Der Sinn des Gebens (eBook)

Warum Selbstlosigkeit in der Evolution siegt und wir mit Egoismus nicht weiterkommen

(Autor)

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2010 | 1. Auflage
336 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-401295-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Sinn des Gebens -  Stefan Klein
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Selbstlos siegt! Welche Gesetze über Erfolg und Misserfolg in unserem Leben bestimmen. Den Selbstlosen gehört die Zukunft: Das ist die erstaunliche Quintessenz des neuen Buches von Stefan Klein, das unser Denken und Handeln verändern wird. Denn die neueste Forschung lässt die Ehrlichen keineswegs als die Dummen dastehen. Entgegen unserem Alltagsglauben schneiden Egoisten nämlich nur kurzfristig besser ab. Auf längere Sicht haben diejenigen Menschen Erfolg, die sich um das Wohl anderer bemühen. Denn nicht nur Wettbewerb, sondern auch Kooperation ist eine Triebkraft der Evolution. Ein Sinn für Gut und Böse ist uns angeboren. Stefan Klein zieht einen faszinierenden Querschnitt durch die aktuellen Ergebnisse der Hirnforschung und der Genetik, der Wirtschaftswissenschaften und der Sozialpsychologie. Er zeigt, welche Gesetze über Erfolg und Misserfolg in unserem Leben bestimmen. Und er stellt dar, warum menschliches Miteinander und das Wohlergehen anderer zu unseren tiefsten Bedürfnissen gehören. Für andere zu sorgen schützt uns nicht nur vor Einsamkeit und Depression. Vielmehr macht uns Selbstlosigkeit glücklicher und erfolgreicher - und beschert uns nachweislich sogar ein längeres Leben.

Stefan Klein, geboren 1965, ist der erfolgreichste Wissenschaftsautor deutscher Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg. Er wandte sich dem Schreiben zu, weil er »die Menschen begeistern wollte für eine Wirklichkeit, die aufregender ist als jeder Krimi«. Sein Buch »Die Glücksformel« (2002) stand über ein Jahr auf allen deutschen Bestsellerlisten und machte den Autor auch international bekannt. In den folgenden Jahren erschienen weitere hoch gelobte Bestseller: »Alles Zufall«, »Zeit«, »Da Vincis Vermächtnis« und »Der Sinn des Gebens«, das Wissenschaftsbuch des Jahres 2011 wurde. Zuletzt erschien »Träume: Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit«, ausgezeichnet mit dem Deutschen Lesepreis 2016, »Das All und das Nichts. Von der Schönheit des Universums« (2017) und »Wie wir die Welt verändern« (2021). Stefan Klein lebt als freier Schriftsteller in Berlin.

Stefan Klein, geboren 1965, ist der erfolgreichste Wissenschaftsautor deutscher Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg. Er wandte sich dem Schreiben zu, weil er »die Menschen begeistern wollte für eine Wirklichkeit, die aufregender ist als jeder Krimi«. Sein Buch »Die Glücksformel« (2002) stand über ein Jahr auf allen deutschen Bestsellerlisten und machte den Autor auch international bekannt. In den folgenden Jahren erschienen weitere hoch gelobte Bestseller: »Alles Zufall«, »Zeit«, »Da Vincis Vermächtnis« und »Der Sinn des Gebens«, das Wissenschaftsbuch des Jahres 2011 wurde. Zuletzt erschien »Träume: Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit«, ausgezeichnet mit dem Deutschen Lesepreis 2016, »Das All und das Nichts. Von der Schönheit des Universums« (2017) und »Wie wir die Welt verändern« (2021). Stefan Klein lebt als freier Schriftsteller in Berlin.

Einleitung


Wie gute Freunde, so können uns Texte jahrzehntelang begleiten, sogar faszinieren, ohne dass wir sie wirklich verstehen. Mir ging das so mit den folgenden Zeilen:

An meiner Wand hängt ein japanisches Holzwerk

Maske eines bösen Dämons, bemalt mit Goldlack

Mitfühlend sehe ich

Die geschwollenen Stirnadern, andeutend

Wie anstrengend es ist, böse zu sein.

Sie stammen von Bertolt Brecht und stehen unter dem Titel »Die Maske des Bösen«. Ich begegnete dem kurzen Gedicht mit 17 Jahren, als ich wie so viele Heranwachsende sehr böse auf die Welt und voll Sehnsucht nach einer besseren war. Natürlich leuchtete mir der vordergründige Sinn ein; wie viel Kraft es kostet zu hadern, spürte ich ja selbst zur Genüge. Welch eine Energieverschwendung der Zorn sein kann! Schlimmer noch als das unangenehme Gefühl an sich ist, dass es uns von anderen trennt. Wut ist ein Gefängnis. Jede ihrer Zielscheiben ist ein Mensch weniger, mit dem wir gemeinsame Sache machen können.

