Bildung und Gesellschaft im 21. Jahrhundert

Zur neoliberalen Neuordnung von Staat, Ökonomie und Privatsphäre

Katharina Walgenbach (Herausgeber)

Buch | Softcover
326 Seiten
2019
Campus (Verlag)
978-3-593-51012-5 (ISBN)

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Bildung und Gesellschaft im 21. Jahrhundert -
46,00 inkl. MwSt
Den Ausgangspunkt des Bandes bildet die Frage, wie sich die neoliberale Neuordnung von Ökonomie, Staat und Privatsphäre im Feld der Bildung niederschlägt. Dabei gehen die Beiträgerinnen und Beiträger auf gesellschaftliche Entwicklungstrends ein wie die Ökonomisierung der Bildung, Humankapitaldiskurse, die Folgen des aktivierenden Sozialstaats für die Soziale Arbeit oder antiegalitäre Dynamiken in der Bildungspolitik. So wird deutlich, dass diese Transformationsprozesse nicht linear verlaufen, sondern widersprüchlich organisiert sein können.
Den Ausgangspunkt des Bandes bildet die Frage, wie sich die neoliberale Neuordnung von Ökonomie, Staat und Privatsphäre im Feld der Bildung niederschlägt. Dabei gehen die Beiträgerinnen und Beiträger auf gesellschaftliche Entwicklungstrends ein wie die Ökonomisierung der Bildung, Humankapitaldiskurse, die Folgen des aktivierenden Sozialstaats für die Soziale Arbeit oder antiegalitäre Dynamiken in der Bildungspolitik. So wird deutlich, dass diese Transformationsprozesse nicht linear verlaufen, sondern widersprüchlich organisiert sein können.

Katharina Walgenbach ist Professorin für Bildung und Differenz an der Fernuniversität Hagen.

Inhalt
Einleitung 7
Katharina Walgenbach
I. Neuordnung von Ökonomie, Staat und Bildung
Neoliberalismus – historisch-systematische Rekonstruktion
eines Begriffs der Kritik 29
Katharina Walgenbach
Bildung zum Humankapital 61
Rita Casale und Christian Oswald
Der anti-egalitäre Bruch in der Bildung 89
Thomas Höhne
Soziale Arbeit im Aktivierenden Sozialstaat 117
Fabian Kessl
II. Feldanalysen
Ökonomisierung des Elementarbereichs oder: Das Ökonomische
und der Elementarbereich 143
Johanna Mierendorff
Lebenslanges Lernen als Katalysator der Modernisierung
des Bildungssystems: Über den Kollateralnutzen
neoliberaler Bildungspolitik 163
Uwe Elsholz
Transformationen der modernen Schule in einer postmodernen Gesellschaft 181
Jürgen Budde
III. Bildung und Erziehung in Zeiten
von (Post-)Neoliberalismus und Rechtspopulismus
Projektion, Selbstaufwertung, Delegitimierung – zur Funktionalität
von Rassismus in neoliberalen Verhältnissen 213
Astrid Messerschmidt und Paul Mecheril
Von der antiautoritären zur autoritären Revolte: Familie, Kindheit, Geschlecht und Sexualität im Fokus 239
Meike S. Baader
IV. Gegenentwürfe
Kritische Bildungstheorie heute: Adorno und Heydorn revisited
oder: Für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen 275
Heinz Sünker
Die eingemessene, die unbedingte und die polymorphe
Universität – ein Plädoyer für Vielgestaltigkeit im Hochschulwesen 297
Dirk Stederoth
Autorinnen und Autoren 322

Einleitung Katharina Walgenbach Der vorliegende Band zielt auf eine Zeitdiagnose, die das Verhältnis von Bildung und Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum Gegenstand hat. Die zugrunde liegende These ist, dass die neoliberale Neuordnung von Ökonomie, Staat und Privatsphäre auch das Feld der Bildung neu strukturiert. Dabei ist Bildung nicht nur ein relevantes Feld der Einflussnahme, vielmehr verändern die aktuellen gesellschaftlichen Dynamiken auch den historisch konstituierten Charakter der Bildung. Dies betrifft die Neujustierung der institutionellen Verfasstheit des Bildungswesens ebenso wie Bildungspraktiken und Bildungsdiskurse. Nicht zuletzt bringen die Neukonfigurationen auch neue Bildungssubjekte hervor. Es geht also nicht allein