Mikrotrauma -  Dipl. Psych. Sonja Unger

Mikrotrauma (eBook)

Wenn kleine seelische Verletzungen krank machen. Belastungen meistern - innere Stärke wiederentdecken
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Humboldt (Verlag)
978-3-8426-4270-6 (ISBN)
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Es ist unbestritten, dass alltägliche Schwierigkeiten des Lebens, wie Konflikte mit unseren Partnern, Probleme bei der Arbeit oder Streitigkeiten mit Freundinnen, unangenehme Gefühle und eine schwierige Zeit auslösen können. Unsere mentale Gesundheit wird dadurchaber nicht ernsthaft beeinträchtigt. Oder doch? In ihrem Ratgeber zeigt Sonja Unger, dass psychische Belastungen und Erkrankungen nicht immer durch ein großes einschneidendes Ereignis ausgelöst werden müssen, sondern auch kleine Nadelstiche die Seele verletzen können. Sie hilft ihren Leserinnen und Lesern, Mikrotraumata zu erkennen und zu verstehen, begleitet sie bei der Selbsthilfe und gibt Anregungen, um mit Ängsten, Stress oder innerer Leere umzugehen und wieder zu sich selbst zu finden.

Sonja Unger hat Psychologie studiert, eine Ausbildung zur Verhaltenstherapeutin absolviert und arbeitete an der Universitätsklinik Freiburg, der Parkinsonklinik Wolfach sowie der Oberbergklinik Hornberg. Seit 2014 ist sie in ihrer eigenen Praxis als Psychologische Psychotherapeutin tätig. Auf ihrem Instagram-Account @psych.sonja.unger und ihrem Blog 'psychologie to grow' klärt sie über psychologische Themen auf, wie z.B. die Stärkung von Selbstvertrauen und Zufriedenheit, Frauengesundheit sowie den Umgang mit Mikrotraumata.

RISIKOFAKTOREN FÜR MIKROTRAUMATA


In diesem Kapitel erkläre ich dir, welche Faktoren Menschen verletzlich machen für die Entwicklung von Traumafolgestörungen. Außerdem erfährst du, inwiefern auch unsere heutige Gesellschaft dazu beiträgt, dass Mikroverletzungen sich häufen und ihre belastende Wirkung entfalten.

Was macht uns verletzlich für Mikrotraumata?


Sind es besonders „schwache“ Menschen, die von Mikrotraumata betroffen sind? Welche Merkmale lösen eine Verletzlichkeit für diese Form der Traumatisierung aus? Bist du selbst schuld, dass dir so etwas passiert ist und du dir nicht selbst helfen kannst?

Vielleicht hast du den Eindruck, nur du würdest unter den Angriffen deines Partners oder einer Arbeitskollegin leiden und andere würden so etwas unbeeindruckt wegstecken oder sich zur Wehr setzen. Erst einmal möchte ich dich daran erinnern, dass man von außen nur schwer beurteilen kann, wie gesund ein Mensch mental tatsächlich ist. Eine Depression beispielsweise ist von außen nur selten sichtbar. Ebenso kann man von außen nur schwer erkennen, durch welche Glaubenssätze ein Mensch beeinflusst wird oder welche früheren Verletzungen er möglicherweise noch in sich trägt. – Jene Faktoren, die einen enormen Anteil daran haben, ob Mikroverletzungen zum Trauma werden oder nicht, sind von außen nicht erkennbar.

Wie du im ersten Kapitel bereits gelesen hast, gibt es zahlreiche Risikofaktoren für psychische Störungen. Zunächst schauen wir uns Faktoren genauer an, die laut Forschung besonderen Einfluss auf traumaasoziierte Symptome und Störungen nehmen.

Diese Zusammenhänge nachzuvollziehen, kann dabei helfen, dich selbst besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage fällt es uns oft leichter, uns gegen wenig hilfreiche automatische Handlungsimpulse zu entscheiden und damit neue und vielleicht „gesündere“ Entscheidungen zu treffen, mehr Wahlmöglichkeiten zu entdecken und auch auszuprobieren. Außerdem kann es dir auf diese Weise vielleicht gelingen, dich so, wie du bist, anzunehmen.

