Verflüssigungen

Wege und Umwege vom Sozialstaat zur Kulturgesellschaft
Buch | Hardcover
250 Seiten
2006
Campus (Verlag)
978-3-593-37812-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verflüssigungen - Adrienne Goehler
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Kultur an die Macht!
Deutschland hat ein enormes kreatives und kulturelles Potenzial. Der Skandal ist: Es wird nicht zum Wohle der Gesellschaft genutzt.Wissenschaft und Künste bleiben im Ghetto, die Politik schottet sich ab. Adrienne Goehler zeichnet einen radikalen Gegenentwurf.
Die ExpertInnen des Wandels leben und arbeiten in Wissenschaft und Kunst. Ihre Beiträge hätten wir bitter nötig in einer Zeit, in der sich die Umrisse der Wissensgesellschaft erst herauszuschälen beginnen, in der unser Land vor vielfältigen Problemen des Wandels, etwa auf dem Arbeitsmarkt, steht. Doch die Grenzen zwischen Politik und Kultur sind wie eingefroren. Adrienne Goehler fordert:Verflüssigen wir sie, damit mehr Bewegung in den Wandel kommt!

Adrienne Goehler wurde Ende der achtziger Jahre bundesweit bekannt als streitbare GAL-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft. Sie war danach zwölf Jahre Präsidentin der Hamburger Hochschule für bildende Künste und von 2001 bis 2002 Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Berlin. Von 2002 bis 2006 war sie Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds. Sie lebt als freie Publizistin und Kuratorin in Berlin und Portugal.

Inhalt
Dank 8
Vorbemerkungen 11
Verflüssigungen 15
1Das Unbehagen an der Gegenwart 23
Vom Zerbröseln des Sozialstaates 28
Wer fragt, der hört 30
Brachliegende Potenziale 33
Wie es ist, nicht gebraucht zu werden34
Wer nimmt, muss geben 42
Das Versagen der politischen Großlösungen 45
Delegation von Verantwortung 51
Reparierende versus gestaltende Verantwortung 54
2Die Kulturgesellschaft 59
Die gesellschaftliche Relevanz der Künste und
Wissenschaften 67
Die Cultural Creatives78
Die NGOs und die Cultural Creatives 86
SEAS90
Interkulturelle Gärten 92
Schrumpfende Städte 93
Plurale Ökonomie 97
Subsistenzwirtschaft 99
Grundsicherung durch Grundeinkommen? 103
Die ökonomische Relevanz der Künste und Wissenschaften 111
Die Kreative Klasse 116
Kunst und Wissenschaft unter ökonomischen Vorzeichen 127
Kunst und Wissenschaft unter gesellschaftlichen und
ökonomischen Vorzeichen 131
The missing link - bridging the gap 134
Die interkulturelle Relevanz der Künste und Wissenschaften 136
Der west-östliche Diwan 145
Für eine islamisch-jüdische Akademie in Berlin 148
Interkulturalität im eigenen Land 150
3Vorschein des Noch-Nicht: Versuche im Neuland 155
Individuelle Modelle statt Flächenlösungen 156
Der Wettbewerb 156
Adopted 160
Modell Weimar 162
dropping knowlegde 164
Healing Houses 166
Internationale Frauenuniversität für Technik und Kultur 168
Campus 2002 171
Don't be afraid of Volkshochschule! 173
Kiosk und Schwarzmarkt für nützliches Wissen und
Nicht-Wissen 176
Leidenschaft statt Didaktisierung 178
PISA-der gefühlte Mangel:
gegen die Strategie des vom Gleichen mehr 178
Leidenschaft 183
Zukunft@Bphil 191
TanzZeit - Zeit für Tanz in Schulen 193
4Die Hauptstadt als Laboratorium 199
Berlin. Ein Transitorium 207
Das Versagen der politischen Kultur 213
Umgang mit der Kunstausstellung "Zur Vorstellung
des Terrors. RAF. Ausstellung" 213
Umgang mit der Friedrich Christian Flick Collection 215
Umgang mit dem Palast der Republik 217
Ökonomische und gesellschaftliche Relevanz 220
Berlin. Hauptstadt des Erfindens neuer Tätigkeitsfelder 223
5Wege und Umwege in die Kulturgesellschaft 233
Bildnachweis 247
Anmerkungen 249
Literatur 269

