Im Zeichen Buddhas (eBook)
268 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560699-5 (ISBN)
Edward Conze (1904-1979), Verfasser grundlegender Werke über Buddha und den Buddhismus, war Dozent an den Universitäten Oxford und London.
Edward Conze (1904–1979), Verfasser grundlegender Werke über Buddha und den Buddhismus, war Dozent an den Universitäten Oxford und London.
Einleitung
Der Versuch einer umfassenden Anthologie buddhistischer Texte ist bis heute noch nicht unternommen worden. Die Dokumente sind auf so viele Sprachen verteilt, daß kein einzelner anstreben kann, sie alle zu kennen. Aus den Schriften in Pali wurde bisher über ein Dutzend Textsammlungen veröffentlicht, und in einer von M. Winternitz ins Deutsche übersetzten Sammlung von Mahayanastellen sind alle Seiten des Mahayana recht gut vertreten. Aber in keiner europäischen Sprache gibt es etwas Ähnliches für die Tantras oder für China und Japan. Die überragende Mehrheit der auf Sanskrit, Tibetisch und in den Sprachen des Fernen Ostens erhaltenen Texte ist noch unübersetzt. Selbst in solchen Fällen, wo Übersetzungen von Mahayanatexten existieren, wurden diese meistens zu einer Zeit ausgeführt, als die besondere Ausdrucksweise dieser Texte noch unvollkommen verstanden wurde. Erst während der letzten Jahre ist es möglich geworden, genau zu übersetzen, und jetzt, in der Mitte des 20. Jahrhunderts, besitzen wir viele Hilfsmittel, die vor fünfzig Jahren noch nicht vorhanden waren.
Alle Texte dieser Anthologie wurden nach den Originalen neu übersetzt. Die von der Fischer Bücherei herausgegebene deutsche Ausgabe wurde um einige Abschnitte und wissenschaftliche Anmerkungen gekürzt. Die Numerierung einzelner Kapitel (126ff.) weicht daher von der englischen Originalausgabe ab. Leser, die sich eingehender mit den Grundlagen buddhistischen Gedankengutes vertraut machen möchten, seien in diesem Zusammenhang auf Edward Conzes Werk »Der Buddhismus« (Kohlhammer, 2. Auflage, Stuttgart 1956) hingewiesen.
Dem Problem der Einheitlichkeit in der Wiedergabe von Fachausdrücken wurde große Beachtung geschenkt. In vielen Fällen entschieden wir uns dafür, den Ausdruck überhaupt nicht zu übersetzen, da Wörter wie Buddha, Dharma, Nirwana und andere wahrscheinlich nach einiger Zeit in die deutsche Sprache eingehen werden. In anderen Fällen kann die hier verwendete deutsche Übersetzung nur als Notbehelf betrachtet werden. Es ist z.B. unmöglich, einen deutschen Ausdruck zu finden, der den ganzen Bedeutungsreichtum eines Wortes wie Moha enthält und ausdrücken kann. Solche Schwierigkeiten sind jeder Übersetzung eigen.
Die erste Abteilung befaßt sich mit der Überlieferung des Hinayana. Der Großteil der von Miss Horner gewählten Ausdrücke wurde dem Pali-Kanon entnommen. Einige Stellen aber stammen aus nachkanonischen Werken und aus alten Kommentaren. Die Darstellung des Hinayana ist daher auf eine einzige Schule beschränkt, die der Theravadins. Auszüge zur Veranschaulichung der Überlieferungen oder besonderen Lehren der anderen siebzehn Hinayana-Schulen mußten entfallen. Diese Entscheidung wurde nur aus praktischen Gründen getroffen, d.h. hauptsächlich, weil die Theravadin-Literatur dank der Ausgaben und Übersetzungen der Pali Text Society leicht zugänglich ist. Jedenfalls beziehen sich etwaige zwischen den verschiedenen Hinayanaquellen gefundene Unterschiede nur auf kleinere Einzelheiten der Lehre, die nicht in den Bereich dieser Anthologie fallen.
