Spiegel unserer Kindheit - Lothar Herbst

Spiegel unserer Kindheit (eBook)

Aufbruch, Wandel, Abenteuer: "Die 60er und 70er Jahre"

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
144 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-4600-9 (ISBN)
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Spiegel unserer Kindheit beleuchtet die 60er und 70er Jahre unserer Kindheit im Kohlenpott und was damals sonst noch so auf dieser Welt geschah.

Lothar Herbst erzählt, was auch er damals selber durchlebte und warum wir alle immer glauben: "Früher war alles besser".

Spiegel meiner Kindheit


  • Die ersten 5 Jahre,
    auf der Suche nach meiner Identität.

Duisburg: Der unverwechselbare Duft von Hopfen der Bierbrauerei "König Pilsener" haftet noch immer in meiner Erinnerung. Einer Brauerei, die neben meinem Elternhaus stand, in dem ich meine Kleinkindheit verbracht habe. Die Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg in den Mauern sind mir noch in Erinnerung geblieben, und erstaunlicherweise steht mein Geburtshaus in Duisburg-Beeck noch immer.

Ich erinnere mich noch deutlich an den älteren Lausbuben aus der Nachbarschaft, der immer für böse Überraschungen gut war. Eines Tages kamen städtische Gärtner, um unseren Rasen zu mähen. Zuvor hatten sie sich Bierflaschen von der "BUDE" besorgt und sie zur späteren Pause an die Hauswand gestellt. Zu dieser Zeit hatten die Flaschen noch einen wiederverschließbaren Schnappverschluss.

"Reiner Bullmann.", so hieß der Schlingel, hatte tatsächlich eine dieser Flaschen ausgetrunken und anschließend hinein gepinkelt, den Deckel wieder geschlossen, und damit war die Sache für ihn erledigt. Mein Gedächtnis reicht sehr weit zurück. Was ich damals als 5-Jähriger beobachten musste, erspare ich mir lieber, hier zu beschreiben.

Mein Geburtshaus an der Brauerei „König Pilsener“

Seine glorreichen Ideen sollten sich alsbald als Fiasko entpuppen. Mit einem Einfall, der mehr an kindlichen Übermut als an reifen Verstand erinnerte, beschloss er, die dicken Raupenlarven aus dem Garten auf die stark befahrene Hopfenstraße zu werfen. Was er nicht bedacht hatte, oder vielleicht gerade doch, war die schiere Masse der heranrollenden LKWs der Bierbrauerei.

In einem makabren Schauspiel wurden die Raupenlarven zu einem grünen Brei zerquetscht, der die Straße in einem unschönen Grün überzog. Der Anblick war nicht nur abstoßend, sondern hinterließ auch eine gefährliche Rutschbahn für die Autofahrer. Was als geniale Idee begann, endete in einem Desaster, das ich so schnell nicht vergessen werde.

Familienidylle:

An sonnigen Wochenenden packte die ganze Familie ihre Decken und Proviant ein und wanderte zur Vogelwiese in Duisburg Laar. Die frische Luft sollte uns allen guttun. Mein Bruder Walter und ich nutzten die Gelegenheit, um die Umgebung zu erkunden.

Besonders faszinierten uns die alten Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg. Mit Eifer stöberten wir in den Gemäuern herum und entdeckten unter Steinen immer wieder Feuersalamander und anderes Getier. Diese kleinen, orangefarbenen Amphibien hatten es uns angetan. Heimlich nahmen wir sie mit nach Hause, wo Walter sie im Keller hortete. Zum Leidwesen unserer Nachbarn, die eines Tages beim Kartoffelsuchen einige von ihnen entdeckten.

Und da war auch noch das geliebte Aquarium meines älteren Bruder Walter. Bestückt mit einigen Panzerwelse und anderen Fischen mussten sie hier und da mal in die Badewanne umziehen, weil das Becken mal wieder gereinigt werden musste. Als ich die dort schwimmen sah, dachte ich mir, „die müssten doch auch mal gewaschen werden!“ Und da stand unweit eine Persil-Schachtel herum und ich schüttete ein wenig in die Wanne, schließlich musste ich mir ja auch immer den Hals und die Ohren waschen. Walter fiel in Schockstarre, als er die mit dem Bauch nach oben schwimmenden Fischen sah. Sie waren allesamt tot, das Geschrei groß. Heute schmunzle ich über diese Erinnerungen. Die Abenteuerlust meiner Kindheit und die Faszination für die Natur prägten mich nachhaltig. An die Freude, mit meinem Bruder die Welt zu entdecken, erinnere ich mich noch immer gerne.

Umzug nach Dinslaken, 1962


Im zarten Alter von sechs Jahren, tauschte ich die Schulbank in Duisburg gegen ein neues Abenteuer in Dinslaken ein. Meine Eltern hatten den Entschluss gefasst, in die Neubausiedlung "Am Raymannsgrund" am malerischen Niederrhein umzusiedeln. Hier standen gerade einmal drei Neubauten umgeben von Wiesen und Äcker. Sie prägten das Landschaftsbild. Mein Vater blieb Bergmann, wechselte aber von der Zeche in Du-Hamborn zur Zeche Lohberg. Vier Jahre meiner Kindheit prägten mich in dieser Umgebung nachhaltig. An diese Zeit knüpfen sich meine schönsten und intensivsten Erinnerungen. Was ich hier erleben durfte, hat mich am meisten fürs Leben geformt. 1966 folgte dann der nächste Umzug in die Ziegelstraße, wo ich bis 1970 lebte.

