Der Weg der Vergebung - Michael Dawson

Der Weg der Vergebung

Inneren Frieden und Heilung finden mit dem KURS

(Autor)

Buch | Softcover
160 Seiten
2006
Goldmann Verlag
978-3-442-21736-6 (ISBN)
6,95 inkl. MwSt
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Eine praktische und qualifizierte Einführung zum Thema Einswerdung, Heilung und Frieden.


Michael Dawson kam in der Findhorn-Gemeinschaft in Berührung mit dem Buch, das bald auch für seine eigene Arbeit richtungsweisend wurde: „Ein Kurs in Wundern“. Dessen Lehren folgend erkennt er den illusionären Charakter von Schuld und den Weg der Vergebung als Quelle von Liebe und Frieden. Mit seiner leicht verständlichen Sprache gibt der Autor wesentliche Einblicke in den „Kurs“.






Einleitung 1. WEM VERGEBEN WIR? - Uns oder anderen vergeben? - Vorübung zur Vergebung - Merksätze 2. DIE WELT DES EGO - Schuld und Verleugnung - Projektion - Eine Geschichte der Vergebung - Die Vergebung und das Weltgeschehen - Vergebung und Krankheit - Die Leiter der Vergebung: Einführung - Übung: Sich selbst vergeben - Merksätze 3. DIE LEITER DER VERGEBUNG: DIE ERSTEN SPROSSEN - Ist Vergebung gerechtfertigt? - »Feinden« vergeben - Falsche Vergebung - Merksätze 4. DIE LEITER DER VERGEBUNG: DIE LETZTEN SPROSSEN - Wahre Vergebung - Der AAA-Ansatz zur Vergebung - Achtsamkeitsübung - Übung: Jemanden annehmen - Die AAA-Vergebungsübung - AAA-Merksätze - Ruf nach Liebe - Es gibt nichts zu vergeben - Der Lohn der Vergebung - Tägliches Üben - Merksätze 5. ANDERN VERGEBEN HELFEN - Mit andern arbeiten - Einige therapeutische Methoden, um anderen zu helfen, sich selbst zu vergeben - Merksätze 6. DREI WEITERE VERGEBUNGSÜBUNGEN - 1. Andern vergeben - 2. Die Wahrnehmung ändern und Frieden finden - 3. Sich mit jemandem verbinden Epilog Anhang - Dank - Ein Kurs in Wundern und die Vergebung - Hinweise zum Lesen der Kurs-Zitatangaben - Literaturverzeichnis [Danksagung, Den Anstoß zu diesem Buch …, Vergebung ist der Schlüssel zum Glück] EINLEITUNG Innerer Friede ist eine seltene Eigenschaft in dieser Welt. Die Auseinandersetzungen in der näheren und weiteren Umgebung spiegeln die mangelnde Harmonie im eigenen Geist. Der Weg der Vergebung holt uns in unser eigenes Inneres zurück, in dem sich die Quelle aller Konflikte befindet. Die Vergebung verlangt auch von uns, dass wir aufhören, andere Menschen und das Weltgeschehen als Ursache unseres Schmerzes anzuprangern, und uns stattdessen den nicht vergebenen Gedanken im eigenen Geist zuwenden. Hier können wir eine Veränderung bewirken, die zu einem immer tieferen Gefühl inneren Friedens führt. Die Anregung zu diesem Buch stammt aus dem Werk »Ein Kurs in Wundern«. Als ich mich 1982 in die Findhorn-Gemeinschaft in Schottland begab, um dort an einer Erfahrungswoche teilzunehmen, sah ich dieses Werk in der Auslage des dortigen Buchladens. Ich nahm es in die Hand, öffnete es irgendwo und las einen Absatz. Ich kann mich nicht erinnern, was ich damals las, aber sehr wohl daran, dass das Gelesene mich wie ein Blitz durchzuckte. Danach ging ich jeden Tag in den Laden, nahm das Buch wieder in die Hand und las einen weiteren Absatz. Das tat ich zwei Wochen lang, bis ich nach London heimfahren musste. Dort fehlte mir die Mittagslektüre, und ich beschloss, das Buch