Die Frage, wie das Material in diesem Teile anzuordnen sei, verursachte einige Schwierigkeiten. Schließlich einigten wir uns darauf, daß es, wie grundlegend auch die Dreiheit von Sittlichkeit, Konzentration und Weisheit sein mag, zum Zwecke historischer Information doch leichter sei, das Material unter einer anderen buddhistischen Dreiheit zu gruppieren, nämlich der von Buddha, Dharma und Samgha. Die gewöhnliche Anordnung dieser Dreiheit wurde hier umgekehrt, so daß das Samgha zuerst kommt und der Buddha zuletzt. Wir hoffen, daß dadurch ein klareres Bild des Fortschrittes, den Gläubige und Sucher machen sollen, entsteht.
Als Mönche und Nonnen beginnend, in einem geregelten ›heimatlosen Leben‹, werden die Gläubigen von innen und außen durch die maßgebenden Regeln und Maßnahmen des Samgha (Mönchsorden oder Bruderschaft) so diszipliniert, daß sie immer weniger den Forderungen ihrer Sinneseindrücke nachgeben. Dadurch können sie eifriger danach streben, zugleich ein wachsendes Verständnis und Wissen vom Dharma zu erwerben und es leichter und erfolgreicher zu üben; so werden sie zu dem, was sie sein sollen, um schließlich das andere Ufer jenseits der Flüsse von Leben und Tod zu erreichen, wo sie am festen Lande stehen werden auf der Insel des Nirwana, sicher und geschützt in der Fülle der Weisheit. Nun sind sie Arahants, d.h. solche, die alles getan haben, was zu tun war, und sind ›vollendet‹.
Um Dharma darzustellen, wurde nur eine unter den zahlreichen Klassifikationen und Feststellungen im Pali-Kanon gewählt: die Fünf Fähigkeiten, die nicht nur Glauben, sondern auch Konzentration und Weisheit umfassen; und zweitens die wichtige Formel von der bedingten Entstehung oder abhängigen Verursachung, eine Lehre über den Mittelweg, der zur Ausrottung von Übel, Leiden, Ungenügen und Qual führt. »Genau das lehre ich jetzt wie einst: das Leiden und die Aufhebung des Leidens.« Einige Mittel und Wege, durch die man von den Fesseln und Banden des Nicht-Jenseits zu der Freiheit des Jenseits gelangt, die Wege der Arahants und der Buddhas, mit einer kleinen Auswahl von Gründen, die dazu veranlassen könnten, einen solchen Weg einzuschlagen, kann man in dem Kapitel ›Das Ziel der Weisheit‹ finden. Das eigentliche Ziel war, frei zu werden – frei von allen unangenehmen Bedingungen und geistigen Objekten, frei auch von den angenehmeren. Und frei zu sein im Höchsten: »So wie der große Ozean nur einen Geschmack hat, den des Salzes, so hat dieses Dharma, diese Zucht, nur einen Geschmack, den Geschmack der Freiheit.« Da dieser Geschmack der Freiheit die ganze Lehre durchdringt, wurden dafür keine einzelnen Auszüge als besondere Kategorie angeführt.
