Politische Führung in westlichen Regierungssystemen (eBook)

Theorie und Praxis im internationalen Vergleich

Martin Sebaldt, Henrik Gast (Herausgeber)

eBook Download: PDF
2009 | 2010
382 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-91929-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Politische Führung in westlichen Regierungssystemen -
Systemvoraussetzungen
42,25 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Explorative Studien weisen seit langem darauf hin, dass die Führungsstile von Regierungschefs im internationalen Vergleich deutlich variieren. Dieser Sammelband geht diesem Sachverhalt genauer auf den Grund und zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede politischer Führungsmuster in komparativer Perspektive auf. In elf Fallstudien werden die Führungsstile in parlamentarischen und präsidentiellen Regierungssystemen, in föderalen und einheitsstaatlichen Ordnungen sowie in etablierten Demokratien und Transformationsstaaten dargestellt. Beiträge zum Stand der interdisziplinären Führungsforschung erschließen zudem den nötigen theoretischen Rahmen, um die Ergebnisse zu erklären.

Dr. Martin Sebaldt ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Regensburg.
Henrik Gast ist Politikwissenschaftler an der Universität Regensburg.

Dr. Martin Sebaldt ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Regensburg.Henrik Gast ist Politikwissenschaftler an der Universität Regensburg.

Inhalt 5
Vorwort 7
Einführung und theoretische Grundlagen 9
Politische Führung als politikwissenschaftliches Problem: zur Einführung in den Gegenstand 10
1 Politische Führung und „Leadership“: die Fragestellung 10
2 Die Exekutivforschung – ein unterbelichtetes Feld? 10
3 Was heißt eigentlich „politische Führung“? 11
4 Das integrative Paradigma des interaktionistischen Ansatzes 14
5 Allgemeine Defizite der politikwissenschaftlichen Führungsforschung 25
6 Die interdisziplinäre Zukunftsperspektive der Führungsforschung 27
Politische Führung als Gegenstand interdisziplinärer Theorieforschung: Erträge und Defizite 33
1 Die multidisziplinäre Führungsforschung – ein unübersehbares Feld? 33
2 Die institutionellen Rahmenbedingungen im Fokus der Theoriebildung 34
3 Die Bezugsgruppen im Fokus der Theoriebildung 36
4 Der Führer im Fokus der Theoriebildung 45
5 Die Multiperspektivität als Gewinn – ein Fazit 58
Politische Führung im Parlamentarismus 68
Politische Führung in der Westminster-Demokratie: Großbritannien 69
1 Cabinet Government vs. Prime Ministerial Government – eine endlose Debatte im Lichte unterschiedlicher Premierminister? 69
2 Führungskontext und handlungsstärkende Faktoren 70
3 Handlungslimitierende Faktoren britischer Premierminister 77
4 Anforderungen, Profile und persönliche Führungsstile britischer Premierminister 79
5 Premierminister und ihre Umweltbedingungen 89
Politische Führung in der Kanzlerdemokratie: die Bundesrepublik Deutschland 93
1 Der Streit um die „Kanzlerdemokratie“ – eine deutsche Diskussion um „Führung“ 93
2 Die Rolle des Führungskontextes: handlungsstärkende Faktoren 94
3 Die Rolle des Führungskontextes: die handlungslimitierenden Faktoren 96
4 Anforderungen und Profile der Bundeskanzler 104
5 Bundeskanzler und ihre Umweltbedingungen: ein Fazit 113
Politische Führung im Staat der Autonomen Gemeinschaften: Spanien 119
1 Präsidentielle Führung in einer parlamentarischen Monarchie? 119
2 Rahmenbedingungen politischer Führung in Spanien: die Vetospieler des Ministerpräsidenten 120
3 Der Ministerpräsident und seine umfangreichen Ressourcen 128
4 Der Ministerpräsident: Anforderungen, Profile und persönliche Führungsstile 130
5 Der spanische Ministerpräsident – Umweltbedingungen und Führungsmuster 141
Politische Führung zwischen „Erster“ und „Zweiter“ Republik: Italien 146
1 Die italienische Politik im Umbruch 146
2 Forschungsstand 147
3 Strukturelle Bedingungen der politischen Führung: von der fragmentierten Konsensdemokratie zur unvollendeten Mehrheitsdemokratie 148
4 Strukturelle Handlungsressourcen: Der Regierungschef in sich wandelnden Bündniskonstellationen 151