zu kaufen und die darin enthaltenen Vergebungslektionen zu lernen. Dies war zu einer Zeit, als ich mich gerade für Heilung zu interessieren begann, weil ich zufällig entdeckt hatte, dass ich anderen manchmal durch Handauflegen helfen konnte. Bei meiner Heilarbeit und meinen Nachforschungen stellte ich fest, dass der Geist eine sehr starke Wirkung auf den Körper ausübt. Ich merkte, dass trotz Erleichterung durch Handauflegen das jeweilige Problem bei vielen wiederkehrte, wenn die Gedanken im Geist, welche die Krankheit ausgelöst hatten, nicht vergeben wurden. Mit der Zeit entwickelte ich einen Heilansatz, um Klienten zu helfen, sich die Nichtvergebung im eigenen Inneren anzusehen und diese durch den reinen Geist oder den »inneren Führer« heilen zu lassen. 1980 war ich der inneren Stimme gefolgt, meine Arbeit als Elektroniklehrer aufzugeben und meinem Leben eine andere Richtung zu geben. Der Besuch in der Findhorn-Gemeinschaft und meine Heilarbeit in London gehörten zu diesem neuen Abenteuer. Als meine Partnerin und ich 1984 nach Findhorn gingen, um an einem Workshop teilzunehmen, hatten wir beide spontan den Impuls, dort Mitglied zu werden. Wir kehrten nach London zurück, verkauften unser Haus und zogen nach Findhorn. Drei Jahre lang führte ich die Abteilung für Heilung im Cluny Hill College der Findhorn-Gemeinschaft. Danach entwickelte ich einen zweiwöchigen Workshop »Die Ursache heilen«, den ich einige Jahre hindurch in Findhorn leitete. Meine Lehrerfahrung auf dem Gebiet der Elektronik in London war hilfreich, aber ich musste noch lernen, mich bei meinem Lehransatz für diese Workshops intuitiv führen zu lassen. Das war etwas ganz anderes und erforderte eine Flexibilität und Offenheit, die in meiner früheren technischen Rolle nie nötig gewesen waren. Ich fuhr mit Studium und Übung des Kurses fort, mein Verständnis für Heilung vertiefte sich, und die Notwendigkeit, mich der inneren Führung zu öffnen, wurde stärker. Früher hatte ich geglaubt, ich könne mein Leben unverdrossen nach meinen Erwartungen planen, ohne jemandes Hilfe nötig zu haben. Je weiter das Leben voranschritt, desto klarer wurde es jedoch, dass ich ohne bereitwillige Hingabe an eine innere Führung keine Chance hatte, den inneren Frieden zu finden, den ich suchte. Mein wachsendes Interesse am Kurs und meine Workshoperfahrungen spornten mich zu meinem ersten Buch »Im Ursprung liegt die Heilung – Der Kurs, die Vergebung und die Praxis« an. So kam es auch, dass ich immer mehr Workshops sowohl in der Findhorn-Gemeinschaft als auch andernorts leitete. Und natürlich hat es auch zum Schreiben dieses Buches geführt. Der Weg der Vergebung kann jeden Tag geübt werden, denn das Leben bietet unendlich viele Gelegenheiten dazu. Er lehrt uns, nicht mehr die Welt als Verursacher des eigenen Schmerzes zu sehen, sondern uns ohne Urteil den Inhalt des eigenen Geistes bewusst zu machen, dort und nur dort, wo Heilung geschehen kann. Die Übergabe des Schmerzes an die Heilkraft des reinen Geistes lüftet allmählich die Schleier, die wir zwischen das Körperselbst und die eigene spirituelle Realität gezogen haben, eine Realität inneren Geistesfriedens und einer Freude, die von nichts in dieser Welt abhängig sind. Im vorliegenden Buch zeichne ich die für das Begehen des