man muss sich wirklich nicht alles sagen lassen! Mit seinem neuen Buch macht Bestsellerautor Hasnain Kazim Lust darauf, sich mal wieder richtig zu fetzen. Viele begeisterte Leser von »Post von Karlheinz« wissen, wie unterhaltsam und gewinnbringend die heftigen Auseinandersetzungen sein können, die Kazim ständig führt, nun gibt er auf vielfachen Wunsch konkrete Tipps fürs richtige Streiten. Dabei darf es gerne laut, hart und lustig zugehen: Hauptsache, man hat die richtigen Argumente parat, um dumpfem Hass und platten Parolen Einhalt zu gebieten. Eine dringend benötigte Anleitung für all die Diskussionen, denen wir sonst lieber aus dem Weg gehen - und verdammt unterhaltsam noch dazu.

Hasnain Kazim ist gebürtiger Oldenburger und Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer. Er wuchs im Alten Land, vor den Toren Hamburgs, und in Karatschi in Pakistan auf, studierte Politikwissenschaften und schlug eine Laufbahn als Marineoffizier ein. Er schrieb unter anderem für das dpa-Südasienbüro in Delhi und von 2004 bis 2019 für den SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE, die meiste Zeit davon als Auslandskorrespondent in Islamabad, Istanbul und Wien. Für seine Arbeit wurde er bereits mit vielen Preisen ausgezeichnet, darunter der »CNN Journalist Award«. Er lebt als freier Autor nach wie vor in der österreichischen Hauptstadt und hat mehrere Bücher veröffentlicht, unter anderem »Grünkohl und Curry«, »Plötzlich Pakistan« und »Krisenstaat Türkei«. Das Taschenbuch »Post von Karlheinz« (2018), das seine Dialoge mit wütenden Leserinnen und Lesern versammelt, stand viele Wochen auf der Bestsellerliste. »Auf sie mit Gebrüll!« (2020), eine Anleitung zum richtigen Streiten, wurde ebenfalls direkt nach Erscheinen ein Bestseller. Zuletzt erschienen »Mein Kalifat. Ein geheimes Tagebuch, wie ich das Abendland islamisierte und die Deutschen zu besseren Menschen machte« und das dazugehörige »Kalifatskochbuch. Weisheiten und Rezepte«.

Darf man alles sagen?


Ich höre in Diskussionen und lese in Internetforen und E-Mails am Ende von Hasstiraden immer wieder: »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!« Manchmal, wenn diesen Leuten aufgrund ihrer Äußerungen dann zurecht Kritik entgegenschlägt, sagen oder schreiben sie: »In Deutschland gibt es keine Meinungsfreiheit mehr!« Oder: »Der Meinungskorridor in Deutschland wird immer enger!« Oder: »Immer diese Sprachpolizei!« Oder: »Nieder mit der Political Correctness!« Oder: »Tugendterror!«

Neben blankem Hass wird auch gerne allerlei krudes Zeug verbreitet, Lügen, Gerüchte, Spekulationen, Verschwörungstheorien. Wer das kritisiert, wird der »Zensur!!!!!« bezichtigt. Konfrontiert man die Urheber mit ihrem Unsinn, entgegnen sie: »Ich verstoße gegen kein Gesetz! Solange ich nichts Strafbares sage, können Sie mir das nicht verbieten!«

Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht richtig. Ja, zunächst einmal liegen die Grenzen im Rechtlichen. Wer beispielsweise Menschen verleumdet oder beleidigt, verstößt gegen das Gesetz. Dafür kann er oder sie strafrechtlich belangt werden. Jetzt ziehen manche den Umkehrschluss, alles, was nicht gegen das Recht verstoße, sei erlaubt. Nun ja, erlaubt vielleicht, aber sicher nicht folgenlos sagbar.

Es stimmt: Was rechtlich nicht untersagt ist, kann man juristisch kaum untersagen. Aber richtig ist auch: Worte haben Wirkung. Und zwar sowohl für den, an den sie gerichtet sind, als auch für den, der sie von sich gibt. Für seine Worte muss man geradestehen. Für das, was man sagt oder schreibt, trägt man Verantwortung. Die Messlatte ist aber nicht das Strafrecht oder irgendein anderes Gesetz, sondern in einem alltäglichen zivilisierten Miteinander gelten viel engere Grenzen des Sagbaren: die der Moral und des Anstands.

Ich weiß, jetzt klinge ich wie ein pensionierter Oberstudienrat, der den Finger hebt und sagt: »Wir brauchen wieder mehr Anstand und Moral!«

Aber die Wahrheit ist: Wir brauchen wieder mehr Anstand und Moral!

