Nicht mein Zoo, nicht meine Zebras (eBook)
272 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-31452-1 (ISBN)
Wenn der Körper schlapp macht, wissen wir uns zu helfen: ein paar Nusskerne, ein Kaffee und wir finden zu gewohnter Form zurück. Vergleichbares gibt es auch für die Psyche, es ist uns nur nicht bewusst: Positive Leit- und Glaubenssätze liefern halb psychologisches, halb philosophisches Gedankenfutter, wenn wir ratlos sind oder die Welt nicht so will, wie wir es gern hätten. In solchen Momenten brauchen wir keinen Coach. Es reichen ein paar Worte, die uns aufbauen, beruhigen und zurück auf die Spur bringen.
Das ist kein Hokuspokus. Aus der Sprachpsychologie wissen wir: Worte prägen unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Positive, einprägsame Sätze wirken im Gehirn wie ein Medikament - nur viel schneller. 25 mentale Snacks versammelt Doris Märtin in diesem Buch. Die meisten sind so fluffig wie Popcorn. Aber sie haben es in sich.
- Energiekugeln für die Seele: 25 motivierende und sofort wirksame Impulse für mentale Stärke
- Inspirationen für mehr Halt, Klarheit und Leichtigkeit im Alltag
- Liebevoll illustriert und ausgestattet - ein wunderbares Geschenk
Dr. Doris Märtin begleitet seit über 20 Jahren Unternehmen, Organisationen und Persönlichkeiten beim Aufstieg und Auftritt. Als Autorin denkt sie über das gute, erfüllte Leben nach und gibt innovative Impulse für emotionale Intelligenz, persönliche Entwicklung, beruflichen Erfolg und Exzellenz auf Augenhöhe. Dabei verknüpft sie psychologische, philosophische und Management-Perspektiven und fasst sie in eine klare Sprache und einprägsame Storys. Zu ihren erfolgreichsten Büchern zählen Small talk. Die Kunst des kleinen Gesprächs, Erfolgreich texten, Gut ist besser als perfekt. Die Kunst, sich das Leben leichter zu machen und Habitus. Sind Sie bereit für den Sprung nach ganz oben?. Ihre Bücher erscheinen unter anderem auch in China, Japan, Südkorea, den Niederlanden, Spanien und Italien.
1
Ich komme immer zurecht
Sie ist zehn Jahre alt, ihre Mutter ist früh gestorben und ihr Vater meistens im Ausland unterwegs. Sie hat keinen, der das Einmaleins mit ihr übt, und hieße sie nicht Pippi Langstrumpf, würde jeder halbwegs erwachsene Mensch denken, da muss doch jemand was tun. Doch zum Glück haben wir sie kennengelernt, als wir ungefähr so alt waren wie sie, und wie immer wir Pippilotta Efraimstochter fanden: Nicht im Traum wäre uns eingefallen, dass sie eine Pflegefamilie braucht oder einen Besuch vom Jugendamt.
Ich erinnere mich gut, wie sie mich faszinierte, kaum hatte ich das Lesen gelernt, ganz allein in ihrer heruntergekommenen Villa, mit den Goldkoffern und dem Pferd auf der Veranda. Ich konnte mich zwar nicht mit ihr identifizieren, dafür steckte zu viel von der braven Annika in mir. Aber wenn sie abends vor dem Schlafengehen ihrer Mutter im Himmel versicherte »Hab keine Angst, ich komme immer zurecht«, dann spürte ich: Pippi war nicht bloß stark, weil sie ihr Pferd hochheben konnte, und unabhängig, weil niemand sie ermahnte, wenn sie mit den Füßen auf dem Kopfkissen schlief. Sie besaß Superkräfte, weil sie die Bälle parierte, die das Leben ihr zuschoss. Und wenn Sie Pippi Langstrumpf kennen, wissen sie: Die waren nicht ohne. Doch Pippi heulte nicht. Sie blieb guten Mutes und fand einen Ausweg. Obwohl sie keinen Papa hatte, der sie raushaute, und keine Mama, die sie in die Arme nahm.
Auf Englisch heißt Pippis Haltung attitude, was nicht mit dem deutschen Wort Attitüde zu verwechseln ist, das eher in Richtung Pose und Gebaren weist. Attitude steht für die Einstellung, Herausforderungen und Zumutungen mutig anzupacken. In den angelsächsischen Ländern gilt sie als wichtiges Zeichen von Persönlichkeit. Vielleicht kennen Sie den Ausspruch des amerikanischen Motivationstrainers Zig Ziglar: »It is your attitude, more than your aptitude, that will determine your altitude.« Auf Deutsch: Mehr als dein Können entscheidet deine Einstellung über die Flughöhe, die du erreichst. Ganz so weit würde ich nicht gehen. Wo es auf Spezialkenntnisse ankommt, beim Hautscreening zum Beispiel oder bei der Heizungsinstallation, messe ich dem Können die höhere Bedeutung bei.
