Molekulare Evolution (eBook)

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2015 | 1. Auflage
132 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560687-2 (ISBN)

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Molekulare Evolution -  Arndt von Haeseler,  Dorit Liebers
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Arndt von Haeseler ist Professor für Bioinformatik. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Evolutionsbiologie und Mathematik in der Biologie.

Arndt von Haeseler ist Professor für Bioinformatik. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Evolutionsbiologie und Mathematik in der Biologie. Dorit Liebers ist promovierte Biologin.

Grundriss


1 Einige Grundlagen der Vererbung


DNA – ein Bote aus der Vergangenheit


Die Menschheit ist nicht nur daran interessiert, ihre Zukunft zu deuten, sondern auch ihre Herkunft zu rekonstruieren. Zentrale Fragen sind: Wo kommen wir her? Wie ordnen wir uns in die belebte Welt ein? Und wie können wir alle Lebewesen in einem einheitlichen Schema gruppieren, das uns hilft die Vielfalt des Lebens auf der Erde und ihre Genese zu verstehen?

Carl von Linné (17071778) »sortierte« die Natur und gab den meisten Tieren und Pflanzen mittels der binären Nomenklatur eine systematische Zuordnung. Die Dynamik in der Entstehung der Vielfalt blieb jedoch verborgen. Erst ein Jahrhundert später, auf einem Treffen der Londoner Linnean Society am 1. Juli 1858, haben Charles Darwin (1809 – 1882) und Alfred Russel Wallace (1823 – 1913) ihre Ideen zur Entstehung der Arten vorgetragen. Im Jahr darauf publizierte Darwin sein bahnbrechendes Buch On the Origin of Species. Darwins Theorie basierte entscheidend auf der Weitergabe von vererbbaren Merkmalen. Die zugrunde liegenden Mechanismen waren zu dieser Zeit jedoch noch unklar. Erst 1944 gelang dem amerikanischen Team um Oswald Theodore Avery (1877 – 1955) der eindeutige Nachweis, dass die Desoxyribonukleinsäure (desoxyribonucleic acid, abgekürzt DNA) die erblichen Eigenschaften von den Eltern auf die Nachkommen überträgt.

Vererbung beruht also auf einer stofflichen Weitergabe in Form einer Umsetzung von Molekülen. Die DNA besteht aus vier Grundbausteinen, nämlich den Basen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Die Molekular-Genetik beschreibt, wie aus der sequentiellen Abfolge dieser vier Grundbausteine der gesamte Bauplan für einen vollständigen Organismus entsteht und wie die Weitergabe der genetischen Information erfolgt. Da die DNA in fast allen Lebewesen als Träger der Erbinformation fungiert, sind die gefundenen Prinzipien für die Umsetzung der genetischen Information in den Phänotypen nahezu allgemeingültig.

Rasch wurde klar, dass die DNA nicht nur für die Weitergabe der Eigenschaften von Eltern auf ihre Kinder verantwortlich ist. Sie ist auch ein »Dokument der Evolutionsgeschichte«, so Emile Zuckerkandl und Linus Pauling. Die DNA, die in heute lebenden Organismen zu finden ist, gab in grauer Vorzeit ein Vorfahr an den Nächsten weiter. Im Laufe dieser Weitergabe wurde die DNA modifiziert. Nicht mehr benötigte Segmentabschnitte gingen verloren, neue Sequenzabschnitte wurden erworben und wieder andere Abschnitte erfuhren kleine Veränderungen, da der Prozess der Informationsweitergabe nicht fehlerfrei ist. Welche Modifizierungen auch immer eine DNA erfahren hat, die heutigen Organismen zeigen Spuren dieser Änderungen in ihrem Genom. Die Forschung zur molekularen Evolution versucht diesen Prozess zu rekonstruieren und die Mechanismen herauszuarbeiten, die zu der heutigen Vielfalt der Organismen geführt haben.

Besonders in den letzten Jahrzehnten wurden völlig neue Forschungstechniken entwickelt. Beispiele sind die Klonierung von DNA-Segmenten, die Sequenzierung der DNA und die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) (Molekulare Techniken). Mit der rasanten Entwicklung dieser molekularbiologischen Techniken gelang es, ein detailliertes und immer umfassenderes Bild von den der Evolution zugrunde liegenden Mechanismen zu entwickeln.

Insbesondere bei der Frage nach einem biologischen System der Organismen erweist sich die Analyse von DNA- und Aminosäuresequenzen als eine wertvolle Methode, um sowohl die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen nah verwandten Arten zu studieren, als auch einen Baum zu rekonstruieren, der die Evolutionsgeschichte aller Organismen der Erde darstellt.

Die DNA und ihr Code


Die genetische Zusammensetzung eines Organismus wird im Wesentlichen durch die Nukleinsäuren bestimmt. Sie enthalten den Bauplan, der die verschiedenen Bauphasen im Organismus steuert und der als Kopie an die nächste Generation weitergegeben wird. Es gibt in den Zellen zwei Arten von Nukleinsäuren, die Desoxyribonukleinsäure (DNA) und die Ribonukleinsäure (RNA). Nukleinsäuren sind Makromoleküle. Ihre Grundbausteine sind Nukleotide, die kettenförmig miteinander verbunden sind. Jedes Nukleotid ist aus drei Molekülen aufgebaut: einer stickstoffhaltigen, heterozyklischen Base (N), einem Zucker (Z) und einer Phosphorsäure (P) (Abbildung 1a).

