Zwischen Demokratie und Autoritarismus - Kamran Musayev

Zwischen Demokratie und Autoritarismus

Transformationsszenarien im Baltikum und Südkaukasus

(Autor)

Buch | Softcover
526 Seiten
2019
Campus (Verlag)
978-3-593-51049-1 (ISBN)
52,00 inkl. MwSt
Die nach dem Zerfall der Sowjetunion allerorten wahrnehmbare Euphorie vom "Ende der Geschichte" unter dem Gesichtspunkt der Demokratisierung postsozialistischer autoritärer Regime ist heute, drei Dekaden später, in der vergleichenden sozialwissenschaftlichen Forschung einer Ernüchterung gewichen. Woran liegt es, dass, trotz des erhofften globalen Siegeszugs der Demokratie, die Transformationsprozesse in einigen Regionen auf der Strecke blieben und sich eine Reautoritarisierung, bzw. eine Renaissance der autoritären Regime beobachten lässt? Gründe für divergierende Entwicklungsdynamiken liefert dieser Band, der mit dem Baltikum und dem Südkaukasus zwei Regionen in den Fokus rückt, die sich nach 1991 völlig unterschiedlich entwickelt haben.
Die nach dem Zerfall der Sowjetunion allerorten wahrnehmbare Euphorie vom 'Ende der Geschichte' unter dem Gesichtspunkt der Demokratisierung postsozialistischer autoritärer Regime ist heute, drei Dekaden später, in der vergleichenden sozialwissenschaftlichen Forschung einer Ernüchterung gewichen. Woran liegt es, dass, trotz des erhofften globalen Siegeszugs der Demokratie, die Transformationsprozesse in einigen Regionen auf der Strecke blieben und sich eine Reautoritarisierung, bzw. eine Renaissance der autoritären Regime beobachten lässt? Gründe für divergierende Entwicklungsdynamiken liefert dieser Band, der mit dem Baltikum und dem Südkaukasus zwei Regionen in den Fokus rückt, die sich nach 1991 völlig unterschiedlich entwickelt haben.

Kamran Musayev promovierte als DAAD-Stipendiat an der Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Inhalt
Dank 9
1 Einleitung 11
1.1 Forschungsstand 11
1.2 Aktualität und wissenschaftliche Relevanz des Themas 13
1.3 Methodisches Vorgehen 15
1.4 Kapitelüberblick 20
2 Theoretisch-analytische Grundlagen 23
2.1 Historischer Neoinstitutionalismus 23
2.2 Pfadabhängigkeit 27
2.3 Kontinuität und Wandel von Pfadabhängigkeit 31
2.4 Institutionenwandel und Critical Junctures 34
2.5 Modell zur vergleichenden Analyse von Systemwechseln und Staatsbildungsdynamiken 37
2.6 Die Phasen der Transformation 44
3 Die Liberalisierungsphase im Baltikum und im Südkaukasus 47
3.1 Der politische Aufbruch und die »Ära der Klubs« 47
3.2 Die »singende Revolution« im Baltikum 52
3.2.1 Volksfrontbewegungen 57
3.2.2 Bürgerkomitees versus Interfronten 63
3.3 Wechsel der Prioritäten: Zuerst Unabhängigkeit, dann Demokratisierung 70
3.3.1 Parade der Souveränitäten 73
3.3.2 Der baltische Weg: Befreiung von der Geschichte 81
3.4 Die Unabhängigkeitserklärungen der baltischen Republiken 89
3.4.1 Tabubruch: Litauen fordert die sowjetische Staatlichkeit heraus 90
3.4.2 Estland und Lettland – behutsam in die Unabhängigkeit 97
3.4.3 Doppelherrschaft im Kreml als Chance für die baltischen Staaten 100
3.4.4 Baltische Staaten: Wiederherstellung der Unabhängigkeit 104
3.5 Zusammenfassung 110
3.6 Matrjoschka-Nationalismus und die nationale Mobilisierung im Südkaukasus 111
3.7 Die »blutige Revolution« im Südkaukasus 115
3.7.1 Regimeöffnung in Georgien 115
3.7.2 Die Radikalisierung der nationalen Bewegung in Georgien nach den April-Ereignissen 123
3.7.3 Die institutionelle Weichenstellung in Armenien 132
3.7.4 History War zwischen Armenien und Aserbaidschan 135
3.7.5 Berg-Karabach als Katalysator der nationalen Mobilisierung 137
3.7.6 Strategiewechsel in Armenien: Erst die Unabhängigkeit 141
3.7.7 Der politische Aufbruch in Aserbaidschan 147
3.7.8 Die Meydan-Bewegung als Geburtsstunde der
