Trolle und Elfen, heiße Quellen und Vulkane, die ganz Europa lahmlegen: Der halb deutsche, halb isländische Schriftsteller Kristof Magnusson zeigt uns das sagenhafte Island wie das alltägliche - das jüngste Land der Erde, das vom Erdbeben bis zur Finanzkrise keinen Unfug auslässt. Er kennt das Sterben der Fischerdörfer und die Landflucht, nimmt uns mit in Nationalparks und zu Sommerfestivals, bei denen die Isländer in Scharen zelten. Er verrät, wie das Nachtleben in Reykjavík und wie die isländische Schwimmbadkultur funktioniert. Warum hier jeder zwei Jobs hat und wie die Banken größer werden konnten als der Staat. Weshalb die Sagas für die isländische Kultur immer noch so wichtig sind. Und was es mit der "Kochtopfrevolution" auf sich hat.
Kristof Magnusson, 1976 als Sohn deutsch-isländischer Eltern geboren, studierte in Leipzig und Reykjavík und lebt als Autor und Übersetzer in Berlin. Seine Komödie »Männerhort« lief an über 100 Bühnen im In- und Ausland, unter anderem in Berlin mit Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka. Zuletzt sind von ihm erschienen: »Dänen lügen nicht« sowie der von Kritik und Publikum gefeierte SPIEGEL-Bestseller »Das war ich nicht«.
Inhalt
Das unmögliche Land
"How do you like Iceland?" - die Isländer und ihre Schwimmbäder
Vulkane
Der isländische Traum. Island und die Krisen
Natur
Die Sagas - Geschichten und Geschichte
"There is no life outside the city" - Reykjavík und der Alltag
"Der Autor beschreibt mit viel Humor die Eigenheiten dieses Inselstaates der Widersprüche.", Hannoversche Allgemeine Zeitung, 29.11.2013 20151120
Das unmögliche Land
Vor zwanzig Millionen Jahren sah die Welt bereits so aus, wie wir sie heute kennen. Die Kontinente hatten sich zurechtgeschüttelt, die Ozeane hatten ebenso ihren Platz eingenommen wie die Gebirge nur dort, wo heute Island ist, war nichts als Meer. Dann brachen einige Tausend Meter unter diesem Meer ein paar Vulkane aus und beruhigten sich erst wieder, als die Lava sich bis über die Wasseroberfläche aufgetürmt hatte. Gleich einer feuerspuckenden Operndiva betrat ein neues Land die Bühne der eigentlich schon fertigen Welt: Island.
Bis heute können die Geologen nicht mit Sicherheit sagen, wie es in diesem erdgeschichtlich späten Stadium zu einer derartig riesigen Eruption kommen konnte eigentlich ist Island ein Ding der Unmöglichkeit.
Nicht weniger verwundert es, dass auf dieser Insel seit fast 1200 Jahren Menschen leben. Den Anfang machten einige norwegische Siedler, die sich in offenen Booten auf den Atlantik wagten, zu dieser obskuren Insel segelten und dort Kälte, Dunkelheit und Vulkanausbrüchen trotzten, nur weil sie fern ihrer norwegischen Feudalherren in Freiheit leben wollten. Oder, unpathetischer gesagt, weil sie in Norwegen so viele obrigkeitstreue Bauern erschlagen hatten, dass König Harald Schönhaar ihnen nach dem Leben trachtete. Die daheimgebliebenen Norweger werden diesem Unterfangen jedenfalls keine großen Chancen eingeräumt haben. Diejenigen Siedler, die nicht gleich an Island vorbeisegelten und irgendwo untergingen, hatten nur einen kurzen Sommer Zeit, um Weiden für ihr Vieh zu finden, Häuser zu bauen und Vorräte anzulegen, dann galt es, einen langen Winter zu überleben. Es gab nicht einmal Bäume, die groß genug waren, um Planken zu zimmern und damit die Schiffe zu reparieren, die im Winter verwittert waren. Die Isländer waren im Frühling regelmäßig von der Außenwelt abgeschlossen und mussten darauf hoffen, dass die norwegischen Verwandten sie nicht vergessen hatten und sich mit den dringend benötigten Waren auf den Weg zu ihnen machten. Im Laufe der Jahrhunderte brachte jede Missernte, jede Pestepidemie oder Viehseuche die Bevölkerung an den Rand der Auslöschung vor zweihundert Jahren schien es endgültig so weit zu sein: Die Lakagígar-Spalte platzte auf 25 Kilometern Länge auf, über 130 Vulkane spuckten Lava, giftige Asche legte sich über das ganze Land. Mehr als die Hälfte des Viehs und ein Fünftel der isländischen Bevölkerung (die gerade erst eine Pockenepidemie überstanden hatte) starben, der Rest wurde so bitterarm, dass die dänischen Kolonialherren noch Jahre später überlegten, das Land komplett nach Westjütland zu evakuieren. Die von manchen Isländern vertretene Theorie, dieser Ausbruch habe Missernten in Europa und damit die Französische Revolution ausgelöst, sagt wiederum einiges über das Selbstbewusstsein der Isländer, doch davon später mehr.
Island ist also ein Land, das es eigentlich nicht geben dürfte, besiedelt von einem Volk, das längst hätte evakuiert werden sollen. Und ein Land der gelebten Unmöglichkeiten ist Island auch bis heute geblieben. Die Natur greift so unmittelbar in das Alltagsleben ein, wie wir Mitteleuropäer es nur selten erleben. Das fängt bei Sandstürmen an, die den kompletten Lack vom Auto schmirgeln, und hört bei Vulkanen auf, die unterhalb von Gletschern ausbrechen, Flutwellen katastrophenfilmischen Ausmaßes auslösen, Straßen und Brücken fortreißen und das Gesicht ganzer Landkreise innerhalb weniger Tage völlig verändern.
Auch das Gefühl, dass es zu wenig Leute gibt, um ein komplettes Gemeinwesen am Laufen zu halten, kennen die Isländer bis heute. Das Land muss mit nur 330 000 Menschen alle Funktionen einer arbeitsteiligen Gesellschaft besetzen, vom Geigenbauer über den Kindernephrologen bis zum Fluglotsen. Nebenbei muss es einen kompletten Nationalstaat am Laufen halten, Botschafter nach Japan und China, Beamte zur NATO und UNO schicken, eine Oper, ein Sinfonieorchester und ein Ballet
Erscheint lt. Verlag | 11.3.2011 |
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Reihe/Serie | Gebrauchsanweisung | Piper Taschenbuch |
Sprache | deutsch |
Maße | 118 x 195 mm |
Gewicht | 250 g |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte ► Europa |
Sozialwissenschaften | |
Schlagworte | Geysire • Gletscher • Insel • Island • Island; Führer • Natur • Reise • Reykjavík |
ISBN-10 | 3-492-27588-5 / 3492275885 |
ISBN-13 | 978-3-492-27588-0 / 9783492275880 |
Zustand | Neuware |
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