Als Zuckerbaustein dient bei der DNA die Desoxyribose, bei der RNA ist es die Ribose. Als Basenanteile treten die Pyrimidinderivate Thymin (T) und Cytosin (C) (einfache Ringstruktur) und die Purinderivate Adenin (A) und Guanin (G) (doppelte Ringstruktur) auf (Abbildung 1b). In der RNA kommt statt Thymin die Base Uracil (U) vor, die chemisch nah verwandt ist mit Thymin.

Ein vollständiges DNA-Molekül besteht aus zwei gegenläufigen Polynukleotid-Strängen (Abbildung 1c). Diese sind über Wasserstoffbrücken-Bindungen zu einem Doppelstrang so verknüpft, dass sich immer Thymin beziehungsweise Cytosin des einen Strangs mit Adenin beziehungsweise Guanin vom anderen Strang paaren (Watson-Crick-Basenpaarung). Dabei werden zwischen Adenin und Thymin zwei Wasserstoffbrücken-Bindungen (A=T) ausgebildet, zwischen Guanin und Cytosin sind es drei (G==C). Zusätzlich sind diese zwei Polynukleotid-Stränge noch spiralförmig umeinander gewunden, und es entsteht die charakteristische Gestalt der DNA-Doppelhelix.

Abb. 1: Schematischer Aufbau der DNA

In einer Nukleinsäure sind mehrere tausend Nukleotide zu einem langen, unverzweigten Strang angeordnet. Die genetischen Informationen werden in der unterschiedlichen Abfolge der vier Basen entlang der jeweiligen Sequenz kodiert.

Die genetische Information einer DNA-Sequenz wird in der Protein-Biosynthese an die Eiweißmoleküle (Proteine) weitergegeben, die wiederum die spezifischen Merkmale eines Organismus prägen. Die Bausteine der Proteine sind zwanzig verschiedene Aminosäuren; am Aufbau der Nukleinsäuren hingegen sind nur die vier Basen beteiligt. Zur Kodierung der zwanzig Aminosäuren sind daher spezifische »Codewörter« notwendig. Sie geben an, aus welchen Nukleotiden die Aminosäuren bestehen. Eine einfache Überlegung zeigt, dass mindestens drei Nukleotide (zum Beispiel ACG) notwendig sind, um alle Aminosäuren zu kodieren. Aus vier Nukleotiden können nur 16 Kombinationen von Zweiergruppen (zum Beispiel GC), wohl aber 64 Kombinationen von Dreiergruppen (wie CGA) gebildet werden. Jeweils drei Nukleotide lassen sich also zu einem Wort aus drei Buchstaben oder in der Sprache der Molekularbiologie zu einem Codon oder Triplett zusammenfassen. So stehen genügend Wörter zur Verfügung, um jede Aminosäure durch die Abfolge von drei Nukleotiden zu verschlüsseln. Die Übersetzung der Tripletts der DNA in Aminosäuren der mRNA zeigt Abbildung 2.

Die meisten Aminosäuren werden durch mehrere Tripletts kodiert. So dienen als Codon für die Aminosäure Serin (Ser) die sechs Wörter AGC, AGU, UCU, UCC, UCA oder UCG. Man spricht daher von der Redundanz des genetisches Codes. Eindeutig kann nämlich nur von der DNA- beziehungsweise RNA-Sequenz auf die Aminosäure geschlossen werden, nicht jedoch umgekehrt von der Aminosäure auf die Nukleotid-Sequenz. Lediglich für Tryptophan (Trp) und Methionin (Met) gibt es allein ein einziges Schlüsselwort, nämlich UGG respektive AUG. Das AUG-Triplett hat weiterhin die Funktion eines so genannten Startcodons, das den Beginn der kodierenden Sequenz anzeigt. Jedes neu synthetisierte Protein beginnt also mit Methionin. Zu den so genannten Stoppcodons UGA, UAA, und UAG gehören keine Aminosäuren. Diese Tripletts beenden die Protein-Biosynthese.

Gene und Genom


Der DNA-Strang enthält viele tausend Nukleotide. Aber nur einige Abschnitte der DNA tragen die Informationen für den Bauplan eines Organismus in sich. Diese Abschnitte heißen Gene. Sie enthalten die Informationen zur Herstellung von spezifischen Proteinen und sind daher im Wesentlichen für die Gestalt eines Lebewesens verantwortlich. Für die Herstellung der Proteine müssen die Gene ihre Kodierung weitergeben, sie bilden die kodierende DNA.

Darüber hinaus gibt es in dem DNA-Strang zwischen den kodierenden Bereichen weitere, häufig sehr lange Abschnitte, die keine Informationen zur Herstellung von Proteinen tragen. Damit differenziert sich der DNA-Strang in verschiedene Domänen: Gene, die ihre Kodierung weitergeben, bilden die funktionellen Bereiche der DNA. Die anderen Abschnitte, die keine Kodierung tragen und daher auch keine Kodierung weitergeben, bilden die nicht-kodierende DNA. Letztere machen bei den Lebewesen, die einen echten Zellkern haben (Eukaryoten), den Großteil des Genoms aus (siehe Abbildung 3).

Seit langem bekannt...

Erscheint lt. Verlag 16.11.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte alignement • Allel • Baumschule • Biologie • Drift • Evolution • Fischer Kompakt • fossile • Genealogie • Maximum-Parsimonie • Organismus • Phylogenie • Polymorphismen • Population • Populationsgröße • Sachbuch • Schimpanse • Sequenz • Sequenzevolution • Stammart • Stammbaum • Substitution • Sunderland • Taxon • Variabilität
ISBN-10 3-10-560687-4 / 3105606874
ISBN-13 978-3-10-560687-2 / 9783105606872
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