aserbaidschanischen Volksfront 148
3.7.9 Die »zurückgestellte« Demokratisierung Aserbaidschans.157
3.8 Die Unabhängigkeitserlangung der südkaukasischen Republiken 178
3.8.1 Bürgerkrieg in Georgien 178
3.8.2 Unabhängigkeitserklärung in Armenien 183
3.8.3 Die Wiederherstellung der Staatlichkeit in Aserbaidschan 187
4 Staatenbildungsdynamiken im Baltikum und im Südkaukasus.197
4.1 Politische Entwicklung seit der Unabhängigkeit 197
4.2 Reproduktion von Institutionen und Verfassungsgebung 198
4.2.1 Der russische Truppenabzug aus dem Baltikum 199
4.2.2 Estland: Eine neue Verfassung mit Bezug auf die eigene Geschichte 203
4.2.3 Demokratisierungsprozesse und Verfassungskompromiss in Litauen 206
4.2.4 Die wiedereingesetzte Verfassung von 1922 und die institutionelle Entwicklung in Lettland 209
4.2.5 Die Exil-Balten als »demokratischer Motor 214
4.3 Zusammenfassung 220
4.4 Die gescheiterte Demokratisierung in Georgien 222
4.4.1 Neuanfang mit alten Eliten 222
4.4.2 Autoritäre Stabilisierung in Georgien 227
4.5 Die Reautoritarisierung Aserbaidschans 232
4.5.1 Chaotischer Machtkampf in Baku 232
4.5.2 Gescheitertes Demokratisierungsexperiment in
Aserbaidschan 237
4.5.3 Militärputsch und Rückkehr des Patriarchen 245
4.5.4 Erdölverträge als Durchbruch aus der regionalen
Isolation 251
4.6 Renaissance des Autoritarismus in Armenien 258
4.6.1 Politische Entwicklung seit der Unabhängigkeit 258
4.6.2 Schleichende Autokratisierung Armeniens 267
4.6.3 Palastrevolte und Machtergreifung durch den Karabach-Clan 275
4.7 Zusammenfassung 284
5 Konsolidierte Demokratien versus hybride Regime: Baltikum und Südkaukasus im Vergleich 289
5.1 Institutionelle Konsolidierung und Verfassungsprinzipien im Baltikum 289
5.2 Superpräsidentialismus im Südkaukasus 290
5.3 Präsidentialismus versus Parlamentarismus 291
5.4 Demokratische versus hybride Regime 298
5.4.1 Herrschaftslegitimation im Baltikum 300
5.4.2 Herrschaftslegitimation im Südkaukasus 324
5.4.3 Herrschaftsausübung im 351
5.4.4 Herrschaftsausübung im Südkaukasus 359
5.4.5 Herrschaftsstrukturen im Baltikum 377
5.4.6 Herrschaftsstrukturen im Südkaukasus 386
5.4.7 Herrschaftsumfang im Baltikum 396
5.4.8 Herrschaftsumfang im Südkaukasus 411
6 Geografie, Geopolitik und interne Verfasstheit im Baltikum und im Südkaukasus 423
6.1 Theoretische Konzepte: Internationale Einflüsse auf Demokratisierungsprozesse 423
6.2 Baltikum und Russland 427
6.3 Die Westbindung der baltischen Staaten 432
6.4 Außenpolitik der Südkaukasus-Staaten im regionalen Kontext 438
6.4.1 Südkaukasus und Russland (GUS) 438
6.4.2 Südkaukasus und die Türkei 449
6.4.3 Südkaukasus und Iran 451
6.4.4 Integration des Südkaukasus in die euro-atlantischen Strukturen 453
7 Resümee 459
Abbildungen 465
Interviews 466
Abkürzungen 467
Periodika, Zeitungen, Zeitschriften, Studien 471
Literatur 473
Dank

1 Einleitung 1.1 Forschungsstand Die nach dem Zerfall der Sowjetunion allerorten wahrnehmbare Euphorie, die das »Ende der Geschichte« (Fukuyama 1992) ausgelöst hatte und die mit der Hoffnung auf Demokratisierung der postsozialistischen autoritären Regime verbunden war, ist heute, knapp drei Dekaden später, in der vergleichenden sozialwissenschaftlichen Forschung verschwunden und einer Ernüchterung gewichen. Trotz des erhofften globalen Siegeszugs der Demokratie blieben die Transformationsprozesse in einigen Regionen auf der Strecke und führten zu einer Reautoritarisierung der politischen Regime. Die Transformationsforschung fokussierte sich nach der Wende in ihren Studien überwiegend auf die Erfolgsgeschichten in Mittelosteuropa. Trotz ähnlicher Ausgangsbedingungen sind die Demokratisierungsprozesse in den meisten ehemals sowjetischen bzw. jugoslawischen Republiken jedoch