Diabetes (eBook)
196 Seiten
MANZ Verlag Wien
978-3-214-25959-4 (ISBN)
Weltweit sind rund 537 Millionen Menschen von Diabetes betroffen, davon rund 61 Millionen in Europa und etwa 600.000 in Österreich. Durch die zunehmende Verbreitung von Übergewicht und Adipositas wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Das Gefährliche an Diabetes: Er entwickelt sich schleichend und wird oft erst dann erkannt, wenn bereits schwere Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenschäden eingetreten sind.
Die großen Fortschritte der vergangenen Jahre insbesondere in der medikamentösen Therapie der Erkrankung veranlassten Alexandra Kautzky-Willer und Yvonne Winhofer, Diabetes-Spezialistinnen an der Medizinischen Universität Wien, zu einer zweiten Auflage ihres Ratgebers. Das Buch vermittelt gesichertes und aktuelles Wissen über die Erkrankung und enthält
- praxisorientierte Tipps zu richtiger Ernährung und Bewegung,
- Informationen über Anzeichen, die für eine frühzeitige Diagnose zu beachten sind,
- Fakten zur Therapie und Vermeidung von Folgeerkrankungen sowie
- leicht verständliche Begriff serklärungen für den besseren Umgang mit der Erkrankung.
Yvonne Winhofer, PhD,
ist als Fachärztin für Innere Medizin an der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität Wien tätig. Diabetes zählt zu ihren wissenschaftlichen und klinischen Schwerpunkten.
DIABETES – WAS IST DAS?
Abb. 1: 61 Millionen Menschen leiden europaweit an Diabetes, jede:r Zehnte über 25 Jahre bekommt im weiteren Lebensverlauf Diabetes mellitus (Typ 2).
In diesem Kapitel finden Sie eine Definition sowie eine kurze Beschreibung von Diabetes. Um die Erkrankung Diabetes zu verstehen, sollte man sich einige Begriffe des Zuckerstoffwechsels aneignen, die im Folgenden leicht verständlich erklärt werden.
Diabetes ist nicht gleich Diabetes! Man unterscheidet verschiedene Formen, die sich vor allem durch ihre Pathophysiologie, also die Entstehungsmechanismen der Erkrankung, und in weiterer Folge auch in der Behandlung unterscheiden. Neue Untersuchungen machen aber deutlich, dass es noch mehr Untergruppen gibt, die in der individuellen Therapie berücksichtigt werden sollen.
Da Typ-2-Diabetes die weitaus häufigste Diabetesform darstellt (> 90 % aller Menschen mit Diabetes sind vom Typ 2 betroffen), setzt dieser Ratgeber einen entsprechenden Schwerpunkt und bezieht sich mit seinen Empfehlungen vor allem auf diese Diabetesform. Ist von einer anderen Diabetesform die Rede, wird explizit darauf hingewiesen.
DEFINITION UND KURZBESCHREIBUNG
Diabetes mellitus bezeichnet eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, deren gemeinsames Merkmal die chronische Hyperglykämie darstellt. Unter Hyperglykämie versteht man erhöhte Zuckerkonzentrationen im Blut, also hohen Blutzucker.
Abb. 2: Das HbA1c (Hämoglobin A1c) ist ein verlässlicher Indikator, ob ein Diabetes vorliegt. Weitere Informationen zum HbA1c-Wert finden Sie im Kapitel „HbA1c“ auf Seite 114.
Der Begriff Diabetes mellitus setzt sich aus dem griechischen Wort für „Durchfluss“ und dem lateinischen Wort mellitus für „honigsüß“ zusammen und bedeutet somit übersetzt „honigsüßer Durchfluss“. Diese Bezeichnung stammt von der ältesten Diagnosemöglichkeit des Diabetes mellitus, bei der Ärzt:innen die Diagnose über eine Geschmacksprobe des Urins stellten. Da es bei Diabetes mellitus zu einer ausgeprägten Ausscheidung von Zucker über den Harn kommt, ist der Zuckergehalt im Harn hoch und der Urin somit süßlich. Interessanterweise macht sich gerade diesen Mechanismus, der früher zur Diagnose verwendet wurde – also, dass ein Überschuss an Blutzucker über den Harn ausgeschieden werden kann –, eine wichtige Medikamentenklasse in der Diabetestherapie zu Nutze, die sogenannten SGLT2-Hemmer. Über eine vermehrte Harnausscheidung wird so der Blutzucker weiter gesenkt.
