Die programmatische Entwicklung der PDS (eBook)
488 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-92295-9 (ISBN)
Sebastian Prinz studierte osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt und war danach u.a. als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten tätig und als Referent in einem Ministerium angestellt.
Sebastian Prinz studierte osteuropäische Geschichte und Politikwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt und war danach u.a. als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten tätig und als Referent in einem Ministerium angestellt.
Geleitwort 5
Inhalt 8
1. Einleitung 10
1.1. Untersuchungsgegenstand und Problemstellung 10
1.2. Aufbau 19
1.3. Quellenlage und Forschungsstand 22
2. Innerparteiliche Richtungen 28
3. Programme und programmatische Dokumente 64
3.1. Parteiprogramm von 1990 64
3.2. Parteiprogramm von 1993 74
3.3. Kommentar zur Programmatik der PDS 90
3.4. Parteiprogramm von 2003 99
3.5. Sonstige programmatische Dokumente 128
4. Wirtschaftspolitische Ziele 133
4.1. Sozialismusvorstellungen 133
4.2. Kapitalismusbegriff 149
4.3. Haltung zum Markt 159
4.4. Haltung zum Eigentum 163
5. Demokratieauffassung 179
6. Politische Handlungsmöglichkeiten 196
6.1. Parlamentarische und außerparlamentarische Politik 196
6.2. Opposition und Regierungsbeteiligung 200
6.3. Reform, Revolution und Gewalt 206
7. Antifaschismus und Haltung zur Nation 225
8. Geschichtsbild 257
8.1. Rezeption klassischer Theoretiker des Sozialismus 264
8.2. Umstrittene Begriffe 274
8.2.1. Totalitarismus 275
8.2.2. Stalinismus 283
8.2.3. Unrechtsstaat DDR 288
9. Verhältnis zu anderen Parteien und Organisationen 299
10. Formale Charakteristika der Programmdebatte 310
10.1. Sprache 310
10.2. Verfahren und Verlauf 315
11. Vergleich zwischen der Programmatik und der Politik der PDS 320
12. Zusammenfassung und Ausblick 334
Quellen- und Literaturverzeichnis 349
11. Vergleich zwischen der Programmatik und der Politik der PDS (S. 325-326)
Grundsatzprogramme werden für einen mittelfristigen Zeitraum beschlossen und enthalten auch langfristige Ziele und Visionen. Doch in ihnen findet man in der Regel kaum konkrete Handlungsanleitungen für praktische Politik im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden. Den Spielräumen der Tagespolitik werden von rechtlichen Rahmenbedingungen, Kompromissen, langfristigen Festlegungen, verfügbaren Haushaltsmitteln und gesetzlichen Verpflichtungen Grenzen gesetzt. Deswegen ist fraglich, inwieweit die tatsächliche Politik der PDS durch ihre Programmatik bestimmt wurde beziehungsweise inwieweit die tatsächliche Politik der Partei mit ihrer Programmatik in Einklang stand.
In diesem Kapitel sollen also die programmatischen Positionen mit dem praktischen Handeln von PDS-Politikern verglichen werden. Zwar hatte die PDS bei der 2. Tagung des 7. Parteitags 2001 ausdrücklich beschlossen, dass Politik und Programmatik der Partei eine Einheit bilden1494, doch bestanden zwischen den theoretischen Positionen der PDS und der Politik der PDSVertreter in den Bundesländern und Kommunen, in denen die Partei mit Ministern und Bürgermeistern Verantwortung trug, erhebliche Unterschiede.1495 Ein Kommentar sah in diesem Widerspruch eine Stärke der PDS. Sie verstehe, auf der Protestklaviatur zu spielen, aber auch staatstragend aufzutreten.
Eine rückblickende Betrachtung Hans Modrows zur Entwicklung der PDS von der „Wende“ bis zur Fusion mit der WASG benannte den Kern der gesamten programmatischen Debatten und ihrer Wechselwirkungen mit der tatsächlichen Politik der Partei: Die PDS habe eine ständige Tendenz der Anpassung an die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse gezeigt.1497 Die Programmatik der Partei habe sich also nach den Worten ihres Ehrenvorsitzenden an den in der Bundesrepublik herrschenden politischen Zuständen orientiert und dem Ziel der Integration in diese und damit der Möglichkeit zur Teilhabe an staatlicher Macht gedient. André Brie bezeichnete diese Tendenz als „Ankommen in der Bundesrepublik“.
Die gesamten programmatischen Debatten der PDS standen im Zeichen des mit dem Ende der DDR einhergehenden Verlusts von Macht und Staat. Bedingungen für das Überleben der PDS waren die Aufgabe ihres Machtmonopols, die Umwandlung in eine parlamentarische Partei und die Zulassung von Opposition. Sie musste sich als Partei quasi neu erfinden. Die staatliche Macht hatte sie verloren und musste zunächst die Oppositionsrolle annehmen. In den ersten Jahren nach der „Wende“ konzentrierte sich die PDS bei der Erarbeitung und Weiterentwicklung ihrer Programmatik darauf, sich in ihren östlichen „Stammlanden“ zu konsolidieren und dort die Voraussetzungen für Koalitionen mit der SPD zu schaffen, um wieder regieren zu können.
Die Programmatik der PDS musste also für die SPD kompatibel sein. Die PDS war, um mit der SPD regieren zu können, auch bereit, programmatischen „Ballast“ über Bord zu werfen, wie die Erklärung zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD in Mecklenburg-Vorpommern oder das Bekenntnis zur westlichen Staatengemeinschaft in Berlin zeigten. Die Erblast der SED-Geschichte war in den ersten Jahren nach der „Wende“ für die PDS allgegenwärtig. Sie musste in dieser Situation den Spagat schaffen, sich einerseits gegenüber angestrebten politischen Partnern und der Öffentlichkeit als geläutert und erneuert darzustellen und andererseits die Legitimität der DDR und die Biographien ihrer Mitglieder und Wähler zu verteidigen.
Es ging also bei den programmatischen Debatten stets auch um Integration nach innen, denn das Zusammenhalten der Partei war die Grundvoraussetzung für politischen Erfolg und damit für die Option auf Machtteilhabe. Ein wichtiger Grund für den Erfolg der PDS in den östlichen Bundesländern war, dass sie sich als Vertreterin des Ostens darstellte. Durch die Fusion ist die Partei jetzt tatsächlich gesamtdeutsch, so dass sich die Frage stellt, ob es ihr gelingen wird, sich auch weiterhin als Stimme des Ostens in Szene zu setzen. Die PDS regierte auf kommunaler Ebene schon wenige Jahre nach der „Wende“.
2001 verfügte sie über 6.500 kommunale Mandate, darunter zwei Landräte, 27 hauptamtliche und 159 weitere Bürgermeister sowie 18 hauptamtliche kommunale Wahlbeamte.1498 In öffentlichen Ämtern handelten PDS-Politiker zumeist pragmatisch und akzeptierten Sachzwänge. Auch Bundesgesetze, die die PDS ablehnte, setzten ihre Regierungsmitglieder auf Länderebene um, etwa die sogenannten Hartz-Gesetze. Dies lobte immer wieder auch die bürgerliche Presse.
Erscheint lt. Verlag | 23.9.2010 |
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Zusatzinfo | 488 S. |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
Schlagworte | Deutsche Demokratische Republik (DDR) • Partei • Parteien • PDS • Programmatik • SED • Sozialismus • Sozialismus und Demokratie • WASG |
ISBN-10 | 3-531-92295-5 / 3531922955 |
ISBN-13 | 978-3-531-92295-9 / 9783531922959 |
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