Das Soziale ohne Grenzen?
Eine historisch-wissenssoziologische Analyse zu den Grenzen der Sozialwelt in der Frühen Neuzeit
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In den letzten Jahren hat sich das Spektrum soziologischer Themen und Grundlagenfragen erweitert. Die vormals übliche Gleichsetzung von Menschlichem und Sozialem wird nicht nur infrage gestellt, sondern selbst zum Gegenstand gemacht. Aus der Wissenschafts- und Technikforschung stammt die Forderung, dass die Beobachtung interpersoneller Beziehungen auf Dinge und Technik auszuweiten ist. Daneben hat sich ein Forschungsfeld etabliert, in dessen Rahmen eigens die Bedingungen und Verläufe gesellschaftlicher Grenzziehungsprozesse analysiert werden. Der Frage nach den Grenzen der Sozialwelt liegt die zentrale These zugrunde, dass es historisch kontingent ist, wie in Gesellschaften der Kreis allgemein anerkannter Sozialwesen begrenzt wird. Die Pointe ist, dass die Frage, wer eine soziale Person ist und was nicht, sich nicht theoretisch, sondern nur empirisch beantworten lässt, indem die praktische Realisierung gesellschaftlicher Wirklichkeitsbildung in den Blick genommen wird. Die reflexive Wendung auf den soziologischen Gegenstand ist nicht nur eine theoretische, sondern vor allem auch eine methodologische Herausforderung. Auf den Punkt gebracht: Wie lässt sich die anthropologische Differenz der Moderne in den Blick nehmen, ohne diese Differenz bei der Beobachtung bereits vorauszusetzen? Dieses Buch schlägt eine reflexive Verzahnung von Sozialtheorie und empirischer Analyse vor. Im ersten Teil werden die Anforderungen in Auseinandersetzung mit Konzepten Helmuth Plessners und Gesa Lindemanns erörtert sowie die Theorie historischer Wissens-ordnungen in Weiterentwicklung der Neuen Wissenssoziologie von Peter L. Berger und Thomas Luckmann vorgestellt. Der zweite Teil bringt den methodologischen und theore-tischen Ansatz zur Anwendung. Im Zentrum steht hier die Analyse der spanischen Kolonialismusdebatte zwischen Bartolomé de Las Casas und Juan Ginés de Sepúlveda während der Junta von Valladolid Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Vergleich von moderner und frühneu-zeitlicher Wissensordnung zeigt die Variabilität der Bedingungen und Formen praktischer Wissensproduktion: Eine allgemein geltende Grenze zwischen dem Sozialen und Nicht-Sozialen, wie dies für die westliche Moderne gilt, ist am Beginn der Frühen Neuzeit weder denkbar noch möglich.
Nico Lüdtke, derzeit Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leuphana Universität Lüneburg am Institut für Soziologie und Kulturorganisation (zuvor in einem Projekt zur Wissenschafts- und Technikforschung medizinischer Innovationen an der Medizinischen Hochschule Hannover, davor wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Oldenburg, 2013 Promotion im Fach Soziologie. Ausgewählte Publikationen: Akteur – Individuum – Subjekt: Fragen zu 'Personalität' und 'Sozialität' (hg. zusammen mit H. Matsuzaki), Wiesbaden 2011.
Erscheint lt. Verlag | 5.1.2015 |
---|---|
Reihe/Serie | Velbrück Wissenschaft |
Sprache | deutsch |
Maße | 140 x 222 mm |
Gewicht | 424 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeine Soziologie |
Schlagworte | Bartolomé de las Casas • das Soziale • Juan Ginés de Sepúlveda • Kolonialismusdebatte • praktische Wissensproduktion • Soziologie • Wissensordnung |
ISBN-10 | 3-95832-044-9 / 3958320449 |
ISBN-13 | 978-3-95832-044-4 / 9783958320444 |
Zustand | Neuware |
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