Nationalsozialistische Frauenansichten

Weiblichkeitskonzeptionen und Politikverständnis führender Frauen im Nationalsozialismus

(Autor)

Buch | Softcover
214 Seiten
2010 | 1. Aufl.
Mensch & Buch (Verlag)
978-3-86664-765-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nationalsozialistische Frauenansichten - Leonie Wagner
19,80 inkl. MwSt
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Die Theorien der Frauen, die sich aktiv für den Nationalsozialismus eingesetzt haben, sind lange Zeit von der feministischen Forschung nur in Ansätzen behandelt worden. In den 1990er Jahren ist dieser blinde Fleck von verschiedenen Seiten kritisiert worden und es wurde damit begonnen, die Beteiligung von Frauen am Nationalsozialismus auf verschiedenen Ebenen und unter verschiedenen Perspektiven zu untersuchen. Dabei wurde die Frage nach den Positionen von Frauen von einigen Autorinnen dahingehend vertieft, dass die Bedeutung und die Konstruktion von Weiblichkeit bzw. Geschlecht in politischen Entwürfen sowie das Interesse von Frauen an der Beibehaltung bzw. dem Wandel des in ihnen abgebildeten Geschlechterverhältnisses Untersuchungsgegenstand geworden sind. Eine anfängliche Tendenz, Frauen grundsätzlich und ohne Unterschied als Opfer patriarchaler Dominanzen zu betrachten, wurde dadurch unterlaufen. Gleichwohl sind die frühen Arbeiten über Frauen im Nationalsozialismus wichtige Grundlagen feministischer Wissenschaft, ohne deren Ergebnisse weder ausreichende Informationen noch Möglichkeiten zur Entwicklung neuer Analysekriterien vorhanden gewesen wären.

Die Kritik an der Frauenforschung über den Nationalsozialismus verlief parallel mit einem Perspektivwechsel in der feministischen Forschung insgesamt, durch den Fragestellungen nach den Motiven für eine Eingliederung in geschlechterhierarchische Kontexte, nach dem aktiven Anteil von Frauen an der Entwicklung und Etablierung gesellschaftlicher Ungleichheit und ihrer Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen in die Diskussion um die Konstruktion des Geschlechterverhältnisses eingebracht wurden. In GENDER AND THE POLITICS OF HISTORY schreibt Joan Scott: "The story is no longer about the things that have happened to women and men and how they have reacted to them; instead it is about how the subjective and collective meanings of women and men as categories of identity have been constructed."4 (Scott 1988, S.6) Begriffe werden auf die in ihnen enthaltenen Bedeutungen, die in ihnen abgebildeten Interessen und Vorstellungen befragt und auch danach, was sie durch Normierung ausschließen.5 Solche Ansätze können eine veränderte Perspektive hinsichtlich der Veränderungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Konstellationen eröffnen. Das bedeutet nicht, Frauen zu den Schuldigen an der eigenen Unterdrückung zu erklären, sondern durch Aufdeckung bewusster und unbewusster Motive neue Ansätze feministischer Theorien, Kritik und Politik zu gewinnen.

Unter dieser Perspektive wird im Folgenden eine Analyse der politischen Entwürfe nationalsozialistischer Führerinnen unter der Fragestellung nach deren Weiblichkeitskonzeptionen im Hinblick auf die Wechselbeziehungen zwischen Geschlechts- und Politikverständnis vorgenommen. Gegenstand meines Interesses sind nicht die Biographien führender Nationalsozialistinnen oder die Bedeutung von Politik in ihren Lebensläufen, sondern die von diesen Frauen entwickelten Vorstellungen hinsichtlich der sich in ihnen abbildenden Konstruktionen von Weiblichkeit und Politik. In ihren Schriften begründen die führenden Nationalsozialistinnen sowohl die Bedeutung der Frau für den Nationalsozialismus als auch umgekehrt, die Bedeutung des Nationalsozialismus für die Frau. Es geht mir deshalb um die Verortung von Weiblichkeit innerhalb der totalitären und rassistischen Politik des Nationalsozialismus, die Bedeutung von Weiblichkeit für die Entwicklung dieser Politik und umgekehrt die Bedeutung der Politik für die vorzufindenden Weiblichkeitsentwürfe. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, die Beteiligung von Frauen am Nationalsozialismus jenseits ökonomischer und juristischer Benachteiligung zu betrachten und die Voraussetzungen des Geschlechterverhältnisses und gleichzeitig die Angebote, die darin von und für Frauen gemacht wurden, aufzuzeigen.

