Syntagma. - Friedrich Müller

Syntagma.

Verfasstes Recht, verfasste Gesellschaft, verfasste Sprache im Horizont von Zeit.
Buch | Hardcover
545 Seiten
2012
Duncker & Humblot (Verlag)
978-3-428-13871-5 (ISBN)
79,90 inkl. MwSt
  • Keine Verlagsinformationen verfügbar
  • Artikel merken
Der 1. Teil bringt eine Theorie von Rechtsbegriff, Rechtstext und Entscheidung. Der 2. eine Analyse der modernen Gesellschaft, von Staat und Verfassung. Der 3. untersucht die Sprache am Leitfaden der Sprache des Rechts. Der 4. als Metatheorie schließt mit einer Phänomenologie von Zeit, einer neuen Trias von Zeitbegriffen. An vielen Beispielen wird eine Fülle alter und neuer Grundprobleme von Staat, Recht und Gesellschaft aufgeklärt – eine so realistische wie materiale Rechtslehre.
Auf diesen Seiten dokumentieren sich eine Arbeit für die Philosophie des Rechts, für die Reflexion der modernen Gesellschaft, die Theorie der Sprache und ein Annähern an das Rätsel der Zeit.

Syntagma bringt im Ersten Buch eine Theorie von Rechtsbegriff und Rechtstext, von begründeter Entscheidung statt Dezision. Im Zweiten Buch eine Theorie der modernen Gesellschaft, der sie durchziehenden Kämpfe, des Staats der europäischen Neuzeit und seiner Verfassung mit ihrem Muster von Spaltung und Widerspruch. Im Dritten Buch folgt ein Erörtern der Sprache am Leitfaden der Sprache des Rechts. Das Vierte Buch schließt, als Metatheorie zu dem, was die Reflexion in den drei ersten immanent antreibt, mit einer Phänomenologie von Zeit, die in einer Trias von Zeitbegriffen entfaltet wird. Recht erscheint als Sprache und ereignet sich in Zeit. Statt das nur über Recht und Verfassung zu sagen, wird dieser Grundsachverhalt hier immanent durchgespielt: von einer realistischen Theorie, deren Radikalität in eben dieser Immanenz besteht. Zeit des Rechts, Zeit der Gesellschaft, Zeit der Sprache. Zeit der Menschen.

Im Umkreisen dieser Gravitationszentren wird eine Fülle alter und neuer Probleme aufgeklärt, jeweils mit historischen und aktuellen Beispielen. So etwa die Formen und Rollen der Vorverständnisse, Ereignis und Situation, Recht und Sprache als Handeln. Dann der Anspruch von materialem Rechtsstaat und materialer Demokratie in einer inhaltlich bestimmten Republik und die lebenswichtige Rolle der (trans)nationalen Menschen- und Bürgerrechte unter der Herrschaft real existierender Oligarchien. Ferner das zentrale Problem der Gerechtigkeit und das elementare Bedürfnis nach Naturrecht, das auf heutigem Stand positivrechtlich erfüllt werden kann. Die alte Sicht von »Sein versus Sollen« - handlungstheoretisch, linguistisch und praktisch so nicht haltbar - wird realistisch aufgelöst. Ein Juridischer Imperativ wird formuliert und die Arbeitsethik der Rechtsarbeiter als entscheidend herausgestellt.

Ein Zentrum aller Analysen bildet das Urphänomen der Gewalt - gesellschaftlicher, rechtlicher und auch sprachlicher: Gewalt in Sprache und durch Sprache, einschließlich der Massenmedien, des öffentlichen Sprachgebrauchs, der Spielarten von Ideologie, des differenten Status von Meinung, Argument und Normtext beim Formulieren von Gründen. Dazu gehören auch die Rolle der Intellektuellen und die Position der Wissenschaft. Durch die sukzessiven Reduktionen von Demokratie, durch latenten Bürgerkrieg in Form eines Sozialkampfs von oben werden, zusammen mit oligarchischer Dominanz, Leistungsgrenzen des Verfassungsstaats greifbar. Dem bellum omnium contra omnes vor dem Verfassungstaat wird der Krieg der Wenigen gegen die Meisten im Verfassungsstaat als Gegenstand der Analyse angefügt.

Zusammen mit Rechtsdogmatik und Rechtslinguistik ergibt sich das Ensemble einer materialen Politischen Rechtslehre, das auch Zeugnis ablegt. Zeugnis von einem wissenschaftlichen Weg und einem Engagement - »politisch« im Sinn von: auf die Polis bezogen. Auf die Polis, für deren Verfassung (Syntagma) ihre Mitglieder kämpfen sollten wie für die Stadtmauer.

Es gibt kein Ganzes, das vorgegeben und aus dem zu deduzieren wäre. Doch geht es an jeder einzelnen Stelle um das Ganze im Sinn eines umfassenden Bewusstseins der Probleme, an denen gemeinsam weiter zu arbeiten ein Work in progress erfordert.

