Verletzlich (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
352 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1314-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verletzlich -  Liza Marklund
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Ein Highlight des Schweden-Krimis Plötzlich findet sich die Journalistin Annika Bengtzon in der Hölle wieder. Dabei wollte sie mit ihrer neuen großen Liebe Jimmy Halenius und den Kindern in Stockholm einen Neuanfang wagen. Privat mit Vielem abschließen, sich beruflich verändern. Doch plötzlich ist ihre Schwester Birgitta verschwunden. Auf der Suche nach ihr begegnet Annika ein letztes Mal den Dämonen ihrer Vergangenheit. Ausgezeichnet mit dem Radio Bremen Krimipreis!

Liza Marklund, geboren 1962 in Piteå, arbeitete als Journalistin für verschiedene Zeitungen und  Fernsehsender, bevor sie mit der Krimiserie um Annika Bengtzon international eine gefeierte Bestsellerautorin wurde.

Liza Marklund, geboren 1962 in Piteå, arbeitete als Journalistin für verschiedene Zeitungen und  Fernsehsender, bevor sie mit der Krimiserie um Annika Bengtzon international eine gefeierte Bestsellerautorin wurde.

Die Hauptredaktion des Abendblatts schimmerte wie immer in einem bläulichen Licht. Als sie Berit Hamrin an ihrem Rechner sitzen sah, fiel alle Spannung von Annika ab, nur ein leichter Kopfschmerz blieb. Seit fünfzehn Jahren verbrachte sie den größten Teil ihrer wachen Zeit in diesem Raum, auf der nie endenden Jagd nach dem, was passiert war oder passieren könnte, und fast ebenso lange saß ihre Kollegin Berit Hamrin auf dem Stuhl neben ihr.

Sie ließ ihre Tasche auf Berits und ihren gemeinsamen Schreibtisch fallen, zog die Jacke aus und warf sie über die Armlehne ihres Stuhls. Ihre Kollegin war älter als sie, hatte erwachsene Kinder und wohnte mit ihrem Mann auf einem Bauernhof auf dem Land.

»Wie steht’s mit dem Twitter-Streit?«, fragte Annika.

Berit seufzte leicht.

»Die Fernsehfrau hat sich in einem neuen Tweet für ihre Behauptung über den Soap-Star entschuldigt, und der Soap-Star hat die Entschuldigung in einem Post auf Facebook angenommen.«

Das enge Sprechzimmer der Psychologin glitt davon und löste sich in Luft auf.

»Ist das nicht schön, alle haben sich wieder lieb«, sagte Annika.

Das Dunkel um sie herum, alles, was sie verschluckte und erstickte, zog sich in einen fernen Winkel zurück. Wenn sie in der Redaktion war, blieb es fast immer an seinem Platz. Hier gab es ein Licht, technisch und künstlich, das die Welt klar und deutlich machte. Die Deutung der Wirklichkeit, die verschiedenen Auflagen, die konstante Veränderung – sie, Annika, war ein funktionierender, integrierter Teil davon. Die Waldauflage, genannt Fünfkreuz, die Ausgabe der Zeitung, die als Erstes rausging, von Auftragsdruckereien draußen im Land gedruckt oder per Transportflugzeug im Morgengrauen ausgeliefert; Dreikreuz, die aktualisierte Vorstadtauflage, per Lastwagen im gesamten Mälardalen ausgeliefert; Einkreuz, die Innenstadtauflage für Katastrophen und Prinzessinnenverlobungen: Das war die Wirklichkeit, strukturiert und leicht zu handhaben.

Und dann gab es noch Siebenkreuz, ihr ganz persönliches Hassobjekt, die Ausgabe, die nur im internen Netzwerk der Redaktion existierte.

Annika packte den Laptop aus und holte sich einen Kaffee, während der Computer hochfuhr. Anschließend setzte sie sich mit dem bitteren Gebräu in der Hand an den Rechner und wappnete sich innerlich.

Siebenkreuz enthielt, was die Ressortchefs sich an Nachrichten für die morgige Ausgabe wünschten, die Zukunft, wie sie sein sollte, mit fertigen Schlagzeilen und oft auch schon mit Fotos und Bildunterschriften, es lag nur noch an den Reportern, die Wirklichkeit so einzufügen, dass sie zur Utopie passte.