Aber »böse« bezeichnet nicht nur ein Gefühl, sondern auch ein moralisches Urteil. Fast sicher hatte Brecht diese Bedeutung gemeint: »Die Maske des Bösen« entstand im September 1942, als der Feldzug der Nazis seinen Höhepunkt erreichte und Hitlers Truppen vom Nordkap bis nach Nordafrika, von der Krim bis zum Atlantik Schrecken verbreiteten. Diese Lesart jedoch irritierte mich zornigen jungen Mann tief: Konnte es sein, dass Menschen, die andere ausnutzen, verletzen, sogar umbringen und einen Vorteil daraus ziehen, selbst unter ihrem Tun leiden? Verdienen am Ende gar Himmler und Hitler unser Bedauern?

Viel später begriff ich, dass sich der Gedanke auch umkehren lässt. Wenn wir frei von Bosheit bleiben und uns fair und großzügig zeigen, so tun wir es möglicherweise nicht nur aus Angst vor Strafen und weil es uns die Erziehung so eingebläut hat. Menschlichkeit im Umgang mit anderen könnte uns vielmehr selbst nutzen, weil sie das eigene Wohlbefinden erhöht. Die uralte Frage, ob man sich um andere oder lieber um das eigene Glück kümmern soll, fände dann von selbst ihre Antwort: Um beides – weil es das eine ohne das andere nicht gibt.

Aus dieser Überlegung heraus entstand das vorliegende Buch. Es will allen Ermahnungen zur Anständigkeit widersprechen, übrigens auch den jahrhundertealten Lehren der Philosophie, wonach wir die süße egoistische Neigung bekämpfen müssen, da die bittere moralische Pflicht es verlangt. Wenn eigenes und fremdes Wohlbefinden so eng verknüpft sind, so würde dies zugleich erklären, warum so viele Menschen ihrem privaten Glück hinterherjagen und es trotzdem nicht finden: Vielleicht haben sich diese Glückssucher die falschen Ziele gesetzt.

Dass ein glückliches Leben das Wohl anderer im Blick hat, vermutete der Philosoph Aristoteles schon vor mehr als 2500 Jahren. Aber der griechische Denker konnte seine Spekulation nicht beweisen. Auch darum setzte sich die Vorstellung durch, dass moralisches Handeln nur um den Preis des Verzichts zu bekommen sei. Heute geben empirische Untersuchungen Aristoteles recht: Menschen, die sich für andere einsetzen, sind in aller Regel zufriedener, oft erfolgreicher und sogar gesünder als Zeitgenossen, die nur an ihr eigenes Wohl denken. »Eines weiß ich«, bekannte Albert Schweitzer einmal, »wirklich glücklich werden nur die, die entdeckt haben, wie sie für andere da sein können.«[1] In diesem Sinn setzt dieses Buch mein früheres Werk »Die Glücksformel« fort.

Kommen Altruisten wirklich besser durchs Leben? Dagegen wehrt sich der Alltagsverstand. Wer etwas hergibt, hat hinterher weniger; wer dagegen seine Zeit, seine Kraft oder auch sein Geld für die eigenen Ziele einsetzt, ist auf den ersten Blick im Vorteil. Schon ein Blick auf die Natur scheint nahezulegen, die eigenen Güter zusammenzuhalten: Denn Menschen wie Tiere ringen um knappe Ressourcen. Wer hat, setzt sich durch, wer nicht hat, geht unter.

Mit diesem Buch will ich den Nachweis erbringen, dass und warum sich der Alltagsverstand irrt: Unser Zusammenleben verläuft nach sehr viel komplizierteren Regeln als denen des Dschungels. Die kommenden Seiten werden einige der Gesetze, die über Erfolg und Misserfolg in unserem Leben tatsächlich entscheiden, erklären. Eine zentrale Erkenntnis dabei ist, dass Egoisten nur kurzfristig besser abschneiden, auf lange Sicht aber meist Menschen weiterkommen, die sich auch für das Wohl anderer einsetzen. Weil »meist« natürlich nicht »immer« bedeutet, wird es auch darum gehen, wann die eine, wann die andere Strategie sich besser bewährt.

Wenn erfolgreicher ist, wer sich für seine Mitmenschen einsetzt, würde die Evolution solches Verhalten befördern. Damit steht eine faszinierende Hypothese im Raum: Ist es uns angeboren, für andere zu sorgen? Gibt es Gene für Altruismus?

Dass die Welt von Egoisten nur so wimmelt, spricht nicht dagegen. Denn sicher sind Menschen nicht nur darauf programmiert, selbstlos zu sein. Möglicherweise sind unsere Anlagen, erst auf den eigenen Vorteil zu achten, sogar stärker. Darum fruchten bloße Ermahnungen und Vorsätze, ein besserer Mensch zu sein, so wenig. Interessant ist aber nicht die Frage, ob ein gewisses Maß an Egoismus nun einmal zum menschlichen Wesen gehört. Viel mehr kommt es darauf an, ob wir darüber hinaus noch andere und weniger sattsam bekannte Regungen haben.

Menschen sind so widersprüchlich in ihren Motiven wie kein anderes Geschöpf. Auch sind wir ungewöhnlich frei, gegen unsere Instinkte zu handeln. Die Bandbreite, innerhalb derer wir unsere Talente einsetzen können, ist enorm. Die Evolution hat den Menschen als Läufer konstruiert, weshalb jede gesunde Person nach entsprechendem Training einen Marathon bewältigen kann. Andere legen selbst kurze Wege im Auto zurück, so dass ihre Beinmuskulatur völlig verkümmert. Genauso können wir unsere Anlagen zum Altruismus vernachlässigen – oder sie kultivieren.

