Erhöhtes Risiko - Michael Lewis

Erhöhtes Risiko

(Autor)

Buch | Hardcover
224 Seiten
2019
Campus (Verlag)
978-3-593-50992-1 (ISBN)
24,95 inkl. MwSt
Feuer im Maschinenraum der Macht
Wir betreten die Flure der US-Ministerien nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA. Es ist ungewöhnlich still. Trumps Mannschaft, ohnehin spärlich vertreten, hat offenbar wenig Plan, was zu tun ist. Es herrscht vorsätzliche Unwissenheit, denn wer die Konsequenzen seines Handelns nicht kennt, dem fällt es leicht, den "Klimawandel" bedenkenlos zum Unwort deklarieren oder etablierte Forschungsprogramme vom Tisch zu fegen. Alarmstufe Trump!

Michael Lewis führt uns in den Maschinenraum der Macht. Er zeigt: Für den kurzfristigen Erfolg wird kollektives Wissen zerstört und jahrzehntelange Regierungserfahrung bewusst ignoriert. Für sein Buch hat er auch mit denen gesprochen, deren Kenntnis und Leidenschaft die Maschinen am Laufen halten. Ihr Signal muss gehört werden, denn es betrifft nicht nur Amerika, sondern die ganze Welt!

  • Michael Lewis enthüllt Trumps explosiven Cocktail aus vorsätzlicher Ignoranz und Käuflichkeit, der die Zerstörung eines Landes anheizt.
  • "the fifth risk" jetzt in deutscher Übersetzung

Michael Lewis ist New-York-Times-Nr. 1- Bestsellerautor. In seinem ersten Buch "Liar's Poker" verarbeitete er seine Erfahrungen als Investmentbanker. 2003 erschien sein Bestseller "Moneyball", 2011 mit Brad Pitt in der Hauptrolle verfilmt, ein Buch über ein Baseballteam, das seine Spieler nach mathematischen Regeln beurteilt. Es folgten bei Campus unter anderem "The Big Short", das auch als Kinofilm Furore machte, "Flash Boys" und zuletzt "Aus der Welt", ein Buch über die Freundschaft zwischen Daniel Kahnemann und Amos Tversky. Lewis lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Berkeley, Kalifornien.

Inhalt

Vorwort: Riskante Übergabe 9

Kapitel 1: Das fünfte Risiko 27
Kapitel 2: Risiko Mensch 77
Kapitel 3: Risikoklima 125

Dank 221

»Lewis hat die Gabe, selbst aus sperrigen Stoffen [...] packende Erzählungen zu machen.« Guido Mingels, Der Spiegel, 26.01.2019»Es ist eine Stärke von Lewis' Buch, dass es anhand zahlreicher Beispiele plastisch zeigt, wie gefährlich diese Ignoranz für Amerika werden kann - und wie wichtig es ist, den Blick abseits der großen, medienwirksament Entscheidungen von Klimaabkommen bis INF-Vertrag auf das weithin umbemerkte Ausbluten des amerikanischen Verwaltungsapparats unter Trump zu lenken.« Oliver Georgi, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2019In seinem [...] Buch "Erhöhtes Risiko" konzentriert sich der amerikanische Bestsellerautor Michael Lewis auf einen bislang zu wenig gewürdigten Aspekt der Ära Trump: das mit gnadenloser Konsequenz durchgezogene Bekenntnis zur vorsätzlichen Unwissenheit. Der im Buch schmerzlich genau beschriebene, von grotesker Inferiorität geprägte Umgang des US-Präsidenten mit der Arbeit einiger der wichtigsten Ministerien seines Landes zeigt, dass er Wissenschaft und evidenzbasierte Forschung nicht bloß ignorieren, sondern aktiv bekämpfen will.« Florian Scheuba, derstandard.at, 27.03.2019»Washingtons Amtsstuben und ihre Gegner - das eigene Volk. Der Autor Michael Lewis findet Unfähigkeit auf der einen, Abneigung und Misstrauen auf der anderen Seite vor. In 'Erhöhtes Risiko' gibt er jenen eine Stimme, die den Betrieb am Laufen halten und vor Fehlentwicklungen warnen.« Martin Tschechne, Deutschlandfunk »Andruck«, 08.04.2019»Michael Lewis enthüllt, welche Risiken für die Bevölkerung der USA bestehen und welche weltweiten Folgen es haben kann, wenn Donald Trump mit einem Team von unerfahrenen und inkompetenten Leuten regiert.« Steffen Twardowski, sachenlesen.de, 07.02.2019»Risikoexperte Lewis zeigt, dass die USA angesichts der gewachsenen Leistungsdefizite im Staatsapparat schlechter gerüstet sind für große Katastrophen wie Atomunfälle, Seuchen oder Naturereignisse. (...) Geht etwas schief, sterben Menschen.« Hans-Jürgen Jakobs, Handelsblatt, 31.01.2019»Diese Einblicke in das Innenleben des US-Staatsdienstes macht Michael Lewis' Buch zu einer interessanten, wichtigen und zudem hervorragend lesbaren Studie. Sie zeigt, dass die USA mit weniger Staat gegen Gefahren wie Cyberangriffe, Atomunfälle und Naturkatastrophen schlechter gewappnet sind. Vielleicht kann ja zumindest die Verfilmung des Buchs den Amerikanern die Augen öffnen, was sie an ihrem Staat haben.« Kristian Teetz, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 22.02.2019»Der Wirtschaftsjournalist Michael Lewis hat [die Folgen Trumps chaotischer Art für Millionen Amerikaner] meisterhaft beschrieben: Wegen fehlender und inkompetenter Führung können die US-Ministerien ihre Aufgaben immer schlechter bewältigen. Aber solche Themen schaffen es weiterhin kaum, gegen Trumps Lügen und Tweets zu bestehen.« Matthias Kolb, Süddeutsche Zeitung, 04.06.2019

