Co-Fucking -  Anna Weiss

Co-Fucking (eBook)

Warum ich erst dachte, dass meine Ehe zerbricht und jetzt in einer offenen Beziehung glücklich bin

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-9394-0 (ISBN)
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Mein Leben lang habe ich gelebt wie die meisten anderen Menschen um mich herum: monogam. Seit 20 Jahren bin ich mit meinem Mann Alex zusammen und wirklich glücklich verheiratet. 'Das ist für immer und ewig, nur wir beide'. Dachte ich. Doch dann kam alles ganz anders.  Glücklich verheiratet sind wir immer noch. Allerdings gibt es mittlerweile nicht mehr nur uns beide. Denn Alex und ich leben in einer offenen Ehe, das heißt, wir haben auch Sex mit anderen Männern und Frauen. Darauf haben wir uns gemeinsam geeinigt: Zwei Menschen, die sich Freiräume erlauben und gleichzeitig wissen, dass sie sich das Wichtigste im Leben sind. Viel schöner kann Liebe nicht sein. Oder?  Seit unserem Sprung ins kalte Wasser habe ich Rotz und Wasser geheult - und meine Freiheiten ausgekostet. Ich habe fremde Männer geküsst, mich als Domina probiert und zu dritt herumgespielt. Ich habe so einiges über das Verhältnis von Männern und Frauen gelernt und wie schwierig es noch heute ist, daran etwas zu verändern. Vor allem aber habe ich zu mir selbst gefunden. Ich bin die, die ich sein will. Dank der offenen Ehe. Und deswegen glaube ich: Uns allen würden mehr Freiheiten ziemlich gut tun.

Anna Weiss ist in Hannover geboren und aufgewachsen, hat in Berlin Kommunikationswissenschaften studiert und arbeitet heute als Autorin und Marketing-Expertin für nationale und internationale Unternehmen. Sie lebt glücklich verheiratet mit ihrem Mann, den sie schon in der Schulzeit kennengelernt hat, in Berlin.

Kapitel 2

Ist doch nur Sex – das erste von vielen ersten Malen


Ich gebe Alex einen Abschiedskuss, schlage die Wohnungstür hinter mir zu und stolpere fast die ersten Stufen hinunter, so nervös bin ich. Heute soll es passieren. Mein erstes Mal mit einem anderen Mann nach 20 Jahren mit Alex.

In der S-Bahn rotieren meine Gedanken. »Worüber sollen wir bloß miteinander reden? Was ist, wenn er mich doch blöd findet? Und was soll ich überhaupt machen? Vielleicht stelle ich mich ja total bescheuert an! Dann fällt ihm auf, wie unerfahren ich bin. Ich kenne ja nur Sex mit Alex. Oh Gott!« Ich gerate in Panik.

Da bemerke ich eine Mutter, die mir wohl schon länger gegenübersitzt und ihr Kind mit Brei füttert. Seelenruhig, Löffel für Löffel. Ob die auch so etwas macht wie ich? Oder das ältere Paar da hinten, das auf der Bank schweigend nebeneinandersitzt? Wenn die wüssten, was ich vorhabe!

Eine halbe Stunde später bin ich endlich da, bei Andreas, einem 31-jährigen Kindergärtner mit blonder Lockenmähne. Ich hänge meine Jacke an die Garderobe im schmalen Flur und laufe hinter ihm her ins Wohnzimmer. An der Wand kleben Plakate von Mountainbikern, die durch spritzenden Schlamm fahren. In der Ecke steht ein Wäscheständer, auf dem T-Shirts und Unterhosen hängen. Wie einladend!

Wir setzen uns aufs Sofa, Andreas stellt für mich ein Glas Leitungswasser auf den Couchtisch und guckt mich erwartungsvoll an. »Das ist also der Typ für dein erstes Mal«, schießt mir durch den Kopf.

Alex hatte sein erstes außereheliches Mal schon vor ein paar Wochen gehabt.

Als er sich von mir verabschiedete, spürte ich, wie aufgeregt er war. Sein Herz pochte unter dem Hemd, er drückte mich fest an sich und küsste mich. »Ich habe dich sehr, sehr lieb«, sagte er und schaute mir in die Augen. Dann verschwand er im Treppenhaus, und ich blieb allein in der Wohnung zurück.

Plötzlich spürte ich, wie leer die Wohnung war. Wie allein ich war. Ich wollte mich ablenken und lief ziellos umher. Ich entdeckte schmutziges Geschirr. Herrlich! Das musste ich natürlich sofort abwaschen. Und abtrocknen. Und wegsortieren.