Vergebungsweges erforderlichen Schritte auf. Ich lade alle meine Leser ein, mich auf diesem Weg zum Frieden zu begleiten. WEM VERGEBEN WIR? Vielleicht ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass sich niemand über eine Tatsache ärgern kann. Es ist immer eine Deutung, die negative Gefühle aufkommen lässt, ungeachtet ihrer anscheinenden Rechtfertigung durch das, was als Tatsachen erscheint. Ein Kurs in Wundern, H S. UNS ODER ANDEREN VERGEBEN? Wer braucht Vergebung? Das ist eine grundlegende Frage. Viele glauben, wir sollten danach streben, das Unrecht zu vergeben, das uns anscheinend angetan wurde. Wir kommen uns durch anscheinend ungerechte Handlungen anderer wie Opfer vor und glauben, Ärger ihnen gegenüber sei gerechtfertigt. Sind es denn immer die anderen, die Vergebung brauchen, oder könnte es auch sein, dass wir selbst sie nötig haben? Müssen wir Opfer bleiben, oder gibt es einen anderen Weg? Der Druck, unter dem wir stehen, wenn wir anderen grollen, ist unangenehm. Wir glauben zwar, Recht zu haben, aber unser Geistesfrieden leidet sehr darunter. Um diesen Druck zu lindern, beschließen wir manchmal, dem anderen zu »vergeben«. Obschon er unserer Ansicht nach ein Unrecht getan hat, beschließen wir, es zu übersehen. Allerdings möchten wir doch gerne, dass er sich entschuldigt, was seine Schuld und unsere Unschuld beweisen würde. Es kann sein, dass keine Entschuldigung kommt. Der Mensch, dem gegenüber wir Groll hegen, kann bereits verstorben sein. Wir erzählen Freunden, wir hätten unserem Feind vergeben, und sind bereit, zu vergessen und mit dem Leben weiterzumachen. Aber herrscht diesbezüglich wirklich Frieden im eigenen Geist, oder macht sich eine nagende Unruhe bemerkbar? Machen wir weiter und vergessen den Vorfall, stellen aber fest, dass der frühere Schmerz noch immer da ist und nur darauf wartet, sich durch ähnliche Ereignisse wie das eben »vergebene« wieder bemerkbar zu machen? Hat die Vergebung gewirkt? Hat die Bereitschaft, das Geschehen hinter uns zu lassen und über die Vergehen des anderen hinwegzusehen, tatsächlich etwas gelöst? Normalerweise bestimmt die kulturelle und religiöse Erziehung, was als richtiges und falsches Verhalten gilt. Wir lernen, Ärger sei gerechtfertigt, wenn jemand sich uns gegenüber »falsch« verhält. Der andere sollte sich entschuldigen und sich anders verhalten. Erfüllt er diese Erwartung, steht es uns frei, ihm zu »vergeben«, aber nur dann. Das Eingangszitat erinnert uns daran, dass wir uns nie über eine Tatsache ärgern. Es ist erst unsere Deutung der Tatsache, die Ärger aufkommen lässt. Die Vergebung aber sagt uns, wir könnten stets wählen, wie wir auf eine gegebene Situation reagieren wollen. Sehen wir uns folgende Begebenheit an: Stell dir vor, du gehst mit drei Freunden auf eine Party. Nennen wir die Freunde Johannes, Peter und Maria. Im Lauf der Unterhaltung kommt ein kürzlich erschienener Artikel zur Sprache, der von der zunehmenden Fettleibigkeit der Bevölkerung und deren Auswirkungen auf das Gesundheitswesen handelt. Aus dem Artikel geht hervor, dass Krankheiten im Zusammenhang mit Fettleibigkeit das Gesundheitswesen jährlich Millionen kostet. Der Autor des Artikels meint, es sei ungerecht, dass die schlanke Bevölkerung den Preis für die fettleibige