Blink -  Malcolm Gladwell

Blink (eBook)

Die Macht des unbewussten Denkens
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-98609-410-2 (ISBN)
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Ein Kunstexperte sieht eine 10 Millionen Dollar teure Skulptur und erkennt sofort, dass sie eine Fälschung ist. Ein Psychologe weiß innerhalb von Minuten, ob ein Paar zusammenbleiben wird. Ein Feuerwehrmann in einem brennenden Gebäude »spürt« plötzlich, dass er sofort raus muss. In diesem Buch geht es um diese Momente, in denen wir etwas »wissen«, ohne zu wissen, warum. Der Bestsellerautor Malcolm Gladwell erforscht das Phänomen dieser »Blink«-Momente und zeigt, dass ein schnelles Urteil oft weitaus effektiver sein kann als eine vorsichtige Entscheidung. Wenn Sie Ihrem Instinkt vertrauen, so zeigt er, werden Sie nie wieder auf dieselbe Art und Weise denken. Denn wie wir denken, ohne zu denken, erklärt, warum manche Menschen brillante Entscheider sind, während andere nahezu immer danebenliegen. »Blink« veranschaulicht, dass die besten Entscheider nicht diejenigen sind, die am meisten Informationen verarbeiten oder die längste Zeit mit Überlegungen verbringen, sondern diejenigen, welche die Kunst des »thin-slicing« perfektioniert haben - das Herausfiltern der wenigen Faktoren, die wirklich wichtig sind, aus einer überwältigenden Anzahl von Variablen.

Malcolm Gladwell ist der Autor von sechs »New York Times«-Bestsellern: »The Tipping Point«, »Blink«, »Outliers«, »What the Dog Saw«, »David and Goliath« und »The Bomber Mafia«. Er ist außerdem Mitbegründer von Pushkin Industries, einem amerikanischen Verlag für Podcasts und Hörbücher, Gladwell wurde von der »Time« in die Liste der »100 Most Influential People« aufgenommen und von »Foreign Policy« als einer der »Top Global Thinkers« bezeichnet. Bevor er zum »New Yorker« kam, war er Reporter bei der »Washington Post«. Gladwell wurde in England geboren und wuchs im ländlichen Ontario auf. Er lebt heute in New York.

Einleitung


Eine rätselhafte Statue


Im September des Jahres 1983 kam ein Kunsthändler namens Gianfranco Becchina auf das J.-Paul-Getty-Museum in Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien zu. In seinem Besitz befinde sich eine Marmorstatue aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert, die er dem Museum zum Kauf anbieten wolle. Genauer gesagt handle es sich um einen Kouros, die monumentale Statue eines nackten Jünglings, der das linke Bein leicht vorstreckt und dessen Arme gerade an der Seite des Körpers herunterhängen.

Auf der ganzen Welt gibt es heute nur rund 200 dieser Kouroi, die meisten davon sind stark beschädigt, zum Teil wurden an den Ausgrabungsstätten und auf antiken Friedhöfen sogar nur Bruchstücke gefunden. Der Kouros, den Gianfranco Becchina dem Getty-Museum anbot, war dagegen fast perfekt erhalten. Er war gut 2,10 Meter hoch und schimmerte in einem hellen Marmorton, durch den er sich von übrigen antiken Statuen abhob. Es war ein außerordentlicher Fund, für den Becchina rund 10 Millionen US-Dollar verlangte.

Das Getty-Museum überstürzte nichts. Wie in solchen Fällen üblich, nahm es das Kunstwerk zunächst als Leihgabe auf und ließ es gründlichst von Experten untersuchen. Die erste Frage war, ob diese Statue Ähnlichkeiten mit den anderen bekannten Kouroi aufwies. Die Antwort lautete ja: Es konnten gewisse stilistische Gemeinsamkeiten mit dem Kouros von Anavyssos festgestellt werden, der im Nationalen Archäologischen Museum in Athen ausgestellt ist. Alles schien darauf hinzuweisen, dass er aus etwa derselben Zeit und derselben Region stammte. Natürlich wollten die Experten von dem Kunsthändler wissen, wo und wann diese Statue ausgegraben worden war. Darauf konnte Becchina zwar keine Antwort geben, dafür legte er dem Museum einen Aktenordner mit Dokumenten vor, mit denen er eine lückenlose Reihe von Vorbesitzern aus jüngerer Zeit nachwies. Aus diesen Papieren ging hervor, dass sich der Kouros seit den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts im Privatbesitz eines Schweizer Arztes namens Lauffenberger befunden hatte, der ihn wiederum von einem bekannten griechischen Kunsthändler namens Roussos erworben hatte.

Das Museum zog mit Stanley Margolis einen Geologen der Universität Kalifornien zurate. Dieser brachte zwei Tage damit zu, die Oberfläche der Statue mit einem hochauflösenden Stereomikroskop zu untersuchen. Außerdem entnahm er unterhalb des rechten Knies des Jünglings eine Gesteinsprobe von einem Zentimeter Durchmesser und zwei Zentimetern Länge und analysierte sie im Labor der Universität mittels Elektronenmikroskop, Elektronenstrahl-Mikroprobe, Massenspektrografie, Röntgendiffraktions- und Röntgenfloureszenzuntersuchungen. Margolis kam zu dem Schluss, dass es sich bei dem Material um Dolomit-Marmor aus dem antiken Bergwerk auf der Insel Thasos in der nördlichen Ägäis handelte. Die Oberfläche der Statue war mit einer feinen Kalzitschicht überzogen, was nach Auskunft von Margolis sehr bedeutsam sei für die Einschätzung des Alters, denn Marmor verwandle sich erst im Laufe von Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden in Kalzit. Das bedeutet, dass diese Statue einen langen Alterungsprozess durchgemacht haben musste, was wiederum hieß, dass es sich unmöglich um eine zeitgenössische Fälschung handeln konnte.