Was ich mir am meisten für dich wünsche, ist, dass du verstehst: Du trägst keine Schuld! Ich hoffe, dass du erkennst: Es gibt keinen Grund dafür, dich für irgendetwas zu schämen. Du bist gut so, wie du bist. Das, was dich möglicherweise verletzlich macht für ein Mikrotrauma, hat nichts mit Schuld und auch nichts mit Unfähigkeit oder Unzulänglichkeit zu tun. Du kannst sogar an den Merkmalen arbeiten, die dich möglicherweise verletzlich machen, wenn du das möchtest. Dazu kann es hilfreich sein, dir Unterstützung zu suchen, beispielsweise in einem professionellen Rahmen.

Und noch etwas: Zusammenhänge zwischen deiner Kindheit und deinem heutigen Sein zu verstehen, kann hilfreich sein. Jedoch zu lange in belastenden Gefühlen und Gedanken zu verweilen, ist selten konstruktiv. Deshalb solltest du immer darauf achten, dass du in deinen Überlegungen nicht zu lange in der Vergangenheit verhaftet bleibst. Denn dort kannst du die Schwierigkeiten nicht mehr lösen. Das kannst du nur in deinem Heute.

Übrigens kannst du auch vorhandene Schutzfaktoren in dir stärken. Sie können dazu beitragen, die Auswirkungen belastender Einflüsse abzumildern. Dazu zählen allem voran eine als konstruktiv erlebte Unterstützung durch andere Menschen und ein hohes Maß an erlebter Selbstwirksamkeit (siehe auch S. 114).

Risiko- und Schutzfaktoren beeinflussen sich gegenseitig und können über das gesamte Leben hinweg in individuellem Maße verändert werden. Es lohnt sich also, sich diese Faktoren genauer anzusehen.

EIN WICHTIGER HINWEIS

Was du noch wissen solltest, bevor wir uns die Risikofaktoren ansehen, ist die Tatsache, dass mir nichts ferner liegt, als deine Eltern oder Bezugspersonen für mögliche Versäumnisse oder Fehlverhalten anzuklagen. Auch sie waren einmal Kinder und haben sich vermutlich unbewusst durch ihre eigenen tiefen Wunden leiten lassen. Ich bin von Herzen überzeugt davon, dass sie ihr Bestes gegeben haben, auch wenn dieses Beste möglicherweise nicht ausreichend oder sogar äußerst schädigend für deine Entwicklung war.

Solltest du Abneigung, Wut, Hass oder sonstige ablehnende Gefühle empfinden, ist das vollkommen in Ordnung. Niemandem steht es zu, darüber zu urteilen. Im Kapitel „Mikrotraumata überwinden“ (siehe S. 104) erfährst du, dass diese Gefühle sogar notwendig sein können, um dich auf den Weg zu machen.

Geschlecht und Alter


Ähnlich wie bei Depressionen und Angsterkrankungen sind Frauen auch von Traumafolgestörungen häufiger betroffen als Männer32, besonders wenn das Trauma noch nicht lange zurückliegt. Je mehr Zeit nach einem solchen Ereignis vergangen ist, desto eher gleichen sich die Zahlen an PTBS-Betroffenen zwischen Männern und Frauen an. Es ist noch unklar, weshalb Frauen nach einem Trauma eher an Traumafolgestörungen erkranken als Männer.

Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass Frauen häufiger von sexualisierter Gewalt mit oft schwerwiegenden Folgen betroffen sind. Viele sind dieser Gewalt schon in jüngerem Alter ausgesetzt, in einer Zeit also, in der sie besonders schutzbedürftig und verletzlich sind. Aber auch Unterschiede in den hormonell gesteuerten Stressreaktionen und in Bewältigungsmechanismen könnten mitverantwortlich sein. Frauen werden eher von starken Emotionen wie Kontrollverlust und Bedrohungsgefühlen überwältigt, was den Verarbeitungsprozess beeinträchtigen kann.33