5 Politische Führung in der „Zweiten“ Republik: Berlusconi und Prodi als Typen oder Ausnahmen? 159
6 Fazit 165
Politische Führung im Präsidentialismus 169
Politische Führung im klassischen Präsidentialismus: die USA 170
1 Politische Führung in den USA: zum Forschungsstand 170
2 Rahmenbedingungen der politischen Führung in den USA: handlungsstärkende Faktoren 171
Der Präsident 173
3 Limitierung der Macht: Handlungsrestriktionen der US-Präsidenten 175
4 Anforderungen, Profile und persönliche Führungsstile 180
5 US-Präsidenten und ihre Umweltbedingungen: ein Fazit 188
Politische Führung im Koalitionspräsidentialismus: Brasilien 193
1 Präsidentialismus und politische Führung in Lateinamerika 193
2 Das politische System Brasiliens: eine kurze Einführung 194
3 Handlungsressourcen des Präsidenten 196
4 Handlungsrestriktionen des Präsidenten 198
5 Führungsstile und Profile brasilianischer Präsidenten 201
6 Zusammenfassung und Ausblick 205
Politische Führung im Zeichen der Vergangenheitsbewältigung: Argentinien 209
1 Politische Führung in Argentinien zwischen Militär und Populismus 209
2 Historische und kulturelle Rahmenbedingungen politischer Führung 210
3 Institutionelle Handlungsressourcen des Präsidenten 214
4 Institutionelle Handlungsbegrenzungen des Präsidenten 216
5 Führungsstile und Profile argentinischer Präsidenten 218
6 Politische Führung zwischen Personenkult und Instabilität – ein Fazit 221
Politische Führung nach dem Ende der Militärdiktatur: das Fallbeispiel Chile 225
1 Die Pinochet-Diktatur: täglicher Begleiter der demokratischen Führung Chiles 225
2 Rollenerwartungen als Handlungsressourcen und -limitationen politischer Führung: verfassungsrechtliche Normen und gesellschaftliche Erwartungen 226
3 Die Präsidenten der jungen chilenischen Demokratie: Persönlichkeitsprofile 236
4 Der chilenische Präsident und seine Umweltbedingungen: 244
Politische Führung in Semipräsidentialismus und Direktorialsystem 251
Politische Führung im Semipräsidentialismus: das Fallbeispiel Frankreich 252
1 Der Semipräsidentialismus in der französischen Politikwissenschaft 252
2 Die Rolle des Führungskontextes: die handlungsstärkenden Faktoren 253
3 Die Rolle des Führungskontextes: die handlungslimitierenden Faktoren 255
4 Profile der französischen Staatspräsidenten 263
5 Politische Führung im Semipräsidentialismus: ein Fazit 271
Politische Führung im Direktorialsystem: die Schweiz 276
1 Politische Führung im Schatten der Konkordanz- und Referendumsdemokratie 276
2 Die strukturellen Bedingungen der politischen Führung 278
3 Die formalen und faktischen Handlungsressourcen des Bundesrates als direktoriales Führungsorgan 283
4 Persönliche Eigenschaften und interner Kommunikationsstil 292
5 Fazit 295
Politische Führung in der Europäischen Union 299
Politische Führung im supranationalen Mehrebenensystem: die Europäische Union1 300
1 Einleitung 300
2 Politische Führung in supranationalen Mehrebenensystemen als theoretisches Problem 302
3 Politische Führung I: die Akteure des europäischen Mehrebenensystems und ihre Fähigkeit zur Ausübung von Führung5 307
4 Politische Führung II: Systemebenen, Machtressourcen und Entscheidungen im europäischen Supranationalismus 312
5 Schlussbetrachtung 320
Folgerungen 326
Die Muster politischer Führung in westlichen Regierungssystemen: empirische Befunde im Vergleich 327
1 Der Vergleich politischer Führungsmuster als Herausforderung: zur Einführung 327
2 Führung und Kontext: die generellen Profile der politischen Systeme im Vergleich 328
3 Strukturen als Handlungsressourcen und -restriktionen: komparative Befunde 329
4 Führungsprofile und Führungstypen: personen- und systemspezifische Erkenntnisse 342
5 Führung als strukturelle und personelle Herausforderung: ein typologisches Fazit 348
Die Praxis politischer Führung und ihre wissenschaftliche Erklärung: theoretische Folgerungen für die Leadership- Forschung 354
1 Die Kontextabhängigkeit politischer Führungsmuster: der Ausgangsbefund 354
2 Politische Führung und Individuum: personenzentrierte Aspekte 356
3 Politische Führung und Kontext: umweltbezogene Aspekte 361
4 Fazit 366
Autorenverzeichnis 370

