Postkoloniale Erinnerungslandschaften (eBook)
391 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-41031-9 (ISBN)
Larissa Förster, Dr. phil., ist Ethnologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Internationalen Forschungskolleg Morphomata an der Universität Köln.
Larissa Förster, Dr. phil., ist Ethnologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Internationalen Forschungskolleg Morphomata an der Universität Köln.
Inhalt 6
Dank 10
I Einführung 14
1 Thema und Fragestellungen 14
2 Theoretische und methodische Verortung 19
2.1 Zwischen Vergleich und Verflechtungsgeschichte 19
2.2 Erinnerungskultur und Landschaft 23
2.2.1 Erinnerungsorte 25
2.2.2 Erinnerungsrituale 27
3 Vorbemerkungen zu Orthographie und Anonymisierungen 31
4 Historische Dimensionen 34
4.1 Zur Einführung in die Region: Die Situation vor dem Krieg 34
4.2 Der Krieg von 1904–1908 und die Nachkriegszeit 42
4.3 Die Aufteilung des Landes bis 1990 47
4.4 Entwicklungen seit der Unabhängigkeit 52
5 Die Region heute: Sprachgemeinschaften und lokale Akteure 55
5.1 Deutsche: Farmerfamilien, Farmerverein und conservancy 55
5.2 Herero: Okakarara, kommunale Dörfer und kommunale Farmer 59
5.3 Grenzgänger 61
6 Feldforschung in der Region 65
6.1 Feldforschungsorte 65
6.2 Probleme des Vergleichs: Die heterogene Datenlage 66
6.3 Chancen des Vergleichs: Grenzüberschreitung als Methode 71
6.4 Archivarbeit 75
7 Zum Aufbau der Arbeit 76
II Erinnerungsorte 78
1 Deutschsprachige Namibier 79
1.1 Gesprächspartner und Gesprächssituationen 79
1.2 Erzählkultur 84
1.3 Das Thema: »Der Hererokrieg« 87
1.4 Der zentrale Topos: »Die Schlacht am Waterberg« 89
1.5 Die lokale Version: Die Gefechte um Hamakari 94
1.6 Ritualisierte Ortsbegehung: Gräberfahrten und Schlachtfeldtourismus 104
1.7 Am Rande des Erinnerungshorizonts 110
2 Hererosprachige Namibier 113
2.1 Gesprächspartner und Gesprächssituationen 113
2.2 Erzählkultur 119
2.3 Das Thema: »Der Krieg der Herero mit den Deutschen« 124
2.4 Der zentrale Topos: »Das Gefecht von Ohamakari« und seine Folgen 126
2.5 Der Krieg als Familiengeschichte 136
2.6 Ortsbegehungen mit der Ethnologin: Erzählungen über Rückzug und Flucht 142
3 Ein Erinnerungsort ? zwei konkurrierende Erzählungen? 155
3.1 Deutsche Versionen: Helden versus Bestien 157
3.2 Herero-Versionen: Helden versus Helden 165
3.3 Schweigen statt Erzählen: Erinnern als Politikum 171
4 Zusammenfassung 176
III Erinnerungsrituale 186
1 Das Waterberg-Gedenken der deutschsprachigen Namibier 188
1.1 Zur Quellenlage 188
1.2 Entstehung und Etablierung: 1905?1929 189
1.3 Gedenken in der Zeit des Kolonialrevisionismus: Die 1930er Jahre 197
1.4 Die Reetablierung der Gedenkfeier: 1954–1963 201
1.5 Diskussion und Wandel des Gedenkens: 1964–1977 204
1.5.1 Die ›böswillige‹ Kritik von Herero 205
1.5.2 Die ›gutwillige‹ Reaktion der Deutschen: Ein »Eingeborenenfriedhof« 208
1.5.3 Internationaler politischer Kontext 212
1.5.4 Annäherungen zwischen Deutschen und Herero 217
1.5.5 Generationswechsel unter den Gedenkenden 219
1.6 Gemeinsames Gedenken von Deutschen und Herero: 1978–1987 221
1.7 Die Beseitigung des »Eingeborenenfriedhofs« 225
1.8 Gedenken im unabhängigen Namibia: 1990–2002 232
1.9 Das Verbot im Jahr 2003 243
