Sprache als Medium: Wie mediale Formen den Poetry Slam prägen
Bachelor + Master Publishing (Verlag)
978-3-95684-168-2 (ISBN)
In diesem relativ neuen, populären Literaturformat entsteht eine neue Freude am Umgang mit Sprache. Diese Neuentdeckung der Sprache genau nach den Verbindungen mit der Sprache als Medium hin abzutasten, liegt im Fokus der vorliegenden Arbeit. Es erscheint rentabel, sich zu fragen, was am Poetry Slam medial ist, wie sich das Mediale bemerkbar macht und auf welche Weise es sich auf das Format und seine Teilnehmer auswirkt.
Die Arbeit befasst sich mit dem Kulturformat Poetry Slam in Deutschland und geht dabei hauptsächlich den medialen Formen statt den Inhalten nach. Gesprochene, verkörperte und geschriebene Sprache sind die zentralen Elemente des Poetry Slams, den man auch als Vollzugsort der Sprache beschreiben und entdecken kann. Mündlich-, Schriftlich- und Körperlichkeit erzeugen den Kern dieser neuen Kunstform und hinterlassen dabei ihre medialen Spuren.
Andreas Hundacker wurde 1988 in Wolfsburg geboren und studierte Medienwissenschaften und Kunstwissenschaft an der HBK (Hochschule für Bildende Künste) sowie der TU in Braunschweig. Seit 2008 ist er Poetry Slammer und Autor. Außerdem veranstaltet und moderiert er neben Poetry Slams auch Schul-Workshops und Jugendfreizeiten. Zurzeit lebt er in Berlin und liebäugelt mit der der Medienpädagogik.
Textprobe:
Kapitel 3.3, Interaktionen:
Aus physischem Zusammentreffen entstehen medial geprägte Interaktionen. Wir agieren mit- und reagieren aufeinander, sprechen dabei mit Stimme, Körper, Handlungen, Kleidung etc. und können bekanntlich nicht nicht kommunizieren . Die technische Ebene dieser Interaktionen wird in Kapitel 4 näher ausgeführt. Im Folgenden liegt der Fokus auf der Rezeptionssituation. Boris Preckwitz hat mit seiner Interaktionsästhetik bereits auf die verschiedenen Interaktionsformen beim Poetry Slam aufmerksam gemacht. Neben dem Hinweis auf die Kommunikationsgefüge zwischen einzelnen Slammern und/oder lokalen literarischen Communities innerhalb der Szene versucht er, die Wechselwirkungen zwischen allen Akteuren während eines Slams (Publikum, Slammer, MC, Veranstalter) nachzuvollziehen. In meinem Interesse ist hierbei das Verhältnis von Autor, Publikum und Rezeptionsräumen.
Wie bereits erwähnt macht der Poetry Slam Autoren in gewissem Maße zum Sprachrohr ihres Publikums, da die vorgetragenen Texte in einem Wettbewerb eingehen und dieser von den Zuschauern entschieden wird. Die Ausrichtung auf ein Publikum, das es mitzureißen und zu überzeugen gilt, erfordert ein Hineinversetzen in die Rolle des Zuhörers/Publikums (welches bei den Slam-Autoren meist schon in den Schreibprozess integriert ist). Doch eine weitere mediale Ebene kommt hinzu, denn Sprechen bedeutet auch Sich-sprechen-Hören: Das Individuum, das sich mit stimmlichen Äußerungen an seinen Mitmenschen wendet, hört zwangsläufig immer auch die selbst hervorgebrachten Laute. Durch diesen besonderen Umstand konstituiert sich im Sprechenden eine innere Differenz, in der sich die Differenz zwischen Sprecher und Hörer reproduziert.
Der Sprechende hört sich selbst, seine Worte wirken ebenso auf ihn ein wie auf sein Publikum. So eignet sich der Sprechende die Rolle des Angesprochenen an und beginnt, sich aus derselben Perspektive zu betrachten wie sein Gegenüber. Das Hineinversetzen in seinen Zuhörer ist offenbar schon im Sprechen selbst (und Sich-sprechen-Hören) verankert.
Die Rezeption beim Poetry Slam ist nicht passiv, sondern durch und durch von Interaktion geprägt. Das zeigt sich deutlich bei Performances, die das Publikum als aktiven Part mit einbeziehen, indem sie z.B. gemeinsam auf ein Zeichen des Performers hin einen bestimmten Satz rufen sollen. Ebenso evident wird es bei spontanen Reaktionen und Zwischenrufen während eines Vortrags oder bei der Jurybewertung im Anschluss an die Aufführung eines Textes. Allerdings liegt es auch in der Wesensart einer Aufführung, (inter-)aktiv zu sein. Die Unverfügbarkeit einer Aufführung, die Erika Fischer-Lichte beschreibt, zeigt die Wirkungen zwischen der Aufführung als Ereignis, das geschieht und weder plan- noch steuerbar ist und der Involviertheit aller Beteiligten in einer Aufführung (und demzufolge auch deren Interaktionen) auf. Eine Aufführung ereignet sich demnach nicht nur und beeinflusst seine Teilnehmer, die Beteiligten haben auch Einfluss auf den Verlauf und formen diesen mit. Das macht jede Aufführung einzigartig und verdeutlicht, wie stark die Vorträge auch von der Atmosphäre des Abends sowie der Stimmung des Publikums abhängen. Genauso verhält es sich beim Poetry Slam, auch er entsteht letztendlich erst in seinem Verlauf und wird dabei beeinflusst von den Interaktionen aller Akteure.
3.4, Imaginäre Räume:
Die Aufführung von künstlerischen Texten ist dem erweiterten Textbegriff der Cultural Studies folgend ebenso lesbar wie der literarische Text an sich. Den Rezeptionsräumen, welche hier entstehen, liegt in beiden Fällen außerdem eine hohe Imaginations-Aktivität der Rezipienten zugrunde. Ob beim Lesen oder Hören eines Textes: die Stimmen werden auf der Bühne unseres Geistes aufgeführt. Beim stillen Lesen spricht unsere innere Stimme. Es wird eine sprachliche Leistung vollführt, obwohl sie von außen nicht hörbar ist, denn wir lesen den Text mit der
Reihe/Serie | Bachelorarbeit |
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Sprache | deutsch |
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 92 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Allgemeines / Lexika |
Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Medienwissenschaft | |
Schlagworte | Gesprochene Sprache • Körperlichkeit • Liveness • Medialität • Medien • Mündlichkeit • Poetry Slam • Schriftlichkeit • Sprache • verkörperte Sprache |
ISBN-10 | 3-95684-168-9 / 3956841689 |
ISBN-13 | 978-3-95684-168-2 / 9783956841682 |
Zustand | Neuware |
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