Das Kriegshandwerk der Deutschen / Das Kriegshandwerk der Deutschen. Preußen und Potsdam 1717-1945

Preußen und Potsdam 1717-1945

(Autor)

Buch | Hardcover
736 Seiten
2017 | 3. Auflage 2017
trafo Wissenschaftsverlag
978-3-86464-055-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Kriegshandwerk der Deutschen / Das Kriegshandwerk der Deutschen. Preußen und Potsdam 1717-1945 - Volker Schobeß
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Kriegsgeschichte ist Teil der allgemeinen Geschichte und darum ist die deutsche Militärgeschichtsschreibung ein wichtiger Bestandteil unserer ureigensten „Universalgeschichte“. Nur in diesem Zusammenhang lässt sie sich auch deuten. Die Militärerziehung und Ausbildung in der Preußisch-Deutschen Armee war geradezu vorbildlich und Teil des militärischen Erfolges. Die Erziehungs- und Ausbildungskultur vergangener Streitkräfte steht jedoch vielfach im Hintergrund historischer Bewertungen. Die sich am geistigen Fortschritt orientierenden preußischen Heeresverfassungen waren ein reales Spiegelbild vom Bildungsniveau der Gesellschaft und lassen daher auch militärsoziologische Rückschlüsse zu. Die Bildungsgeschichte Deutschlands stand also immer im Zusammenhang mit der Entwicklung des preußischen Militärwesens. Der Aufstieg des preußischen Staates zur europäischen Großmacht hätte ohne seine Bildungsreformen, die in zivilen und militärischen Schulen gleichermaßen Anwendung fanden, nicht stattfinden können. Letztendlich trug hauptsächlich die geistig- militärische Kompetenz des preußischen Staates zur Bildung des deutschen Einheitsstaates von 1871 bei. Die Reichseinigung von 1871 bleibt ein Höhepunkt in unserer Nationalgeschichte. Gründliche Aufklärung zum beschriebenen Sachverhalt, mit einer Gesamtchronologie des Themas, Militär und Erziehung, hätte das Heeresarchiv in Potsdam liefern können. Am 14. April 1945 gingen jedoch fast alle archivarischen Quellen des Preußisch-Deutschen Heeres, mit all seiner ambivalenten Kriegsgeschichte, unter. Ein unermesslicher Verlust von geschichtlicher Bedeutung, mit politischen Langzeitfolgen, denn es hatte auch etwas mit dem Verlust der Archive zu tun, dass die Nachkriegsbetrachtung preußisch-deutscher Militärgeschichte oft undifferenziert und einseitig ausfallen konnte. Dass aber Potsdamer Aktenreste aus der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres noch erhalten geblieben sind und von der Roten Armee beschlagnahmt wurden, gilt inzwischen als sicher.
Nach 1945 musste in beiden deutschen Staaten eine Neudeutung der deutschen Geschichte festgestellt werden. Nach dem Verursacherprinzip des Zweiten Weltkriegs und dem Völkermord an den europäischen Juden schien das damals auch ohne Alternative, weil ja alle moralischen und ethischen Grundsätze der alten Ordnung keine Rolle mehr spielten. Aber die Umwidmung fand unter Inkaufnahme von Verlusten der nationalen Identität und teils sogar auf Kosten der historischen Wahrheit statt. Ja, es kam noch schlimmer, als man in Ostdeutschland damit begann, deutsche Geschichte im Sinne einer marxistisch-leninistischen Weltanschauung umzuschreiben. So mussten mehrere Generationen mit solchen neuen Geschichtsdarstellungen aufwachsen, ohne je etwas anderes erfahren zu dürfen. Wie wir heute wissen, ist Geschichtsfälschung ein hilfreiches Werkzeug für jede Diktatur. Deshalb ist geschichtliche Instrumentierung immer auch ein Angriff auf die Gesellschaft, die sich mit neuen Forschungsansätzen dagegen wehren muss! Eine quellenkritische Auseinandersetzung und textkritische Neubewertung der frühen Nachkriegsbetrachtung preußisch-deutscher Militärgeschichte ist daher weiterhin notwendig. Heute reicht es freilich nicht aus, Geschichte nur so zu verstehen, wie sie uns beschrieben wurde. Viel wichtiger scheint die Frage nach dem Warum und wie es zu bestimmten Entwicklungen überhaupt kommen konnte. Es beginnt also die mühsame Suche nach glaubhaften Primärquellen, die mit zeitgeschichtlichen Erkenntnissen abgeglichen werden müssen. Wenn mit diesem Buch auch nicht die Rechtfertigung eines überholten Geschichtsbildes altmilitärischer Tradition betrieben werden soll, so glaubt der Verfasser doch, versäumte oder erst gar nicht gestellte Fragen, die auch etwas mit unserer demokratisch bestimmten Daseinsform zu tun haben, beantworten zu müssen. Die erstaunliche Überlegenheit des preußisch-deutschen Militärwesens hing mit einer sehr komplexen und erfolgreichen Erziehung in perfekt organisierten militärischen Lehranstalten zusammen. Viele Impulse gingen in dieser Hinsicht von Potsdam aus. Diese militärische Erziehungs- und Ausbildungskultur gibt also Antworten darauf, warum alles so reibungslos funktionierte, selbst bis 1945! Wer sich gedanklich und inhaltlich auch mit dem düsteren Kapitel des Nationalsozialismus, sozusagen dem marginalen Endpunkt aller deutschen Kriegsgeschichte, auseinandersetzen will, um Zusammenhänge besser zu verstehen, muss daher in der Geschichtsschreibung weit zurückgehen, sehr weit sogar! Das Wissen vom Ursprung, in Verbindung mit dem bewussten Endpunkt, ist für uns von größter Bedeutung, warum? Weil daraus mehr geschichtliches Staatsverständnis und darüber hinaus vielleicht auch ein wenig mehr Bekenntnisse zur eigenen Identität im heutigen Deutschland in Europa erwachsen könnte. Daher erhebt diese Schrift auch Anspruch, gesellschaftspolitischen Diskussionen nicht aus dem Wege zu gehen.
Gleichzeitig sollen dem Leser militärische Sachbegriffe zur Problematik der Taktik, zu verschiedenen, teils grausamen Waffensystemen und zu alldem, was die Professionalisierung des Kriegshandwerks der Deutschen in den letzten 200 Jahren ausgemacht hatte, näher gebracht werden.
Ob und inwieweit die hier dargelegte Geschichtsauffassung und - Interpretation des Autors Gehör finden wird, bleibt der geneigten Leserschaft oder vielleicht erst einer Einschätzung von morgen vorbehalten. Freilich ist eine erschöpfende Auskunft zur gesamten Kriegsproblematik der Deutschen, auch zu wichtigen Fragen von Schuld oder Versagen, mit dieser Studie weder möglich noch beabsichtigt gewesen.