Aufmacher der hypothetischen morgigen Ausgabe war Berits Story: Die Fernsehfrau – sie war Leitartikel-Redakteurin bei einer Lokalzeitung und moderierte jeden dritten Mittwoch eine Satiresendung, die das Frühstücksfernsehen parodierte – hatte eine bösartige Bemerkung über die Gewichtszunahme einer ehemaligen Soap-Darstellerin getwittert. Patrik Nilsson, Nachrichtenchef des Abendblatts, besaß ein unglaubliches Talent, die besonders unbedeutenden und gedankenlosen kleinen Gemeinheiten aus dem Internet zu fischen und sie in der Zeitung zu einem richtigen Skandal aufzublasen. Und auch diesmal hatte er sich nicht lumpen lassen:

TV-MODERATORIN: ROSA IST ZU FETT

lautete die gewünschte Schlagzeile. Unter dem Foto, auf dem eine spindeldürre Blondine zu sehen war, stand: »Rosa ist tief gekränkt über das Mobbing der TV-Moderatorin.«

»Die geplante Empörung in den sozialen Medien ist leider ausgeblieben«, sagte Berit.

Annika verstand. Den Shitstorm im Internet, aus dem das Abendblatt eigentlich zitieren wollte, hatte es nie gegeben (ein paar Postings im Stil von »wieso muss das Aussehen von Frauen immer kommentiert werden« hätten notfalls gereicht, aber offenbar gab es nicht einmal die), und damit würden Rosa und ihre angebliche Kränkung auf den Müllhaufen der Massenmedien wandern, noch ehe es überhaupt so etwas wie eine Kränkung gegeben hatte.

»Ich finde eher, Rosa sollte ein paar Kilo zulegen«, sagte Berit. »Würde ihr nicht schaden. Was machst du heute?«

»Den Mord an Josefin«, erwiderte Annika.

Berit blickte auf und nahm die Brille ab.

»Ich erinnere mich. In dem Sommer, als Schweden eine Bananenrepublik war. Es war heiß wie im Backofen, wir hatten eine irre hohe Inflation und waren Spitze im Fußball.«

»Das ist fünfzehn Jahre her«, sagte Annika. »Damals habe ich das erste Mal einen Artikel mit meinem Namen unterzeichnet.«

Berit setzte die Brille auf und widmete sich wieder dem Rosa-Mobbing. Annika suchte ihr Hintergrundmaterial zusammen.

Im Frühjahr hatten die Leser abgestimmt, über welches zurückliegende Verbrechen sie mehr lesen wollten (das nannte sich Interaktivität und war das Leitwort der neuen Zeit). Annika hatte Artikel und Videoclips über mehrere der alten Strafsachen produziert, die meisten erhielten im Internet eine enorme Anzahl von Klicks. Die Sonderausgaben der Sonntagszeitungen verkauften sich auch gut. Sie war erstaunt über die Popularität der retrospektiven Berichterstattung, die Medien richteten den Blick zurück, in allen Formaten. Das Fernsehen brachte Dokumentarfilme und Reportagen, alle Zeitungen produzierten Sonderbeilagen, bekannte Schriftsteller verfassten Sachbücher über alte Kriminalfälle.

Sie las die Zusammenfassung des Falles durch:

SEXUALMORD AUF DEM FRIEDHOF

An einem brütend heißen Samstagmorgen war die neunzehnjährige Josefin Liljeberg tot hinter einem Grabstein gefunden worden, nackt und erwürgt. Der Mord wurde nie aufgeklärt.

Annika klickte das Abiturfoto der jungen Frau an und betrachtete das Porträt, die weiße Studentenmütze auf den blonden Haaren, die strahlenden Augen. Sie hatte als Stripperin im Sexclub Studio 6 gearbeitet. Annika glaubte zu wissen, wer sie umgebracht hatte: Joachim, Josefins Freund, dem der Sexclub gehörte. Den Club gab es schon lange nicht mehr, aber Joachim war irgendwo da draußen, geisterte vermutlich aalglatt und eiskalt durch die Unterwelt, die sein Zuhause war.

Berit seufzte und blickte auf ihre Armbanduhr.

»Ich glaube, ich muss die arme Rosa fallenlassen«, sagte sie und klappte ihren Laptop zu.