»Lewis hat die Gabe, selbst aus sperrigen Stoffen […] packende Erzählungen zu machen.« Guido Mingels, Der Spiegel, 26.01.2019

»Es ist eine Stärke von Lewis‘ Buch, dass es anhand zahlreicher Beispiele plastisch zeigt, wie gefährlich diese Ignoranz für Amerika werden kann – und wie wichtig es ist, den Blick abseits der großen, medienwirksament Entscheidungen von Klimaabkommen bis INF-Vertrag auf das weithin umbemerkte Ausbluten des amerikanischen Verwaltungsapparats unter Trump zu lenken.« Oliver Georgi, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2019

In seinem […] Buch "Erhöhtes Risiko" konzentriert sich der amerikanische Bestsellerautor Michael Lewis auf einen bislang zu wenig gewürdigten Aspekt der Ära Trump: das mit gnadenloser Konsequenz durchgezogene Bekenntnis zur vorsätzlichen Unwissenheit. Der im Buch schmerzlich genau beschriebene, von grotesker Inferiorität geprägte Umgang des US-Präsidenten mit der Arbeit einiger der wichtigsten Ministerien seines Landes zeigt, dass er Wissenschaft und evidenzbasierte Forschung nicht bloß ignorieren, sondern aktiv bekämpfen will.« Florian Scheuba, derstandard.at, 27.03.2019

»Washingtons Amtsstuben und ihre Gegner – das eigene Volk. Der Autor Michael Lewis findet Unfähigkeit auf der einen, Abneigung und Misstrauen auf der anderen Seite vor. In ›Erhöhtes Risiko‹ gibt er jenen eine Stimme, die den Betrieb am Laufen halten und vor Fehlentwicklungen warnen.« Martin Tschechne, Deutschlandfunk »Andruck«, 08.04.2019

»Michael Lewis enthüllt, welche Risiken für die Bevölkerung der USA bestehen und welche weltweiten Folgen es haben kann, wenn Donald Trump mit einem Team von unerfahrenen und inkompetenten Leuten regiert.« Steffen Twardowski, sachenlesen.de, 07.02.2019

»Risikoexperte Lewis zeigt, dass die USA angesichts der gewachsenen Leistungsdefizite im Staatsapparat schlechter gerüstet sind für große Katastrophen wie Atomunfälle, Seuchen oder Naturereignisse. (...) Geht etwas schief, sterben Menschen.« Hans-Jürgen Jakobs, Handelsblatt, 31.01.2019