Das Alter scheint eher in jungen und in höheren Jahren ein stärkeres Risiko für Traumafolgestörungen mit sich zu bringen.34 Das könnte daran liegen, dass jüngere Menschen, insbesondere Kinder, noch weniger Bewältigungsmechanismen zur Verfügung haben und bis ins junge Erwachsenenalter hinein immer wieder kritische Phasen mit wichtigen Entwicklungsaufgaben durchlaufen. Ältere Menschen hingegen könnten bereits unter einem schwindenden Bekannten-, Familien- und Freundeskreis leiden. Die soziale Unterstützung als wichtiger Schutzfaktor bricht also mit zunehmenden Jahren immer mehr weg. Zunehmende körperliche Erkrankungen und Einschränkungen könnten die Lebensqualität zusätzlich einschränken.

Bindungserfahrungen


Der erlernte Bindungsstil beeinflusst, ob und wie ein Mensch nach belastenden Erlebnissen Hilfe und Unterstützung sucht.35 Menschen mit sicherem Bindungsstil holen sich in schwierigen Situationen und bei Bedarf eher Unterstützung bei Freunden, dem Partner, der Partnerin oder Familienangehörigen und nutzen auch eher professionelle Hilfsangebote. Damit bedienen sie sich einer der bedeutsamsten Ressourcen und Schutzfaktoren, um überwältigende Ereignisse verarbeiten und bewältigen zu können. Menschen mit unsicherem, vermeidendem oder desorganisierten Bindungsstil gelingt dies meist weniger gut oder gar nicht.

Doch was könnten die Ursachen dafür sein, dass einige Menschen nicht sicher gebunden sind? Zunächst einmal entwickeln sich Kinder immer im Bezugsrahmen ihrer unmittelbaren Fürsorgepersonen, seien es die Eltern, Großeltern oder andere pflegende Personen. Bereits in der Schwangerschaft hat das Ausmaß an erlebtem Stress der Mutter einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes. So werden beispielsweise die Aktivität von Genen programmiert und die Entwicklung des Stress- und Immunsystems ausgestaltet. Stresshormone im Blutkreislauf der Mutter können diese Entwicklung negativ beeinflussen.

Im Austausch mit den Bezugspersonen können Kinder schließlich Fähigkeiten erwerben und angelegte Eigenschaften stärken oder mildern. Gedankliche Muster bilden sich heraus, beispielsweise wie ein Mensch über sich selbst, andere Personen und die Welt denkt, wie er Probleme löst und Erfahrungen verarbeitet. Auch die Persönlichkeitsstruktur entwickelt sich auf der Grundlage der Erfahrungen, die Kinder mit ihren Bezugspersonen und später auch mit Gleichaltrigen machen.

Die Basis für unser späteres Bindungsverhalten wird also in der Kindheit gelegt. Schon die ersten zwei Lebensjahre sind entscheidend. Gelingt es den Bezugspersonen, die Bedürfnisse des Säuglings zu erkennen und sie passgenau zu befriedigen, ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. Werden dabei gute Routinen geschaffen, erlebt ein Kind Sicherheit und kann auf dieser Basis Vertrauen entwickeln.

Dabei ist es besonders wichtig, dass sich Bezugspersonen in ähnlichen Situationen immer wieder ähnlich verhalten, also stabil. Denn wiederholte unberechenbare Verhaltensweisen wie beispielsweise impulsive Gefühlsausbrüche oder gar gewalttätige Übergriffe können in Kindern starke Gefühle von Angst, Kontrollverlust, Verzweiflung und einen massiven Vertrauensverlust auslösen. Traumatisierungen können entstehen. Das gilt auch für wiederholte Situationen, in denen ein Kind verbale oder körperliche Gewaltübergriffe gegenüber einer Bezugsperson oder einem Geschwisterkind beobachtet.

In der Folge fühlen sie sich nicht sicher in den Beziehungen zu ihren Bindungspersonen, vermeiden möglicherweise sogar...

Erscheint lt. Verlag 27.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
ISBN-10 3-8426-4270-9 / 3842642709
ISBN-13 978-3-8426-4270-6 / 9783842642706
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