Perfektion ist Quatsch (eBook)
246 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-45837-3 (ISBN)
Dr. Miriam von Loewenfeld ist Expertin für Leadership. Sie war als Deutschlandchefin von Sephora eine der jüngsten Geschäftsführer:innen im LVMH-Konzern. Sie co-gründete die Coaching Firma WOMAN 360 und tritt als Speakerin auf. Sie entwickelte 2023 das umfassendste Female Leadership Programm an einer deutschen Hochschule.
Dr. Miriam von Loewenfeld ist Expertin für Leadership. Sie war als Deutschlandchefin von Sephora eine der jüngsten Geschäftsführer:innen im LVMH-Konzern. Sie co-gründete die Coaching Firma WOMAN 360 und tritt als Speakerin auf. Sie entwickelte 2023 das umfassendste Female Leadership Programm an einer deutschen Hochschule. Regine Büttner ist seit über 25 Jahren Expertin im Human Resources Management. Sie war HR-Chefin und Mitglied des globalen Boards bei DHL Express, verantwortlich für mehr als 100 000 Mitarbeiter:innen in über 220 Ländern. Heute sitzt sie in verschiedenen Aufsichtsräten und arbeitet als Profilerin für die Anti-Doping-Organisation. Sie ist Co-Founderin der Firma WOMAN 360 (www.woman360.de).
Kapitel 1
Perfekte Welt
Alles ist möglich und noch viel mehr
Wonder Woman – das ist die starke, schöne und intelligente Superheldin, verkörpert von Gal Gadot im gleichnamigen Film. Wonder Woman hat nicht nur übernatürliche Kräfte, sondern rettet auch mal eben die Welt. Klar, sie ist eine Kunstfigur: Hollywood pur. Sie hat nichts mit den vielen Rollen zu tun, die wir Frauen im Alltag einnehmen. Oder etwa doch? Wenn ich in Frauenmagazinen blättere, sehe ich perfekt gestylte starke Frauen, sobald ich mich in LinkedIn einlogge, werden mir Entrepreneurinnen gezeigt, die mit ihren Geschäftsideen die Welt mindestens so charmant retten wie Wonder Woman. Und das wahrscheinlich sogar noch nachhaltiger! Wer begegnet mir auf Instagram? Frauen, die toll aussehen, einen gesunden Lifestyle leben und immer Zeit für einen romantischen Abend mit dem Partner haben. Alles Fake? Ich weiß es nicht. Das reale Leben dieser Frauen kenne ich nicht. Offensichtlich ist nur eines: Für die Realität gibt es keine Filter und keine Bildbearbeitung. Das Leben bringt Herausforderungen, die sich nicht einfach wegwischen lassen. Gut aussehen und Erfolg haben wollen wir alle, das garantiert aber weder eine glückliche Partnerschaft noch eine harmonische Familie. Und für unseren beruflichen Erfolg zahlen wir als Frauen oft einen hohen Preis, weil wir die richtige Balance noch nicht gefunden haben. Müssen Frauen heute also doch so sein wie Wonder Woman? Ja – und nein.
Es ist an der Zeit, einen neuen Typ »Wonder Woman« zu definieren. »Unsere« Wonder Women sind weder Supermodels noch Workaholics oder Influencerinnen – es sind vielmehr Frauen, die ihre Karriere, Familie, Freund:innen und Gesundheit unter einen Hut bekommen. Und dabei genau den Lifestyle leben, der sie glücklich macht und erfüllt. Warum ist uns das so wichtig? Weil viele Frauen immer noch ein Leben führen, in dem sie für Haus und Kinder mehr als der Partner verantwortlich sind, sodass sich dieser stärker auf die Karriere fokussieren kann. Gleichzeitig sind die Trennungs- und Scheidungsraten hoch wie nie, aber womit stehen die Frauen nach einer Trennung da? Mit oft sehr wenig und dem Risiko starker finanzieller Einschränkungen im Alter. Da ist hinsichtlich Gleichberechtigung noch viel Luft nach oben! Die gute Nachricht: Auch wenn die Top-Positionen in diesem Land immer noch mehrheitlich mit Männern besetzt sind, müssen Frauen nicht mehr grundsätzlich benachteiligt sein – denn die Zeiten ändern sich! Unternehmen denken um. Wer jetzt als Frau die eigene Karriere und somit das eigene Leben anpackt, hat gute Chancen wie nie zuvor.
Nobody said it would be easy: Vereinbarkeit von Job und Familie
Wo auch immer ich hinschaue – ob nun auf meine eigene Karriere oder auf die meiner Mutter, die in den 1970er Jahren ein echtes Role Model war –, merke ich: Der Weg nach oben kostet Frauen auch heute noch viel Zeit und Energie, vor allem wenn sie Familie haben. Genau das ist aber die größte Herausforderung der meisten Frauen, heute genauso wie vor 20 Jahren: Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen – also alles so in Balance zu halten, dass nichts zu kurz kommt, auch nicht die Höhe der späteren Rente. Frauen müssen sich hier immer noch mehr Gedanken machen als Männer.