»Diese Einblicke in das Innenleben des US-Staatsdienstes macht Michael Lewis’ Buch zu einer interessanten, wichtigen und zudem hervorragend lesbaren Studie. Sie zeigt, dass die USA mit weniger Staat gegen Gefahren wie Cyberangriffe, Atomunfälle und Naturkatastrophen schlechter gewappnet sind. Vielleicht kann ja zumindest die Verfilmung des Buchs den Amerikanern die Augen öffnen, was sie an ihrem Staat haben.« Kristian Teetz, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 22.02.2019

»Der Wirtschaftsjournalist Michael Lewis hat [die Folgen Trumps chaotischer Art für Millionen Amerikaner] meisterhaft beschrieben: Wegen fehlender und inkompetenter Führung können die US-Ministerien ihre Aufgaben immer schlechter bewältigen. Aber solche Themen schaffen es weiterhin kaum, gegen Trumps Lügen und Tweets zu bestehen.« Matthias Kolb, Süddeutsche Zeitung, 04.06.2019

Für Tom Wolf In Memoriam Vorwort RISKANTE ÜBERGABE Es begann mit einem Artikel, den Chris Christie in der New York Times las. Im Februar 2016 war der Gouverneur von New Jersey aus dem Vorwahlkampf der Republikaner ausgestiegen und hatte die Präsidentschaftskandidatur von Donald Trump unterstützt. Ende April entdeckte er den Artikel. Der Autor beschrieb eine Einladung von Vertretern der verbleibenden Kandidaten - Trump, John Kasich, Ted Cruz, Hillary Clinton und Bernie Sanders - in das von Barack Obama regierte Weiße Haus. Wer sich zu diesem Zeitpunkt noch Hoffnungen machen durfte, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, musste offenbar allmählich darauf vorbereitet werden, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Der Bubi, den Trump zu diesem Gespräch geschickt hatte, war nach Ansicht von Christie geradezu lächerlich inkompetent. Also griff er zum Telefon und rief Trumps Wahlkampfmanager Corey Lewandowski an, um ihn zu fragen, warum man diese Aufgabe nicht jemandem übertragen habe, der eine gewisse Erfahrung mit der Regierungsarbeit habe. "Weil wir niemanden haben", erwiderte Lewandowski. Also bot sich Christie an: Er würde für Donald Trump die Leitung des Übergangsteams in die Hand nehmen. "Das ist fast so, als wäre man ein bisschen Präsident", sagte er zu Freunden. "Man plant die Präsidentschaft." Er traf sich mit Trump. Der erklärte ihm rundheraus, dass er kein Übergangsteam brauche. Wozu sollte man denn die Übernahme der Regierungsgeschäfte vorbereiten, bevor man gewählt wurde? Weil es das Gesetz so verlangt, erklärte ihm Christie. Trump fragte, woher er das Geld für ein Übergangsteam nehmen solle. Christie erläuterte, das müsse er entweder aus privaten Mitteln oder aus seiner Wahlkampfschatulle finanzieren. Aus eigener Tasche wollte es der Milliardär auf gar keinen Fall bezahlen. Aber aus den Wahlkampfspenden wollte er das Geld auch nicht nehmen. Also gab er Christie widerstrebend den Auftrag, eine eigene Kasse anzulegen, aus der das Übergangsteam bezahlt werden sollte. "Aber nicht zu viel!", wies er ihn an. So begann Christie, sich auf den unwahrscheinlichen Fall vorzubereiten, dass Donald Trump eines Tages zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden sollte. In Trumps Wahlkampfteam waren nicht alle davon begeistert, dass ausgerechnet er diese Aufgabe übernahm. Im Juni erhielt Christie einen Anruf von Trumps Berater Paul Manafort. "Das Bürschchen misstraut Ihnen", warnte ihn Manafort. "Das Bürschchen" war Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Im Jahr 2005 hatte Christie, damals noch Bundesstaatsanwalt für den Bezirk New Jersey, Kushners Vater Charles wegen Steuerhinterziehung erst vor Gericht, dann hinter Gitter gebracht. Nebenbei hatten die Ermittlungen ergeben, dass Charles Kushner eine Prostituierte bezahlt hatte, um seinen eigenen