2 Der Ohamakari Day der hererosprachigen Namibier 248
2.1 Zur Quellenlage 248
2.2 Die Entstehung des Ohamakari Day in den 1960er Jahren 249
2.3 Exkurs zum Entstehungshintergrund: Erinnerungsrituale der Herero 250
2.4 Praxis und Bedeutung in den 1990er Jahren 254
2.4.1 Gedenken im Kontext von nation-building 254
2.4.2 Die symbolische Wiederaneignung des Kriegsschauplatzes 257
2.4.3 Kritik an der Regierungspolitik und Reethnisierung des Gedenkens 260
2.4.4 Erinnerung und Entschädigung 263
2.4.5 Erinnerung ohne Ritual 267
2.5 Das Gedenkjahr 2004 und die Ohamakari Battle Commemoration 269
2.5.1 Akteure und Positionen 269
2.5.2 Das Gedenkjahr bis zur Ohamakari Battle Commemoration 275
2.5.3 Ablauf der Ohamakari Battle Commemoration 279
2.5.4 Erinnerungsdiskurse 287
2.5.4.1 Zur Wahl des Veranstaltungsortes 287
2.5.4.2 Umgang mit der offiziellen namibischen Erinnerungspolitik 294
2.5.4.3 Die Kampagne für die internationale Anerkennung des Völkermords 303
2.5.4.4 Zwei Seiten derselben Medaille: Völkermord und Überleben 309
2.5.4.5 Kollektive Identität und ethnische Einheit 313
2.5.4.6 Die Monopolisierung des Opferstatus 317
2.5.4.7 Ein Gegendiskurs deutschsprachiger Namibier 319
3 Zusammenfassung 331
IV Schlussbetrachtungen 344
V Ausblick 350
VI Anhang 362
1 Glossar 362
2 Abkürzungen 363
3 Programmheft der Ohamakari Battle Commemoration 364
4 Abbildungsverzeichnis 365
5 Literatur 367
6 Register 386
I Einführung 1 Thema und Fragestellungen Im Januar 1904 brach in Deutsch-Südwestafrika, einer der vier afrikanischen Kolonien des Deutschen Reiches, ein Krieg aus. Mehrere Bevölkerungsgruppen des südwestlichen Afrika erhoben sich gegen die deutsche Kolonialverwaltung und leisteten Widerstand gegen die fortschreitende Kolonisierung. Betroffen waren das heutige Zentral- und Südnamibia und damit vor allem herero- und nama- bzw. damarasprachige Gruppen. Der Krieg dauerte annähernd vier Jahre. Unter Einsatz brutaler Methoden der Kriegführung und nicht zuletzt durch ihre technische Überlegenheit konnte die deutsche Kolonialmacht den Widerstand der einheimischen Bevölkerung brechen. Der Ausgang des Krieges schuf Machtverhältnisse zwischen Europäern und Afrikanern, die während der nächsten acht Jahrzehnte, das heißt bis zur Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990, fortbestehen sollten. Die langfristige und umfassende Entrechtung und Enteignung der schwarzen Bevölkerung sowie die räumliche Segregierung weißer und schwarzer Landesbewohner wurden zu Kennzeichen des (deutsch-)südwestafrikanischen Alltags. Erst 1990 wurde Namibia nach einem über dreißigjährigen Befreiungskampf mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft unabhängig. Die in der Kolonialzeit etablierten Strukturen wirken jedoch bis heute nach, etwa in der ungleichen Verteilung von Landbesitz zwischen weißen und schwarzen Namibiern, und in der Verarmung breiter Schichten der afrikanischen Bevölkerung. ?Sieger? und ?Besiegte? leben heute Seite an Seite als Bürger der Republik Namibia. Die Nachkommen deutscher Siedler, Soldaten und Kolonialbeamten, die vor dem Krieg, während des Krieges, aber auch nach dem Krieg ins Land kamen, bilden zusammen mit später eingewanderten Deutschen eine kleine, aber wirtschaftlich einflussreiche