Parflexion

Ein Brevier um Veränderung
Buch | Softcover
269 Seiten
2017 | 1. Aufl.
Tattva Viveka Magazin (Verlag)
978-3-945129-11-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Parflexion - Klaus von Ploetz
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Denken heißt unterbrechen. Das aus der Aufklärung des 18.Jahrhundert stammende kognitiv betonte Denken neigt dazu, die einmal gefundenen Denkwege nicht mehr zu verlassen, sondern sie weiter auszubauen und gegen Abwege zu sichern. Der ursprüngliche Weg der Freiheit durch Vernunft entwickelte sich zur Alternativlosigkeit der Vernunft. Die so vorgestellte Vernunft verlässt die Freiheit um sich als unhinterfragbare Festlegung vorzustellen, sie stellt ununterbrochene Strukturen voran, die als unauflösbar auftreten. Diese strukturelle Gewalt wird innerlich, sie stellt den Menschen in eine selbstanklagende Struktur, aus der er nicht zu entkommen scheint, ohne sich selbst anzuschuldigen. Die Unterbrechung wird hier als Verfahren zur Parflexion vorgestellt, um die enthaltene und vorhandene Brüchigkeit und Gebrochenheit dieser strukturellen innerlichen Gewalt aufzudecken und in der Nutzung der Fraganten, als einer aufbrechenden Synthese, eine Selbstorganisation des Aufbrechenden zu entwickeln. Parflexion ist damit ein ganzheitlicher Wahrnehmungskörper, der in Eigenorganisation der Fraganten und daraus entstehender Selbstähnlichkeit im Äußersten Entgrenzung als neuen differenten und selbstaufbrechenden Ort gewinnt. Der Autor zeigt, wie der Mensch durch einen intrapsychischen Denkprozess in eine subjektivistische isolierte Selbstreferenz versinkt, in der die Peripherie, das Außen, als Dissipatives und Disparates, aus dem Blick gerät. Daraus entstehen konservative Gewohnheiten, geistige Fixierungen, die den lebendigen Prozess hemmen, der in einer schöpferischen Selbstorganisation des Disparaten besteht. Ploetz bewegt sich mit seinem Ansatz in den Raum des Unbekannten, Unbeherrschbaren, Nicht-Festgestellten. Dieser Raum bietet die Chance, Neues entsteht zu lassen und das erstarrte Leben wieder in den gesunden Fluss zu bringen.Brüche und Fronten werden so zu etwas Konstruktivem, das die Anliegen der Dinge betreiben will.

Dr. Dr. Klaus von Ploetz Studium der Medizin, Philosophie, Politik, Geschichte und Kunst in Tübingen (Schüler von Ernst Bloch), ­Aa­chen, Heidelberg und Berlin. Facharztausbildung in Neurologie und Psychiatrie, Kinder- und Jugend­psychiatrie sowie psychotherapeutischer Medizin. Psychotherapeutische Ausbildung in Transaktionsanalyse, systemischer Familientherapie und Psychoanalyse. Mitarbeit in der Freeclinic Heidelberg, Arzt bei den Flying Doctors of South-Australia. Ab September 2017 Chefarzt der Psychosomatischen Gezeitenhaus Klinik Schloss Wendgräben.