darum, dass Bildung heute mit neuen Erwartungen, Anforderungen und Zumutungen konfrontiert ist, sondern, dass sich das Feld der Bildung selbst in einem Transformationsprozess befindet. Es wird allerdings davon ausgegangen, dass diese Transformationsprozesse nicht linear verlaufen, sondern höchst widersprüchlich organisiert sein können. Des Weiteren kann Bildung nicht als konstitutives Außen in Bezug auf die Ökonomie oder den Staat gefasst werden – es geht also nicht um den schlichten Nachweis, dass etwa das Ideal der humanistischen Bildung durch Ökonomisierungsprozesse kontaminiert wird –, vielmehr wird davon ausgegangen, dass Bildung sich von der Antike, über das Mittelalter bis in die Neuzeit stets in Relation zu den Feldern Ökonomie und Staat moduliert hat. Eine zeitdiagnostische Analyse der Gegenwart hat somit die Aufgabe, das Spezifische der spätmodernen Konstellation von Bildung, Ökonomie und Staat herauszuarbeiten (vgl. Casale 2012a). In diesem Sinne zielen die Beiträge des Bandes auf eine Dechiffrierung aktueller Entwicklungsdynamiken im Bildungsbereich wie etwa die Konsequenzen des Wandels von einem Wohlfahrtsstaat zum aktivierenden Sozialstaat für die Soziale Arbeit (Kessl), die Transformation von Wissen in Kompetenz in Humankapitaldiskursen (Casale/Oswald) oder anti-egalitäre Dynamiken in der Bildungspolitik (Höhne). Anhand von Feldanalysen in den Segmenten Schule (Budde), Elementarbereich (Mierendorff), Universität (Stederoth) und Weiterbildung/Lebenslanges Lernen (Elsholz) wird aufgezeigt, wie sich die Neuordnung des Verhältnisses von Bildung, Staat und Ökonomie Anfang des 21. Jahrhundert gestaltet. Schließlich werden aktuelle rechtspopulistische und rassistische Tendenzen in ihrer Bedeutung für die Transformation von Erziehungs- und Bildungsprozessen reflektiert (Messerschmidt/Mecheril; Baader). Mögliche Gegenentwürfe (Sünker; Stederoth) werden weder in extenso noch in einem adäquaten Spektrum präsentiert – dies war auch nicht das Ziel des Bandes – sie werden aber auch von Autor_innen angesprochen, deren Beiträge nicht in dieser Rubrik situiert sind. Zeitdiagnosen setzen sich immer dem Risiko von Simplifizierungen, schematischen Darstellungen und potenziellen Irrtümern aus, wenn sie Aussagen über gesellschaftliche Entwicklungstrends im Horizont einer longue durée treffen. Deshalb bleibt herauszustellen, dass die aktuellen Transformationsprozesse von Ökonomie, Staat und Gesellschaft auch stets Gegenstand von Konflikten, Kontroversen und Widersprüchen sind. Insofern ist das folgende Zitat von Eva Kreisky und Birgit Sauer nicht allein auf die Transformation von Geschlechterverhältnissen zu beziehen: »Wir sind Zeugen einer zugegebenermaßen markanten sozialen, ökonomischen und politischen Veränderungskonstellation. Epochen können allerdings immer erst ex post als solche fixiert und wahrgenommen werden. Mithin sind auch historische Übergänge von einer überkommenen in eine andere, neue Konfiguration gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse im Moment der Transformation nur schwer konstatierbar. Der Prozess der Geschichte vermittelt sich uns als mittel- bis längerfristige, umfassende Bewegung von dialektischer Qualität, die bestimmt wird durch einen zeitlich, örtlich und kulturell variablen Spannungsbogen aus Elementen der Bewahrung und Veränderung von Verhältnissen. Welche Kraft in diesem sich unaufhörlich verschiebenden Parallelogramm als die einflussreichere, nachhaltigere und letztlich auch ›signierende‹ wirken wird, darüber können wir im nur flüchtig faßbaren Augenblick des historischen Geschehens lediglich vage Vorahnungen äußern […].