Zum Geleit 13
Vorwort und Dank 15

Heereserziehung – Rückblick und Fortwirkung 19
Schwierigkeiten bei der Wahrheitsfindung 26
Disziplin und Staatsräson 27
Die Geschichte der Unteroffiziere 33
1. Friedrich Wilhelm I. 33
2. Friedrich der Große 41
Die Allgemeine Schulpflicht – Bildungsvorsprung in Preußen 47
Tugenden und Ehrenpflichten 53
Die Preußenmetropole – Unteroffiziere kamen aus Potsdam 57
Preußen – ein Nachkömmling auf dem Parkett der Weltgeschichte 65
Erziehung von Ausländern auf preußischen Militärschulen 75
Gegen Gefahren von außen – die preußische Heeresreform von 1860 79
Die Preußische Schulabteilung und das Lehr-Infanterie-Bataillon 85
Das Normal-Infanterie-Bataillon 89
Das militärische Zeremoniell in der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche 93
Die Errichtung des Lehr-Infanterie-Bataillons 107
1. Formationsgeschichtliches zum Ersten Garde-Regiments zu Fuß 1819 111
2. Regularien und Verordnungen seit dem 19. Jahrhundert 119
Zucht bringt Frucht – das Schrippenfest in Potsdam 121
1. Ausbildung und Garnisondienst 129
2. Mit der Garde-Landwehr auf der Mopke 135
Von der Schulabteilung zur Unteroffizierschule Potsdam 141
Unteroffizierschüler in Potsdam 143
Festspektakel und fürstliche Besuche 145
Die Große Revue von Kalisch 1835 – oder das Lustlager zu Ehren der Russisch-Preußischen Waffenbrüderschaft 153
Vom Unteroffizier zum Chef des Generalstabs Karl Friedrich Wilhelm von Reyher 166
Erziehungsanstrengungen und Ausbildungsergebnisse im Fokus der deutschen Militärgeschichte – 1848 bis zu den Reichseinigungskriegen 173
1848 179
Daten zur Fahne des Lehr-Infanterie-Bataillons 187
Mobilmachung – Krieg gegen Dänemark und Österreich 189
1852 191
Reichseinigung von oben – die neue Gefechtstaktik der Preußen 199
Die Norddeutschen Bundestruppen 206
1867 209
Gesicht des Krieges – St. Privat und Mars-la-Tour 211
1. Konkurrenz und Erbfeindschaft 211
2. Mobilmachung und Strategie 214
Unterschiedliche Geschütze und Gewehre 220
1870 224
Die Schlacht 225
1. Bilanz des Sieges 234
2. Nachbetrachtung und Andenkenkultur 239
Die letzte große Reiterschlacht in Europa 247
Die Deutsche Reichsverfassung 255
Die Preußische Kriegsakademie und ihre Erfolgsgeschichte bis 1914 259
1. Bildung als Modell militärischer Überlegenheit 263
2. Die Kriegsakademie vor und nach den Einigungskriegen 280
1870–1914 282
Anfänge und Sternstunden des Preußisch-Deutschen Generalstabssystems 1655–1918 291
1740–1786 294
1. Moltkes Auftragstaktik 298
2. Feldherren in der Retrospektive 308
1914/1918 313
Kriegsakademie und Generalstab im Dritten Reich 315
Erziehungsideale als Wirkmechanismen 318
1957 322
Von der Königlichen Kriegsschule zum Reichs- und Heeresarchiv Potsdam 325
1. Die Königliche Reichskriegsschule 326
2. Kriegsschulen im Ausland 329
3. Das Reichs- und Heeresarchiv in Potsdam 331
Das Königliche Große Militärwaisenhaus und seine Militärschüler 343
1. Zwischen Mars und Caritas 343
2. Vom Soldatenkind zum Militärschüler 351
3. Vom Ende der Monarchie bis zum Untergang des Dritten Reichs 356
Aus Kindern werden Soldaten – Kadettenerziehung in Preußen 359
Personelle Gliederung der HKA unter Kaiser Wilhelm II. 364
Personelle Gliederung der Provinzial-Kadettenhäuser unter Kaiser Wilhelm II. 364
1. Kindliche Prägung – Disziplin und Gehorsamkeit 365
2. Militärische Wertevorstellungen kontra ziviler Verantwortung 370
3. Erziehung ohne Körperstrafen 372