Einleitung / Gesellschaft und Gesundheit / Gesellschaft, Gesundheit und Abhängigkeit / Die Theorie des Fragantenprozesses / Die Funktionen der Fraganten: Der Fragant »Denken«, Der Fragant »Emotion«, Der Fragant »Kontext«, Der Fragant »Körperraum« / Die Ästhetik des Veränderlichen / Parflexiv / Die Peripherie in der Parflexion / Fragante Selbstorganisation / Parmotion / Parflexion / Literatur

Einleitung Dieser Text will sich dem Gegensatz »Äußerlichkeit versus Äußerstem« widmen, der Starre versus dem Durchbrechenden. Die Klage über die zunehmende Äußerlichkeit gehört zur fortlaufenden Kritik der Zeit, in der die Oberflächlichkeit und ihre chronische Erregtheit bei mangelnder geistiger Tiefe beklagt wird. Alles sei nur noch Verpackung ohne eigentlichen Inhalt, die zuvor noch herrschenden Dimensionen der menschlichen Existenz seien zu einer Dimension zusammengefallen. Die Dominanz des Warenhaften führe zu einer allgemeinen Manipulation der Wahrnehmung. Das Äußerste wäre dann auf der anderen Seite, diese Vereinseitigung und Manipulation aufzubrechen und eine erweitert ganzheitliche Wahrnehmung als Parflexion zu reorganisieren. Das hier zu entwickelnde Projekt der Parflexion wird weiter als Metaprozess benutzt, um die bestehende Brüchigkeit und Gebrochenheit des real Vorgestellten aufzudecken und dann in einer aufbrechenden Synthese des Äußersten und Unterbrochenen eine Selbstorganisation des Aufbrechenden zu entwickeln. Das Äußerste geht auf Bewegtheit und Herbeiführung einer Selbstorganisation des zuvor nur disparat Vorgestellten. Der Körper übernimmt dabei die Funktion eines fokussierenden Feldes und zwar in einem subjektiven und realen Zusammenhang, im Gegensatz zu der abendländischen Tradition, die dem Körper nur eingeschränkt Erkenntnis zubilligt. Erst mit Arthur Schopenhauer beginnt eine differente Art des Denkens: »Die Körper legen durch die mannigfaltige Verschiedenheit ihrer Qualitäten und deren Wirkungen an den Tag, dass sie nicht bloß ideal sind, sondern zugleich ein objektiv Reales, ein Ding an sich selbst, in ihnen sich offenbart, so verschieden solches auch von dieser seiner Erscheinung sein möge.« (A. Schopenhauer: Parerga und Paralipomena, Bd. II, S. 42) Die Grundbewegungen im Leben der Menschen bleiben rätselhaft. In welchem Umfang entsprechen sie dem Rhythmus, in dem das Leben sich bewegt? Was können wir von diesen Bewegungen wissen? Durch was wird Bewegung aufgebrochen und in Selbstorganisation gebracht? Welche Möglichkeiten bietet das Verstehen von Brüchen und Brüchigkeit und der damit verbundenen Veränderungen z.B. für die Medizin, die Geisteswissenschaft oder Soziologie, zu einer Zeit, in der zunehmende Geschwindigkeit des Lebens kritisiert und beklagt wird? Wie ist es möglich, dass vier sehr unterschiedliche Momente, die im weiteren »Fraganten« genannt werden – Denken, Emotionen, Kontext und Körperraum – überhaupt eine Art Beziehung zu einander gewinnen können? »Fragant« wird hier als Begriff eingesetzt, um der Brüchigkeit des scheinbar ganzheitlich vorgestellten Realen einen inneren prozessualen Zusammenhang und Gegenbegriff in einer weiteren Theorie des Fraganten zu geben. Der daraus später weiterentwickelte Begriff der Fraganz stellt den prozessualen Zustand des Aufbrechenden vor. Unverkennbar besteht die Tendenz zur Isolation der einzelnen Fraganten, trotz der bestehenden Spannungsprozesse zueinander. Die Parflexion wäre dann das Medium, in interfraganten Beziehungen das Äußerste einzunehmen zu versuchen. Das Grundthema der Parflexion besteht darin, nicht im Innersten