« (1997: 43) Allerdings dürfen die Sozialwissenschaften diesen Risiken bzw. Herausforderungen nicht ausweichen, denn gerade sie sind in Umbruch- und Krisenzeiten gefragt, wissenschaftliche Expertise und analytische Begriffe zu offerieren, die zum Verständnis der Verfassung der Gegenwartsgesellschaft beitragen. Angesichts der Komplexität dieser Aufgabe bleibt der Geltungsbereich der Überlegungen in den Beiträgen meist auf (West-)Europa beschränkt. Wie im obigen Zitat bereits angedeutet, kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass alle Segmente von Bildungsinstitutionen, Bildungspraktiken sowie Subjektivierungsformen quasi einem totalitären Modus der Transformation unterworfen sind, es geht vielmehr um die Untersuchung von Entwicklungstendenzen, die zunehmend hegemonial werden bzw. geworden sind und somit zumindest eine Orientierungsfunktion bzw. Abgrenzungsfolie herausbilden. Dies vorangeschickt, sollen im Folgenden einige der Themenfelder bzw. Begriffe kartiert werden, die der These der Transformation von Ökonomie, Staat und Bildung zugrunde liegen. Zur neoliberalen Neuordnung von Ökonomie, Staat und Privatsphäre Wie der Untertitel des Bandes andeutet, wird dem Neoliberalismus ein entscheidender Einfluss auf die angeführten Transformationsprozesse zugewiesen. Im aktuellen Handbook of Neoliberalism konstatieren die Herausgeber_innen, dass Neoliberalismus meist zur pejorativen Fremdbezeichnung herangezogen wird, was seinen Einsatz als analytischen Begriff erschwert: »Given the diversity of domains in which neoliberalism can be found, the term is frequently used somewhat indiscriminately and quite pejoratively to mean anything ›bad‹ […]. While there is a strategic reason for such usage, particularly in terms of mobilizing it as a ›radical political slogan‹ […], such lack of specificity reduces its capacity as an analytic frame. If neoliberalism is to serve as a way of understanding the transformation of society over the last few decades then the concept is in need of unpacking.« (Springer/Birch/MacLeavy 2016: 28) Nach Boas und Gans-Morse gibt es in den Sozialwissenschaften nicht etwa zu viele Definitionen des Neoliberalismus – was bei vergleichbaren Konzepten wie Demokratie oder Populismus durchaus üblich sei –, sondern zu wenige (2009: 140 u. 156). Die Autoren gelangen auf der Basis einer Inhaltsanalyse von 148 internationalen Peer-Review-Artikeln in neun politikwissenschaftlichen Zeitschriften (Zeitraum 1990–2004) zu dem Ergebnis, dass 69 Prozent der untersuchten Beiträge überhaupt keine Definition von Neoliberalismus beinhalten. Des Weiteren werde der Terminus nur in kritischer Absicht verwendet, selten von »pro-market«-Autor_innen herangezogen und nie zur Selbstbezeichnung genutzt (ebd.: 140). Neoliberalismus soll in diesem Band als eine analytische Kategorie zur Untersuchung der Gegenwartsgesellschaft herangezogen werden. Aus diesem Grund wird ihm eine ausführliche historisch-systematische Rekonstruktion des Begriffs Neoliberalismus vorangestellt (Walgenbach), deren Ergebnis im Folgenden komprimiert zusammengefasst wird. Die Grundpositionen des Neoliberalismus werden dabei in Bezug auf vier Ebenen herausgearbeitet: Ökonomie, Staat, Logiken/Rationalität und Subjektverständnis. Ideengeschichtlich kann der Neoliberalismus auf unterschiedliche Denkschulen (Freiburger Schule, Wiener Schule, Londoner Schule, Chicago School etc.) zurückgeführt werden, die sich seit den 1930er Jahren herausgebildet haben (Renner 2003; Walpen 2004; Birch 2017). Die Denkschulen bestimmen das Verhältnis von Ökonomie, Staat und Gesellschaft mit durchaus unterschiedlichen Akzentsetzungen, sie teilen aber auch gemeinsame Grundpositionen. Die zentralen Ordnungsprinzipien des Neoliberalismus sind der freie Markt bzw. Wettbewerb und die Freiheit bzw. Eigenverantwortung