Die dritte Abteilung des ersten Teils behandelt den Buddha, der, obwohl als Mensch geboren, als Tathagata unzählbar ist, »auf keine Weise erzählbar«. Denn erlöst von der Welt und befreit von der Bezeichnung durch die fünf Skandhas (s. Glossar), kann er nicht mehr als der Mann Soundso noch als einer betrachtet werden, von dem man wahrhaftig und tatsächlich nach der Auflösung seines Körpers behaupten könnte, daß er ist, nicht ist, zugleich ist und nicht ist, und weder ist noch nicht ist. Denn weil er die Weisheit, wie sie vom Jenseitigen Ufer aus geschaut und erkannt wird, innehat, spricht und handelt er durch die Weisheit und nicht durch ein Wünschen oder Wollen; daher ist alles, was er tut, karmisch unwirksam. Deshalb ist er spurlos und unaufspürbar. »Sie nennen ihn, von dem Neigung und Abneigung und Unwissenheit abgelegt wurden: einen mit entfaltetem Selbst, Brahman-geworden, Tathagata, Buddha, der Furcht und Schrecken überholt und alles aufgegeben hat.«
Nun wenden wir uns dem zweiten Teil zu. Für das Mahayana besitzen wir schon eine ausgezeichnete, im 8. Jahrhundert von Santideva unter dem Titel ›Das Lehrbuch der Übung‹ (Sikschasamuccaya) gesammelte Anthologie. Eine wenig sorgfältige englische Übersetzung erschien im Jahre 1922. Die Sanskrit-Originale vieler Auszüge Santidevas sind jetzt unauffindbar, so daß seine Nachfolger seine Arbeit werden benutzen müssen. Unter den die Lehre betreffenden Texten sind die Prajnaparamita-Sutras besonders wichtig und daher in Dr. Conzes Auswahl stark vertreten. Die meisten davon sind noch nie zuvor übersetzt worden. Bei dem Mahayana verursacht nicht die Spärlichkeit, sondern die Fülle der Texte Schwierigkeiten. In einer Arbeit, die nicht einen Überblick über die Literaturarten und Quellen geben, sondern die Entwicklung grundlegender Ideen aufzeigen will, war es notwendig, sich auf einige wenige Texte zu beschränken.
Die Anordnung der Auszüge, die sich ziemlich genau an die Kapitel V–VII in Dr. Conzes Buch über den Buddhismus hält, ist einfach und erklärt sich von selbst. Die Übersetzung will ganz wörtlich sein; manchmal mußte dem Deutschen ein bißchen Gewalt angetan werden. Der buddhistische Stil hat viele Eigenheiten, und Dr. Conze ist der Meinung, daß manche davon in der Übersetzung wiedergegeben werden sollten, wenn auch andere Übersetzer anders darüber dachten. Es wurden nur lesbare Auszüge gewählt. Bei den Yogacarins konnte man sich jedoch nicht ganz an diese Richtschnur halten. Ihre umfangreiche Literatur ist so mit Scholastik durchsetzt, daß sie überall schwer zu lesen ist.
Im dritten Teil, der sich mit den Tantras befaßt, hat Dr. Snellgrove versucht, die Hauptthemen der Vertreter der Tantras aufzuzeigen: ihre Ablehnung aller anderen Gebräuche, ihre Überzeugung, daß die Wahrheit nur eine Sache der inneren Bewußtwerdung sei und daß diese nicht durch die Flucht aus einer Welt, zu der der Mensch wesentlich gehört, gefunden werden könne, sondern nur dadurch, daß man sie in ihrem wahren Eigensein begreift und fortfährt, in ihr zu leben. Das ist es, was man unter der Einheit von Samsara und Nirwana versteht, die für die Tantriker die höchste Vollkommenheit darstellte. Philosophisch wird diese Einheit ausgedrückt als die Einheit von Weisheit, die vollkommene Stille ist, und von Mitleid, das altruistische Tätigkeit ist und auch »Mittel« genannt wird. Kosmologisch drückt sich diese Einheit als die ständige Ausdehnung und Einziehung des phänomenalen Seins aus, die ein in Indien allgemeingültiger Begriff war. Die Endstufe von Seligkeit und vollkommener Selbst-Bewußtwerdung ist also der Zustand von ›Zwei-in-Einem‹. Die »Mittel« zur Verwirklichung dieses Zustandes enthielten ein Ritual, welches selbst ein Symbol für die zweifache...
Erscheint lt. Verlag | 15.1.2016 |
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Übersetzer | Marianne Winder |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Schulbuch / Wörterbuch ► Lexikon / Chroniken |
Technik | |
Schlagworte | Anthologie • Bodhisattva • Buddha • Buddhismus • China • Devadatta • Dhamma • Dharma • Edward Conze • Erleuchtung • Indien • Japan • Mahayana • Mila Repa • Mönch • Religion • Sachbuch • Samsara • Tantra • Tathagata |
ISBN-10 | 3-10-560699-8 / 3105606998 |
ISBN-13 | 978-3-10-560699-5 / 9783105606995 |
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