Einschulung 1962


Mit klopfendem Herzen und einer Zuckertüte fest im Griff, marschierte ich den langen Weg an der Seite meiner Mutter vom Raymanngrund zur Fichtestraße in die Diesterweg Gemeinschaftsschule.

Dort erwartete mich eine neue Welt, voller Abenteuer und Herausforderungen: „die Schule.“ In Zweierreihe aufgestellt, wartete ich gespannt auf den Einmarsch in das unbekannte Gebäude. Händchenhalten war damals schon Pflicht, und der Zufall wollte es, dass ich neben einem Mädchen stand. Ein erstes mir unbekanntes Kribbeln machte sich in meinem Bauch bemerkbar.

Später dann im Klassenzimmer saß ich ebenfalls neben einer Gleichaltrigen. Neugierig beäugte ich meine neue Umgebung, die so anders war als alles, was ich bisher kannte. Unsere Lehrerin, Frau Tirpiz, eine strenge, aber herzliche ältere Frau, begrüßte uns mit einem Lächeln. Schon in diesen ersten Momenten beschlich mich ein beklemmendes Gefühl. Hier war ich fehl am Platz.

Die Schule, diese sterile Umgebung voller unbekannter Gesichter und strenger Regeln, stieß mich ab. Kein Vergleich zu meiner geliebten Fantasiewelt, in der ich mich frei entfalten konnte. Entsprechend lustlos und lernfaul gestaltete sich meine Schullaufbahn. Lernen und Prüfungen waren mir ein Graus, und meine Zeugnisse spiegelten diese Abneigung wider. Mit mäßigen Leistungen und ohne große Ambitionen schlitterte ich irgendwie von Jahr zu Jahr.

Heute undenkbar, Paparazzi auf dem Schulweg.

Früher war es gang und gäbe: Fotografen, die auf dem Schulweg auf Kinder lauerten, um sie unverhofft abzulichten und die Fotos dann den Eltern zu verkaufen.

Mit gezückter Kamera fingen sie die ahnungslosen Kinder im Vorbeiziehen ein – ein Lächeln, eine Grimasse, ein spontaner Moment – alles war Material für die Fotografen. Die Rechnung für die unerwünschten Fotos trugen dann die Eltern. Ob sie die Bilder tatsächlich kauften oder nicht, spielte oft keine Rolle. Die Rechnung war bereits gestellt. Mit der Frage "Wo wohnst du denn?" versuchten die Fotografen mitunter, die Adresse der Kinder herauszufinden, um ihnen die Fotos direkt nach Hause zu bringen. Aus heutiger Sicht erscheint diese Praxis fragwürdig. Die Privatsphäre der Kinder wurde missachtet und die Eltern unter Druck gesetzt, Fotos zu kaufen, die sie vielleicht nicht wollten.

Heute betrachte ich dieses Bild mit gemischten Gefühlen. Einerseits schmunzle ich über die Erinnerung an meine Schulzeit, andererseits spüre ich eine gewisse Wehmut. Die Unschuld und Leichtigkeit der Kindheit sind längst verloren gegangen.

Die Einschulung war ein wichtiger Meilenstein in meinem Leben. Hier begann mein Weg zu dem Menschen, der ich heute bin. Ein Weg, der voller Herausforderungen, aber auch voller Freude und Glück war.

Ein kurzer Abstecher in die Zukunft:

Doch was in der Schule versagte, blühte später im Berufsleben unerwartet auf. Wie ein Schmetterling, der aus seiner Puppe schlüpft, entfaltete ich meine Fähigkeiten und Talente. Mit Feuereifer und Ehrgeiz stürzte ich mich in die Arbeit, lernte schnell und effizient. Meine Kollegen und Vorgesetzten staunten über meine Auffassungsgabe und mein Engagement. Später nach der Lehre dann auf der Fachhochschule zum Elektromeister änderte sich alles.

„Klassenprimus Interparis“, so nannten sie mich jetzt scherzhaft, und ich trug diesen Titel mit Stolz. Ein Klassenprimus Interparis ist eine Bezeichnung für den besten Schüler einer Klasse, wobei der Begriff "Interparis" eine lateinische Wendung ist, die "unter Gleichen" bedeutet. Im weiteren Sinne kann es sich also um den besten Schüler einer Schule oder sogar eines Jahrgangs handeln. So hatte ich später meinen Platz gefunden, eine Welt, in der ich meine Stärken ausspielen und Anerkennung finden konnte. Die Schule war nur ein kurzes Kapitel in meinem Leben, eine Erinnerung an vergangene Unsicherheiten.

Zurück in die 60er Jahre:

In meiner heiteren und unbeschwerten Kindheit im Alter von 7 Jahren, musste ich zunächst eine Mutprobe bestehen, die unter den anderen Jungs üblich war. Man musste an einer Tür klingeln und dann schnell wegrennen. Das galt als eine Art Aufnahmeprüfung, um in die Siedlungsbande aufgenommen zu werden. Ich bestand diese Prüfung mit Bravour, zum Bedauern der Nachbarn, und stieg damit geschickt zum Anführer der Bande auf. Dank meiner Lederpille war ich ohnehin stets der Beliebteste in der Nachbarschaft und durfte meist als Erster den besten Spieler aus einer großen Anzahl von Kindern für mein Fußballteam auswählen. Das Eintrittsgeld für das einzige Freibad in Hiesfeld weit und breit betrug damals gerade einmal 20...

Erscheint lt. Verlag 28.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte 60er und 70er Jahre • Kindheit • Kohlenpott • Nachkriegszeit • Ruhrgebiet
ISBN-10 3-7597-4600-4 / 3759746004
ISBN-13 978-3-7597-4600-9 / 9783759746009
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