Rechtlich spräche nichts dagegen, dass ich zum Beispiel den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der glaubt, mit rechtspopulistischen Sprüchen potenzielle AfD-Wähler für sich gewinnen zu können, und mit dem ich mich unter anderem deswegen gelegentlich streite, dass ich also diesen Herrn Palmer nur noch Herr Schnoggiwoggl nenne. Soweit ich weiß, ist Schnoggiwoggl keine Beleidigung und hat auch sonst keine Bedeutung. Das Wort ist mir einfach so eingefallen, und bei Google gibt es dazu nur ein paar Einträge, nämlich über meine Überlegung, Herrn Palmer so zu nennen.

Ich nenne Herrn Palmer aber nicht Schnoggiwoggl, weil es unhöflich wäre. Weil Boris Palmer eben Boris Palmer heißt und weil man Menschen bei ihrem Namen nennt, je nach Gepflogenheit beim Vornamen oder Herr/Frau plus Nachnamen oder mit Spitznamen. Wenn eine Form der Ansprache von jemandem als unhöflich, beleidigend, respektlos oder gar ehrverletzend empfunden werden könnte, unterlasse ich es. Wenn Boris Palmer mir etwa sagte: »Sie, Herr Kazim, man spricht meinen Namen nicht ›Boohris‹ aus, sondern ›Borris‹«, dann würde ich mich bemühen, »Borris« zu sagen, nicht »Boohris«. Wenn er sagte, es sei ihm egal, wie man seinen Vornamen ausspricht, würde ich das auch respektieren.

Manche schreiben meinen Vornamen falsch: »Haznain« statt »Hasnain«. Wenn das zur Gewohnheit wird, weise ich denjenigen auf die korrekte Schreibweise hin. Meistens ist es mir aber egal. Hieße ich »Cem«, würde ich wahrscheinlich Wert darauf legen, dass man den Namen »Dschem« ausspricht, nicht »Tschem«. Ich weiß, von manchen kommt nun der Einwurf: »Das ist aber kein deutscher Name! Woher soll ich wissen, wie man das ausspricht? Mir fällt das schwer, es ›Dschem‹ auszusprechen, ich sage weiter ›Tschem‹!« So eine Diskussion habe ich schon mehrmals führen müssen, neulich wieder mit einer älteren Dame. Die Antwort ist natürlich ziemlich einfach: 1. Mir ist klar, dass Sie die falsche Aussprache nicht böse meinen (davon gehe ich jetzt mal zu Ihren Gunsten aus). 2. Wenn Sie es bisher nicht wussten, wie man es richtig ausspricht – jetzt wissen Sie’s. 3. Jeder Mensch ist lernfähig, auch in fortgeschrittenem Alter. Also lernen Sie doch bitte einfach aus Respekt vor Ihrem Mitmenschen, wie man einen bestimmten Namen oder ein bestimmtes Wort richtig ausspricht. Ich bin zuversichtlich, dass Sie es schaffen!

Ach, und noch etwas: Sprache verändert sich. Es gibt Begriffe, die früher geläufig gewesen sein mögen, die wir aber jetzt nicht mehr benutzen, und zwar aus guten Gründen. Auch wenn es vielleicht schwerfällt, sollte man sich diese Gründe anhören und zu Herzen nehmen. So gibt es für Menschen mit nichtweißer Hautfarbe mehrere Begriffe, die Menschen mit nichtweißer Hautfarbe für inakzeptabel halten, egal, was das Recht dazu sagt, und egal, ob »man« das »früher« so sagte und es »doch gar nicht böse gemeint« ist. Tatsache ist, dass diese Begriffe heute benutzt werden, um Menschen mit nichtweißer Hautfarbe zu diffamieren. Manche Leute weisen dann gerne darauf hin, dass diese Begriffe in dieser oder jener Sprache doch nur »Mensch« bedeuten würden. Mag sein. Heute sind das aber in unserem Sprachgebrauch abwertende Begriffe. Also benutzen wir sie nicht. Punkt.

Als ich noch in der Bundeswehr war und ich mit älteren Menschen über meinen Einsatz sprach, bezeichneten sie die Streitkräfte der Bundesrepublik immer noch als »Wehrmacht«. Sie meinten es nicht böse. Für sie war »Wehrmacht« gleichbedeutend mit »Militär«. Sie kannten es noch so »von früher«. Ich habe meine Gesprächspartner trotzdem korrigiert und gesagt, dass ich mit der »Wehrmacht« definitiv nichts zu tun habe. Alle sahen das ein.

