Innovation und Kontinuität (eBook)

Die Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung

(Autor)

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2008 | 2008
VIII, 220 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-90933-2 (ISBN)

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Innovation und Kontinuität - Tanja Klenk
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Tanja Klenk ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen.

Tanja Klenk ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen.

Inhalt 5
1. Fragestellung, methodische Anlage und Aufbau der Studie 9
1.1. Das RVOrgG: Eine historische Weichenstellung in der Administration der gesetzlichen Rentenversicherung? 9
1.2. Historischer Institutionalismus als analytischer Referenzpunkt 13
1.3. Akteurskonstellationen und typische Interaktionsformen als Entscheidungsdeterminanten 20
1.4. Methodische Vorgehensweise 22
1.5. Gang der Argumentation 23
2. Die Institutionengeschichte der gesetzlichen Rentenversicherung 25
2.1. Die Genese der gesetzlichen Sozialversicherung 25
2.2. Die gesetzliche Rentenversicherung in der Weimarer Republik 52
2.3. Die Zeit des Nationalsozialismus 71
2.4. Organisation der Rentenversicherung in der Besatzungszeit 74
2.5. Die Anfangsjahre der BRD 82
2.6. Die Jahre bis zur deutschen Wiedervereinigung 94
3. Das neue Organisationsmodell der gesetzlichen Rentenversicherung 125
3.1. Die Trägerinstitutionen auf Bundes- und Landesebene 125
3.2. Aufgabenteilung zwischen den Institutionen der GRV 127
3.3. Zuständigkeitsregelungen zwischen Bundes- und Regionalebene 128
3.4. Das Leitungsmodell der DRV Bund 130
3.5. Benchmarking als begleitende Maßnahme 140
3.6. Reform der Finanzverfassung 141
3.7. Auskunfts- und Beratungsstellen 142
4. Der Politikprozess: Vom Agenda-Setting zur Implementation 145
4.1. Akteure und ihre Interessen im Organisationsreformprozess 146
4.2. Agenda Setting Teil 1: Die Initiativfunktion der Länder 148
4.3. Politikformulierung – Konkurrenz der Reformmodelle 150
4.4. Agenda-Setting Teil II – die Bundesebene wird aktiv 156
4.5. Die Entscheidungsphase 161
4.6. Die Implementation – Bedeutung der untergesetzlichen Normgebung 163
5. Die politikstrukturierende Wirkung institutionalisierter Interessenkonflikte 165
5.1. Ein Organisationsmodell aus einem Guss? 165
5.2. Inklusion und Exklusion als neue gesellschaftliche Konfliktlinie 166
5.3. Das RVOrgG als Redistributionsspiel 168
5.4. Die Restrukturierung der gewerkschaftlichen Interessenvertretung und ihre Auswirkungen auf die Organisationsreform 171
5.5. Die Föderalismusdebatte als Wegbereiter der Organisationsreform 173
5.6. Interne Verteilungskonflikte zwischen Zentrum und Peripherie 177
5.7. Das erweiterte Direktorium: Regionale Einflussnahme auf die Zentralkörperschaft 182
5.8. Steuerung durch ehren- oder hauptamtliche Akteure? 183
5.9. Autonome Selbstverwaltung und intervenierender Staat 185
6. Entscheidungsfindung unter Bedingung des Selbstverwaltungskorporatismus 187
6.1. Dominante Interaktionsformen im Organisationsreformprozess 187
6.2. Tauschhandel und Koppelgeschäfte 188
6.3. Versuch der kooperativen Problemlösung 190
6.4. Eine neue institutionelle Rahmung – der Schatten der Hierarchie 192
6.5. Entscheidungssegmentierung 194
7. Bilanz und Perspektiven 197
7.1. Das RVOrgG – Pfadwechsel in der Administration der gesetzlichen Rentenversicherung? 197
7.2. Innovationsermöglichende und kontinuitätssichernde Aspekte 202
7.3. Das RVOrgG als Selbstreform der Selbstverwaltung? 205
7.4. Reform des Selbstverwaltungsrechts 207
Literaturverzeichnis 211

1. Fragestellung, methodische Anlage und Aufbau der Studie (S. 9)

1.1. Das RVOrgG: Eine historische Weichenstellung in der Administration der gesetzlichen Rentenversicherung?

Am 1. Januar 2005 ist das ‚Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG)‘ in Kraft getreten. Mit dem RVOrgG wurde die seit den Anfängen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) bestehende Differenzierung zwischen einer Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung aufgehoben und ein einheitlicher Versichertenbegriff eingeführt. Darüber hinaus wird der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zur Deutschen Rentenversicherung Bund, einem Bundesträger mit integriertem Dachverband, fusioniert.