Dann aber war ich wieder allein. Und das Kopfkino ging los.

Ich wusste, dass Alex sich mit einem netten und süßen Italiener traf. Das hatte er mir erzählt. Matteo hatte braune Augen und dunkle Haare. Verdammt! Ich sah ihn vor mir: Er hatte bestimmt einen makellosen Body, war wahnsinnig charmant und natürlich auch lustig. So ein Scheiß-Kerl. Und dann der Sex! Ach ja, der Sex! Ich versteinerte. Was die beiden wohl gerade trieben? In meinem Kopf lief ein Horrorfilm. Jedenfalls aus meinem Blickwinkel.

Ich war völlig überfordert mit der Situation und wusste nicht, was ich tun und denken sollte. Ich guckte fern und zappte wahllos hin und her. Ich machte Musik an und hörte nicht, welcher Song lief. Ich starrte ständig auf die Uhr und fragte mich, warum die Zeit an diesem Abend so elendig langsam verging.

Es waren furchtbare Stunden, in denen ich das Gefühl hatte, mir würde alles entgleiten. Ich hatte Angst, war wütend und verletzt, fühlte mich hilflos. Wir hatten uns zwar entschieden, diesen Schritt zu gehen. Aber die Praxis sah eben doch anders aus als die Theorie.

Und es wurde noch schlimmer. Alex kam so spät in der Nacht nach Hause, dass ich nicht mehr auf ihn warten konnte. Ich musste am nächsten Tag früh aufstehen und deswegen versuchen, zumindest ein bisschen zu schlafen. Irgendwann merkte ich zwar, dass er wieder neben mir im Bett lag. Trotzdem schlief ich unruhig und stand wie gerädert auf. Ich schleppte mich durch den Arbeitstag, bis dann am Nachmittag endlich Zeit war, um in Ruhe miteinander zu sprechen. Was hat Alex erlebt? Wie war es mir ergangen?

Dabei wurde uns schnell klar: Das war nicht gut gelaufen. Wir haben Fehler gemacht.

Wir merkten, dass wir uns nach einem Date immer sehen und zumindest kurz miteinander sprechen wollten. Das fühlte sich für beide besser an. Also beschlossen wir, dass keiner von uns die halbe Nacht wegbleiben, sondern rechtzeitig nach Hause kommen sollte.

Wir merkten außerdem, wie wichtig es in dieser neuen Situation war, weiterhin sehr ehrlich miteinander reden zu können. Jeder musste sagen können, was er oder sie empfand. Keine Geheimnisse. Das soll auch fürs Innenleben gelten. Egal, ob wir uns freuten oder wütend waren, ob wir Angst hatten oder traurig waren. All das durften wir sagen, und es musste erst mal so stehen bleiben können. Ohne Entschuldigungen für die eigenen Gefühle. Ohne dass der oder die andere sich sofort angegriffen fühlte und in den Verteidigungsmodus überging. Nur und erst dann konnten wir ehrlich darüber reden und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden, damit es beiden gut ging.

Eines meiner größten Probleme blieb aber auch in den folgenden Wochen bestehen: Ich konnte nicht glauben, dass Alex nur mit jemandem Sex haben konnte, ohne dass es seine Gefühle für mich beeinträchtigte. Er versicherte mir zwar: »Doch, das geht. Das sind schöne Treffen. Aber ich liebe dich deswegen nicht weniger als vorher. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«

Ich verstand es nicht. »Ich springe nicht einfach mit jemandem ins Bett«, entgegnete ich ihm. »So einfach ist das nicht. Sex ist für mich etwas Intimes, ein Ausdruck von Liebe und enger Verbundenheit. Ganz abgesehen davon: Ich kann mich nicht mal eben so vor einem fremden Mann ausziehen.«

Und dann machte ich es doch. Irgendwann war ich zu neugierig – und zu trotzig. Ich sah nicht ein, dass nur Alex die Freiheiten nutzte. »Was er kann, kann ich auch.« Also lud ich mir Tinder herunter und meldete mich an. Alex war an dem Abend wieder auf einem Date, und ich hatte Zeit. Ich durchsuchte mein Handy nach passenden Fotos, was gar nicht so einfach war, denn auf den meisten waren Alex und ich zusammen zu sehen. Irgendwann hatte ich dann aber zwei Bilder, lud sie hoch, schrieb einen kurzen Profiltext und fing an zu swipen.