gescheitert. Abgesehen von Russland wurden die Ursachen dieser gescheiterten Transformationen in den besagten Regionen kaum wissenschaftlich aufgearbeitet. Im postsowjetischen Raum vollzog sich der Transformationsprozess unterschiedlich. Die Demokratie hat sich unterdessen nur in wenigen Staaten etabliert, einige erleben sogar eine Renaissance der autoritären Regime, eine dritte Gruppe schwebt in einer Grauzone zwischen Demokratie und Autoritarismus. Die vorliegende Dissertation ist eine empirische und vergleichende Studie über die unterschiedlichen Transformationsszenarien im postsowjetischen Raum. Dabei werden zwei Regionen in den Mittelpunkt gerückt, die sich nach 1991 völlig unterschiedlich entwickelt haben: das Baltikum und der Südkaukasus, wobei versucht wird, die Gründe für die unterschiedlichen Entwicklungen in diesen Regionen zu erarbeiten. In der Studie werden durch vergleichende Methoden die empirische Plausibilität von kausalen Zusammenhängen bzw. Hypothesen hinsichtlich unterschiedlicher Entwicklungsdynamiken, konstitutioneller Strukturen und etablierter Regierungssysteme analysiert. Es wird hierbei also auf zwei periphere Regionen Bezug genommen, die bisher von der komparativen Systemtransformationsforschung nur am Rande berücksichtigt worden sind. Warum gerade diese Regionen? Oft sind es die Geografie und die Geschichte, welche die internationale Identität einer Region ausmachen. Somit liegt die erste Besonderheit darin begründet, dass sowohl die baltischen als auch die südkaukasischen Staaten durch ihren damaligen Peripheriestatus als Grenzstaaten des russischen bzw. sowjetischen Imperiums ein gemeinsames Kennzeichen aufweisen. Das historische Trauma, das die koloniale Präsenz Russlands hinterlassen hat, wie auch ihre Verletzbarkeit angesichts der politischen und wirtschaftlichen Macht Russlands, haben die baltischen und südkaukasi-schen Nationen dazu veranlasst, sich füreinander zu interessieren. Das Baltikum und der Südkaukasus sind zwei geografisch getrennte, aber ge-schichtlich verbundene Regionen. Zunächst wäre zu vermuten, dass zwischen diesen Regionen, mit ihrer jeweils relativ bescheidenen Größe, die an der süd- bzw. nordöstlichen Grenze Europas und damit relativ weit voneinander entfernt liegen, geschichtlich gesehen wenige Verknüpfungs-punkte vorhanden sind. Paradoxerweise ist das nicht der Fall, sogar das Gegenteil lässt sich sagen, denn schon relativ lange bestehen besondere Beziehungen zwischen diesen Regionen. Von Beginn des 19. Jahrhunderts bis ins Jahr 1918 hinein gehörten beide Regionen zum Zarenreich. Nach den ersten Unabhängigkeitserklärungen der einzelnen Staaten setzte sich die Zusammenarbeit weiter fort. Die baltischen Staaten wurden 1920 international anerkannt und traten dem Völkerbund bei. Eine militärische Intervention der Sowjets scheiterte 1919 in den baltischen Ländern. Im Südkaukasus (1920–1921) hingegen waren die Militäreinsätze erfolgreich, weshalb die Länder des Südkaukasus nicht den gleichen Status im Völkerbund erlangen konnten wie die baltischen Staaten. Die wichtigsten Gründe für die unterschiedlichen politi-schen Verläufe im Baltikum und im Südkaukasus sind in der Geschichte, in der gesetzlichen Lage und in der nationalen Situation der betreffenden Länder zu suchen. Als die Sowjetunion 1940 die baltischen Staaten be-setzte, nachdem das sowjetische Russland sie 1920 als souveräne Staaten anerkannt hatte, wurde dieses Vorgehen von der internationalen Gemeinschaft folglich als eine Aggression und unrechtmäßige Annexion angesehen, was im Südkaukasus nicht der Fall war. Nach dieser Okkupation der baltischen Länder durch die Sowjetunion lebten die Völker beider Regionen bis zum Zusammenbruch des Regimes