Strategische Partnerschaft zwischen Kuba und Venezuela? - Martin Franke

Strategische Partnerschaft zwischen Kuba und Venezuela?

(Autor)

Buch | Softcover
48 Seiten
2014 | Erstauflage
Bachelor + Master Publishing (Verlag)
978-3-95684-227-6 (ISBN)
24,99 inkl. MwSt
Zwei Tage Staatstrauer wurden in Kuba unmittelbar nach dem Tode des ehemaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Rafael Chávez Frías verhängt. Mit dem líder bolivariano ist eine einzigartige Beziehung zwischen den beiden amerikanischen Staaten Kuba und Venezuela entstanden und zu Ende gegangen. Kann gar von einer strategischen Partnerschaft gesprochen werden? Für Kuba ist Venezuela der größte Handelspartner, umgekehrt sorgt die Karibikinsel dafür, dass das venezolanische Sozial- und Gesundheitssystem funktioniert. Im Tauschhandel stehen insbesondere vergünstigtes Erdöl aus Venezuela gegen Ärzte und Fachpersonal aus Kuba: Das südamerikanische Venezuela besitzt die nachgewiesen weltweit größten Erdölvorkommen, die sozialistische Insel Kuba hat pro Kopf die zweithöchste Anzahl an Ärzten vorzuweisen. Andererseits werden für die Beziehungen beider Länder gemeinsame Werte, Ideen und eine gemeinsame Identität bemüht, die eher dem konstruktivistischen Paradigma zuzuschreiben sind: Wie lassen sich also das Verhältnis zwischen den beiden lateinamerikanischen Staaten erklären und welche Rolle spielen dabei die zwei Präsidenten Hugo Chávez und Fidel Castro?

Textprobe:
Kapitel 3.3, Konstruktivistische regionale Partnerschaft: gleiche Werte ein Weg?: Venezuela s alliance with Cuba is more than political calculation or commercial exchange. Its reasons and foundation run deeper. The revolutionary solidarity between Fidel Castro and Hugo Chávez, the bedrock of the alliance, is based on the vision of a united Latin America free of Washington s control, turning Simón Bolívar s legacy into a new reality (Azicri 2009: 99).
Der Konstruktivismus argumentiert, dass Interessen nicht eingesetzt werden, um den eigenen Nutzen zu maximieren, sondern um gemeinsame Vorstellungen von Werten, Normen und Identität zu verwirklichen. Im ersten Abkommen zwischen Kuba und Venezuela im Oktober 2000 heißt es in der kurzen Präambel: Animados por el deseo de fortalecer los tradicionales lazos de amistad entre los dos países (Convenio Integral 2000: 1). Was die Freundschaft Kubas mit Venezuela verbindet, wird auf scheinbar gemeinsame Wurzeln zurückgeführt. Dahinter sollen gleiche Werte, Normen und eine Identität stehen, die durch den Sozialismus des 21. Jahrhunderts wieder aufgenommen wurden und diese enge Freundschaft ermöglichten. Das trifft jedoch nur bedingt zu, wie Max Azicri ausführt: Trotz der historischen Signifikanz, die die kubanische wie auch die bolivarianische Revolution teilen, sind beide grundlegend verschieden (vgl. Azicri 2009: 104). Nicht nur die Tatsache, dass die zwei Revolutionen zeitlich rund 40 Jahre auseinanderliegen, sondern vor allem die Unterschiede in der sozialen, politischen und ökonomischen Konzeption der Transformationsprozesse zeigen, dass die kubanische Revolution aus einem eher marxistisch-leninistischen Verständnis entstanden ist, die bolivarianische aus einem eher nationalistischen und populistischen. Chávez war kein Marxist, auch wenn er gleichzeitig die dahinterstehenden Ideen nicht ablehnte. Seinerzeit im Gefängnis 1992-1994 las er mehrere Werke über die kubanische Revolution, als dessen Sympathisant er zweifelsfrei gelten kann. Das würde auch den Besuch in Havanna kurz nach seiner Entlassung erklären, wo er zum ersten Mal Fidel Castro traf. Doch für seine politische Mission und die der bolivarianischen Revolution ist vornehmlich der Grundgedanke auf Símon Bolívar zurückzuleiten, der Venezuela, Kolumbien, Peru, Ecuador und Bolivien von der Kolonialmacht Spanien befreite. Die Analogie, die Chávez zur Moderne zog, war der Vergleich Spaniens mit den USA: Chávez considers the United States the imperial power from which all of Latin America must be freed (Azicri 2009: 104). In diesem Punkt stimmen sowohl die bolivarianische als auch die kubanische Revolution überein. Die Wurzeln der politischen Sozialisation Castros hingegen gehen auf die kubanische Geschichte und speziell auf José Martí (1853-1895) zurück, der als Held im Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien bis zum heutigen Tag gefeiert wird und dessen politisches Erbe Fidel Castro antrat.
Die wenigen Übereinstimmungen der beiden Revolutionen lassen den Aspekt gemeinsamer Werte und Identität aus konstruktivistischer Sichtweise etwas schwächer erscheinen. Trotz dieses Defizits besteht weiterhin die Frage, welche Aspekte der Beziehungen durch den Konstruktivismus erklärt werden können. Dafür stellt Azicri drei zentrale Aspekte des Austausches seit 2000 auf (vgl. Azicri 2009: 108):
Die persönliche Beziehung zwischen Chávez und den Castros als Stellvertreter-Konstrukt für die Freundschaft zwischen den beiden Völkern.
Der wirtschaftliche Austausch von Gütern und Dienstleistungen.
Das Streben nach gemeinsamen politischen Werten und Normen unter dem Banner der bolivarianischen Revolution.
Das Verhältnis Hugo Chávez zu Fidel Castro wurde immer wieder als das eines (politischen Zieh-) Sohnes zu seinem Vater dargestellt. Auch lassen sich bei beiden gewisse Ähnlichkeiten in der Biographie feststellen: Sowohl Castro als auch Chávez saßen vor ihrem Machtantritt im Gefängnis. Und in

Reihe/Serie Bachelorarbeit
Zusatzinfo Abb.
Sprache deutsch
Maße 96 x 317 mm
Gewicht 105 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Vergleichende Politikwissenschaften
Schlagworte Internationale Beziehungen • Kuba / Cuba; Politik/Zeitgesch. • Kuba; Politik/Zeitgesch. • Lateinamerika • Venezuela; Politik/Zeitgesch.
ISBN-10 3-95684-227-8 / 3956842278
ISBN-13 978-3-95684-227-6 / 9783956842276
Zustand Neuware
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