Rebellion und Wahn - Peter Schneider

Rebellion und Wahn

Mein '68

(Autor)

Buch | Hardcover
368 Seiten
2008
Kiepenheuer & Witsch (Verlag)
978-3-462-03976-4 (ISBN)
19,95 inkl. MwSt
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Die Zeit des Aufbruchs von 68 nah und zum Erschrecken fremdPeter Schneider war einer der Akteure von 68, mit Rudi Dutschke, Gaston Salvatore, Ulrike Meinhof. Als einer von ganz wenigen unter ihnen hat er damals Tagebuch geführt ein Schatz, den er erst jetzt hebt.
Die Jahre 1967/68 waren eine Zeit des Aufbruchs, die Peter Schneider und viele seiner Generation als eine zweite Geburt erlebten. Schneider blättert in seinen Tagebuch-Aufzeichnungen und setzt sich mit den Hoffnungen, Utopien und Verstiegenheiten dieser Zeit auseinander. Es ist kein nostalgischer Rückblick, der da entsteht eher ein Streitgespräch des 68-Jährigen mit dem 68er über den Frühling vor dem deutschen Herbst. Dabei wird Ernst gemacht mit dem Anspruch, alles Politische sei privat und umgekehrt. In Schneiders Darstellung verschränkt sich der weltweite Aufbruch von 67/68, der der Generation der Väter den Gehorsam verweigerte und eine neue Gesellschaft nach neuen Regeln erschaffen wollte, und eine Amour fou, die den Tagebuchschreiber womöglich mehr umwühlte als seine revolutionären Überzeugungen; der Widerstreit zwischen Künstlerehrgeiz und politischem Aktivismus; das Nebeneinander von Welterlösungsideen und tiefer persönlicher Verzweiflung; der Absturz einer historisch notwendigen Erneuerungsbewegung in persönliche ideologische Erstarrung.
Bei ihrem Infight begegnen sich der alte und der junge Autor durchaus auf gleicher Augenhöhe. Zwar hat der ältere das biologische Privileg, dass er das letzte Wort behält. Dem jüngeren bleibt die Waffe, dass seine radikalen und zuweilen blutrünstigen Ausbrüche gegen die "herrschende Klasse" authentisch sind und sich durch besänftigende Erinnerungsarbeit nicht aus der Welt schaffen lassen. In einem Punkt ist sich der 68-Jährige mit dem 68er einig: Nicht diejenigen, die den Aufbruch wagten, haben sich zu rechtfertigen. Sondern die anderen, die nach dem Zivilisationsbruch des Dritten Reichs glaubten, in den Schuhen und Anzügen ihrer Väter ihrer Karriere nachgehen zu können, als wäre nichts geschehen.

Peter Schneider, geboren 1940 in Lübeck, wuchs in Freiburg auf, wo er sein Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie aufnahm. Im Bundestagswahlkampf von 1965 schrieb er Reden für SPD-Politiker. 1967/68 avancierte Schneider zu einem der Wortführer der 68er-Bewegung. Er beendete seine Ausbildung 1972 in Berlin. 1973 wurde ihm als Referendar das Berufsverbot erteilt. Er schrieb Erzählungen, Romane, Drehbücher und Reportagen sowie Essays und Reden. Zu seinen wichtigsten Werken zählen »Lenz« (1973), »Schon bist du ein Verfassungsfeind« (1975), »Der Mauerspringer«, (1982), »Vati« (1987), »Paar ungen« (1992), »Eduards Heimkehr« (1999), »Und wenn wir nur eine Stunde gewinnen« (2001) und »Skylla« (2005). Seit 1985 unterrichtet Peter Schneider als Gastdozent an amerikanischen Universitäten, unter anderem in Stanford, Princeton und Harvard. Seit 1996 lehrt er als Writer in Residence an der Georgetown University in Washington D.C. Er lebt in Berlin. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen bisher seine Titel »Lenz«, KiWi 1032, 2008, »Rebellion und Wahn«, 2008, KiWi 1177, 2010.

"Zwei berittene Polizisten stürmen auf Pferden in die vordere Reihe der Demonstranten und hauen mit langen Stöcken auf sie los. Die Demonstranten stieben und stürzen auseinander, Angst- und Protestgeschrei. Einer, ein untersetzter Kerl mit rabenschwarzen Haaren, löst sich aus der Gruppe der Flüchtenden, geht den beiden Reitern unerschrocken entgegen, weicht ihren Schlägen wie ein Boxer mit gelassenen Schwingungen seines Körpers aus und krallt sich nach einem kühnen Sprung am Schweif eines Polizeipferdes fest. Der Reiter gibt dem Pferd die Sporen, aber der Angreifer lässt sich nicht abschütteln. Halb mitrennend, halb sich schleifen lassend hält er sich an dem Schweif fest und lässt erst ab, als das Pferd steigt und den Reiter abwirft. Danach geht er lässig zur Seite, als wäre nichts geschehen. Erst im Weggehen, kurz bevor er von Demonstranten schützend umringt wird, erkenne ich in dem tollkühnen Kerl Rudi Dutschke. Der große Redner und Stratege - gleichzeitig ein Draufgänger mit Stuntman-Qualitäten?"

Erscheint lt. Verlag 26.2.2008
Sprache deutsch
Maße 135 x 215 mm
Gewicht 526 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Schlagworte 68er-Bewegung (Bundesrepublik Deutschland) • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Geschichte/Zeitgeschichte (1945 bis 1989) • HC/Deutsche Sprachwissenschaft, Deutschsprachige Literaturwissenschaft • HC/Sachbücher/Geschichte/Zeitgeschichte (1945 bis 1989) • Studentenbewegung
ISBN-10 3-462-03976-8 / 3462039768
ISBN-13 978-3-462-03976-4 / 9783462039764
Zustand Neuware
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