zu fokussieren oder gar zu flektieren, sondern über das Äußerte in eine Selbstorganisation scheinbar unvereinbarer Fraganten zu kommen. Das so projektierte Quatrumvirat scheint bislang in der Moderne vordergründig von dem Fragant »Denken« dominiert zu sein. Schon das antike Denken hat das Problem des Kontinuums, insbesondere das Verhältnis von Raum, Zeit und Bewegung angedacht. Im Pfeil-Paradoxon kreiert Zenon von Elea vor 2500 Jahren eine eigene Wirklichkeit der Bewegung: Zenon sagt, dass ein fliegender Pfeil in jedem Moment seiner Flugbahn einen bestimmten, exakt umrissenen Ort einnimmt. An einem exakt umrissenen Ort befindet sich der Pfeil in Ruhe, denn an einem Ort kann er sich nicht bewegen. Da sich der Pfeil in jedem Moment also in Ruhe befindet, müsste er sich insgesamt in Ruhe befinden. Das Paradox: Wir nehmen an, dass der Pfeil fliegt. (Zenon von Elea, Fragmente. Über die Natur, in: H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, Band 1, Berlin 1922, S. 174) Das Alltagsverständnis der Bewegung wurde durch die Sichtbarmachung der darin enthaltenen Paradoxien in eine Art Ambiguität versetzt. Die Beschreibung der Ambiguität hat diese frühe Fragestellung wiedereingeführt. Die Quantenmechanik hat bei dem Übergang eines quantenmechanischen Systems von einem Zustand in einen anderen den Effekt bemerkt, dass durch Lichtaussendung eines angeregten Atoms bei wiederholt ausgeführten Messungen die Bewegung aufgehalten werden kann. Damit gleicht der Effekt dem Pfeil-Paradoxon des griechischen Philosophen Zenon von Elea. Wie kann ein anderes Wissen der Bewegung dazu beitragen, Veränderungen, Wirklichkeit, Dinge, Gesundheit, Therapien seelischer und körperlicher Erkrankungen zu befördern? Wie kann die vielfache Beschreibung von Stillstand und Bewegung wichtiger Elemente selbst eine Selbstorganisation des Dissipativen einleiten? Das Dissipative meint begrifflich hier eine in sich gebrochene Struktur, die sich in nichtlinearen Systemen, ursprünglich im thermodynamischen Gleichgewicht, als ein in sich selbstorganisierendes und doch dynamisches Phänomen zeigt. Was für Chancen können aus den hier neu beschriebenen Definitionen wie »Fragant«, »Parmotion« und »Parflexion« für die weiteren Prozesse menschlichen Lebens entwickelt werden? Die Medizin und ihre Formen der Behandlung bilden das besondere Feld, das Fragante und das Parflexive in ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität des Lebendigen sichtbar zu machen. Gesundheit und die darin enthaltenen Veränderungen, wie Erkrankungen und Heilungen, bilden eine Kernfraganz, da sie in ihrem Kern die Lebenswirklichkeiten aus ihrem eigenen Hintergrund heraus gestalten und entwickeln. Sie bilden in diesem Kontext einen Text voller mehrdeutiger Tendenz und Latenz. Die bis heute angewandten Therapien in der Medizin sind inhaltlich kontrovers und diskursiv zu einander entwickelt und konzipiert. Die jeweils gewählte Perspektive jeder Richtung betont eine bestimmte Optik ihres eigenen Ansatzes. Dies gilt vor allem auch für die Behandlungen der Geisteserkrankungen. Die Psychotherapie der Moderne bleibt an Defiziten orientiert und weniger an seelischem und psychischem Wachstum, Entwicklung und Latenz. Sie behandelt Symptome mit der Intention, diese Symptome zum Schweigen oder Stillstand zu bringen. Aus einer eher ganzheitlich und räumlich verstandenen Sicht der Thematik sind diese Differenzierungen auch als optische und thematische Brechungen, als Fraganten, zu definieren. Diese Brechungen versuchen ihre eigene Wirklichkeit nicht nur optisch, sondern