Umgangssprachlich wird der Diabetes mellitus als „Zuckerkrankheit“ bezeichnet, was ganz gut beschreibt, dass der ständig erhöhte Blutzucker nicht nur das Krankheitsmerkmal, sondern auch die Ursache der zahlreichen Begleiterkrankungen darstellt. Allerdings ist es wichtig, immer vor Augen zu haben, dass neben den Blutzuckerwerten weitere wesentliche Parameter kontrolliert werden müssen, die gemeinsam mit der Hyperglykämie das Risiko für Folgekrankheiten bestimmen: LDL-Cholesterin, Blutdruck und Gewicht.
Diabetes mellitus beschreibt eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, deren gemeinsames Merkmal der hohe Blutzucker ist, wobei die Ursachen ganz unterschiedlich sein können.
Diese Begleiterkrankungen oder diabetischen Folgeerkrankungen sind auch der Grund, warum eine frühzeitige Diagnose und Therapie angestrebt werden. Der chronisch erhöhte Blutzuckerspiegel verursacht zwar keine Schmerzen, führt aber langfristig zu einer Schädigung der kleinen (diabetische Mikroangiopathie bzw. mikrovaskuläre Komplikationen) und großen (diabetische Makroangiopathie bzw. makrovaskuläre Komplikationen) Blutgefäße sowie der Nerven (diabetische Polyneuropathie). Die Folgen sind Augen- und Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen und die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie (Dialyse, Transplantation) sowie offene Wunden an den Füßen, die sich über das gesamte Bein erstrecken können und nicht selten mit einer Amputation enden. Zudem haben Menschen mit Diabetes ein ausgesprochen hohes Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche und pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit).
Neben diesen klassischen Begleiterkrankungen kann auch das Risiko für psychische Krankheiten wie Essstörungen, Angststörungen und Depressionen, aber auch für manche Krebserkrankungen, vor allem in Zusammenhang mit Adipositas, erhöht sein.
Diese negativen Szenarien können verhindert werden, indem man die chronische Hyperglykämie in den Griff bekommt und versucht, den Blutzucker so gut wie möglich in den Zielbereich zu bringen. Dasselbe gilt für Bluthochdruck, hohe Blutfette und Übergewicht!
Denn all diese Faktoren haben eines gemeinsam: Verursachen sie auch jahrelang keine Beschwerden, schädigen sie doch still und heimlich unsere wichtigsten Organe und führen zu einer deutlich verminderten Lebensqualität sowie letztendlich zum vorzeitigen Tod.
Abb. 3: Blutgefäß mit Ablagerungen – sogenannten Plaques – aufgrund von Diabetes mellitus oder ungünstigen Blutfettwerten. Werden die Plaques größer, verengen sie das Gefäßlumen und die Durchblutung wird schlechter, Folgen sind Herzinfarkt und Schlaganfall.
Dieser Ratgeber umfasst sämtliche Hintergründe, Vorbeugemaßnahmen und Therapiemöglichkeiten, die Ihnen als direkt Betroffene:r und/oder Angehörige:r helfen werden, die Volkskrankheit Diabetes zu verstehen und den Alltag mit Diabetes zu meistern.
DIABETES VERSTEHEN – BEGRIFFSERKLÄRUNGEN
Wer sich mit dem Thema Diabetes mellitus auseinandersetzt, kommt nicht umhin, sich einige Begriffe des Zuckerstoffwechsels anzueignen. Dazu gehören
• die Glukose,
• die Hormone des Glukosestoffwechsels
• und nicht zuletzt das Pankreas, die Bauchspeicheldrüse.