TEIL I:

MANN UND FRAU SIND VON ANBEGINN DER WELT ZWEI VERSCHIEDENE WESEN

Die nationalsozialistische Volksgemeinschaft und die Ordnung der Geschlechter
1. Das deutsche Volk - Rassismus und Antisemitismus
2. Der Wert der Persönlichkeit - Geschlecht und Volksgemeinschaft
3. Der kategorische Imperativ - Dienst und Pflicht
4. Die totale Gemeinschaft - Politik im Kontext der Volksgemeinschaft
Exkurs: Geschichtsmythen - Die ewige Gemeinschaft

TEIL II:

DAS WESEN DER FRAU IST MÜTTERLICHKEIT

Die Aufgaben der deutschen Frau in der Volksgemeinschaft
1. Die deutsche Mutter - Mutterschaft, Mütterlichkeit und Mutterkult
1.1 Hüterin der Rasse - Mutterschaft und Bevölkerungspolitik
1.2 Mutter und Soldat - Die Vereinigung der Geschlechter
1.3 Das Kind adelt die Mutter - Mutterkult und Frauenpolitik
2. Hauswirtschaft-Volkswirtschaft - Der private Haushalt im Nationalsozialismus
3. Beruf oder Berufung? - Weibliche Erwerbstätigkeit
3.1 Weibliche Berufe - Ideologie der Frauenerwerbsarbeit und Arbeitsmarktpolitik bis 1939
3.2 Weibliches Denken - Frauenstudium und akademische Berufe
3.3 Die weibliche Schule der Nation - Reichsarbeitsdienst
4. Der ungeeigneteste Platz für eine Frau - Geschlecht und Politik
4.1 Männerbund und Frauenfrage - Der politische Raum des Nationalsozialismus
4.2 Gleichheit oder Gleichwertigkeit - Das Verhältnis zur alten Frauenbewegung
4.3 Arteigene Beteiligung - Die politischen Aufgaben der Frau
5. Es gibt nur noch eine einzige Frage. - Krieg und Geschlecht

TEIL III:

DIE MENSCHEN MACHEN IHRE EIGENE GESCHICHTE

Geschlecht, Mythos, Politik und Verantwortung
1. Weiblichkeit und Politik - Der Konflikt der Geschlechter
1.1 Die Lösung der Frauenfrage - Geschlechtseigene Bereiche
1.2 Garantin ewigen Lebens - Rückkehr zur Vollkommenheit
2. Der totalitäre Anspruch - Öffentlichkeit und Privatheit
3. Mythos Natur - Der Mythos vom Ursprung
4. Mythos und Politik - Verantwortung und Entscheidung

Anhang:

I. Die Frauenorganisationen im Umfeld der NSDAP
II. Die führenden Frauen des Nationalsozialismus

Kurzbiographien:

Elsbeth Zander
Guida Diehl
Lydia Gottschewski
Paula Siber
Gertrud Scholtz-Klink
Literaturverzeichnis
Abkürzungen

Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Einbandart gebunden
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Sozialwissenschaften Soziologie Mikrosoziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Frauen • Frauenansichten • Hardcover, Softcover / Soziologie/Politische Soziologie • Nationalsozialismus • Weiblichkeitskonzeptionen
ISBN-10 3-86664-765-4 / 3866647654
ISBN-13 978-3-86664-765-7 / 9783866647657
Zustand Neuware
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