des Individuums. Ökonomisch zielt die neoliberale Agenda auf Deregulierung, Liberalisierung, Privatisierung und Flexibilisierung von Industrie, Gütern, Arbeit, öffentlichen Fürsorgeaufgaben und Finanzkapital (Schuldes 2011; Kotz 2015; Butterwegge/Lösch/Ptak 2017). Ideengeschichtlich grenzt sich der Neoliberalismus von einem Laissez-faire-Liberalismus des 19. Jahrhunderts ab, indem der Staat nicht mehr negativ definiert wird (›Nachtwächterstaat‹), sondern positiv (Friedman 1951: 3; Kolev 2013: 41). Die Bestimmung der Funktionen des Staates wurde zwischen den Denkschulen stets kontrovers diskutiert. Eine weitgehend geteilte Grundposition ist aber (vor allem in der Gründungsphase der »neoliberalen Bewegung«), dass der Staat Teil der Wettbewerbsordnung sein soll, der die ökonomischen Konkurrenzbeziehungen absichert, ordnet und her stellt – ohne jedoch selbst in Wirtschaftsprozesse einzugreifen. Die Freiheit, Funktionsfähigkeit und Legitimität des Marktes wird somit zum zentralen Prinzip der Organisation bzw. Rationalität des Staates (Foucault 2006). Der Neoliberalismus wendet sich gegen den redistributiven Wohlfahrtsstaat und zielt auf einen ›aktivierenden Staat‹, der seinen Bürgern auch in einem repressiven Modus gegenübertreten kann. Nach der neo-liberalen Doktrin soll die Logik bzw. Rationalität der Ökonomie bzw. des Wettbewerbs auch auf Institutionen, Lebensbereiche sowie Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster übertragen werden, die vormals außerhalb des Marktes lagen (Becker 1964; Foucault 2006; Brown 2015). Die Ökonomisierung des Sozialen zielt dabei auch auf Bereiche, die nicht monetarisiert werden können. Schließlich werden die Subjekte im Neoliberalismus angerufen, sich in allen Lebensbereichen als Humankapital bzw. ›Unternehmer ihrer selbst‹ zu begreifen (Foucault 2006; Bröckling 2007). Heute haben wir die paradoxe Situation, dass kaum jemand den Begriff Neoliberalismus zur Selbstbezeichnung heranzieht, während fast alle Gesellschaftsbereiche mit der neoliberalen Logik konfrontiert sind. Neoliberalismus ist heute ein Begriff der Kritik. Dieser Bedeutungswandel lässt sich bis zurück in die 1980er Jahre verfolgen, als Chile nach dem Militärputsch von Augusto Pinochet zum politischen Experimentierfeld der Chicago School of Economics avancierte. Konfrontiert mit der Kritik, welche die negativen Folgen der neoliberalen Wirtschafts- und Sozialreformen herausstellte, wollte sich offenbar niemand mehr als neoliberal bezeichnen. Die oben angeführten Grundpositionen und politischen Praktiken sind allerdings nach wie vor vital. Ökonomisierung der Bildung In Deutschland lässt sich seit den 1990er Jahren eine Dynamik der Ökonomisierung der Bildung beobachten (Benner/Kell/Lenzen 1996; Frost 2006; Radtke 2009; Höhne 2015; Pongratz 2017a; Schimank 2018). Darunter kann verstanden werden, dass Logiken bzw. Rationalitäten der Ökonomie wie zum Beispiel Wettbewerb, Profitmaximierung, Kosten-Nutzen-Erwägungen auf nicht-ökonomische Bereiche übertragen werden. Konkret zeigt sich die Einführung neoliberaler Wettbewerbslogiken beispielsweise in der Aufforderung an Bildungsinstitutionen, sich mit eigenen Profilen auf dem Bildungsmarkt zu präsentieren, um in Konkurrenz zueinander zu treten und sogenannte ›Quasi-Märkte‹ herauszubilden (Lohmann u.a. 2011; Pongratz 2017b; Hartong/Hermstein/Höhne 2018). Rankings, internationale Leistungsvergleichsstudien und kontinuierliche Evaluationsverfahren wie PISA oder das CHE-Hochschulranking sollen dazu dienen, sich durch den Vergleich mit anderen Bildungsinstitutionen permanent zu optimieren (Radtke 2003; Münch 2007). Die Ökonomisierung der Bildung zeigt sich des Weiteren in der Etablierung neuer