Wir leben in einer Phase des umfassenden gesellschaftlichen Übergangs, die man als "nicht mehr und noch nicht" bezeichnen könnte.
Die Hoffnung auf "mehr, besser, schneller" ist nicht mehr. Der Glaube an die Rettung der Vollbeschäftigung durch den Dienstleistungssektor ist zerschellt. Der Zusammenbruch der New Economy hat unübersehbar deutlich gemacht, dass das westliche System nicht als ein auf hohem Einkommensniveau globalisiertes fortzuschreiben ist, so dass der englische Historiker Timothy Garton Ash mittlerweile mit einiger Berechtigung von "Post-West" spricht.
Eine Rückkehr zu Zeiten der Vollbeschäftigung wird es nicht mehr geben, was an ihre Stelle treten soll, damit - um mit Bertolt Brecht zu sprechen - "der Mensch ein Mensch ist, bitte sehr", ist noch nicht Gegenstand öffentlichen Nachdenkens. Die Gegenwart stellt die Frage nach der "azentrische(n) Existenz, die sich ihre Mittelpunkte erst noch schaffen muss"1. Der amerikanische Zukunftsforscher John Naisbitt hat schon in seinem 1984 erschienen Bestseller Megatrends die gegenwärtige Zeit als die zwischen zwei Klammern bezeichnet: Noch nicht zurückgelassen sei die Vergangenheit, die zentralisierte, industrialisierte, in sich abgeschlossene alte Welt, die auf Institutionen, starren Hierarchien und Kurzzeitlösungen aufgebaut war, und gleichzeitig nähmen wir die Zukunft noch nicht an. "Wir halten noch an der bekannten Vergangenheit fest, aus Angst vor der unbekannten Zukunft."2
Während Politikwissenschaftler wie Robert Putnam oder Robert Reich, die mir durchaus als Referenz dienen, das Nicht-Mehr auf beklemmende Weise analysieren, liefern die SoziologInnen und Anthropologen Richard Sennett, Saskia Sassen und André Gorz, Rudolf zur Lippe und Ulrich Beck beispielhafte Ansätze für eine veränderte Betrachtung einer ökonomischen und gesellschaftlichen Realität, die noch nicht greifen. Keine dieser Analysen enthält einen geschlechterdifferenten Ansatz, und bis auf Rudolf zur Lippe befragt keiner die Künste auf ihr spezifisches Potenzial hin.
KünstlerInnen sind von Hause aus SpezialistInnen für Übergänge, Zwischengewissheiten und Laboratorien - und als solche natürliche FeindInnen des Verharrens im Bestehenden. Zwanzig Jahre nach Naisbitts Analyse befinden wir uns immer noch zwischen zwei Klammern, und es erfordert individuellen, gesellschaftlichen und politischen Mut, sich diesen Zwischenraum zu vergegenwärtigen und ihn aushalten zu können. Aus dieser Umklammerung der Vergangenheit auszubrechen bedeutet die Auseinandersetzung mit Angst und Abhängigkeit, mit dem Verlust von Erfahrung, persönlicher Sicherheit und staatlicher Fürsorge.
Aus der Anthropologie, der Biologie und den Sozialwissenschaften, erst recht aus der Geschlechterforschung, wissen wir, dass alles Lebendige Strukturen braucht, um dauerhaft zu sein - verbunden mit dem Risiko, in deren Regelhaftigkeit zu erstarren. Der Philosoph Max Scheler sprach wie die Psychoanalyse über Panzer und Verpanzerungen, die vor Auflösung und Selbstverlust schützen, aber gleichzeitig Bewegungswechsel erschweren. Im Zwischenraum zu sein bedeutet, Ambivalenzen aushalten zu müssen.
Meine Fragen sind in diesem Zwischenraum angesiedelt, sie teilen die Analyse des Nicht-Mehr und suchen nach dem Vorschein des Noch-Nicht.

Sprache deutsch
Maße 140 x 215 mm
Gewicht 488 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Schlagworte Deutschland; Politik/Zeitgeschichte • Gesellschaft • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • HC/Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft • Kreative Klasse • Kultur • Kultur / kulturell • Kunst • Künste • Politik • Sozialstaat • Wissenschaft • Wissensgesellschaft
ISBN-10 3-593-37812-4 / 3593378124
ISBN-13 978-3-593-37812-1 / 9783593378121
Zustand Neuware
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