Allerdings hat die Natur ein raffiniertes Mittel erfunden, mit dem sie uns dazu bringt, was sie von uns will – sie verführt uns mit guten Gefühlen. Sex ist aufregend und angenehm, denn er dient der Vermehrung. Wirkungsvoller, als vielen lieb ist, sind auch die Lustgefühle beim Essen, damit wir Fettpolster für schwere Zeiten anlegen. Auf ganz ähnliche Weise belohnt uns die Natur für Fairness und Hilfsbereitschaft: Es fühlt sich gut an, großherzig zu sein. Tatsächlich zeigt die Hirnforschung, dass Altruismus im Kopf dieselben Schaltungen aktiviert wie der Genuss einer Tafel Schokolade oder auch Sex.

»Wie traurig es ist, ein Egoist zu sein«, möchte man in Anlehnung an Brecht voll Mitgefühl feststellen – und wie gefährlich. Gar nicht so sehr für die Mitmenschen, denn entwickelte Gesellschaften zumindest halten allzu wilden Egoismus mit Gesetzen und Gerichten im Zaum. Doch wer schützt die Egoisten vor sich selbst? Schwere Depressionen verbreiten sich in Deutschland wie in den meisten Ländern in furchterregendem Tempo. Innerhalb nur eines Jahrzehnts hat sich das Risiko für junge Menschen, krankhaft schwermütig zu werden, mehr als verdreifacht.Und in weiteren zehn Jahren werden Depressionen laut der Weltgesundheitsorganisation bei Frauen die verheerendste Krankheit sein, bei Männern nur Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch mehr Schaden anrichten. Viele Fachleute erklären diese erschreckenden Zahlen damit, dass Bindungen an die Familie, an Freunde und Kollegen sich aufgelöst haben und dass in der heutigen Gesellschaft vor allem das Individuum zählt. Sicher ist, dass Einsatz für andere der krankhaften Traurigkeit vorbeugen kann.[2]

Was hindert uns eigentlich daran, zu unserem eigenen Besten mehr für andere zu sorgen? Wer es versucht, stellt fest, wie tief wir dem eigenen Wunsch, großzügig zu sein, misstrauen. Zwar spüren wir oft den Impuls, etwas für andere zu tun, aber dann unterdrücken wir ihn. Denn Altruismus ist fast immer riskanter, als nur auf eigene Rechnung zu handeln.

Da ist zum einen die Angst, uns lächerlich zu machen. Großherzigkeit genießt in unserer Gesellschaft einen seltsamen Ruf: Öffentlich lobt jeder selbstlose Menschen, doch hinter vorgehaltener Hand gedeiht der Zynismus. Bewunderung genießt, wer cool und durchsetzungsstark wirkt. Mitgefühl hingegen gilt als ein Zeichen von Schwäche. Man zweifelt am Verstand derer, die ihre Interessen bisweilen zurückstellen; allzu oft fällt der Begriff des naiven »Gutmenschen«. Dabei sind selbst – und gerade – die größten Spötter im Grund ihres Herzens von der Sehnsucht nach dem Guten erfüllt. Sarkasmus ist schließlich der beste Schutz gegen Enttäuschung.

So sind wir in Sachen Selbstlosigkeit rettungslos ambivalent: Wir wollen daran glauben, können es aber nicht, und wenn wir es könnten, würden wir es nicht zugeben. Nur auf einen Gedanken scheint niemand zu kommen: Dass die Bereitschaft zur Hingabe auf die Stärke eines Menschen hindeuten könnte.

Noch tiefer als die Furcht vor Spott sitzt die Angst, ausgenutzt zu werden. Sie plagt uns völlig zu Recht. Denn solange Menschen ihren eigenen Vorteil anstreben, werden Einzelne von der Gutwilligkeit der anderen profitieren wollen. Dies war die Tragödie jeder von Idealisten angezettelten Revolution.

So erzählt dieses Buch von Geben und Nehmen, von Vertrauen und Verrat, von Mitgefühl und Rücksichtslosigkeit, von Liebe und Hass. Aber die Frage wird nicht sein, ob Menschen gut oder böse sind. Darüber haben einige der größten Philosophen lange genug gerätselt. Was hierzu geschrieben wurde, erinnert manchmal an eine Diskussion darüber, ob Kino an sich lustig oder beunruhigend ist: Natürlich hängt es vom...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2010
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Altruismus • Depression • Eigennutz • Evolutionsbiologie • Freundlichkeit • Geben und Nehmen • Geschenk • Glück • Glücklichsein • Güte • Hirnforschung • Moral • Nächstenliebe • Sachbuch • Schenken • Selbstlosigkeit • Sinn des Lebens • Spieltheorie • Teilen • Vertrauen • Zufriedenheit
ISBN-10 3-10-401295-4 / 3104012954
ISBN-13 978-3-10-401295-7 / 9783104012957
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