Schwager zu verführen, von dem er annahm, dass er mit Christie unter einer Decke steckte; Charles hatte das Rendezvous gefilmt und die Aufnahmen seiner Schwester geschickt. So etwas vergisst man nicht so schnell, und Christie musste annehmen, dass bei Jared ein Stachel geblieben war. Trump, den Christie beinahe als eine Art Freund bezeichnet hätte, war das jedoch egal. Er hatte Christie zu seiner Hochzeit mit Melania eingeladen, und nun drängt er ihn, doch auch zur Hochzeit seiner Tochter Ivanka mit Jared Kushner zu kommen. Das wäre aber peinlich, meinte Christie. Ich bezahle die Hochzeit, und das ist mir scheißegal, erwiderte Trump. In Christies Augen war Jared Kushner einer von den Leuten, die meinen, nur weil sie Geld haben, müssen sie automatisch auch intelligent sein. Er glaubte allerdings, eine gewisse Verschlagenheit in dem Bürschchen zu erkennen. So kam es, dass Christie bald alles, was er zur Vorbereitung einer möglichen Trump-Regierung unternahm, einem "Exekutivkomitee" vorlegen musste. Das Komitee bestand aus Jared, den Trump-Kindern Ivanka, Donald Jr. und Eric, Paul Manafort, Steve Mnuchin und Jeff Sessions. "Ich bin so was wie der Küster, der nach der Messe den Klingelbeutel für den Pfarrer nachzählt", meinte Sessions, der sich in seiner Rolle sichtlich unwohl fühlte. Im Juli 2016 wurde die Aufgabe des Küsters noch komplizierter, als Trump offiziell zum Kandidaten der Republikaner gekürt wurde. Nun zog das Übergangsteam nach Washington, DC, und machte sich auf die Suche nach geeigneten Leuten für die fünfhundert Spitzenjobs in der Regierung. Dazu gehörten natürlich sämtliche Ministerposten, aber auch eine ganze Reihe von anderen Stellen, von deren Existenz man in Trumps Wahlkampfteam noch nie gehört hatte. Den nächsten Außenminister zu finden ist gar nicht so einfach, den nächsten Verkehrsminister zu finden ist schon etwas schwieriger, ganz zu schweigen vom Stiftungsrat der Barry Goldwater Stiftung für Bildung und Bildungsförderung. Im August bestand das Übergangsteam aus 130 Vollzeitbeschäftigten und einigen Hundert Teilzeitkräften, die jeden Tag im Hauptquartier an der Ecke der 17th Street und Pennsylvania Avenue ein und aus gingen. Das Team erstellte Listen mit möglichen Kandidaten für die fünfhundert Posten sowie andere Listen von halbwegs qualifizierten Leuten, die am Tag nach der Wahl in den verschiedenen Ministerien und Behörden vorstellig werden sollten, um sich in die Aufgaben und Abläufe einführen zu lassen. Ihre Listen füllten sie, indem sie durchs Land reisten und mit Leuten sprachen: Republikaner mit Regierungserfahrung, frühere Amtsinhaber oder Leute aus Trumps Umfeld. Dann klopften sie die Kandidaten auf offenkundige Schwächen, peinliche Geheimnisse und Interessenkonflikte ab. Am Ende jeder Woche übergab Christie seine Mappen an Jared, Donald Jr., Eric und die anderen. "Sie haben sich alles ganz genau angesehen", sagte ein führender Mitarbeiter des Übergangsteams. "Wer ist das? Woher kommt er oder sie? Aber am Ende haben sie nur eine einzige Person abgelehnt, und das war die Sekretärin von Paul Manafort." Für all das interessierte sich Donald Trump erst, als er in der Zeitung davon las. Ein Artikel erwähnte, dass das Übergangsteam von Chris Christie mehrere Millionen Dollar an Spenden gesammelt hatte, um seine Mitarbeiter zu bezahlen. Von seinem Büro im 26. Stock des Trump Tower rief er seinen Wahlkampfmanager Steve Bannon an und forderte ihn auf, sich augenblicklich in Trumps Wohnung einige Stockwerke tiefer einzufinden. Als Bannon aus dem Aufzug stieg, sah er den ehemaligen Gouverneur von New Jersey auf einem Sofa sitzen, vor ihm ein tobender Trump. Außer sich brüllte der Milliardär: Du bestiehlst mich! Du stiehlst mir