Die Kelten - Wolfgang Meid

Die Kelten

(Autor)

Buch | Softcover
211 Seiten
2007
Reclam, Philipp (Verlag)
978-3-15-017053-3 (ISBN)
5,00 inkl. MwSt
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Asterix und Obelix mitsamt zaubertrankproduzierendem Druiden gehören zur neokeltischen Folklore. Wer die Kelten eigentlich waren, was ihre Kultur ausmachte und was davon in welcher Form in Europa erhalten geblieben ist, das stellt der Keltologe Wolfgang Meid übersichtlich und sachkundig dar.

Wolfgang Meid, Jahrgang 1929, ist (em. o.) Professor für Vergleichende Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck. Er ist Herausgeber der Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft und der Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft sowie Mitherausgeber der interdisziplinär angelegten Reihe Archaeolingua.

Gallien und Rom (...) Caesar, der schon in frühen Jahren durch unverhohlenes Streben nach Macht aufgefallen war und den konservativen Elementen als potentielle Gefahr galt, setzte, begünstigt durch den Kriegshelden Pompeius und den reichen Crassus, mit denen er ein Dreierbündnis einging, mit rüden demagogischen Mitteln und Stimmenkauf seine Wahl zum Konsul für das Jahr '59 durch, in dem er durch Einschüchterung seines Mitregenten Balbulus quasi allein regierte, und ließ sich die beiden Gallien als Provinz auf fünf Jahre zusprechen, mit dem damit verbundenen Kommando über vier stehende Legionen, deren Zahl er in der Folge auf zehn vermehrte. Es war ihm und seinen Verbündeten ziemlich klar, daß er nach seiner Statthalterschaft nicht als Privatmann nach Rom zurückkehren würde, wo er damit rechnen mußte, wegen früherer Vorfälle wie auch wegen Überschreitung seiner Befugnisse sich verantworten zu müssen, sondern nur mit einem auf ein ergebenes, reich belohntes Heer gestützten Herrschaftsanspruch. Insofern war die von ihm in den Jahren 58-51 durchgezogene Eroberung und Unterwerfung des bis dahin freien Galliens kein zufälliges, aus notwendigen Umständen resultierendes Ereignis, sondern entsprach durchaus seiner Absicht, wobei er die ersten sich ihm bietenden Anlässe - die Absicht der auswanderungswilligen Helvetier, den Weg durch die Provinz zu nehmen, und das Hilfeersuchen der mit Rom befreundeten Haeduer gegen das Eindringen der Sueben unter Ariovist - sich zunutze machte, um außerhalb des Territoriums der Provinz agieren zu können. Die Helvetier, die letzten Endes doch nicht den Weg durch die Provinz, sondern durch das benachbarte Sequanerland wählten, wurden von Caesar eingeholt, mit großen Verlusten geschlagen und die Überbliebenen zur Rückkehr genötigt, die Sueben ebenfalls über den Rhein zurückgetrieben. In der Folge ergab eines das andere, und bald war Caesar, die Stammesrivalitäten ausnutzend, kriegerisch in ganz Gallien involviert. All dies geschah vorgeblich zum Schutz der Provinz und römischer Interessen, war aber durchaus nicht unbedingt im Sinne des römischen Senats, der in mancher Hinsicht seine Befugnisse überschritten sah. Die Berichte an den Senat, die commentarii, später zusammengefaßt in seiner berühmten Schrift über den gallischen Krieg, de bello Gallico, versuchen, seine Übergriffe, die vielfach Kriegs- und Völkerrechtsverletzungen waren, zu rechtfertigen, und sind trotz stilistisch glänzender Schilderung der Ereignisse zugleich ein Muster an Desinformation. Das Vorgehen Caesars gegen die Helvetier, seine Einmischung in interngallische Verhältnisse lösten begreiflicherweise Empörung im übrigen Gallien aus, welche sich Caesar wiederum zunutze machte, um eventuellen Aufständen und Gegenangriffen zuvorzukommen. Im nächsten Jahr (57) wandte sich Caesar gegen die belgischen Stämme, die insgesamt 300 000 Krieger aufgeboten hatten, unterwarf sie und vernichtete nahezu völlig die sich ihrer germanischen Abkunft rühmenden Nervii. Darauf folgte (56) die Niederwerfung aufständischer Stämme an den Küsten der Aremorica und in Aquitanien. Gegen die Veneti, die