Flavorama (eBook)
352 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3278-9 (ISBN)
Dr. Arielle Johnson ist Geschmackswissenschaftlerin mit einem PhD in 'Flavor'. Für René Redzepi, den Chef des weltbesten Restaurants Noma, hat sie dessen Forschungslabor geleitet. Er empfiehlt ihr Buch: 'Arielle hat mein Denken über Geschmack verändert, und in ihrem Buch wird sie das Gleiche für Sie tun.' Auf ihrer Kundenliste stehen andere grosse Namen, z.B. Ferran Adria.
Dr. Arielle Johnson ist Geschmackswissenschaftlerin mit einem PhD in "Flavor". Für René Redzepi, den Chef des weltbesten Restaurants Noma, hat sie dessen Forschungslabor geleitet. Er empfiehlt ihr Buch: "Arielle hat mein Denken über Geschmack verändert, und in ihrem Buch wird sie das Gleiche für Sie tun." Auf ihrer Kundenliste stehen andere grosse Namen, z.B. Ferran Adria.
Einleitung
Die grenzenlose Wissenschaft des Geschmacks
Und was sie für dich tun kann
Dies ist ein Buch über Geschmack.
Du weißt schon, die Sache, die uns dazu bringt, Unsummen für alte Tomatensorten auszugeben.
Wenn etwas richtig gut riecht oder schmeckt – eine vollkommene, süß-säuerlich duftende Nektarine, ein unglaublich mineralisches und fleischiges Steak vom Rind aus Weidehaltung, ein paar überwältigend aromatische, frisch zerstoßene Gewürze –, bekomme ich davon Gänsehaut. Wahrscheinlich geht es dir ähnlich, schließlich hast du dieses Buch aufgeschlagen. Es ist zu einer (beinahe) allgemein anerkannten Wahrheit geworden, dass Kochen eine Naturwissenschaft ist – und doch habe ich mich schon lange nach mehr Fokus, mehr Wissen über den wichtigsten Aspekt daran gesehnt: wie Essen tatsächlich schmeckt und wie und warum es dazu kommt. Damit meine ich nicht, wie der objektiv betrachtet »perfekte« Cookie auszusehen hat, und auch keine fünfzehn Hacks, wie man Spargel im Februar so hinbekommt, dass er weniger nach Februar schmeckt, oder die Technik, die hinter Doritos-Tortilla-Chips mit der Geschmacksrichtung »Cool Ranch« steckt. Ich will alles darüber erfahren, was echtes, leckeres Essen so echt und lecker macht – und dann herausfinden, wie ich dieses Wissen einsetzen kann, um es noch besser zu machen.
Mir hat es nie gereicht, einfach tolle Geschmackserlebnisse zu haben – ich muss auch erforschen, wie sie entstanden sind, welche Mechanismen ihnen zugrunde liegen. Ich bin so besessen davon, Geschmack zu verstehen, dass ich meinen Doktor in dem Fach gemacht und Geschmack anhand von analytischer Chemie untersucht habe (genau genommen bin ich Dr. Johnson, in akademischen Kreisen – und für meine Mutter). Dabei fand ich heraus, dass es da draußen einen ganzen Kosmos von Wissen über Geschmack gibt, sowohl in der Chemie als auch in der Mikrobiologie, Psychologie, Ökologie, den Neurowissenschaften, der Ethnobotanik, selbst in den Wirtschaftswissenschaften und der Geschichte. Und in jedem großartigen Croissant, jedem traditionellen Barbacoa und jeder Bio-Blaubeere findet um Längen mehr faszinierende Geschmackswissenschaft statt als in den meisten geschmacksoptimiert hergestellten abgepackten Nahrungsmitteln.
Manche Köche und Köchinnen hören »Wissenschaft« und denken sofort: »Zwangsjacke«. Na toll, irgendjemand nennt sich objektive Instanz und will mir und meinem Essen mit einem Haufen Regeln die Kreativität austreiben und die Seele rauben.