mein scheiß Geld! Was ist das für ein Scheiß? Als Trump Bannon erblickte, fiel er über den her: Warum erlaubst du dem, mein scheiß Geld zu stehlen? Gemeinsam versuchten Bannon und Christie, Trump die Gesetzeslage zu erklären. Sämtliche Kandidaten waren verpflichtet, sich schon Monate vor der Wahl auf die Übernahme der Regierungsgeschäfte vorzubereiten. Dazu stellte ihnen der Staat in der Hauptstadt Büroräume zur Verfügung, mit Computern, Papierkörben und was man eben so braucht. Doch von alledem wollte Trump nichts wissen: Ich scheiß auf das Gesetz. Das ist mir scheißegal. Ich will mein Scheißgeld. Bannon und Christie taten ihr Bestes, um ihm klarzumachen, dass das Büro für das Übergangsteam nun einmal Geld koste. Dann macht es eben dicht!, brüllte Trump. Weg mit dem Übergangsteam! An diesem Punkt waren sich Christie und Bannon nicht ganz einig. Keiner der beiden Männer hielt es für klug, das Übergangsteam einfach nach Hause zu schicken, doch jeder hatte dafür seine eigenen Gründe. Christie war der Ansicht, dass Trump als Präsident handlungsunfähig wäre, wenn er den Übergang nicht organisierte. Bannon war sich dagegen sicher, dass Trump sowieso niemals verstehen würde, was es bedeutete, eine Regierung zu führen; er meinte jedoch, dass es nicht gut aussehen würde, wenn sich Trump nicht wenigstens den Anschein gäbe, die Übernahme vorzubereiten. Als er sah, dass Trump Christie nicht zuhörte, warf er ein: "Was meinst du wohl, was die in Morning Joe sagen würden, wenn du das Übergangsteam einfach nach Hause schickst?" Bannon war klar, was die Moderatoren der Fernsehsendung Morning Joe sagen würden: Trump hat sein Übergangsbüro geschlossen, weil er sowieso nicht daran glaubt, dass er jemals zum Präsidenten gewählt wird. Trump hörte auf zu brüllen. Zum ersten Mal schien er zugehört zu haben. "Klingt logisch", erwiderte er. Und so durfte Christie seine Vorbereitungen für eine Trump-Regierung fortsetzen. Er versuchte, nicht in die Schlagzeilen zu geraten, was gar nicht so einfach war. Hin und wieder kamen Trump in den Zeitungen Meldungen über Christies Spendensammlungen unter und er regte sich wieder auf. Seiner Ansicht nach gehörte das Geld, das für seinen Wahlkampf gespendet wurde, ausschließlich ihm. Planung und Vorbereitung hielt er für überflüssig. Irgendwann sagte er zu Christie: "Wir beide sind doch so schlau, wir gehen einfach zwei Stunden früher von der Siegesfeier nach Hause und machen den Übergang allein." Wenn man damals die gesamte Bevölkerung der Vereinigten Staaten in einer Reihe aufgestellt hätte, nicht nach Größe oder Gewicht geordnet, sondern nach ihrem Interesse an der Arbeit des Staates, dann hätte Donald Trump irgendwo am Ende gestanden und Max Stier ziemlich weit vorn. Im Herbst 2016 gab es vermutlich kaum jemanden, der die staatlichen Abläufe und Mechanismen besser verstand als dieser Max Stier. Für einen Amerikaner seiner Generation und seines gesellschaftlichen Hintergrundes hatte er verblüffend romantische Vorstellungen vom Staatsdienst. Mitte der achtziger Jahre hatte er sich an der Eliteuniversität Yale eingeschrieben und war nach dem Grundstudium an die Stanford University gewechselt, wo er Anfang der Neunziger sein Jurastudium abgeschlossen hatte. Doch Geld und Macht schienen ihn nicht zu locken. Seiner Ansicht nach war der Staatsapparat der Vereinigten Staaten von Amerika die wichtigste und faszinierendste Institution in der Geschichte der Menschheit, und sein einziges Interesse schien darin zu bestehen, diese Einrichtung zu optimieren. Einige Jahre nach Ende seines Studiums lernte Stier einen Investmentbanker namens Sam Heyman kennen, der genauso besorgt war wie er, dass talentierte Hochschulabsolventen kaum Interesse an der