deutschsprachige Minderheit in Namibia (1,1 Prozent, das heißt circa 20.000). Die Nachkommen von Herero und Nama bzw. Damara stellen zwei von fünf größeren afrikanischen Sprachgruppen in Namibia dar und bilden innerhalb der Gesamtbevölkerung von circa 1,83 Millionen Einwohnern ebenfalls eine Minderheit (Nama/Damara: 13 Prozent, das heißt circa 238.000; Herero 8 Prozent, das heißt circa 146.000). Obwohl im postkolonialen Namibia die Bedeutung ethnischer Zugehörigkeit aufgrund der Geschichte der Apartheid und im Zuge des nation-building von offizieller Seite eher heruntergespielt wird, ist sie im namibischen Alltag nach wie vor von Bedeutung. Es gibt wirtschaftliche, politische, soziale und kulturelle Netzwerke, die in erster Linie auf ethnischer Zugehörigkeit beruhen. Weiße und schwarze Namibier, aber auch die Angehörigen der einzelnen europäischen und afrikanischen Sprachgruppen bleiben im privaten Alltag nicht selten unter sich. Der Krieg von 1904-1908 stellt einen wichtigen Aspekt namibischer Geschichte dar, der Deutsche, Herero, Nama und Damara in Namibia miteinander verbindet, aber auch voneinander trennt. Auch in alltäglichen Diskursen über historische und ethnische Identität wird er immer wieder thematisiert. Während der deutschen und südafrikanischen Kolonialzeit haben deutsch-, herero- und nama- bzw. damarasprachige Namibier sehr unterschiedliche Erinnerungskulturen in Bezug auf den Krieg von 1904-1908 entwickelt. In den diversen Erinnerungspraktiken wurden und werden sowohl die damaligen wie auch die gegenwärtigen Machtverhältnisse zwischen den drei bzw. vier Gruppen thematisiert, aber auch ihr Verhältnis zur jeweiligen staatlichen Macht wie auch zu Deutschland. Als im Jahr 2004 durch verschiedene Gedenkveranstaltungen an den hundert Jahre zurückliegenden Kriegsausbruch erinnert wurde, wurden die Unterschiede zwischen den erinnerungskulturellen Praktiken von Deutschen, Herero, Nama und Damara besonders sichtbar. Doch zeigte sich auch, dass Verweise, Verbindungen und Verflechtungen zwischen ihnen bestehen, die sich über die letzten hundert Jahre hinweg entwickelt und verändert haben. Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit zwei der drei bzw. vier betroffenen Gruppen: mit deutschsprachigen und hererosprachigen Namibiern. Sie vergleicht deren Erinnerungskulturen, das heißt diejenigen kulturellen Praktiken beider Bevölkerungsgruppen, die die Erinnerung an den Krieg zum Gegenstand haben. Neben einem synchronen Vergleich spielt die diachrone Perspektive eine besondere Rolle. Grundlage der vorliegenden Arbeit ist die dichte Beschreibung der Erinnerungsinhalte und -praktiken deutsch- und hererosprachiger Namibier.
Erscheint lt. Verlag | 14.6.2010 |
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Zusatzinfo | 45 Abbildungen |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte |
Sozialwissenschaften ► Ethnologie ► Völkerkunde (Naturvölker) | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Afrika • Erinnerung • Ethnologie • Gedenken • Hererokrieg • Kolonialismus • Kolonialkrieg • Namibia • Rituale |
ISBN-10 | 3-593-41031-1 / 3593410311 |
ISBN-13 | 978-3-593-41031-9 / 9783593410319 |
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