Geboren 1938, Studium in Erlangen und Freiburg i.Br.; dort Promotion 1964, 2. Staatsexamen 1967. Habilitation 1968 (»Normstruktur und Normativität«). Venia für Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Kirchenrecht, Rechts- und Staatsphilosophie, Rechtstheorie. 1971–1989 o. Prof. (Juristische Fakultät Heidelberg). Gastprofessor und research fellow (Südafrika, Brasilien). 2002–2006 Berater der brasilianischen Regierung. Korr. Mitglied der Brasilianischen Akademie für Verfassungsrecht. Über 40 Bücher (die meisten bei Duncker & Humblot) mit zahlreichen Auflagen und Übersetzungen in ein Dutzend Sprachen. Einfluss auf die Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts und anderer Oberster Gerichtshöfe. Auch in der Forschung bricht sich gegenüber dem Autor der »Strukturierenden Rechtslehre«, dem Widerstand des Mainstreams zum Trotz, allmählich eine aufgeschlossenere Würdigung Bahn: »Der Jurist der zweiten Jahrhunderthälfte« (O Estado de São Paulo, 1986); »M. zählt ohne Zweifel zu den Rechtstheoretikern der 2. Hälfte des XX. Jahrhunderts« (DROITS. Revue Française de Théorie Juridique, Paris, 1992); »Einer der bedeutendsten Juristen dieses Jahrhunderts« (Revista da Faculdade de Direito da Universidade de Lisboa, 1995)

Erstes Buch: Recht, Text, Entscheidung

I. Zum Ausdruck »Recht«
II. Pfade zur Methodik
III. Normtexte, Begründungstexte
IV. Dezision oder Entscheidung

Zweites Buch: Lässt sich Leviathan verfassen?

I. Widerspruch und Spaltung im Verfassungsstaat
II. Was fangen wir mit dem Ausdruck »Nation« an?
III. Verfassungsstaat – weitere Normfragen
IV. Verfassungsstaat – faktische Fragen

Drittes Buch: Fast alles, außer sprechen, kann Sprache

I. Recht gibt es nur zu den allgemeinen Bedingungen von Sprache
II. Recht in Sprache, Sprache in Recht getaucht
III. Zu einer Gestalt von Theorie
IV. Eine Gestalt von Immanenz

Viertes Buch: Beinahe nichts, außer entzeiten, kann Zeit

I. Umkreisen von »Zeit«
II. Auf dem Weg zum Phänomen
III. Unterwegs zum Begriff
IV. Brechungen im Kristall

Abgekürzt nachgewiesene Literatur

Namenverzeichnis

Register

»Auch juristische Texte können andeutungsvoll, verspielt und geheimnisvoll sein. Das macht die Lektüre zu einem intellektuellen Genuss, regt zu eigenem Nachdenken an. Der Band ist nichts anderes als ein großes Alterswerk, hier legt Müller Zeugnis ab. In älteren Zeiten hätte man vielleicht von Bekenntnis sprechen können. Dieses Buch kann nicht angemessen rezensiert werden, es muss gelesen werden.« Prof. Dr. Michael Droege, in: fachbuchjournal, 4/2014

»Der Titel benennt den Kern der von Müller seit den 1960er Jahren entwickelten Strukturierenden Rechtslehre. Rechtsarbeit ist (und soll sein) methodisch strukturierte Textarbeit interpretierender Subjekte mit dem Ziel der Transformation von nackter Gewalt in sprachlich verfasste Macht. Was für die moderne Rechtslinguistik unmittelbar einsichtig ist, erschüttert den Mainstream bis heute. [... ] Das Zeitkonzept durchdringt den strukturierenden Ansatz, dynamisiert - anders als die traditionelle Schule - seine Begriffe und macht Theorie zu einem 'work in progress'. [...] Wer es wagt, überkommene Konzepte in Rechtstheorie, -methodik und Verfassungsrecht zu prüfen und zugleich praktische Interdisziplinarität zu üben, findet hier den Schlüssel.« Prof. Friedemann Vogel, in: DAS ARGUMENT, 305/2013

»Auch juristische Texte können andeutungsvoll, verspielt und geheimnisvoll sein. Das macht die Lektüre zu einem intellektuellen Genuss, regt zu eigenem Nachdenken an. Der Band ist nichts anderes als ein großes Alterswerk, hier legt Müller Zeugnis ab. In älteren Zeiten hätte man vielleicht von Bekenntnis sprechen können. Dieses Buch kann nicht angemessen rezensiert werden, es muss gelesen werden.« Prof. Dr. Michael Droege, in: fachbuchjournal, 4/2014

»Der Titel benennt den Kern der von Müller seit den 1960er Jahren entwickelten Strukturierenden Rechtslehre. Rechtsarbeit ist (und soll sein) methodisch strukturierte Textarbeit interpretierender Subjekte mit dem Ziel der Transformation von nackter Gewalt in sprachlich verfasste Macht. Was für die moderne Rechtslinguistik unmittelbar einsichtig ist, erschüttert den Mainstream bis heute. [… ] Das Zeitkonzept durchdringt den strukturierenden Ansatz, dynamisiert – anders als die traditionelle Schule – seine Begriffe und macht Theorie zu einem ›work in progress‹. […] Wer es wagt, überkommene Konzepte in Rechtstheorie, -methodik und Verfassungsrecht zu prüfen und zugleich praktische Interdisziplinarität zu üben, findet hier den Schlüssel.« Prof. Friedemann Vogel, in: DAS ARGUMENT, 305/2013

Erscheint lt. Verlag 29.8.2012
Zusatzinfo 2 Abb.; 545 S.
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 157 x 233 mm
Gewicht 839 g
Themenwelt Recht / Steuern Allgemeines / Lexika
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Schlagworte Gesellschafts-Staatstheorie • Gesellschafts- und Staatstheorie • Philosophie von Sprache und Zeit • Rechtsphilosophie
ISBN-10 3-428-13871-6 / 3428138716
ISBN-13 978-3-428-13871-5 / 9783428138715
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Mehr entdecken
aus dem Bereich
Geschichte, Vordenker, Organisationen

von Tilman Seidensticker

Buch | Softcover (2023)
C.H.Beck (Verlag)
12,00