Plötzlich poppte etwas auf meinem Bildschirm auf. »Es ist ein Match!«, stand da. Ich zuckte zusammen und schmiss vor Schreck beinahe mein Handy aus der Hand. Ich spürte mein Herz, meine Hände schwitzen. Was sollte ich jetzt bloß machen?

Mein Match hieß Andreas und schrieb als Erster. »Ich mag dein Lächeln.« Ich wurde verlegen, das hatte mir schon lange kein Mann mehr gesagt. Wir schrieben ein bisschen hin und her – und verabredeten uns für den nächsten Tag. Denn ich wollte nicht länger warten, sondern dieses erste Mal so schnell wie möglich erleben und entmystifizieren. Der erste Sex mit einem fremden Mann nach 20 Jahren monogamer Beziehung, der war für mich wie eine unsichtbare Hürde in meinem Kopf, die ich überwinden wollte.

Nachts konnte ich kaum schlafen, träumte wirres Zeug. Am nächsten Tag stand ich hilflos vor meinem Kleiderschrank. Rock oder Jeans? Bluse oder Pulli? Ich wühlte durch meine Unterwäsche und riss verzweifelt jedes Stück aus der Schublade. Herrje, damit konnte ich mich doch nicht blicken lassen! Auf einmal sah alles verwaschen und unsexy aus.

Ach, was soll’s! So ein Theater für einen wildfremden Kerl! Ich schüttelte über mich selbst den Kopf und zog mich endlich an.

Jetzt sitze ich also bei Andreas im Wohnzimmer. Er ist bestimmt 15 Kilo dicker als auf seinen Tinder-Fotos. Mhh … Unterhalten kann ich mich auch nicht wirklich mit ihm. Außer »Ja« und »Nein« bringt er nicht viel heraus. Nicht optimal. Trotzdem frage ich schon nach zehn Minuten: »Wollen wir nicht gleich anfangen?« Mir ist es nämlich plötzlich egal. Ich will es hinter mich bringen und den Mythos vom ersten Mal erledigen. Jetzt.

Das lässt sich Andreas nicht zweimal sagen. Sekunden später liegen wir auf der Couch, ich spüre seine Lippen auf meinen, wie seine Hände über meinen Körper gleiten und meine Brüste ertasten. »Ziehen wir um ins Schlafzimmer?«, fragt er. Ich nicke und ziehe mich dort in Windeseile aus. »Das ist ja gar kein Problem«, denke ich noch verwundert und lege mich nackt neben ihn aufs Bett.

Der Sex ist überraschenderweise ganz gut. Wild, viele Positionswechsel, so wie ich es mag. Ich kann mich in dem Moment fallen lassen und habe Spaß. Dann aber sagt er: »Ich will, dass du zuerst kommst.« Das ist ja eigentlich sehr nett – und nicht selbstverständlich, wie ich bei anderen Dates später noch erleben soll. Doch ich kenne mich und weiß auch: Ich habe hier heute keinen Orgasmus. Da können wir noch stundenlang zugange sein.

Sagen will ich ihm das allerdings nicht, sondern die Sache lieber ohne viel Erklärungen beenden. Da fällt mir die berühmte Szene mit Meg Ryan im Film »Harry und Sally« ein. Da, wo sie gemeinsam in einem Restaurant sitzen und sie, genau, zu stöhnen anfängt. Also drehe ich Andreas auf den Rücken, setze ich mich auf sein Gesicht, halte mich an den Metallstreben am Kopfende seines Bettes fest, schließe die Augen, lasse ihn lecken – und täusche kurz darauf einen Orgasmus vor. Ah, ahh, ahhh! Das mache ich ebenfalls zum ersten Mal. Übrigens auch zum letzten Mal, weil ich es im Nachhinein ziemlich blöd finde. Doch er nimmt’s mir ab, kommt ebenfalls, und zehn Minuten später verlasse ich frisch geduscht wieder seine Wohnung.

Was ist hier gerade passiert? Bin ich das wirklich?

Richtig glauben kann ich das nicht. Es ist ein bisschen so, als würde ich mich selbst von außen betrachten. Ich kenne diese Frau, irgendwie aber auch nicht. Ich kann nicht fassen, dass ich das gemacht habe. Dass ich mich fallen lassen konnte, dass ich mit einem fremden Mann, den ich noch nicht mal sexy fand, Lust empfinden konnte.

...

Erscheint lt. Verlag 5.7.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Partnerschaft / Sexualität
ISBN-10 3-8338-9394-X / 383389394X
ISBN-13 978-3-8338-9394-0 / 9783833893940
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