Kadetten- und Militärausbildung im Ausland 377
Das zaristische Russland 378
Frankreich, das sich gerne als „Grande Nation“ bezeichnet 379
Das British Empire 379
Das Königlich Preußische Kadettenhaus zu Potsdam 381
1. Von Stolp nach Potsdam 382
2. In Potsdam 390
1822 392
1848–1871 396
1912 398
Aus dem „Fürstenbuch“ der Potsdamer Kadettenvoranstalt 403
Das Lehr-Infanterie-Bataillon vor dem Ersten Weltkrieg 407
1. Das letzte Schrippenfest von 1914 413
1914–1918 414
2. Das Ende der Heeres-Unteroffiziersschule 418
Der Erste Weltkrieg 1914–1918 423
1. Der Vertrag 426
2. Das deutsche Mobilmachungssystem von 1914 427
Vor- und Nachteile des deutschen Mobilmachungssystems von 1914 428
3. Unterschiedliche Interessen – unterschiedliche Kriegsziele 429
4. Kriegswirtschaft und Nationalökonomie 432
5. Krieg als Taktiklehrer 437
Das Lehr-Regiment im Dienste der Republik 441
1919 442
Von der Reichswehr zur Deutschen Wehrmacht 447
1. Das Hunderttausend-Mann-Heer 447
2. Die Verantwortung von Kriegervereinen 453
3. Geheime Ausbildungs- und Rüstungsmaßnahmen 456
4. Potsdamer Kasernenbauten unter der NS-Herrschaft 460
Personalstärke Standort Potsdam 465
5. Die Panzer-Aufklärungs-Lehrabteilung Krampnitz 466
6. Die Panzertruppenschule II Krampnitz 472
Vorbetrachtung zur Beschreibung des Russland-Feldzugs 475
Was Adolf Hitler umtrieb 478
1. Ein Mann mit Machtinstinkt 478
2. Vom Meldegänger zum „Feldherrn“ 481
Hitlers persönlich beeinflusste Sommeroffensive von 1942 491
Falsche Schlüsse aus frühen Erfolgen – die getarnte Mobilmachung 500
Die deutsche „Blitzkriegsstrategie“ – Panzerkampf im Osten 503
1. Der Angriff 503
1941 504
2. Panzer vor! 507
3. Die sowjetische Panzerrüstung 512
4. Tod oder Gefangenenschaft – der Große Vaterländische Krieg 526
1941/42 527
5. Stalins Verhalten vor dem deutschen Angriff 533
6. Die militärischen Folgen des Großen Terrors 538
Taktik – Waffen – Kesselschlachten 541
1. Waffen und Verluste im Vergleich 541
2. Acht/Acht 558
3. Durchhaltewille in Cholm 564
4. Letzte strategische Initiative bei Kursk 565
1943 569
5. Der Stahlhelm – Symbolik des Frontsoldaten 573
Niederlagen – Rückzüge – Ortskämpfe 577
1. Kriegsverbrechen 577
2. Häuserkampf und Scharfschützen 579
1943/44 583
1944/45 586
3. Die Panzerfaust als Nahkampfmittel 588
4. Die Berliner Operation 589
Kampf und Mord – die Truppenverbände der Waffen-SS 594
1. Gliederung und Aufgaben 594
2. Erziehung und Einsatz 600
3. Europas Freiwillige 602
Die Wehrmacht im Bild der Geschichte 607
1. Die Amtliche Geschichtsschreibung 608
2. Ein ganz normaler Polizeibeamter aus Potsdam 614
3. Das „Yale-Experiment“ 618
4. Propaganda 619
5. Kampfwert und Kampfführung im Vergleich 620
Vaterlandsliebe 629
Die 12. Armee Wenck im Heimatkrieg – militärischer Widerstand gegen Hitler 631
1. Gehorsamkeit auf dem Prüfstand 638
2. Inneres Gefüge und Gruppenkohäsion der Truppe 640
3. KZ und Stalag 644
4. Das Schicksal des Soldaten Jochen Klepper 646
5. Widerstand – ein Widerspruch zum Partisanenkrieg? 648
6. Idealisierung eines Regiments 656
7. Wer war Kadett? 658
8. Die Auslöschung Preußens 659
Hitlers Waffensysteme der Zukunft 661
1955 – Die deutsche Wiederbewaffnung 662
Traditions – und Streitkräftebewusstsein heute 669
Epilog – „Das Ziel eines Krieges ist sein Ende.“ 677
1. Was Krieg in der Vergangenheit und für die Zukunft bedeutet 677
2. Appell – weil Soldaten auch Opfer sind 680