Das war es aber auch schon mit den Einschränkungen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist »Ich komme immer zurecht« ein Satz, der es in sich hat. Wenn Sie aus dieser Haltung heraus handeln, wendet sich zwar nicht alles zum Guten. Auch der Glaube an die eigenen Fähigkeiten zaubert nicht weg, dass der Partner fremdgeht, das Kind gemobbt wird oder kein Arzt den Grund für die chronischen Schmerzen findet. Doch die Grundzuversicht, man wisse sich zu helfen, stabilisiert in jeder Lage Seele und Geist. Immer. Auch wenn man im Moment das Licht am Ende des Tunnels noch nicht sehen kann und die üblichen Sprüche (»Das wird schon wieder«, »Da stehst du doch drüber«) schmerzhafte Erfahrungen nur bagatellisieren. Im Vergleich zu ihnen wirkt »Ich komme immer zurecht« ernüchternd nüchtern. Genau das gefällt mir daran. Weder wischt der neue Glaubenssatz Schwierigkeiten vom Tisch noch verspricht er uns das Blaue vom Himmel herunter. Er leugnet nicht, dass wir uns besorgt, durch den Wind oder sogar ziemlich am Ende fühlen. Sein Trost liegt in der Botschaft, dass wir trotzdem zurande kommen.
Man könnte heulen, wenn der Laptop den Geist aufgibt, die Katze seit vier Tagen nicht mehr nach Hause gekommen ist oder die Baufinanzierung in sich zusammenfällt. »Ich komme immer zurecht« bringt unsere innere Stimme in solchen Situationen dazu, optimistischer und lösungsorientierter zu sprechen. Wie kann ich mir in schwieriger Lage etwas Gutes tun? Was hat mir in einer ähnlichen Situation schon einmal weitergeholfen? Was kann ich tun, um die Situation zu entschärfen? Oder wenigstens nicht daran zu verzweifeln?
Wer sich als weniger hilflos erlebt (und sei es nur ein winziges bisschen), hat viel gewonnen. Denn jede klitzekleine Eigeninitiative verbessert die Lage. Von dieser Erfahrung erzählt die neuseeländische Schriftstellerin Claire Nelson in ihren faszinierenden Memoiren Things I Learned from Falling. Bei einer Solowanderung im kalifornischen Joshua Tree Park kam sie vom Weg ab, stürzte und zertrümmerte sich das Becken. Ohne Handyempfang und fast ohne Proviant lag sie bewegungsunfähig in der Mojave-Wüste. Kein Mensch wusste, dass sie unterwegs war, geschweige denn wo. Nach vier Tagen unter glühender Sonne und drei eiskalten Nächten wurde Claire wie durch ein Wunder gefunden. Dass sie zu diesem Zeitpunkt noch lebte, verdankte sie nicht dem Glück, sondern der Haltung, auch in aussichtsloser Lage zu tun, was noch geht. Gegen die unerträglichen Schmerzen schluckte sie Aspirin. Aus einem T-Shirt und ihren Wanderstöcken bastelte sie ein provisorisches Sonnensegel. Solange sie Strom hatte, nahm sie Handyvideos von sich auf. Sie konnte sie zwar nicht versenden. Doch das Gefühl, irgendwie mit der Welt in Kontakt zu treten, gab ihr Kraft. Nichts davon befreite sie aus ihrer Lage. Es half ihr aber, sich am Leben zu halten. Wenn sie gerettet werden konnte, dann weil sie jede noch so unscheinbare Möglichkeit nutzte, die ihr geblieben war.
Wie viele Breitseiten haben Sie im Leben schon abbekommen? Wie viele Grenzsituationen haben Sie erlebt? Wie oft waren Sie von Angst, Unsicherheit oder Überforderung betroffen? Wann hat der ganz normale Alltagsstress Ihnen gefühlt den letzten Nerv geraubt? Und wie viel davon haben Sie gemeistert? Vermutlich sehr, sehr viel. So schwer es uns fällt, so weh es auch tut, meistens passen wir uns unfreiwilligen Veränderungen mit mehr Resilienz an, als wir für möglich halten. Auch wenn es kein Zuckerschlecken ist, wir kämpfen uns durch und kommen zurecht. Der Gedanke daran relativiert die Angst und ermutigt, sich auf die eigenen Kräfte zu besinnen. Zumal sich die meisten Katastrophen eher als kleiner denn als größer erweisen.
