Bildungsdämmerung -  Kurt Gallé

Bildungsdämmerung (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
152 Seiten
Braumüller Verlag
978-3-99100-301-4 (ISBN)
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Wir leben in einer Gesellschaft, die ihren Bildungsauftrag dem Zeitgeist opfert und dabei sträflich vernachlässigt, was sie ihren Nachkommen und letztendlich sich selbst schuldig ist. Die Wegweiser dafür sind Ethik und Moral. Nur so schaffen wir die notwendigen Grundlagen für eine lebenswerte Gesellschaft, die wir eben zu verlieren drohen. Der diplomierte Pädagoge Kurt Gallé hält ein Plädoyer für eine wertevolle Bildung und nähert sich dabei dem strapazierten Begriff 'Bildung' an. Er zeigt fragwürdige Bildungsstandards auf, führt aus, was passiert, wenn Unbildung salonfähig wird, und legt damit das Buch zur aktuellen Wertediskussion vor.

Dipl. Päd. Prof. Mag. Kurt Gallé lehrte Medien und Kommunikation an verschiedenen Bildungsinstitutionen. Er war in der Aus- und Fortbildung für oberes und mittleres Management tätig und Hochschulprofessor für Human- und Erziehungswissenschaften. Er ist geprüfter Sachverständiger und Gutachter für Allgemeine Pädagogik und lebt heute als freier Autor in Graz.

Dipl. Päd. Prof. Mag. Kurt Gallé lehrte Medien und Kommunikation an verschiedenen Bildungsinstitutionen. Er war in der Aus- und Fortbildung für oberes und mittleres Management tätig und Hochschulprofessor für Human- und Erziehungswissenschaften. Er ist geprüfter Sachverständiger und Gutachter für Allgemeine Pädagogik und lebt heute als freier Autor in Graz.

Es bedarf der Res Publika


In Anlehnung an das afrikanische Sprichwort „Um ein Kind zu erziehen, bedarf es eines ganzen Dorfes“ gilt: Um unsere Nachkommen zu bilden, benötigt es den gesellschaftlichen Kontext, der für das in das Gemeinwesen hineinwachsende Einzelwesen meines Erachtens gegenwärtig nur zu marginal herangezogen wird.

Es bedarf der Res publika – es braucht also das öffentlich aktive Gemeinwesen.

Dazu ist vorerst einmal grundsätzlich festzuhalten, dass die Würde des Menschen nicht nur unantastbar, sondern auch die Basis abendländischer Sittlichkeit ist. All jene, die diesen Grundsatz leugnen oder verletzen, stellen sich außerhalb unserer Kultur. Darauf fußt auch Kants kategorischer Imperativ, der da lautet: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde15.“

Pädagogisches Ziel muss deshalb ein ganzheitlich angelegtes, der Öffentlichkeit verpflichtetes, interaktives Bildungsverständnis sein. Zur Stärkung von Individuum und Kollektiv, für ein selbstständiges und kooperatives Wirken in einem demokratisch normierten, den Menschenrechten verpflichteten Gemeinwesen.

Durch diesen bestimmenden Zusammenhang zwischen Individuum und Gesellschaft wird im Bildungskontext einmal mehr die verpflichtende Fürsorge der Gemeinschaft für die Person erkennbar. Und dabei geht es naturgemäß auch, jedoch nicht ausschließlich, um die institutionalisierte Verantwortung, also alles, was in staatlicher oder vereinsmäßiger Obhut geschieht, von der Kindertagesstätte über jegliche Art von Kinder- und Jugendbetreuung bis hin zu Schule und Universität.

Es geht aber vor allem auch um Zivilcourage beziehungsweise um die Beherztheit im täglichen Umfeld jener Personengruppen, die sich in ihren reifen Lebensentwürfen den Nachkommen verpflichtet sehen – oder, besser gesagt, verbunden wissen. Nicht von ungefähr ist in der Redefigur des Vorbildes das Bild zentral angelegt – ein nicht zu übersehender Hinweis hinsichtlich eines erweiterten Bildungsverständnisses.