Geiseln gestellt hatten, sie danach aber gegen gefangengenommene römische Offiziere austauschen wollten, richtete sich eine Strafaktion, die in einer Seeschlacht endete, in der die römische Flotte trotz nautischer Überlegenheit der seetüchtigen Veneter durch taktisches Geschick den Sieg davontrug. Caesar ließ den gesamten Senat der Veneter hinrichten und den Stamm in die Sklaverei verkaufen. Im folgenden Jahr (55, in dem Caesars Statthalterschaft um weitere fünf Jahre verlängert wurde) demonstrierte Caesar den rechtsrheinischen Germanen die Präsenz der römischen Waffen durch einen spektakulären Rheinübergang und in gleicher Weise den Britanniern durch eine Uberfahrt und Landung an der Küste, die allerdings fast unglücklich verlaufen wäre. Obwohl die römischen Legionäre letztlich über die mit Streitwagen kämpfenden Britannier die Oberhand behielten, mußten sie sich zurückziehen. Die Expedition wurde aber im folgenden Jahr (54) nach gründlicher Vorbereitung mit fünf Legionen und 2000 Reitern auf 600 Lastschiffen und 28 Kriegsschiffen wiederholt - einer Streitmacht, die zur Eroberung der Insel getaugt hätte, die aber an dem organisierten Widerstand der Britannier scheiterte. Nachdem Caesar den römischen Herrschaftsanspruch durch Festsetzung eines Tributes demonstriert hatte, kehrte er zurück. Der Tribut wurde nie entrichtet, und es vergingen fast 100 Jahre, bis römische Legionen erneut Fuß auf britannischen Boden setzten. Aus Furcht, daß während seiner Abwesenheit Aufstände angezettelt werden könnten, hatte Caesar den gallischen Stammesfürsten befohlen, ihn auf dieser Expedition zu begleiten. Der Haeduerfürst Dumnorix, der sich weigerte und entfloh, wurde auf Caesars Befehl von der Reiterei aufgebracht und, da er sich widersetzte, niedergemacht. Inzwischen begannen sich in Gallien die Verhältnisse zu Ungunsten der Römer zu verändern, die, auch unter Versorgungsschwierigkeiten leidend, zunehmend in Bedrängnis gerieten. An dem Stamm der Eburonen, die eine ganze Legion in den Hinterhalt gelockt und vernichtet hatten, nahm Caesar Rache und vernichtete ihn vollständig; ihr einer König, Ambiorix, konnte fliehen, sein Mitregent Catuvolcus tötete sich selbst durch Eibengift - eine symbolische Handlung, da der Name Eburones auf dem der Eibe basiert, dieser Baum also das "Totem" des Stammes war. Im Jahre 52 war es endlich soweit, daß sich eine allgemeine Empörung der sonst unter sich uneinigen Gallier anbahnte, die im Land der Carnuten (dem Zentrum des Druidenordens) ihren Anfang nahm, an deren Spitze sich dann der junge Arverner Vercingetorix setzte - Sohn des Celtillus, der einst die Königsherrschaft über ganz Gallien erstrebt hatte. An einem bestimmten Tag ermordeten die Carnuten alle römischen Bürger in Cenabum (Orléans). Vercingetorix betrieb nun im eigenen Land eine Taktik der verbrannten Erde, um die Römer von den Verpflegungsmöglichkeiten abzuschneiden, andererseits das eigene Volk auf den Kampf bis zum Äußersten einzuschwören. Lediglich Avaricum, die schönste Stadt (Bourges), blieb ausgenommen, das dann von Caesar lange und mühevoll belagert, schließlich überfallartig eingenommen wurde. Von den 40 000 Einwohnern wurden fast alle getötet. Die arvernische Hauptstadt Gergovia konnte Caesar nicht einnehmen. Vercingetorix, der seine Sache schon gewonnen glaubte und annahm, Caesar müsse sich nun zurückziehen, beging den taktischen Fehler, sich in der auf einem Bergplateau gelegenen Stadt Alesia einzurichten. Caesar beschloß, ihn dort zu belagern und ließ einen doppelten Befestigungsring errichten - den inneren Ring gegen Ausfälle der Belagerten, den äußeren zur Abwehr des erwarteten Entsatzheeres. In dem sich dramatisch steigernden Geschehen gelang den Belagerten weder der Ausbruch noch dem Entsatzheer der Durchbruch. Alesia wurde schließlich ausgehungert, Vercingetorix ergab sich Caesar, wurde nach Rom geführt, dort eingekerkert, im Jahre 46 bei Caesars Triumph mitgeführt und anschließend