Das fände ich genauso fade wie du. Es wäre auch gelogen, würde ich behaupten, dass es einen wissenschaftlichen Weg gibt, mit dem man jegliche Schwierigkeiten beim Kochen umgehen kann. (Tut mir leid.)
Glücklicherweise ist die Wissenschaft erstaunlich nützlich für etwas viel Besseres: Wenn es schon Spaß macht, zu wissen, was man beim Kochen tut, ist es geradezu beschwingend, zu wissen, warum man es tut – und wie man es noch geschickter angehen kann. Nicht nur sicher zu sein, dass ein bestimmtes Rezept, sofern korrekt befolgt, das gewünschte Ergebnis erzielt, sondern die zugrunde liegenden Mechanismen gut genug zu verstehen, um voraussagen zu können, wie die angewandte Technik oder die nächste Aktion den Geschmack der Zutaten beeinflussen wird, und dies im Handumdrehen anzupassen. Deswegen habe ich so viel in Restaurants gearbeitet und meine wissenschaftlichen Kenntnisse eingesetzt, um der Köstlichkeit hinterherzujagen anstatt der Gleichförmigkeit. Geschmackswissenschaft als ein Werkzeugkasten, der freie Improvisation möglich macht.
Wo ich dabei gern anfange? Bei den Molekülen. Vertrau mir einfach …
Geschmack gleich Moleküle
Jeder unserer Sinne ist auf eine Art von Information spezialisiert, die uns einen wichtigen Aspekt der Welt veranschaulicht. Sehen eröffnet uns die physischen Einzelheiten unserer Umgebung durch reflektiertes Licht. Mit dem Hörsinn erfassen wir das, was wir zwar nicht sehen können, was aber mechanische Vibrationen in der Luft verursacht, die wir als Geräusche wahrnehmen. Der Geschmack ist kein eigenständiger Sinn, sondern eine Kombination aus Schmecken und Riechen, den beiden Sinnen, die Moleküle unmittelbar wahrnehmen können. Dabei ist der Geschmackssinn auf die Moleküle spezialisiert, die die Zunge berühren, und der Geruchssinn auf Moleküle, die sich durch die Luft bewegen.
Geschmack ist etwas Persönliches, Emotionales (deswegen gibt es auch gar keinen »perfekten« Cookie; es ist subjektiv) – und trotzdem fängt alles damit an, dass wir echte, physische Moleküle wahrnehmen. Alles andere folgt aus den mechanischen Prozessen, die Moleküle eben durchlaufen.
»Geschmack gleich Moleküle« bedeutet, dass wir einige unserer häufigsten Fragen aus der Küche mit Chemie beantworten können. Warum schmeckt Zitronensaft so viel weniger sauer, wenn ich ihn nicht erst ganz am Ende dazugebe? Warum ist eine Prise Meersalz etwas anderes als eine Prise Tafelsalz? Warum ist frischer Ingwer so viel schärfer als gekochter? Wie kommt es eigentlich, dass es länger dauert, Zwiebeln zu karamellisieren als Zucker? Warum unterscheidet sich die Schärfe von Chiliöl, scharfer Sauce und frischen Chilischoten so sehr voneinander? Was verleiht dem köstlichen saftigen Pfirsich den vollmundigen Geschmack, den ein ganz normaler nicht hat?
Die Mechanismen, die dahinterstecken, sind weder besonders rätselhaft noch geheim. Es gibt bereits Unmengen wissenschaftlicher Abhandlungen zu jedem vorstellbaren Aspekt von Geschmack, doch wird all das Material nie an einer Stelle zusammengeführt und schon gar nicht in Verbindung mit Kochen gebracht oder überhaupt an Köchinnen oder Köche herangetragen.