Politische Führung im Semipräsidentialismus: das Fallbeispiel Frankreich (S. 257-258)

Nina Huthöfer

1 Der Semipräsidentialismus in der französischen Politikwissenschaft

Die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der politischen Führung in Frankreich ist so alt wie die V. Republik selbst. Sie stand meist im Zusammenhang mit der typologischen Einordnung des Systems. Seit 1958 fragen sich Wissenschaftler, ob es sich beim französischen System um eine monarchie présidentielle oder eine dyarchie parlementaire handelt.

Der erste Präsident, Charles de Gaulle, gab der Diskussion zusätzlich Nahrung, da er die Kompetenzen des Präsidenten über den Verfassungstext hinaus ausweitete. Zum Kreis dieser Wissenschaftler, die sich mit dem Verhältnis zwischen Staatspräsident und Premierminister auseinandergesetzt haben, gehören etwa Jean Massot (1987, 1993, 2001) oder Philippe Ardant (1987).

Neuen Auftrieb bekam die Diskussion jeweils während Phasen politischer Cohabitation. Anders als befürchtet zerbrach das System an dieser Belastungsprobe nicht, auch wenn der Premierminister die politische Führung übernahm und die Rolle des Staatsoberhaupts stärker auf ihre repräsentativen Funktionen reduziert wurde (siehe etwa Ardant 1999; Rouvillois 2001).

Hubert Beuve-Méry, Journalist und Gründer der Zeitung Le Monde, benutzte den Begriff des semipräsidentiellen Systems im Jahr 1959 als Erster, ohne ihn jedoch näher zu definieren (Elgie 2004a: 1). Im Jahr 1970 führte Maurice Duverger den Begriff in die französische Politikwissenschaft ein.1 Er bezeichnete das politische System der V. Republik aufgrund der Verschmelzung von Merkmalen präsidentieller und parlamentarischer Regierungssysteme als semipräsidentiell (Duverger 1970: 277).

In der Praxis überwiegt bei parteipolitischer Übereinstimmung innerhalb der Exekutive der präsidentielle Charakter des Systems, in Zeiten einer Cohabitation dagegen ist die Nähe zum parlamentarischen Regierungssystem größer. Duverger arbeitete die Besonderheiten des Semipräsidentialismus sukzessive stärker heraus (Duverger 1974, 1978 und 1980). Durch seine Vorarbeit entstand in Frankreich Ende der 1970er Jahre eine rege Diskussion (Elgie 2004a: 1).

Außerhalb Frankreichs erregte die Theorie des Semipräsidentialismus erst in den 1980er Jahren das Interesse der Forschungsgemeinde. Gegenwärtig gibt es wenig Neues zum Konzept des Semipräsidentialismus, obwohl es immer wieder kritisiert wurde. Die Kritik beruhte insbesondere auf Unklarheiten bezüglich der Definition des Begriffs und der Klassifizierung von Ländern, die diesem Typ entsprechen (Elgie 2004a: 2ff.).

Den Semipräsidentialismus als eigenen Systemtyp zu bewerten, ist selbst innerhalb Frankreichs umstritten.2 „Largement adoptée […] la notion de regime semi-présidentiel est encore controversée en France. […] la plupart des constituionnalistes de l’hexagone (mis à part les plus sérieux) rendent encore un culte fétichiste à cette vision dualiste [régime parlementaire et présidentiel] et jugent sacrilege qu’on propose de la completer par un modèle nouveau […]“ (Duverger 1992: 901f.).

Erscheint lt. Verlag 16.11.2009
Zusatzinfo 382 S. 4 Abb.
Verlagsort Wiesbaden
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Vergleichende Politikwissenschaften
Schlagworte Argentinien • Brasilien • Bundesrepublik Deutschland • Europäische Union • Frankreich • Großbritannien • Parlament • Parlamentarismus • Präsidentialismus • Regierung • Regierungssystem • Spanien • Staat • USA • Vergleich
ISBN-10 3-531-91929-6 / 3531919296
ISBN-13 978-3-531-91929-4 / 9783531919294
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 2,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Einordnung, Rezeption und Wirkung der neuen Klimabewegung

von Jan Pollex; Anna Soßdorf

eBook Download (2023)
Springer Fachmedien Wiesbaden (Verlag)
59,99