Kürzlich las ich von einer Studie über das Ernährungsverhalten der Deutschen. Man könnte das Ergebnis so zusammenfassen: »Immer mehr Deutsche sind übergewichtig, weil sie vermehrt Fastfood und zuckerhaltige Getränke konsumieren.« Das ist ein akzeptabler Satz, oder? Man kann ihn inhaltlich doof finden, ihn nicht glauben und in Frage stellen, aber letztlich ist an der wissenschaftlich belegten Aussage nichts auszusetzen. Man könnte aber auch formulieren: »Die Deutschen werden immer fetter, weil sie fressen und saufen wie die Schweine.« Dieser Satz sagt im Wesentlichen nichts anderes aus als der erste. Und doch ist er inakzeptabel, weil er beleidigend und herablassend in der Wortwahl ist. Dabei verstößt er gegen kein Gesetz, ich vermute jedenfalls, dass kein Gericht ihn untersagen wird. Aber es ist unanständig, sich so zu äußern. So reden wir nicht miteinander in einer zivilisierten Gesellschaft! Wer es dennoch tut, grenzt sich selber aus.

Ein weiteres Beispiel aus meinem Alltag. Jemand sagt: »Ich habe meine Schwierigkeiten damit, dass sehr viele Muslime mit ultrakonservativen Ansichten kommen und all die Errungenschaften des freien, selbstbestimmten Lebens, nicht nur für Frauen, sondern auch für Homosexuelle, Angehörige anderer Konfessionen und so weiter, rückgängig machen.« Das ist eine Meinung, die man selbstverständlich so äußern darf. Klar kann man dieser Meinung widersprechen, sie kritisieren, es gibt für niemanden ein Recht auf Widerspruchsfreiheit. Aber prinzipiell ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man mit so jemandem eine konstruktive, gute Diskussion führen kann.

Ein anderer schreibt mir: »Scheiß Muselpack, die gehören ausgerottet, ich erschieße die persönlich, wenn es sein muss!!!!« Das ist keine Meinung, sondern das ist Hass. Mit dieser Person wechsele ich kein einziges Wort, mich interessieren auch nicht ihre »Sorgen und Nöte«, und schon gar nicht unterhalte ich mich »auf Augenhöhe« mit ihr. Wenn ich diese Person scharf kritisiere, sozial ausgrenze, ächte, juristisch gegen sie vorgehe, ist noch lange nicht ihre Meinungsfreiheit eingeschränkt; sie erfährt auch keine »Zensur«. Sondern sie muss einfach nur Kritik ertragen und Verantwortung für ihre Worte übernehmen.

Betrachten wir noch ein Beispiel, das ebenso alltäglich ist: Man könnte theoretisch jedem fremden Menschen, dem man im Zug, auf dem Markt, im Konzert, bei der Post oder in einem Laden begegnet, sagen: »Hören Sie, ich finde, Ihr Kleid ist wirklich unvorteilhaft.« Oder: »Woher haben Sie eigentlich diese sagenhaft hässlichen Schuhe?« Oder: »Ich finde, Sie könnten ruhig mal ein paar Kilogramm zunehmen/abnehmen.« Oder: »Also, Ihre Frisur ist wirklich unterirdisch.« All diese Sätze kommen ohne Schimpfworte aus. Sie mögen beleidigend wirken, aber den Tatbestand einer Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches erfüllen sie nicht ohne Weiteres. Sollten Sie so eine Aussage mal zu hören bekommen, würden Sie, befürchte ich, mit einer Anzeige nicht weit kommen.

Natürlich darf man die Frisur, die Kleidung, überhaupt: das Aussehen eines anderen Menschen unattraktiv finden. Wenn Sie einen Menschen sehen, den Sie besonders schön oder außergewöhnlich hässlich finden, geht Ihnen das vielleicht völlig ungesteuert durch den Kopf. Wenn jemand etwas unfassbar Dämliches sagt, denken Sie womöglich unvermittelt: »Meine Güte, ist der oder die dumm!« Ein zivilisierter, respektvoller Umgang miteinander beruht aber unter anderem darauf, dass man nicht alles so unvermittelt äußert, wie man es denkt. Dass man also nachdenkt, bevor man den Mund aufmacht. Dass man sich fragt: Was will ich mit meiner Äußerung bezwecken? Will ich etwas in der Sache verbessern oder geht es mir darum, den Angesprochenen oder die Angesprochene zu verletzen? Mit welchem Recht tue ich das? Man sollte sich fragen: Fände ich es selbst gut, so angesprochen zu werden? Möchte ich, dass mir jeder seine Meinung über mein Aussehen mitteilt?...

Erscheint lt. Verlag 10.2.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte AfD • eBooks • Hass • Hassmails • Integration • Karlheinz • Populismus • Post von Karlheinz • Rassismus • Spiegel-Bestseller-Autor
ISBN-10 3-641-25315-2 / 3641253152
ISBN-13 978-3-641-25315-8 / 9783641253158
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