auch gestalterisch darzustellen. Diese Brechungen beziehen sich auf eine immer noch bezogene Ganzheit, verbunden untereinander, aber doch gebrochen. Der Lichtstrahl, der auf ein Prisma trifft, wird in seine Anteile gebrochen, aber bleibt unter dem Brechungsaspekt die gleiche Menge Licht, das ursprüngliche Ensemble nur in einer veränderten Organisation. Das Licht ist gebrochen und ganz zugleich. Wird das Prisma entfernt, kann sich das in seine Spektren gebrochene Licht wieder zu dem organisieren, was wir als übliches Licht sehen. Brechungen und Ganzheit sind verschiedene Aspekte eines Prozesses, hier des Lichts. Die Eleganz und Prägnanz des ursprünglich aus der mathematischen Definition »Fraktal« entwickelten Begriffes Fragant, bezieht sich auf diese zwei Seiten der Brechung und der Selbstorganisation im Gebrochenen und ihres Zeitbezugs. Die innerliche Beziehung des Begriffs Fragant zu dem mathematisch durch Benoit Mandelbrot geprägten Begriff Fraktal besteht, aber sie ist nur über die erweiterten Schnittstellen der gebrochenen Dimensionen gebaut. Der Begriff des Fragants nimmt zuerst den Raum des Aktuellen ein, ohne sich damit den weiteren Dimensionen und den damit verbundenen Selbstähnlichkeiten zu verschließen. Ein weiterer Zusammenhang läuft über den gesamten Kontext des Begriffs »Fragant«, der alle durchlaufenden Operationen und Dimensionen in der Prozessdynamik der Selbstorganisation auch als Selbstähnlichkeit beschreibt. Selbstähnlichkeit meint hier die Eigenschaft, dass trotz durchgehender Veränderungen und wechselnden Dimensionen die zentrale Gestalt erhalten bleiben kann. Die Veränderungen sind im Fragant also darstellbar und bleiben sich gestalttreu und selbstähnlich. Durch diesen vielfältigen Gestaltwandel kann der Fragant in vielen Dimensionen der Entwicklung in den hier zu untersuchenden brechenden Medien, zentral auch der Psychodynamik, wie den weiteren Themen, nachgezeichnet und weiterentwickelt werden. Der Fragant ist durch seine räumliche Vielgestalt damit bestens geeignet, den Entwicklungsprozess der Veränderung, der Psychodynamik, aber auch der Körperlichkeit, durch alle Dimensionen anschaulich und konstruktiv nachzuvollziehen. In einer fokussierten Wahrnehmung kommt in diesem Konstrukt »Fragant« die Latenz einer stillen und weniger bemerkten Bewegung der Zeit durch, die durch die bestehende Zersplitterung und Aufspaltung der modernen Wahrnehmung nicht mehr ausreichend tief rezipiert werden kann. Diese Differenz enthält die Chance, den darin enthaltenen Prozess besser fokussieren zu können. Auf einer anderen Ebene der Fragantenorganisation wird die zunächst ganzheitlich vorgestellte somatische Therapie und Psychodynamik in Elemente aufgebrochen, die sich je nach Fachrichtung wieder in eine zweckvolle und rationale Ordnung reorganisieren kann. Sie zeichnen aber auch soziologisch eine Isolierung dieser Ordnungen in den Erlebensweisen der einzelnen Individuen nach. Die Rationalität von Konditionierung oder Gegenüberstellung von Konflikten und Strukturen kann zwar auf der einen Seite als Modellcharakter therapeutischer Operationalisierungen in der Behandlung verstanden werden. Gleichzeitig aber ist hier auch ein Modell gesellschaftlicher Rationalität zu finden, die nicht nur in der Aufhebung sozialer Bindungen zu sehen ist, sondern auch genau in der extra- und intrapsychischen Isolierung der theoretisch und technisch zu operationalisierenden inneren und äußeren Ebenen. Diese verschiedenen rational motivierten Fokussierungen versuchen auf ihre Weise einen perspektivischen