»Gehst du zur Verhandlung?«

Berit beobachtete den Prozess gegen den Holzhändler Ivar Berglund, in den Schlagzeilen »Zimmermann« genannt. Die zweite Verhandlungswoche im Sicherheitssaal des Stockholmer Amtsgerichts hatte gerade begonnen.

»Heute soll die Polizistin aussagen, die ihn festgenommen hat. Weißt du, was Berglund mit dem gefolterten Politiker in Solsidan zu tun hat?«

Annika strich sich die Haare zurück und zwirbelte sie zu einem Knoten zusammen.

Es war nicht leicht, den Überblick über den Fall zu behalten. Der alleinstehende Fünfundfünfzigjährige aus Vidsel in Norbotten war angeklagt, vor einem Jahr einen Stadtstreicher in Nacka brutal ermordet zu haben. Annika hatte die Artikel geschrieben, die zu seiner Festnahme führten. Deshalb hatte sie auch als Erste erfahren, dass er verhaftet worden war. Das Abendblatt war an jenem Nachmittag Gewinner des Auflagenkrieges. Später schrieb sie lange Hintergrundberichte über den Mann, filmte sein Haus und sein Firmengelände. Sie las alle zugänglichen Jahresbilanzen seines Unternehmens, sprach mit seinen Kunden und Nachbarn, kurz gesagt, produzierte das, was im Vokabular der Zeitung »Dramadokumentation« genannt wurde.

»Die Polizistin ist Nina Hoffman, sie hat ihn verhaftet«, sagte Annika. »Wir haben oft darüber geredet, und schreiben darf ich das nicht, aber Nina ist überzeugt, dass der Mord an dem Penner und die Folterung von Ingemar Lerberg auf das Konto von ein und demselben Täter gehen. Zwischen den Verbrechen lagen nur wenige Tage, und es gibt mehrere Hinweise, dass die Fälle zusammenhängen.«

»In der Anklageschrift wird davon nichts erwähnt«, sagte Berit.

»Stimmt. Aber der ermordete Penner war Strohmann in Nora Lerbergs Firma in Spanien. Die Polizei hat am Tatort in Nacka eine Kinderzeichnung gefunden, und genau solche Zeichnungen lagen bei Familie Lerberg im Kinderzimmer. Außerdem war der Typus der Gewalt vergleichbar. Das sind keine Beweise, aber Zufall kann es auch nicht sein. Die Fälle müssen miteinander in Verbindung stehen.«

»Die Anklage gegen Berglund steht auf ziemlich wackligen Beinen«, sagte Berit. »Bin mal gespannt, ob es für eine Verurteilung reicht.«

»Hast du Patriks feuchten Traum im Siebenkreuz gesehen?«, fragte Annika.

Die Wunschschlagzeile im Intranet der Zeitung lautete:

DAS DOPPELLEBEN DES ZIMMERMANNS

So jobbte er als Killer.

Berit schüttelte den Kopf, schulterte ihre Tasche und ging in Richtung Hausmeisterei.

Annika nahm sich wieder Siebenkreuz vor. An diesem Vormittag waren noch weitere erhoffte Nachrichten eingeplant worden. Der Nationalfeiertag rückte näher, und es wurde spekuliert, ob Prinzessin Madeleine sich wohl aufraffte, über den Atlantik zu jetten und gemeinsam mit dem Rest der Königsfamilie an den Feierlichkeiten in Skansen teilzunehmen (Wunschschlagzeile war: Lässt MADDE DAS SCHWEDISCHE VOLK IM STICH?, so als bangte die ganze Nation mit angehaltenem Atem, ob das jüngste Königskind seine Wohnung in Manhattan verlassen und in die schlechtsitzende Landestracht schlüpfen würde). Außerdem wurde von einem Spitzensportler erwartet, dass er die ganze Wahrheit über einen möglichen...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2016
Reihe/Serie Ein Annika-Bengtzon-Krimi
Übersetzer Dagmar Lendt
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Anne Holt • Annika Bengtzon • Arne Dahl • Buch 2016 • Ermittlerin • Internet • Journalismus • Kriminalroman • Mord • Neu 2016 • Neuerscheinung 2016 • Neuerscheinungen 2016 • Schweden • Schwestern • Stockholm • Sund • Viveca Sten
ISBN-10 3-8437-1314-6 / 3843713146
ISBN-13 978-3-8437-1314-6 / 9783843713146
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