GLUKOSE
Abb. 4: Die durch die Nahrungsaufnahme freigesetzte Glukose bewirkt eine Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Sowohl Glukose als auch Insulin werden über das Blut zu den Organen transportiert, wo Insulin Glukose in die Zellen befördert.
Glukose steht für Zucker und ist aus chemischer Sicht nichts anderes als der bekannte Traubenzucker. Vom Begriff der Glukose leiten sich weitere Begriffe wie die Hyperglykämie (zu hoher Blutzucker) und die Hypoglykämie (zu niedriger Blutzucker) ab, wobei die Endung „-ämie“ dafür steht, dass sich etwas „im Blut“ befindet. Glukose gehört als Einfachzucker zur Gruppe der Kohlenhydrate, die neben Fett und Eiweiß die wichtigsten Energielieferanten unseres Körpers sind. Sämtliche Organe brauchen Glukose zur Energiegewinnung, vor allem unser Gehirn ist von der Glukosezufuhr abhängig.
Mit Blutglukose – oder Blutzucker – ist der im Blut befindliche Zucker gemeint, der nach Aufnahme über den Darm zu den Zielorganen weitertransportiert wird. Die Blutglukosekonzentration wird bei gesunden Menschen durch die Ausschüttung verschiedener Hormone in einem konstanten Bereich um die 100 mg/dl gehalten, nur in Ausnahmefällen erreichen die Werte 70–180 mg/dl, z. B. nach langem Fasten oder zu hoher Kohlenhydratzufuhr.
Nüchternglukose
Im Nüchtern-Zustand (Fasten) wird unser Blutzucker durch die sogenannten kontrainsulinären Hormone konstant auf 70–99 mg/dl gehalten, wobei bereits Werte im oberen Normbereich ein höheres Diabetesrisiko darstellen. Niedrigere Werte sind, solange sie keine Symptome hervorrufen, unbedenklich. Symptomatische Unterzuckerungen gibt es vor allem im Rahmen blutzuckersenkender Therapien oder durch einen Insulinproduzierenden Tumor, der aber extrem selten vorkommt. Die kontrainsulinären Hormone sorgen dafür, dass – auch wenn wir einige Zeit nichts essen – genügend Glukose zur Energiegewinnung zur Verfügung steht. Dies gelingt ihnen dadurch, dass sie Zucker aus Speicherquellen freisetzen und die Leber zur Neubildung von Zucker aus gespeicherten Vorstufen anregen. Letzteres wird als Glukoneogenese, also Neubildung von Glukose, bezeichnet.
Mit dem Begriff „Fasten“ wird in der Medizin ein Zeitraum bezeichnet, in dem nicht gegessen wird, z. B. die Nacht. Dieser Zeitraum beginnt dann, wenn die Mahlzeit davor bereits verdaut ist und der Körper auf Reserven zurückgreift.
Postprandiale Glukose
Mit der Aufnahme von Nahrung, vor allem von Kohlenhydraten, steigt der Blutzuckerspiegel rasch an, was die Freisetzung von Insulin stimuliert. Insulin schleust den Blutzucker in die Zelle ein, wo er als Energielieferant benötigt wird. Die Hauptzielorte der Insulinwirkung sind die Leber und die Muskulatur. Das Gehirn, rote Blutkörperchen sowie das Nierenmark können die Glukose auch ohne die Hilfe des Insulins aufnehmen. Wird Glukose aus dem Blut in die Zellen...
Erscheint lt. Verlag | 24.10.2024 |
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Reihe/Serie | Ratgeber der MedUni Wien |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie |
Schlagworte | Diabetes • Ernährung • Gesundheit • MANZ • MedUni • MedUni Wien • Ratgeber |
ISBN-10 | 3-214-25959-8 / 3214259598 |
ISBN-13 | 978-3-214-25959-4 / 9783214259594 |
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