mittragen muss. Er schlägt unter anderem vor, Fettleibige sollten einen höheren Beitrag für die Behandlungen von Krankheiten zahlen, die in Verbindung mit Fettleibigkeit auftreten. Der etwas übergewichtige Johannes findet den Vorschlag empörend und dem Elend Fettleibiger gegenüber völlig gefühllos. Peter, der regelmäßig trainiert und sich fit hält, findet den Vorschlag ausgezeichnet. Er freut sich, dass das Problem von der Presse aufgegriffen wird, und findet, es sei höchste Zeit, etwas zu tun. Die offensichtliche Meinungsverschiedenheit führt rasch zu einer erhitzten Diskussion zwischen den beiden. Maria hört schweigend zu. Sie bringt auch etwas zu viel Gewicht auf die Waage, kann sich aber nicht für das Thema erwärmen. Sie beschäftigt sich in Gedanken eher damit, wie der Abend verlaufen wird. Hier wird deutlich, wie ein Ereignis oder Anreiz – in diesem Fall der Zeitungsartikel – drei völlig verschiedene Reaktionen auslöst. Johannes ist wütend, Peter freut sich, und Maria bleibt gleichgültig. Alle drei wählen selbst, wie sie auf die Fakten des Artikels reagieren. Es ist nicht der Anreiz oder Auslöser, der die Reaktion bestimmt. Es sind immer wir, die in jeder Situation über die eigene Reaktion bestimmen. Es gibt nichts in der Welt, das die Macht hätte, uns den Frieden zu nehmen. Natürlich können bestimmte Ereignisse physischen Schmerz verursachen. Dennoch haben wir sogar unter diesen Umständen die Wahl, uns darüber aufzuregen oder nicht. Ich erinnere mich an einen Dokumentarfilm über einen Pelztierjäger, der sich mit einer Eskimofamilie anfreundete. Im Stamm gab es eine spezielle Sitte, der zufolge jeder Besitz (einschließlich der eigenen Frau) mit engen Freunden geteilt wurde. Eines Tages eröffnete der Eskimo dem Pelztierjäger, es würde ihn freuen, wenn dieser mit seiner Frau schliefe. Er fügte hinzu, es würde auch seine Frau sehr glücklich machen. Die Sitte war kein Zwang für die Frauen, sondern diese freuten sich und waren damit einverstanden. Der Pelztierjäger war wie vor den Kopf gestoßen und lehnte das Angebot ab, was die Familie zutiefst betrübte. In einer späteren Szene fragt die bekümmerte Frau den Pelztierjäger, weshalb er sie nicht haben wolle. Ob sie denn so hässlich sei? Weder Mann noch Frau verstanden, weshalb ein enger Freund nicht an ihrem Leben teilhaben wollte. – Welch ein Gegensatz zwischen dieser Reaktion und der im Westen üblichen, wenn ein Mann nach Hause kommt und seine Frau mit seinem besten Freund im Bett liegt! Die typische Reaktion sind extrem negative Gefühle wie Ärger, Angst, Empörung und Verrat. Das ist ein Beispiel für eine Situation, die diametral entgegengesetzte Reaktionen auslöst. Daraus folgt, dass ein Ereignis an sich keine automatische Reaktion hervorrufen kann. In jedem Fall wählen wir selbst die Reaktion auf die Situation. Die Wahl dieser Reaktion ist der Kern der Vergebung. Machen wir uns mit der folgenden Übung auf den Weg der Vergebung. VORÜBUNG ZUR VERGEBUNG Für diese Übung brauchst du ein Blatt Papier und etwas zum Schreiben. Zieh eine senkrechte Linie in der Mitte des Blattes, damit du zwei Spalten hast, und dann oben eine waagrechte für die beiden Überschriften, wie in der Abbildung. ÜBUNGSBEISPIEL WAS ICH AN … MAG: Sanftmut Empfindsamkeit Fürsorge wie sie/er sich