Zugang zu somatischen und seelischen Veränderungen von Menschen zu finden. Diese optischen Brechungen sehen bislang im Wesentlichen vier unterschiedliche Felder vor: Die Fraganten: Kognition, die Emotion, die interpersonellen Relationen und in manchen Ausarbeitungen auch so etwas wie eine Form der Körperlichkeit, in einer anderen Begrifflichkeit der »Körperraum«. Diese vier Grundbegriffe werden inhaltlich und thematisch je nach Schwerpunkt gegeneinander abgegrenzt und gewichtet, aber auch ihre verschiedenen Gestaltungsformen in ihrem Verlauf aufgeführt und verfolgt. In anderen Worten, dort wo die eine Methode die Kognition im Vordergrund sieht, stellt sie konsequent die anderen drei »Optiken« eher in den Hintergrund. In diesen vielfachen Versuchen werden Hintergründe gegen Vordergründe stets einseitig fokussiert, ohne dass wechselhaft die verschiedenen optischen Scharfstellungen miteinander entwickelt oder kombiniert werden. Die verschiedenen Fragantenorganisationen sind operationalisierte Reduktionen von in sich entwickelten Ungleichgewichten, die in einer anderen Darstellung Selbstähnlichkeiten entwickeln. Die Ungleichgewichtigkeiten der Fraganten entwickeln, auf eine komplexe Ebene gesetzt, ein eigenes System, deren labile Balance zum Beispiel das Wesen der Erkrankungen und Gesundheit beschreibt. Die Fraganten beschreiben damit auch die in der eigenen Entwicklung entstandenen Brechungen aus erlebten Imbalancen. Die Imbalancen der Fraganten erscheinen dadurch zunächst widersprüchlich. Auf der einen Seite treten sie als Manifestation des Erkrankens auf, auf der anderen Seite enthalten sie die Energie, auf der Ebene der Selbstorganisation, über die Formen der Selbstähnlichkeit einen intensiven Veränderungsprozess ganzheitlich anzustoßen. Der Fragantprozess umfasst per Definition ein offenes mehrdimensionales Prozessgebilde. Die besondere Qualität des Fragantprozesses stellt seine ursprünglich mathematische inspirierte Konfiguration dar, aus der es auch zusätzlich gelingt, biologische, zeitverfasste und naturhafte Prozesse mehrdimensional konstruieren zu können. Die Chance des Fragantprozesses für andere Bereiche besteht darin, über die alltägliche Dimensionalität hinaus zu gehen, in der auch Gebrochenes seine Dimensionen beibehält und sie vielmehr erst dadurch strukturell entwickeln kann. Gegen die aktuelle evidenzbasierte Wissenschaft verbindet sie auf der Achse Polarität die Seite des rational Zerstreuten, Dissipativen mit der anderen Seite der Selbstorganisation des Dissipativen. Auf den anderen Dimensionen dieses Fragantprozesses kann in einer mathematischen Begrifflichkeit Skaleninvarianz konstruiert werden, das heißt, trotz komplexer Operationalisierungen ergeben sich Selbstähnlichkeiten, die weitere zentrale Eigenschaften, trotz des Durchlaufs durch vielzahlige Dimensionen, beibehalten. Der Fragantprozess kann beispielsweise in der somatischen Therapie wie auch in der Psychotherapie für die schon entwickelten rationalen Brechungen eine komplexe Methode anbieten, die gleichermaßen konzeptionell diese Brechungen voraussetzt und eine Selbstorganisation bestehender Ungleichgewichte andererseits im Äußersten anstoßen möchte. Der Fragantprozess zeichnet die Entwicklungen der Brechungen in der Behandlung und Psychodynamik nach, um auch auf der anderen Seite inter-fragante Beziehungen zu entwickeln. Die Erkrankung und die Gesundheit kann daher in der ganzheitlichen Sicht des Fragantprozesses als Aufbrechung und Selbstorganisation der bestehenden dissipativen Strukturen aufgefasst werden. Dissipative