Anhang 685
Otto Carl Lorenz von Pirch 1765–1824 687
Uniformierung der Eleven-Akademie de Nobles in Berlin zur Zeit Friedrich II. 693
Hauptkadettenanstalt und Kadettenhäuser Deutsches Reichsheer 1913 694
Unteroffizierschulen und Unteroffiziervorschulen 696
Preußische Militär- und Waffenschulen nach 1871 700
Tod des Generals von Koschembahr 704
Wer war Kadett? 714

Literaturverzeichnis 719
Bildnachweis 734
Zum Autor 736

Erscheint lt. Verlag 1.2.2017
Reihe/Serie Das Kriegshandwerk der Deutschen ; 1 | 1
Vorwort Frank Wernitz
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 170 x 240 mm
Gewicht 1500 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik 20. Jahrhundert bis 1945
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Systeme
Schlagworte Das deutsche Mobilmachungssystem von 1914 • Das Preußisch-Deutsche Generalstabssystem 1655–1918 • Der II. Weltkrieg • Der I. Weltkrieg • Die Preußische Kriegsakademie • Die Wehrmacht im Bild der Geschichte • Geschichte der Unteroffiziere • Heereserziehung • Kadettenerziehung und -ausbildung • Kriegsakademie und Generalstab im Dritten Reich • Lehr-Infanterie-Bataillon • Lehr-Infanterie-Bataillons • Militärische Ausbildung in Deutschland 1717-1945 • Militärschulen in Preußen und im Deutschen Reich • Preußische Heeresreform von 1860 • Russisch-Preußische Waffenbrüderschaft • Von der Reichswehr zur Deutschen Wehrmacht
ISBN-10 3-86464-055-5 / 3864640555
ISBN-13 978-3-86464-055-1 / 9783864640551
Zustand Neuware
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