Gerade höre ich von einem Freund: Die Lungenentzündung, die schon ausgeheilt schien, hat sich zurückgemeldet. Eigentlich wollte er mit seiner Familie durch Frankreich reisen und an der Atlantikküste einen runden Geburtstag feiern. Der Wohnwagen war gepackt, die schönsten Stellplätze seit Langem gebucht, da zeigt das vermeintlich abschließende Röntgenbild: Aus der Reise wird nichts. Statt Schlemmen und Sport ist Abwarten und Schonen angesagt. Die ausgefallene Tour bedeutet sicher keinen Weltuntergang. Aber auch vergleichsweise geringe Enttäuschungen können uns in ein Loch stürzen, vor allem wenn sich auf absehbare Zeit nichts daran ändern lässt.
Alternativ halten wir es wie Pippilotta und gewinnen misslichen Situationen etwas irgendwie Positives ab. In der Frühlingssonne zu dösen, während die Lunge sich erholt, ist gewiss nicht das Schlechteste. Auch wie draußen die Apfelblüte weiß-rosa wogt, hätte man auf Reisen versäumt. Denn man wäre dann ja, so die Pippi-Logik, nicht zu Hause gewesen. »Und das wäre schade.« Zweckoptimismus? Mag sein. Doch die Haltung, aus dem Unvermeidlichen das Beste oder jedenfalls etwas Vernünftiges zu machen, gibt den Dingen einen anderen Dreh. Wenn nichts anderes hilft, kann es die wichtigste Veränderung sein, das Leben so anzunehmen und zu schätzen, wie es ist.
Düstere Gedanken bremsen uns aus. Wenn wir nicht aufpassen, konzentrieren wir uns bei Enttäuschungen und Problemen nur auf die negativen Aspekte. Das Schwierige und Schlechte rückt in den Fokus. Wir malen uns aus, wie schön das Leben sein könnte, wenn der Wunschzustand eingetreten oder der gute Lauf weitergegangen wäre. Die negativen Gedanken sind rational und berechtigt. Das Dumme ist nur: Sie ziehen uns runter und schränken das Verhaltensrepertoire ein. Man hält sich für technisch unbegabt und probiert nicht einmal, das Rad flottzukriegen. Man hasst Papierkram und beantragt erst gar keine Fördergelder. Wie auch, wenn man doch weiß, dass es eh nix wird? In Situationen wie diesen lohnt es sich, »Ich komme immer zurecht« in die innere Diskussion einzuspeisen. Im Handumdrehen erinnert uns der Satz an unsere Selbstwirksamkeit. Halb stupst er uns, halb pusht er uns aus der Panik, der Hilflosigkeit, dem Selbstmitleid heraus. Er bringt uns dazu, den Kopf einzuschalten und zu schauen, was wir tun können, auch wenn sich die Situation schwierig gestaltet.
Irgendwann, irgendwie treffen die Schleudern und Pfeile des Schicksals jeden von uns. Sie sind unangenehm und schmerzhaft, und oft können wir nicht einmal etwas dafür. In solchen Fällen profitieren wir davon, wenn wir dem Schweren unsere Kräfte und unseren Glauben entgegenstemmen. Denn etwas geht immer, erst recht, wenn man jede Menge Lebensklugheit hat, liebe Menschen, großartige Abschlüsse, gefragte Kompetenzen und hilfreiche Kontakte. Von unserer Einstellung hängt ab, ob wir auch aus widrigen Situationen etwas halbwegs Gutes herausholen. Weil wir uns nämlich selbst helfen, soweit es eben geht.
Menschen, die ihre Kompetenzen kennen, zeigen Verhaltensweisen, die sie erfolgreich machen. Sie sind von der inneren Überzeugung getragen, dass sie ihre Ziele verwirklichen und schwierigen Situationen gewachsen sind. Sie wissen, wie man sich beruhigt und Verantwortung für das eigene Leben übernimmt. Sie holen sich Hilfe, nehmen harte Schnitte in Kauf, akzeptieren Unvermeidliches und verstehen auch kleine Schritte in die richtige Richtung als Erfolg.
Die Frage ist, wie gelangt man zu dieser Einstellung? Ein Schlüssel liegt in unserem Attributionsstil. So bezeichnen Psychologinnen und Psychologen die Art, wie wir Widrigkeiten bewerten. Möglichkeit 1: Wir dramatisieren die Lage, indem wir verzweifeln,...
Erscheint lt. Verlag | 16.10.2024 |
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Illustrationen | Isabel Klett |
Zusatzinfo | durchg. illustriert |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | 2024 • Bibliotherapie • eBooks • Entspannung • innere Stabilität • Neuerscheinung • Resilienz • Selbstachtung • Selbstcoaching • Souveränität • Sprachpsychologie • Stabilität und Balance • Wertschätzung |
ISBN-10 | 3-641-31452-6 / 3641314526 |
ISBN-13 | 978-3-641-31452-1 / 9783641314521 |
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