unter einem politischen Dach. Erst seit dem Zusammenbruch werden die baltischen Staaten als postsowjetische Ausnahmefälle bezeichnet. Sie bilden eine besondere Gruppe unter den postkommunistischen Staaten: Sie verfügten als sowjetische Teilrepubliken über keine eigene Staatlichkeit, sind aber zusammen mit fünf weiteren Ostblockstaaten als einzige postsowjetische Republiken Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der NATO geworden (Reetz 2008: 229f). Was den Südkaukasus anbelangt, ist der Demokratisierungsprozess mit dem Ausbruch der territorialen Konflikte (vorerst) gescheitert. 1.2 Aktualität und wissenschaftliche Relevanz des Themas Der Südkaukasus kann als Synonym für den Krieg infolge der Sezessionsbestrebungen begriffen werden, die sich in den chaotischen politischen Entwicklungen der 1990er Jahre manifestierten und in autoritäre Herr-schaftstendenzen, in Bürgerkrieg sowie übermäßige bis maßlose Korruption mündeten. Als Gegenbeispiel hierzu gelten alle drei baltischen Republiken, die, abgesehen von einer exklusiven Minderheitenpolitik, zu den etablierten Demokratien mit funktionierenden staatlichen Strukturen gezählt werden. Auf den ersten Blick war die Ausgangssituation des Südkaukasus für den Nation-Building-Prozess, der für viele Transformationsforscher zu den zentralen Voraussetzungen eines erfolgreichen Systemwechsels zählt, wesentlich günstiger als diejenige des Baltikums. Während der Sowjetherrschaft schützten sich alle drei südkaukasischen Staaten gegen die Einmischungen des Zentrums (Moskau) (vgl. Christophe 2002: 1217–1234). Es gelang hierbei, anders als im Baltikum, die eigenen Nationalsprachen auf Verfassungsebene verankern zu lassen. Einzig die Verfassungen (1978) der drei südkaukasischen Republiken bekamen innerhalb der gesamten Sowjetunion die Freiheit zugesprochen, dass die jeweilige Sprache auf dem Territorium der jeweiligen Republik als Staatssprache gilt. Beide periphere Regionen bildeten später, dem Vorbild der Solidarność-Bewegung in Polen folgend, Massenmobilisierungsorganisationen, d.h. Volksfronten. Obwohl sich die Gründungsidee der Volksfront sowie deren Umsetzung zunächst im Baltikum vollzog, übertrafen die Ereignisse in den südkaukasischen Republiken, hinsichtlich ihrer Dauer und ihrer Ausmaße, die Entwicklungen im Baltikum (Auch 2009: 36). Innerhalb dieses Prozesses besaßen aber auch die baltischen Republiken einige Vorteile gegenüber dem Südkaukasus. Die moderne Staatlichkeit aus der Zwischenkriegszeit erwies sich als entscheidender Vorteil der Balten beim State-Building-Prozess. Sie griffen somit beim Aufbau der Institutionen auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurück. Die schwach ausgeprägte Institutionalisierung und die Kurzlebigkeit der ersten Republiken ermöglichten es den südkaukasischen Staaten nicht, sich auf eine eigene, positiv besetzte Vergangenheit zu beziehen, die als Orientierungshilfe zur Neueinrichtung der Institutionen und zum Ausbau der Verfassungsgebung hätte dienen können (vgl. Rüb 1996: 126). Außerdem gehörten die im Westen sozialisierten und ausgebildeten Exil-Balten zum wichtigsten Elitenfaktor während des Aufbaus der Demokratie. Dieses Phänomen und seine Wirkung blieben im Südkaukasus aus und führten später dazu, dass die (post-)sowjetischen Parteikader, die bereits während der Sowjetunion regierten, erneut an die Macht kamen. Die meisten Politiker, und auch die Vertreter der Zivilgesellschaft, kamen in den 1990er Jahren im Kaukasus gewöhnlich aus der kommunistischen Nomenklatura, die nicht willens war, den demokratischen Verfahrenskonsens zu akzeptieren (vgl. Maćkow 1999: 1369ff.). Die vergleichende Regimeforschung im postsowjetischen Raum wurde von westlichen