Arbeit in Behörden und Ministerien zu haben schienen. Stier überredete Heyman, ihm 25 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen, um eine Organisation zu gründen, die sich dieses Problems annahm. Schon bald wurde Stier eines klar: Wenn man talentierte junge Menschen für den Staatsdienst gewinnen wollte, dann musste man diesen so gestalten, dass er auch attraktiv für talentierte junge Menschen war. Und genau darin sah er seine Aufgabe. Seine Organisation "Partnership for Public Service" war nicht annähernd so langweilig, wie ihr Name vermuten lässt. Hier bildete er Beamte zu Managern aus, schmiedete neue Beziehungen zwischen verschiedenen staatlichen Bereichen, befragte Regierungsbeamte nach konkreten Führungsschwächen und -stärken und wurde im Kongress aktiv, um tief sitzende Strukturprobleme zu beheben. Diesem Max Stier waren letztlich auch die Gesetze zu verdanken, die es dem Kandidaten Donald Trump so schwer machten, sich vor seinen Hausaufgaben zu drücken. Für talentierte junge Menschen hatte der Eintritt in den Staatsdienst einen entscheidenden Nachteil: Er hatte keinen Vorteil. Im Vergleich zur Privatwirtschaft zahlte der Staat schlecht. Zudem trat man als Staatsdiener nur dann ins Rampenlicht, wenn man einen Fehler machte - Ruhm, auf den man getrost verzichten konnte. Im Jahr 2002 richtete Max daher ein erstes Gala-Diner aus, auf dem Beamte für außerordentliche Leistungen ausgezeichnet wurden. Jahr für Jahr fanden sich immer prominentere Gäste bei der Verleihung der "Sammys" ein, wie Stier sie zu Ehren des Stifters nannte, und die Presse schenkte den Auszeichnungen immer mehr Aufmerksamkeit. Die Liste der Preisträger ist beeindruckend. Ein Mann namens Frazer Lockhart aus dem Energieministerium hatte die erste erfolgreiche Entseuchung einer ehemaligen Atomwaffenfabrik in Colorado durchgeführt, und zwar sechzig Jahre schneller und 30 Milliarden Dollar billiger als prognostiziert. Eine Frau namens Eileen Harrington aus der Handelskommission hatte das "Nicht-anrufen"-Register ins Leben gerufen, das seither Abermillionen Bürger vor Abermilliarden lästigen Verkaufsanrufen bewahrt. Steven Rosenberg vom Staatlichen Gesundheitsforschungszentrum hatte eine Immuntherapie entwickelt, mit der einst als unheilbar geltende Krebserkrankungen erfolgreich behandelt wurden. Im Staatsdienst ließen sich zahllose fantastische Erfolgsgeschichten dieser Art finden - leider wurden sie nie erzählt. Stier kannte viele solche Geschichten. Er hatte ein Muster beobachtet: Ein erstaunlich großer Teil seiner Helden sind Migranten der ersten Generation und kommen aus Weltgegenden, in denen es keinen funktionierenden Staat gibt. Menschen, die einen dysfunktionalen Staat erlebt haben, sind eher in der Lage, den Wert eines funktionierenden Apparats zu erkennen. Und Menschen, die nie Erfahrung mit einem dysfunktionalen Staat gemacht haben, sind umgekehrt weniger imstande, die Tugenden eines funktionierenden Gemeinwesens zu erkennen. Das ist möglicherweise die größte Herausforderung für Stier: Wie soll er Menschen in der Mitte der Gesellschaft den Wert seiner Arbeit erklären - Menschen, die den Staat entweder für selbstverständlich halten oder ihn gar als eine bedrohliche Macht begreifen, die sich ihrer Kontrolle entzieht? Also versucht er zu erklären, dass der Staat seinen Bürgern Dienstleistungen zur Verfügung stellt, wie sie die Privatwirtschaft nicht anbieten kann oder will: Krankenversicherungen für Kriegsveteranen, Luftverkehrsaufsicht, Autobahnen oder Lebensmittelkontrolle, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Er beschreibt den Staat als Motor zur Erzeugung von Chancen: Ohne die staatliche Sozialhilfe fiele es beispielsweise Millionen von Kindern