Steuerungsmodelle (Bellmann 2012; Radtke 2013), der Entstehung neuer Bildungsmärkte und der Privatisierung von Bildungsinstitutionen (Ullrich/Strunck 2012; Lohmann 2014) sowie dem zunehmenden Einfluss privater und kommerzieller Akteure im Bildungswesen (Höhne/ Schreck 2009; Liesner/Gericke 2014). Zu den Instrumenten der Durchsetzung der Ökonomisierung gehören nicht zuletzt die chronische Unterfinanzierung von Bildungsinstitutionen (Klinger 2018), die Prekarisierung pädagogischer Berufe (Kessl/Polutta/v. Ackeren u.a. 2014) sowie die Beschleunigung von Lern- und Bildungszeiten (Borst 2012; Rosa 2013; Höhne 2015). Der Begriff Ökonomisierung birgt allerdings auch das Potenzial für einige konzeptionelle Missverständnisse. Zum Beispiel scheint er nahezulegen, dass Bildung sich vor den neoliberalen Reformen ab den 1990er Jahren weitgehend unabhängig vom Feld der Ökonomie entwickelt hat. Wie eingangs argumentiert, kann davon aber nicht ausgegangen werden. Beispielsweise zielte die Bildungsexpansion in den 1970er Jahren nicht allein auf mehr Chancengleichheit, sie war ebenfalls ökonomisch motiviert. Georg Picht verstand unter der von ihm diagnostizierten »Bildungskatastrophe« in erster Linie einen technologischen bzw. wirtschaftlichen Rückstand Deutschlands: »Bildungsnotstand heißt wirtschaftlicher Notstand« (1964: 17). Gleiches gilt für die sich wandelnden historischen Prozesse der Öffnung und Schließung von höheren Bildungsinstitutionen seit dem 18. Jahrhundert, die ebenfalls von ökonomischen Erwägungen beeinflusst waren (Friedeburg 1989; Jeismann 1996; Wolter 2016). Für die Analyse der Gegenwartsgesellschaft ist es somit notwendig, sowohl die Prozesse der Expansion ökonomischer Logiken im Feld der Bildung zu untersuchen als auch die grundlegende Neuorganisation des Feldes der Bildung zu rekonstruieren. Des Weiteren legt der Terminus Ökonomisierung einen Prozess der stetigen ›Landnahme‹ nahe (Dörre 2009). Eine solche Perspektive birgt allerdings die Gefahr, Konflikte um Ökonomisierung nicht zu berücksichtigen. So wurde beispielsweise das CHE-Hochschulranking von verschiedenen Fächern boykottiert – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Darüber hinaus erzeugt der Prozess der Ökonomisierung neue Spaltungen, die aber auch mit neuen Integrationsangeboten an zuvor diskriminierte Gruppen einhergehen (Walgenbach 2015). Für eine Untersuchung dieser Prozesse würde sich meines Erachtens insbesondere die konflikttheoretisch ausgerichtete Feldanalyse von Bourdieu anbieten (siehe auch Höhne 2015: 19ff.). Schließlich legt der Begriff Ökonomisierung nahe, dass es sich hier um eine Eigendynamik der Ökonomie handelt und nicht um ein genuin politisches Projekt (siehe Walgenbach in diesem Band).

Erscheinungsdatum
Co-Autor Meike Sophia Baader, Jürgen Budde, Rita Casale, Uwe Elsholz, Thomas Höhne, Fabian Kessel, Paul Mecheril, Astrid Messerschmidt, Johanna Mierendorff, Christian Oswald, Dirk Stederoth, Heinz Sünker, Katharina Walgenbach
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Maße 140 x 213 mm
Gewicht 404 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeines / Lexika
Sozialwissenschaften Soziologie Mikrosoziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Bildung • Bildungspolitik • Bildungungerechtigkeit • Frankfurter Schule • Gesellschaft • Gesellschaftsanalyse • Humankapital • Kapitalismuskritik • Kritische Theorie • Neoliberalismus • Ökonomie • Ökonomiesierung • Probleme im Bildungssystem • Rechtspopulismus • Selbststeuerung • Soziale Arbeit • Sozialstaat • Staat,Wirtschaft • ungleiche Bildungschancen
ISBN-10 3-593-51012-X / 359351012X
ISBN-13 978-3-593-51012-5 / 9783593510125
Zustand Neuware
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