Strukturen, als ein durch Ilya Prigogine geprägter Begriff, benutzt als Modell den in der Physik definierten Vorgang eines dynamischen Systems, bei dem z. B. durch Reibung die Energie einer makroskopisch gerichteten Bewegung in andere Energieformen umgewandelt wird. Die daraus gewonnene thermische Energie geht in eine Energie ungeordneter Bewegungen der Moleküle über, die dann teilweise umgewandelt werden kann. Ein solches System heißt in der Physik dissipativ. Diese Begrifflichkeit ist aus der modernen Physik entlehnt und wird dort in den physikalischen Gebieten der Thermodynamik und der Akustik oder allgemein in der Wellenlehre eingesetzt. Die Physik eignet sich auch deshalb für die Konstruktion dieser Begrifflichkeit, da entgegen der alltäglichen Anschauung einer streng rationalen Ordnung die Physik die Konkurrenz und damit die Synthese zweier Erklärungsmodelle anerkennt wie z.B. in der Relativitätstheorie und der Quantenphysik. Der Fragantprozess ist damit zunächst ein Verfahren zur Veränderung, das aber auch seine Wirksamkeit in vielen anderen Feldern aufzeigen kann. Der Fragantprozess nutzt die gemeinsamen Felder fast aller Wirklichkeitsformen, hier in vier und gelegentlich mehr Fraganten übersetzt und unterschieden. Diese Fraganten stellen die vier damit verbundenen Themen, Kognition, Emotion, interpersonelle Relationen und Körperraum in eine komplexe Relation zueinander. Entscheidend wird dann der auf einer inneren und äußeren Ebene angelegte Prozess der Selbstorganisation der Fraganten werden. Die besondere Möglichkeit des Fragantprozesses liegt darin, den darin enthaltenen ganzheitlichen Prozess nicht allein auf einer reflexiven Ebene zu belassen, sondern auch äußere körperliche Formate zu entwickeln, die, energetisch inspiriert, eine andere Art der Selbstorganisation initiieren. Diese Art der Selbstorganisation der darin enthaltenen Fraganten bedingt auch eine andere Form der Zeit. Martin Heidegger hat versucht, mit seinem Begriff der »Zeitlichkeit« aus der naturwissenschaftlich gebrauchten externen Zeit, als nachträglich veräußerlichte und verdinglichte Form der messbaren Zeit, herauszukommen. Die andere Zeit, die durch Selbstorganisation im Fragantprozess angestoßen wird, geht aus der externen analogen Zeit heraus um eine ganzheitliche Wahrnehmung zu erreichen, die über das einfache kybernetische Modell hinausgeht, das als eine Art Stellglied, ähnlich dem Raumthermostat, den gesamten Prozess kontrollieren möchte. Die Selbstorganisation der Fraganten erhält in dem oft bestehenden dissipativen Chaos eine Schlüsselrolle. Ilya Prigogine hat das chaotische Dissipative als ein Mittelding zwischen dem reinen Zufall und der redundanten Ordnung bewertet. (Ilya Prigogine: Das Paradox der Zeit, S. 123) Die Ordnung des Dissipativen enthält damit die Bedingungen zur Entstehung von komplexen Informationen in biologischen Systemen. Die komplexe Information kann nur dadurch entstehen, dass sie die komplexe Sammlung, das Kaleidoskop des fraganten Prozesses selbst und der äußeren Formen durchläuft um aus dem leeren Rationieren der Wahrnehmung in eine veränderte Bewegung und Rhythmus zu kommen, die an späterer Stelle Parmotion heißen wird. Das Brevier Parflexion will ein Verfahren entwickeln, um aus der seit längerem bestehenden Erstarrung des üblichen Umgangs mit der Welt herauszukommen und die einseitig vorgenommene Manipulation des scheinbar Gegebenen und damit einzig Notwendigen aufzubrechen. Es ist eine Anleitung, die Bewegungsspannung für eine neue und andere Selbstorganisation zu erhöhen.