Die berufsständische Gliederung der gesetzlichen Alterssicherung gehörte bis dato ebenso wie das Beitrags-, Versicherungs- oder Selbstverwaltungsprinzip zu den Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei der Errichtung der GRV im Deutschen Kaiserreich wurde die Entscheidung bewusst für eine berufsständische Durchführung der Sozialversicherung gefällt. Die Angestelltenversicherung wurde ausdrücklich als eigenständige, im Vergleich zur Alters- und Invaliditätsversicherung der Arbeiter mit Privilegien ausgestattete Versicherung ins Leben gerufen.

Der berufsständische bzw. branchenspezifische Aufbau von sozialen Sicherungssystemen ist nur eine von mehreren möglichen Varianten zur Organisation der Sozialversicherung. Die grundsätzliche Alternative zum erwerbszentrierten, berufsständisch gegliederten Versicherungsmodell ist das Modell der Staatsbürgerversorgung. Die beiden Organisationsmodelle des einheitlichen und des berufsständisch gegliederten sozialen Sicherungssystems sind, wie die vergleichende Wohlfahrtsstaatsforschung gezeigt hat, nicht nur bloße Verwaltungsalternativen. Die beiden Organisationsmodelle sind vielmehr mit jeweils unterschiedlichen Sozialstaatsphilosophien verknüpft.

Sie unterscheiden sich insbesondere bei der Frage nach der Zugangsberechtigung zum sozialen Sicherungssystem. Berufsständische Versicherungssysteme basieren auf der Solidarität einer nach Statusmerkmalen definierten Versichertengemeinschaft. Die Leistungen für die Mitglieder der Solidargemeinschaft werden in einer relativ staatsfernen und relativ autonomen Organisation von den Mitgliedern selbst verwaltet.

Modelle der Staatsbürgerversorgung, wie sie in den skandinavischen Ländern, aber auch in den angelsächsischen Ländern praktiziert werden, integrieren hingegen alle Bürger einer Nation unabhängig von ihrem Erwerbsstatus in das Sicherungssystem. Während berufsständisch gegliederte Versicherungssysteme vor allem auf den Erhalt eines erzielten Status ausgerichtet sind und damit zur Verfestigung von Statusunterschieden beitragen, sind die wohlfahrtsstaatlichen Leistungen in den Staatsbürgermodellen vom Prinzip her einheitlich egalitär strukturiert und stärker auf den Ausgleich bestehender Differenzen ausgerichtet (grundlegend zur den Merkmalen unterschiedlicher Wohlfahrtsstaatsregime vgl. Esping-Andersen 1990).

Deutschland zählt zu den Kernländern der konservativ-korporatistischen Wohlfahrtsstaatswelt. Die Bedeutung des berufsständischen Organisationsprinzips für die öffentliche Alterssicherung in Deutschland wurde bis zum Inkrafttreten des RVOrgG nicht nur an der Differenzierung zwischen einer Arbeiter- und einer Angestelltenversicherung, sondern auch in der Existenz weiterer Sonderkassen für spezifische Berufsgruppen und in der Nicht-Einbeziehung der Selbstständigen und Beamten in die GRV deutlich.

Das System der öffentlichen Altersvorsorge in Deutschland bestand (und besteht z.T. auch nach der Einführung eines einheitlichen Versichertenbegriffs) aus einer Vielzahl von Teilsystemen für unterschiedliche Personengruppen (Maydell 1990: 412).1 Auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung fand bzw. findet das berufsständische Gliederungsprinzip Anwendung. Die Organisationsstruktur der GRV blieb ungeachtet mehrerer politischer Regimewechsel nach der Errichtungsphase im ausgehenden 19. bzw. beginnenden 20. Jahrhundert weitgehend unverändert.

Was sich jedoch im Verlauf des 20. Jahrhunderts grundlegend verändert hat, sind die soziostrukturellen Rahmenbedingungen für die Durchführung der gesetzlichen Rentenversicherung. Technisierungs- und Rationalisierungsprozesse führten zu einem Wandel der typischen Arbeitsformen und -inhalte. Als Arbeiter galten typischerweise Personen, die abhängig beschäftigt waren und in erster Linie ihre Körperkraft zur Verfügung stellten. Für Angestellte wurde hingegen eine überwiegend geistige Tätigkeit als charakteristisch erachtet.

Erscheint lt. Verlag 11.5.2008
Zusatzinfo VIII, 220 S.
Verlagsort Wiesbaden
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte Gesetzliche Rente • Gesetzliche Rentenversicherung • Historischer Institutionalismus • Rente • Rentenversicherung • Sozialpolitik • Sozialversicherung • Verwaltungsreform
ISBN-10 3-531-90933-9 / 3531909339
ISBN-13 978-3-531-90933-2 / 9783531909332
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