Also habe ich mich genau darauf spezialisiert und helfe Köchen dabei, zu verstehen, was unter der Geschmackshaube vor sich geht, damit sie noch intuitiver an ihre Sache herangehen können und ihre Speisen noch leckerer werden. Mir werden viele Fragen zu Geschmack gestellt, und für ihre Beantwortung wühle ich mich durch die Tiefen der wissenschaftlichen Quellen und suche anschließend einen Weg, um meine Erkenntnisse in eine Sprache zu übersetzen, mit der Köche tatsächlich arbeiten können. Irgendwann ertappte ich mich zum gefühlt tausendsten Mal dabei, wie ich sagte: »Ach, ich wünschte wirklich, ich könnte dir eine Art Handbuch empfehlen, das all das zusammenfasst.« Und genau das ist dieses Buch: eine komprimierte Version all unseres unglaublichen Wissens darüber, wie Geschmack funktioniert und wie wir ihn maximieren können.
Auch wenn ich nicht behaupten kann, hier absolut alles abzudecken, was Geschmack betrifft (das würde etwa eine Million Seiten umfassen), kann ich dreierlei versprechen: ein solides Fundament der wissenschaftlichen Mechanismen von Geschmack; Weisheiten aus der Wissenschaft, die ich aus den Archiven ausgegraben habe und die an anderen Stellen in der Regel nur flüchtig abgehandelt werden; und ein Fokus darauf, wie all diese Wissenschaft genutzt wird, und zwar jetzt, in der echten Welt – um Muster zu erkennen, die Intuition beim Kochen zu fördern und der Kreativität mehr Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Alles in diesem Buch, angefangen bei seinem Aufbau bis hin zu den einzelnen Rezepten, ist davon geprägt, wie ich die Wissenschaft des Geschmacks beim Kochen tatsächlich eingesetzt habe – und auch davon, wie wirklich großartige Köchinnen das tun. Daher der Titel. Stell es dir als einen Panoramablick auf alles vor, was mit Geschmack zu tun hat.
Die Gliederung von Flavorama orientiert sich an fünf zentralen Gesetzen. Es handelt sich um vorhersehbare Eigenschaften, die sich immer wieder bewahrheiten, die Grundregeln für Geschmack.
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0. Geschmack gleich Moleküle.
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1. Zum Geschmack gehört der Geruch.
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2. Geschmack folgt vorhersehbaren Mustern.
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3. Geschmack lässt sich konzentrieren, extrahieren und verteilen.
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4. Geschmack lässt sich erschaffen und umwandeln.
Wie bei anderen Phänomenen, die Naturgesetzen folgen (Thermodynamik, schwarze Löcher), ist eines dieser Gesetze so grundlegend, dass alle anderen Gesetze darauf aufbauen. Aus diesem Grund wird es unter der Nummer »0« aufgeführt, denn es ist sogar noch wichtiger als die 1. Was Geschmack betrifft, haben wir das nullte Gesetz bereits angesprochen: Geschmack gleich Moleküle.
Geschmack besteht nicht einfach aus Schwingungen, die sich nicht beschreiben lassen, und es ist auch keine abstrakte Eigenschaft, die eine Zitrone mit zitronigem Geschmack durchtränkt. Absolut alles, was dazu führt, dass in deinem Gehirn die wunderbare Wahrnehmung von Geschmack erlebbar wird, ist in der Speise enthalten, die du isst, und zwar in der Form von Molekülen. Genau wie du und alles andere um dich herum setzen sich auch Nahrungsmittel aus Molekülen zusammen. Manche Moleküle sind für die Festigkeit und Konsistenz zuständig, andere für Feuchtigkeit und Elastizität, wieder andere für den Geschmack.
Chemie ist das umfassende Unterfangen, durch das sich all diese Moleküle aufspüren und beschreiben lassen. Wir wissen, wie schnell sie sich verflüchtigen (nützlich, wenn du sie in einem Gericht festhalten willst), ob sie bei Hitze oder zusammen mit Säure zerfallen (nützlich,...
Erscheint lt. Verlag | 2.1.2025 |
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Übersetzer | Corinna Rodewald |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Essen / Trinken |
Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft | |
Schlagworte | Anders kochen • Aroma • Geschmack • Geschmacksnoten • Michelinstern • Neues Kochen • NOMA • Redzepi • Restaurants • Rezepte • Starköche |
ISBN-10 | 3-8437-3278-7 / 3843732787 |
ISBN-13 | 978-3-8437-3278-9 / 9783843732789 |
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