Es liegt auf der Hand, dass in diesem Zusammenhang der Gesetzgeber die im Sog antiautoritärer Strömungen entstandenen, gesetzlichen Richtmaße der letzten Jahrzehnte genauso überdenken muss wie die Ausuferungen eines falsch verstandenen Freiraumverständnisses, wenn es zur Unfreiheit des Gegenübers mutiert.

Die dabei gern verwendete Devise „Erlaubt ist, was gefällt“ ist immer dann auszusetzen und zu prüfen, wenn es einem dadurch berührten Gegenüber unzumutbar ist oder ihm sogar Schaden zufügt.

Es müsste doch absolut nachvollziehbar sein, dass auch dort, wo Gefahr für das Gemeinwohl besteht, ein Ausschließungsgrund gegeben ist. Bei ansteckenden Krankheiten ist es absolut klar, dass bis zur Genesung eine Isolierung in Form einer begrenzten Quarantäne vonnöten ist, um epidemische, und damit zerstörende Prozesse zu verhindern.

Da genügt es eben nicht, wenn im offenen Fürsorgemodus versucht wird, in homöopathischen Dosen eine Verhaltensänderung einzuleiten. Die betroffenen Kinder und Jugendlichen haben in den meisten Fällen Verletzungen in Form schwerer seelischer Traumata zu bewältigen. Im Vergleichsfall würde wohl kaum jemand Kinder mit einer schweren körperlichen Verletzung zu Hause mit Tee behandeln.

Daher hat bei schwerwiegendem strafrechtsrelevantem Sozialverhalten eine Segregation im Rahmen einer isolierten Bildungsstätte stattzufinden. Wir müssen uns dabei von der Vorstellung jener Erziehungsanstalten trennen, die bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts etabliert waren und in Ausübung der schwarzen Pädagogik mehr Unheil denn Segen für die jungen Menschenkinder und letztendlich auch für die Gesellschaft waren.

Denn auch im Bereich der Bildung und Erziehung ist, genauso wie im akutmedizinischen Bereich, eine „Genesung“ nur dann möglich, wenn die Besten ihres Faches vor Ort eine optimale Betreuung in psychologischer, physiologischer wie auch fachorientierter und berufsbildender Art und Weise gewährleisten.

Ein erster Schritt wurde mit der Errichtung Heilpädagogischer Zentren getan, wobei diese eine massive Erweiterung hinsichtlich ihrer berufsorientierten und gesellschaftlich integrativen Ausrichtung erfahren müssten. Und zwar so, dass die jungen Menschen das dabei erworbene Bildungsniveau als notwendigen Beistand für ihr Dasein erfahren, es kritisch beurteilen und selbst fortzuführen lernen.

Es geht also grundsätzlich um eine methodisch angelegte Sozialisation junger Menschen, die diese mit den nötigen Befähigungen ausstattet, um im vorherrschenden Gesellschaftssystem gut bestehen zu können.

Der Unterschied zur momentan vorherrschenden Sozialbetreuung besteht meiner Meinung darin, dass der Ergebnisorientierung die gleiche Aufmerksamkeit und Intensität zuteilwerden muss wie den prozessorientierten Abläufen – hier vermisse ich die nötige Trennschärfe.

Das bisherige System führt sich ja selbst ad absurdum, wenn ein achtmal Vorbestrafter das neunte Mal vor Gericht steht.

Ich beschreibe abschließend, quasi als Beleg der vorangegangenen theoretischen Ausführungen, exemplarisch zwei Fallbeispiele: Beim Ersten handelt es sich um einen Vorfall im Jahre 2013, der auch in diversen Tageszeitungen seinen Niederschlag gefunden hat, da er in seiner Brisanz vor sechs Jahren einzigartig war – erschreckenderweise haben sich in den letzten Jahren solche und ähnliche Vorfälle vermehrt zugetragen. Damals stand da zu lesen, dass ein erst Dreizehnjähriger ein siebenjähriges Mädchen vergewaltigt hat. Man erfuhr im gleichen Atemzug, dass Opfer und Täter psychologisch betreut wurden, und wollte glauben, dass damit wieder alles seinen gewohnten Gang nahm.