anzieht hört gut zu WAS MICH AN … STÖRT: Ärger wenn sie/er trinkt wenn sie/er raucht Faulheit Eifersucht Denke an jemanden, den du gut kennst und bei dem du sowohl Eigenschaften aufschreiben kannst, die du magst, als auch solche, die du nicht magst. Das könnte Vater oder Mutter, Partner oder Liebhaber, eine Schwester, ein Vorgesetzter oder Freund sein. Trag den Namen des/der Gewählten in die beiden Überschriften ein: Was ich an (Name) mag: Was mich an (Name) stört: Jetzt heißt es, ehrlich zu sein. Schreib mindestens vier oder fünf Eigenschaften, die du an diesem Menschen magst, und vier oder fünf, die du nicht magst, in die jeweilige Spalte. Fällt es dir schwer, vier oder fünf Vorzüge und Nachteile zu finden, so schreibst du noch einen Namen in die Überschriften und führst die Spalten fort. Je mehr darin steht, desto mehr kannst du lernen. Nimm dir ein paar Minuten Zeit für die Übung, und lies erst weiter, wenn du damit fertig bist. »Lies bitte nicht weiter, bevor die Listen vollständig sind, sonst funktioniert die Übung nicht!« Nimm dir jetzt wieder die Überschriften vor, streiche die Namen auf beiden Seiten und schreibe deinen eigenen hinein. Jetzt enthalten die Kolonnen deine eigenen Vorzüge und Nachteile. Seltsam? Aber wahr! Besäßest du diese Eigenschaften mehr oder minder nicht selbst, würdest du sie in anderen nicht sehen. Je nachdem, wie du dich selbst siehst, fällt es dir vielleicht schwer, einige der angeführten Eigenschaften zu akzeptieren. Hast du beispielsweise ein geringes Selbstwertgefühl, wirst du kaum glauben, dass du die guten Eigenschaften selbst besitzt. Vielleicht macht es dich verlegen, wenn andere dich loben, und wenn dir jemand ein Kompliment macht, gibst du dem Gespräch schnell eine andere Wendung. Kommt das dir bekannt vor, so kannst du sicher sein, dass verborgene Schuld auf Vergebung wartet. Lass dich aber nicht entmutigen: Wir werden noch Übungen machen, die dir dabei helfen. Ebenso muss es auch zutreffen, dass du die negativen Eigenschaften, die du in anderen siehst, selbst besitzt, sonst würden sie dich nicht aufregen. Es ist natürlich möglich, Charakterschwächen anderer zu sehen, ohne sie selbst zu haben. In dieser Übung solltest du aber aufschreiben, was dich an anderen wirklich stört. Wenn dich etwas stört, was andere tun, dann fängt die Alarmglocke zu bimmeln an und zeigt dir, was in dir selbst nicht vergeben ist. Bei den meisten stößt die Einsicht, selbst die Eigenschaften zu besitzen, die wir an anderen nicht mögen, auf Widerstand, weil wir uns zweierlei Dinge sicher sind: ? Die »anderen« haben gerade diese negativen Eigenschaften. ? Wir wollen, dass »sie« sich ändern und so verhalten, wie es uns besser passt. Mag sein, dass sie die negativen Eigenschaften haben oder auch nicht, aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, zu erkennen, dass das, wessen du sie anklagst, etwas in dir selbst spiegelt. Nimm beispielsweise Neid. Vielleicht ist deine Partnerin neidisch auf deine Freunde. Das könnte deinen eigenen Neid auf Reichere spiegeln. Das wäre dasselbe, nur in verschiedener Form. An sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu. Shakespeare: Hamlet II Gewöhnlich werden wir im Glauben erzogen, Neid sei falsch und schlecht, und wir sollten nicht neidisch