Als ich Anfang der 2000er Jahre mit meinem Studium – Betriebswirtschaft in der Studentenstadt Mainz – begann, leuchtete der Stern meiner zukünftigen Karriere genauso hell wie der meiner Kommilitonen. Studien belegen, dass Schülerinnen und Studentinnen signifikant bessere Noten als ihre Mitschüler beziehungsweise Mitstudenten haben – warum sollte es also bei den späteren Karrierechancen anders sein? Auch die Zahl der weiblichen Studierenden hatte sich angeglichen, sodass es keinen Grund für eine mögliche Benachteiligung von Frauen zu geben schien. Ich sah damals überall Chancen, vor allem in beruflicher Hinsicht. Meine Mutter, eine der wenigen wirklich erfolgreichen Mütter in meinem Umfeld, stand gerade kurz davor, bei der Deutschen Telekom Personalvorständin zu werden – als eine der ersten drei Frauen im Vorstand eines DAX-Konzerns. Ich erinnere mich noch, wie mich damals diese so niedrige Zahl nicht störte. Für mich war klar: Die Frauenquote in Konzernvorständen würde in den kommenden Jahren steigen, schließlich hatten sich die Generationen an Frauen vor uns, unsere Mütter und Großmütter, nicht umsonst für Gleichberechtigung und Chancengleichheit eingesetzt. Meine Mutter war bloß eine der Ersten. Ich war megastolz auf sie – und natürlich würde ich eine ähnliche Karriere machen, das war überhaupt keine Frage. Dass ich gleichzeitig eine Familie mit drei Kindern haben wollte, stand für mich in keinerlei Widerspruch dazu. Ich zweifelte nicht daran, dass ich all das schaffen würde.
Heute, über 15 Jahre später, sehe ich die Dinge anders. Viele meiner männlichen Kommilitonen von damals arbeiten in Führungspositionen. Meine Kommilitoninnen sind dagegen meist teilzeitbeschäftigt, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Obwohl in Sachen Gleichberechtigung schon viel erreicht wurde, sind wir von der angestrebten Vision einer Welt, in der Frauen und Männer wirklich gleichberechtigt sind, noch ein ganzes Stück entfernt. Und nein, das liegt nicht nur an den einzelnen Frauen, denen die Arbeit in Vollzeit theoretisch völlig freisteht, um dann die Karriereleiter zu erklimmen und dasselbe zu verdienen wie Männer. Denn hier gibt es auch gesellschaftlich und politisch noch viel zu tun. Aber: Wir sind bereits auf einem guten Weg.
Der Reality-Check in der perfekten Welt
Machen wir doch mal den Reality-Check – wie sieht es in unserer perfekten Welt wirklich aus? Wie haben sich die Frauenanteile in Politik und Wirtschaft entwickelt? Wie in den höchsten Führungspositionen der großen Unternehmen? Was tut sich in Sachen Elterngeld und Elternzeit? Was bei den Teilzeitbeschäftigungen und Minijobs? Wie verändert sich der Gender-Pay-Gap? Und vor allem: Was zeichnet Frauen aus, die es bereits »geschafft« haben? Inwiefern unterscheiden sie sich von Männern in vergleichbaren Situationen?
1.Regierungschefinnen: Krisenfester und führungsstärker als ihre Kollegen
Studien belegen, dass Frauen in wichtigen Bereichen mehr Führungskompetenzen haben als Männer. Harvard Business Review beschrieb 2020 Leadership Lessons, die Männer von Frauen lernen könnten. Dazu zählt beispielsweise, die eigenen Einschränkungen zu kennen, sich selbst zu reflektieren, partizipativ statt direktiv zu führen oder in Krisen eine empathische Haltung einzunehmen. Trotz all dieser positiven Attribute, die Frauen in Führungspositionen aufweisen, ist die Anzahl der Regierungschefinnen noch äußerst niedrig: Nur 26 von 193 Staaten, die Vollmitglied der Vereinten Nationen sind, haben ein weibliches Staatsoberhaupt.
Eine weitere Studie des Trinity College Dublin fand heraus, dass weibliche Regierungschefinnen ihre Länder besser durch die COVID-19-Pandemie geführt hätten. Hier denke ich zum Beispiel an die damalige neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern. Ihre generell äußerst progressive Politik, ihre Steuersystemreform zugunsten von Familien, ihre divers aufgestellte Kabinettszusammensetzung und ihre zielgerichteten, erfolgreichen Maßnahmen gegen COVID-19 machten sie zu einem globalen Role Model.
2.Sie sorgen für mehr Gleichberechtigung: Frauen in der deutschen Politik
Lag Anfang der 1970er Jahre der Frauenanteil im deutschen Bundestag noch bei 6,6 Prozent, so ist er heute schon auf 34,9 Prozent angestiegen. Das ist ein enormer Erfolg! Sich auf diesen Lorbeeren auszuruhen oder zu denken, dass die Entwicklung nun geschmeidig so weitergehe, wäre allerdings fatal. Das lässt sich allein daran erkennen, dass der Frauenanteil im Bundestag in den 1970er und 1980er Jahren proportional viel stärker angestiegen ist als in den...
Erscheint lt. Verlag | 4.9.2024 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Bewerbung / Karriere |
Schlagworte | annahita esmailzadeh • Beruf und Karriere • erfülltes Berufsleben • Frauen und Karriere • Judith Williams • Selbstorganisation • Vereinbarkeit |
ISBN-10 | 3-593-45837-3 / 3593458373 |
ISBN-13 | 978-3-593-45837-3 / 9783593458373 |
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