Die daraus folgenden Gegebenheiten sind unverständlich und erschütternd, da der gleiche Täter ein Jahr später ein diesmal zehnjähriges Mädchen in einer öffentlichen Toilette vergewaltigte.16

Da er bei der ersten Tat nicht strafmündig gewesen war, hatte er nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Er war daher auf freiem Fuß geblieben, und damit wohl auch in seiner gewohnten Umgebung. Allerdings war ihm ein Erziehungshelfer zur Seite gestellt worden. Es steht mir natürlich hier nicht zu, die damit verbundenen Ausführungsbestimmungen zu beurteilen, aber man darf festhalten, dass die gesetzten Maßnahmen augenscheinlich nicht gefruchtet haben.

Eine zweite, ganz anders geartete Begebenheit wurde mir im Rahmen einer Seminarbesprechung von einem Kollegen zugetragen, der als Eigentümervertreter eines Wohnhauses agierte, als er um drei Uhr morgens durch enormen Lärm geweckt wurde. Als er aus dem Fenster sah, beobachtete er, wie einige Jugendliche mit Stöcken auf die im benachbarten Gastgarten eines Kaffeehauses befindliche Bestuhlung einschlugen.

Er alarmierte die Polizei, die kurz darauf eintraf. Am nächsten Tag kontaktierte er nochmals die Polizeibeamten, da er wissen wollte, was da los gewesen war. Die Antwort des Beamten war ernüchternd. Es hatte sich demnach um vier Jugendliche beziehungsweise Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren gehandelt. Davon ein Brüderpaar, bei dem die Eltern zu Hause überhaupt nicht anwesend waren, bei einem anderen hätte die Mutter in halbbetrunkenem Zustand die Wohnungstür geöffnet, wieder bei einem anderen der Vater, der seinen Sohn mit einem mit der flachen Hand ausgeführten Schlag auf den Hinterkopf ins Zimmer befördert und die Tür geschlossen hätte.

Das weitere Prozedere entzieht sich meiner Kenntnis, man kann aber annehmen, dass Fürsorge und Sozialarbeiter auch im besten Fall nur eine häusliche Betreuung vornahmen, da noch immer die Fehlmeinung vorherrscht, dass Kinder (auch bei solchen Missständen) im häuslichen Umfeld am besten aufgehoben seien.

Allerdings glaube ich: Wenn in einem Umfeld solche Handlungsmuster gedeihen können, ist das Umfeld umgehend zu wechseln und den Eltern die Erziehungsberechtigung vorläufig zu entziehen. So lange hier klare Entscheidungen zum Wohl der Betroffenen verabsäumt werden und einer gewissen Beliebigkeit überlassen sind, werden wir uns dem Vorwurf einer damit verbundenen Fahrlässigkeit nicht entziehen können. Wenn Grenzen und Konturen verschwimmen, ist die Dämmerung bereits fortgeschritten.

Bei all den genannten, die Bildung betreffenden Problemstellungen und Dynamiken ist der politische Wille in seiner grundsätzlichsten Form gefragt. Politisches Handeln ist demnach eindeutig definiert als ein „soziales Handeln, das auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen ausgerichtet ist, die allgemein verbindlich sind und das Zusammenleben von Menschen regeln.“17

Wenn Politik in diesem Sinne nicht wachsam ist und Bildung in ihrer human geprägten Wertevermittlung versagt, kommt es unweigerlich zur Bildungsdämmerung, und dann wird es um ein Volk finster...

Erscheint lt. Verlag 28.1.2020
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Schulbuch / Allgemeinbildende Schulen
Sozialwissenschaften Pädagogik
Schlagworte Bildung • Bildungssystem • Deutschland • Ethik • Medien • Moral • Österreich • Pisa • Presse • Schule • Verantwortung • Verfall • Wertediskussion
ISBN-10 3-99100-301-5 / 3991003015
ISBN-13 978-3-99100-301-4 / 9783991003014
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