im mamertinischen Kerker erdrosselt. Nach dem Fall Alesias wurden die verbliebenen Widerstandsnester erobert, unter anderem die gut verteidigte Stadt Uxellodunum, der Caesar das Wasser abgraben ließ. Den waffentragenden Verteidigern ließ er, um ein Exempel zu statuieren, die Hand abhauen. Den für die Anzettelung des Aufstandes verantwortlich gemachten gutuater der Carnuten ließ Caesar auf grausame Weise - durch Totpeitschen und Enthaupten - hinrichten. Nach der vollzogenen Unterwerfung Galliens gab sich Caesar versöhnlich, richtete ehrenhafte Appelle an die Stämme, sandte kostbare Geschenke an ihre führenden Männer und konnte das erschöpfte und verwüstete Gallien nun im "befriedeten" Zustand verlassen. Das Land hatte in diesen Wirren zwei Millionen Menschen - ein Drittel seiner Bevölkerung - eingebüßt und war unermeßlicher Reichtümer beraubt worden. Die weitere Karriere des skrupellos-genialen Politikers und Strategen Iulius Caesar fällt nicht mehr in den Rahmen dieses Themas. Aufgefordert, seine zehn Legionen zu entlassen, marschierte er vielmehr mit ihnen in Italien ein, schaltete seine Rivalen, vor allem seinen ehemaligen Verbündeten Pompeius, in einem mehrjährigen Bürgerkrieg aus, errang wiederum das Konsulat und wurde zum Diktator auf Lebenszeit ernannt. Sein letzter Plan, in einem großangelegten Feldzug in Nachahmung seines Vorbildes Alexander weitere Teile Asiens und ganz Osteuropa dem römischen Reich zu erobern, blieb unausgeführt. Als er allzu demonstrativ mit der Königswürde liebäugelte, wurde er an den Iden des März des Jahres 44 von einem Verschwörerkreis ermordet. Sein Adoptivsohn und schließlicher Nachfolger, Octavian, später Augustus genannt, konsolidierte das römische Reich und brachte es, nach den Wirren der Bürgerkriege, zu neuer Blüte. Augustus ordnete die gallischen Provinzen neu. Aquitania wurde erweitert und reichte nun bis zur Loire, Gallia Lugdunensis mit Hauptstadt Lugdunum (Lyon) bis zur Seine, im Norden schloß sich Gallia Belgica an. Die im Osten linksrheinisch angrenzenden Germania Superior und Inferior, die etwas später eingerichtet wurden, hatten, trotz ihres Namens, ebenfalls eine teilweise gallische Bevölkerung. In Gallien entstand nun eine typische gallo-römische Kultur, Latein setzte sich als Umgangssprache durch, Gallisch überlebte jedoch mindestens bis ins 4. Jahrhundert, in abgelegenen Gegenden noch länger. Man kann sich fragen, was aus Gallien geworden wäre, wenn es Caesar nicht erobert und dem römischen Reich einverleibt hätte. Kaum wäre es als Keltenland mit keltischer Sprache erhalten geblieben, sondern schon viel früher von Germanen überflutet und nachhaltiger germanisiert worden, als dies später, ab dem 5. Jahrhundert, der Fall war. Die merowingischen Franken, die in der Folge Gallien beherrschten, konnten ihre Sprache nicht mehr durchsetzen, sondern (wie auch die Normannen und vorher die Burgunder) das Galloromanische nur noch beeinflussen, aber die fränkische Aristokratie dominierte das Land, das hinfort nicht mehr Gallia, sondern Francia hieß (La France). Das von den Römern im Jahre 410 aufgegebene, praktisch nur gering romanisierte Britannien dagegen nahm großteils die germanische Sprache seiner neuen Eroberer, der Angeln und Sachsen, an und spricht heute "Englisch". In ähnlicher Weise hätte sich in Gallien, wenn es nicht so früh römisch geworden wäre, wohl als theodisca lingua ein germanisches Idiom, eine Frühform des Deutschen, durchgesetzt. © 2007 Philipp Reclam jun. Verlag Gmbh & Co., Stuttgart

Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek ; 17053
Sprache deutsch
Gewicht 106 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Schlagworte Kelten • Taschenbuch / Sachbücher/Geschichte/Vor- und Frühgeschichte, Antike • TB/Sachbücher/Geschichte/Vor- und Frühgeschichte, Antike
ISBN-10 3-15-017053-2 / 3150170532
ISBN-13 978-3-15-017053-3 / 9783150170533
Zustand Neuware
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