EinleitungDieser Text will sich dem Gegensatz »Äußerlichkeit versus Äußerstem« widmen, der Starre versus dem Durchbrechenden. Die Klage über die zunehmende Äußerlichkeit gehört zur fortlaufenden Kritik der Zeit, in der die Oberflächlichkeit und ihre chronische Erregtheit bei mangelnder geistiger Tiefe beklagt wird. Alles sei nur noch Verpackung ohne eigentlichen Inhalt, die zuvor noch herrschenden Dimensionen der menschlichen Existenz seien zu einer Dimension zusammengefallen. Die Dominanz des Warenhaften führe zu einer allgemeinen Manipulation der Wahrnehmung. Das Äußerste wäre dann auf der anderen Seite, diese Vereinseitigung und Manipulation aufzubrechen und eine erweitert ganzheitliche Wahrnehmung als Parflexion zu reorganisieren. Das hier zu entwickelnde Projekt der Parflexion wird weiter als Metaprozess benutzt, um die bestehende Brüchigkeit und Gebrochenheit des real Vorgestellten aufzudecken und dann in einer aufbrechenden Synthese des Äußersten und Unterbrochenen eine Selbstorganisation des Aufbrechenden zu entwickeln.Das Äußerste geht auf Bewegtheit und Herbeiführung einer Selbstorganisation des zuvor nur disparat Vorgestellten. Der Körper übernimmt dabei die Funktion eines fokussierenden Feldes und zwar in einem subjektiven und realen Zusammenhang, im Gegensatz zu der abendländischen Tradition, die dem Körper nur eingeschränkt Erkenntnis zubilligt. Erst mit Arthur Schopenhauer beginnt eine differente Art des Denkens:»Die Körper legen durch die mannigfaltige Verschiedenheit ihrer Qualitäten und deren Wirkungen an den Tag, dass sie nicht bloß ideal sind, sondern zugleich ein objektiv Reales, ein Ding an sich selbst, in ihnen sich offenbart, so verschieden solches auch von dieser seiner Erscheinung sein möge.« (A. Schopenhauer: Parerga und Paralipomena, Bd. II, S. 42)Die Grundbewegungen im Leben der Menschen bleiben rätselhaft. In welchem Umfang entsprechen sie dem Rhythmus, in dem das Leben sich bewegt? Was können wir von diesen Bewegungen wissen? Durch was wird Bewegung aufgebrochen und in Selbstorganisation gebracht? Welche Möglichkeiten bietet das Verstehen von Brüchen und Brüchigkeit und der damit verbundenen Veränderungen z.B. für die Medizin, die Geisteswissenschaft oder Soziologie, zu einer Zeit, in der zunehmende Geschwindigkeit des Lebens kritisiert und beklagt wird?Wie ist es möglich, dass vier sehr unterschiedliche Momente, die im weiteren »Fraganten« genannt werden - Denken, Emotionen, Kontext und Körperraum - überhaupt eine Art Beziehung zu einander gewinnen können? »Fragant« wird hier als Begriff eingesetzt, um der Brüchigkeit des scheinbar ganzheitlich vorgestellten Realen einen inneren prozessualen Zusammenhang und Gegenbegriff in einer weiteren Theorie des Fraganten zu geben. Der daraus später weiterentwickelte Begriff der Fraganz stellt den prozessualen Zustand des Aufbrechenden vor.Unverkennbar besteht die Tendenz zur Isolation der einzelnen Fraganten, trotz der bestehenden Spannungsprozesse zueinander. Die Parflexion wäre dann das Medium, in interfraganten Beziehungen das Äußerste einzunehmen zu versuchen. Das Grundthema der Parflexion besteht darin, nicht im Innersten zu fokussieren oder gar zu flektieren, sondern über das Äußerte in eine Selbstorganisation scheinbar unvereinbarer Fraganten zu kommen.Das so projektierte Quatrumvirat scheint bislang in der Moderne vordergründig von dem Fragant »Denken« dominiert zu sein.Schon das antike Denken hat das Problem des Kontinuums, insbesondere das Verhältnis von Raum, Zeit und Bewegung angedacht.Im Pfeil-Paradoxon kreiert Zenon von Elea vor 2500 Jahren eine eigene Wirklichkeit der Bewegung:Zenon sagt, dass ein fliegender Pfeil in jedem Moment seiner Flugbahn einen bestimmten, exakt umrissenen Ort einnimmt. An einem exakt umrissenen Ort befindet sich der Pfeil in Ruhe, denn an einem Ort kann er sich nicht bewegen. Da sich der Pfeil in jedem Moment also in Ruhe befindet, müsste er sich insgesamt in Ruhe befinden. Das Paradox: Wir nehmen an, dass

Erscheinungsdatum
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 408 g
Einbandart geklebt
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie
Geisteswissenschaften Psychologie Klinische Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete
Sozialwissenschaften
Schlagworte Bruch • dissipativ • Subjekt
ISBN-10 3-945129-11-7 / 3945129117
ISBN-13 978-3-945129-11-1 / 9783945129111
Zustand Neuware
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