sein. Sind wir es, bekommen wir Schuldgefühle und schämen uns oder tun so, als wären wir gar nicht neidisch. Oder wenn wir zugeben, neidisch zu sein, reden wir uns beschwichtigend ein, wir seien ja nur »ein ganz klein wenig« neidisch. Dennoch wissen wir, dass das eigentlich nicht stimmt; nur wollen wir dieser Tatsache nicht ins Auge blicken. Sehen wir den Fehler bei anderen, erinnert er uns daher unangenehm daran, dass wir selber diesen Fehler mehr oder minder in uns haben. Wollen Biologen die Lebens- und Verhaltensweise neu entdeckter Tierarten begreifen, müssen sie sich völlig ohne Vorbehalte die unterschiedlichsten Verhaltensweisen ansehen, darunter auch brutale. So kann beispielsweise das Männchen einer bestimmten Art nur durch das Weibchen daran gehindert werden, die Jungen zu bekämpfen oder aufzufressen. Wenn der Biologe sich über das beobachtete Tierverhalten aufregt und es verurteilt, hat er die nötige Distanz zur Beschreibung des Geschehens verloren. Er ist möglicherweise versucht, es aus menschlicher Sicht zu analysieren oder zu erklären. Genauso können wir nicht mehr sehen, was geschieht, wenn wir Eigenschaften an uns selbst verurteilen. Wir bekommen wahrscheinlich Schuldgefühle bei dem, was wir da sehen, statt es zu akzeptieren und uns selbst zu vergeben. Wir versuchen lieber, es rasch unter den Teppich zu kehren, und hoffen, damit sei es vergessen. Decken wir unangenehme Eigenschaften in uns selbst auf und weigern wir uns, sie als »schlecht« einzustufen, dann haben wir eine Chance, sie zu heilen. Zum Glück bietet sich uns täglich mehrfach Gelegenheit dazu. Im Kontakt mit anderen und in vielen Situationen kommt einiges hoch, was wir ins Unterbewusste versenken wollten. Die Menschen, denen wir begegnen, sind potenzielle Erlöser und zeigen uns – manchmal immer wieder –, was wir im eigenen Geist zu vergraben suchen. Solltest du bei anderen ein bestimmtes negatives Verhalten beobachten, das du entweder nicht besitzt oder aber in dir vergeben hast, dann regt es dich nicht auf, sondern du empfindest ein urteilsloses Mitgefühl für sie. Denn du weißt, dass Angst ihr negatives Verhalten auslöst und sie verzweifelt versuchen, mit etwas umzugehen, das ihnen schwer fällt. Dann nimmst du ihr Verhalten nicht als Angriff gegen dich wahr, sondern als Hilferuf an dich. Sie können dann einfach sein, wie sie sind, und sollten sie dich darum bitten, würdest du dich freuen, ihnen zu helfen. Wenn du anderen vergibst, dehnt sich die Vergebung automatisch auch auf dich aus. Was du anderen voll Liebe oder Hass gibst, gibst du auch dir selbst. Weshalb? Weil das Handeln die Gedanken im eigenen Geist verstärkt. Handeln wir liebevoll, erinnern wir uns daran, dass wir liebevoll sind, und verstärken das Liebevolle in uns selbst. Ebenso verstärkt ein Angriff anderen gegenüber den Hass und damit die Schuld in unserem Geist.

Reihe/Serie Goldmann Arkana
Übersetzer Franchita Mirella Cattani
Sprache deutsch
Original-Titel Forgiveness
Maße 125 x 183 mm
Gewicht 143 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Östliche Weisheit / Alte Kulturen
Schlagworte Frieden • Heilung • Vergebung
ISBN-10 3-442-21736-9 / 3442217369
ISBN-13 978-3-442-21736-6 / 9783442217366
Zustand Neuware
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