Transformationsforschern nur bedingt in den Blick genommen. Christophes Artikel gehört zu den wenigen Studien, in denen impliziert Transformationsabläufe im Baltikum und Südkaukasus miteinander verglichen werden. Am Beispiel Litauens und Georgiens versucht die Autorin, durch die Analyse der Gemeinsamkeiten und Besonderheiten die unterschiedlichen Entwicklungsszenarien zu rekonstruieren. Im Zentrum ihrer These steht das Konzept »Nation(-alismus) als Ressource«, was in Zeiten des politischen Wandels sowohl zur Modernisierung einer Gesellschaft als auch zur Reproduktion der autoritären Verhältnisse dienen kann. Während die Litauer bei der Konstruktion der nationalen Identität kritisch mit der Vergangenheit umgingen und die Defizite der eigenen Geschichte aufarbeiteten, blieben die Georgier »der Tradition einer ungebrochenen Glorifizierung der Vergangenheit verpflichtet« (Christophe 2002: 1217ff.). Weiter stellt die vorliegende Arbeit auch die von der Transformationsforschung vernachlässigten Kategorien Staatlichkeit und Konflikt bzw. Krieg ins Zentrum der Betrachtung. Dabei ist die Drei-Elemente-Konzeption Jellineks – die Integrität von Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt – von großer Bedeutung (Merkel 2007: 428ff.). In Bezug auf die untersuchten Regionen lassen sich zwei unterschiedliche Modi der Transformations-prozesse feststellen. Während der Systemwechsel in den baltischen Staaten friedlich ablief, wurden die südkaukasischen Republiken durch Sezessionsbestrebungen bzw. Krieg erschüttert. Im Südkaukasus, wo die Jellinek’sche Trinität eines funktionierenden Staatswesens durch die Konflikte verletzt wurde, führte dies zu einer Reautoritarisierung der politischen Regime. Die funktionierende Staatlichkeit ist für den Aufbau der Demokratie unentbehrlich: »Without a state, there can be no citizenship; without citizenship there can be no democracy« (Linz/Stepan 1996: 28). Hierbei wird der Einfluss des Konflikts in den südkaukasischen Staaten auf Aspekte wie die nationalen Bewegungen und die Neueinrichtung der staatlichen Institutionen innerhalb des Transformationsablaufes hin analysiert und in eine Dimension der Zeitlichkeit bzw. in verschiedene Etappen eingeteilt. Ein weiterer Aspekt, der in der vorliegenden Arbeit zur Untersuchung der divergierenden Demokratisierungsprozesse hinzugezogen wird, sind die von der Demokratieforschung unterschätzten Merkmale wie die geografische Lage und die geopolitische Konstellation der beiden Regionen. Je demokratischer die Nachbarstaaten und die Regionalmächte sind, desto größer sind die Chancen, einen Staat zu demokratisieren (Gleditsch 2000: 35). Die demokratischen Großstaaten haben ein Interesse an der Errichtung von Demokratien in ihrer Nachbarschaft, um die eigene unmittelbare Umgebung zu stabilisieren. Die autoritären Regime sehen dagegen kleine Demokratieinseln in ihrer Nachbarschaft als Bedrohung für die eigene autoritäre Herrschaft an. Und in den Regionen, in welchen der Kampf um die regionale Vorherrschaft noch nicht beendet wurde, ist es schwer, Stabilität und Frieden zu schaffen.

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo 5
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Maße 140 x 213 mm
Gewicht 650 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Europäische / Internationale Politik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Vergleichende Politikwissenschaften
Schlagworte Aserbaidschan • Autoritarismus • Baltikum • Demokratie • Estland • Hybride Regime • Lettland • Litauen • Osteuropa • Südkaukasus • Systemtransformation
ISBN-10 3-593-51049-9 / 3593510499
ISBN-13 978-3-593-51049-1 / 9783593510491
Zustand Neuware
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