Allgäuer Heimatbücher 92. Bändchen

Zum Geleit Während in Deutschland die NSDAP regiert, verfasst Stefan Zweig 1936 in England mit „Castellio gegen Calvin oder ein Gewissen gegen die Gewalt“ einen Roman, der bereits im Titel die Opposition zwischen Diktatur und Humanität signalisiert, personifiziert mit Calvin, der in Genf ein religiöses, bedingungslosen Gehorsam forderndes Terror-Regime installiert, und Castellio, dem Vertreter eines menschenfreundlichen Protestantismus. Von humanistischer Warte aus opponiert Castellio gegen Calvin, und nur ein vorzeitiger, natürlicher Tod rettet ihn vor den raffinierten Verfolgungen des Genfer Extremisten und seines Regimes. Wie sich doch die kirchenpolitischen Verhältnisse des 16. Jahrhunderts mit denen der 30er- und 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts gleichen! Hier wie dort ein totalitäres Regime, das Oppositionelle verfolgt und unterdrückt, hier wie dort Geistliche, die sich um der Ausübung freier Seelsorge und Humanität willen nicht den willkürlichen Gewaltmaßnahmen der Obrigkeit beugen. Zweig schreibt seinen Roman unverkennbar auf der Folie des 20. Jahrhunderts. Deshalb erscheint die Zitation entsprechender Stellen für die vorliegende Schrift angebracht und passend. Konrad Heidens Beobachtungen der Person Hitlers aus allernächster Nähe stammen dagegen nicht aus der Retrospektive, sondern sind über 15 Jahre hinweg begleitend zum Aufstieg des Diktators entstanden und dokumentieren so, dass seine Zeitgenossen bei Interesse schon frühzeitig Deutschlands Weg in den Untergang hätten prophezeien können. Diejenigen, die sich interessierten, haben geschwiegen, sind exiliert oder haben opponiert - und gelitten. Zu letztgenannter Spezies gehören die beiden Dekane Hermann Kornacher und Anton Fischer. Heidens Bemerkung über das Wesen der Diktatur sei im Kontext des Widerstands gerechtfertigt. Diese Schrift - vermutlich ganz im Sinne der beiden Hauptprotagonisten - ist als ökumenisches Produkt der Duracher Pfarrgemeinde und der St. Manggemeinde Kempten zu verstehen. So bleibt auch nach dem 500. Reformationsjubiläum der Ökumenegedanke im Schwange. Namentlich danke ich Frau Karin Schaber von der St. Manggemeinde sowie dem Duracher Altbürgermeister Herbert Seger und den jeweils dahinterstehenden Gremien für ihre Unterstützung zum Gelingen dieser Schrift, die der Heimatbund Allgäu dankenswerterweise druckt und in seine Reihe „Grüne Bändchen“ aufnimmt. Möge der „Widerstand der Dekane“ stets an den Mut der beiden widerständigen Dekane erinnern und uns Nachgeborene mahnen, uns ein „Gewissen gegen die Gewalt“ zu machen und danach zu handeln. München, im Herbst 2019 Gerhard Hölzle