schwer, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Und wenn das alles nicht fruchtet, zählt er auf, wie oft der Staat seine Bürger vor Dingen schützt, die sie das Leben kosten könnten. "Die Aufgabe des Staates besteht in erster Linie darin, für unsere Sicherheit zu sorgen", meint er. Auf Bundesebene beschäftigt der amerikanische Staat zwei Millionen Menschen, davon 70 Prozent im weitesten Sinne im Bereich der Sicherheit. Er übernimmt Risiken, die keine Einzelperson und kein Privatunternehmen tragen könnte. Einige dieser Risiken liegen auf der Hand: Finanzkrisen, Wirbelstürme oder Terroranschläge. Andere sind weniger offensichtlich: etwa die Gefahr, dass ein verschreibungspflichtiges Medikament süchtig macht oder Jahr für Jahr mehr Menschenleben kostet als der Vietnamkrieg. Viele der Risiken, die der Staat übernimmt, mögen auf den ersten Blick sehr unwahrscheinlich sein: So trifft er beispielsweise Vorkehrungen gegen Cyberangriffe, die im halben Land das Stromnetz abschalten könnten; er wappnet sich gegen Virenepidemien, die Millionen Todesopfer fordern könnten; oder er versucht, die wirtschaftliche Ungleichheit im Rahmen zu halten, um keine sozialen Unruhen oder Revolutionen aufkommen zu lassen. Am wenigsten sichtbar ist vielleicht das Risiko, dass etwas nicht geleistet wird, was ein besser funktionierendes Gemeinwesen hätte zuwege bringen können: eine neue Form der Krebstherapie etwa. An diesem Punkt kommen die Vorbereitungen zur Übergabe der Regierungsgeschäfte an den nächsten Präsidenten ins Spiel. Verläuft diese Übergabe schlecht, wird es wahrscheinlicher, dass in diesem gesamten Risikoportfolio - dem größten, das je eine Institution in der Geschichte der Menschheit zu verwalten hatte - negative Ereignisse mit größerer Wahrscheinlichkeit eintreten als positive. Schon bevor Stier seine Organisation zur Optimierung des Staatsdienstes gründete, bereitete ihm die planlose Übergabe der Regierungsgeschäfte schlaflose Nächte. "Unsere Regierungsführung hat mit der Welt, in der wir leben, nicht Schritt gehalten, und daran sind vor allem die Störungen durch die schlechte Übergabe von Amtsgeschäften schuld", meint er. "Die Leute kapieren nicht, dass aus einer verbockten Übergabe eine verbockte Präsidentschaft wird." Die Angehörigen der neuen Regierung sind bestenfalls bruchstückhaft informiert und oft extrem misstrauisch gegenüber allem, was ihre Vorgänger gemacht haben. Bis sie die Aufgaben, vor denen sie stehen, endlich vollends verstanden haben, ist ihre Zeit schon wieder um. "Und täglich grüßt das Murmeltier", seufzt Stier.

Erscheinungsdatum
Übersetzer Jürgen Neubauer
Zusatzinfo Lesebändchen
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Original-Titel The Fifth Risk. Undoing Democracy
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 404 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Berufliche Kompetenz • Bundesministerium • Bundesregierung • competence • Democracy • Demokratie • Demokratietheorie • Direkte Demokratie • Donald Trump • Exekutive • Fähigkeit • Fähigkeiten • Fähigkeit • Fähigkeiten • Government • Government department • Kabinett • Kompetenz • Kompetenzdelegation • Kompetenzübertragung • Kompetenzübertragung • Kompetenzverteilung • Landesministerium • Minister • Ministerinnen • Ministerium • Ministerrat • Parlamentarische Demokratie • Regierung • Repräsentative Demokratie • Repräsentative Demokratie • Senatoren • Senatorinnen • Staatsregierung • The fiths risk • Verantwortungsstruktur • Verantwortungsverteilung • Weißes Haus • Weißes Haus • White House • zentralregierung
ISBN-10 3-593-50992-X / 359350992X
ISBN-13 978-3-593-50992-1 / 9783593509921
Zustand Neuware
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