Das J.-Paul-Getty-Museum vernahm diese Ergebnisse mit Genugtuung. Vierzehn Monate nachdem Gianfranco Becchina zum ersten Mal im Museum vorstellig geworden war, wurde man handelseinig. Im Herbst 1986 stellte das Museum die Statue erstmals aus, und die New York Times widmete dem Ereignis einen Artikel auf ihrer Titelseite. Einige Monate später veröffentlichte Marion True, die Kuratorin der Abteilung für Antike Kunst des Getty-Museums, einen langen und begeisterten Artikel über die Neuanschaffung in der Kunstzeitschrift Burlington Magazine. »Aufrecht stehend und ohne äußere Stütze, die geschlossenen Hände fest an die Lenden gepresst, bringt der Kouros jene selbstsichere Vitalität zum Ausdruck, die auch den besten seiner Brüder zu eigen ist.« Sie schloss triumphierend: »Ob Gott oder Mensch – in ihm verwirklicht sich die ganze strahlende Kraft der noch jugendlichen Kunst des Abendlandes.«

Leider hatte der Kouros des Getty-Museums einen kleinen Schönheitsfehler: Mit seinem Aussehen stimmte etwas nicht. Der Erste, der darauf hinwies, war ein italienischer Kunsthistoriker namens Federico Zeri, der damals im Beirat des Getty-Museums saß. Als Zeri im Dezember 1983 in die Werkstatt des Museums geführt wurde, um den Kouros zu besichtigen, starrte er lange die Fingernägel der Statue an. Irgendetwas störte ihn, ohne dass er genau hätte sagen können, was.

Evelyn Harrison, eine der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet der griechischen Plastik, war die Nächste, die Zweifel an der Echtheit der Statue vorbrachte. Sie stattete dem Getty-Museum einen Besuch ab, kurz bevor der Handel mit Becchina abgeschlossen wurde. »Arthur Houghton, der damals Kurator des Museums war, führte uns in die Werkstatt«, erinnert sie sich.

»Er zog das Tuch weg, mit dem die Statue verhüllt war, und sagte: ›Noch gehört er uns zwar nicht, aber in ein paar Wochen ist es endlich so weit.‹ Worauf ich erwiderte: ›Es tut mir leid, das zu hören.‹« Was hatte Harrison gesehen? Sie konnte es nicht genau sagen. Aber in dem Moment, in dem Houghton die Statue enthüllte, hatte sie eine Ahnung, ein instinktives Gefühl, dass mit dem Jüngling irgendetwas nicht in Ordnung war.

Ein paar Monate später führte Arthur Houghton den früheren Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York, Thomas Hoving, in die Restaurationswerkstatt, um einen Blick auf die Statue zu werfen. Hoving hat die Angewohnheit, sich immer das erste Wort zu merken, das ihm durch den Kopf geht, wenn er etwas Neues sieht. Er werde nie vergessen, was er beim Anblick des Kouros gedacht habe, erzählte er. »Er war ›frisch‹ – ›frisch‹,« erinnert er sich. Und ›frisch‹ ist normalerweise nicht gerade das erste Wort, das einem beim Anblick einer zweieinhalbtausend Jahre alten Statue einfallen sollte. Als er sich später an diesen Moment zurückerinnerte, wusste er plötzlich auch, warum er diesen Gedanken gehabt hatte: »Bei meinen Ausgrabungen in Sizilien haben wir einige Bruchstücke dieser Dinger gefunden. Die sehen einfach anders aus, wenn sie aus der Erde kommen. Der Getty-Kouros sah aus wie aus dem Ei gepellt.«

Nach einem kurzen Blick auf die Statue wandte Hoving sich um und fragte Houghton: »Habt ihr den schon bezahlt?«

Hoving erinnert sich, dass Houghton ihn verwundert angesehen habe.

»Wenn ja, dann seht zu, dass ihr euer Geld wiederbekommt«, habe Hoving zu dem Kurator gesagt. »Und wenn nicht, dann lasst die Finger davon.«

Im Getty-Museum begann man allmählich, sich Gedanken über die Echtheit der Neuerwerbung zu machen. Also berief man eine internationale Konferenz in Griechenland ein. Die Statue wurde sorgfältig verpackt, nach Athen verfrachtet und dort den wichtigsten Skulpturexperten des Landes vorgeführt. Diesmal war der Chor der ernüchternden Stimmen noch lauter.

Evelyn Harrison erzählt, sie habe während der Vorstellung neben George Despinis, dem Leiter des Akropolis-Museums in Athen gestanden. Dieser habe einen Blick auf den Kouros geworfen und sei bleich geworden. Zu ihr habe er gesagt: »Wer je dabei war, wenn eine Statue aus der Erde kommt, der erkennt doch auf den ersten Blick, dass dieses Ding nie einen Krümel Erde gesehen hat.« Auch Georgios Dontas, Leiter der Archäologischen Gesellschaft in Athen, sah die Statue und verspürte sofort ein Frösteln am ganzen Körper. Im Symposium sagte er später: »Als ich den Kouros zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich das Gefühl, uns würde eine unsichtbare Wand trennen.« Nach ihm sprach Angelos Delivorrias, Direktor des Benaki-Museums in Athen. Er führte lang und breit aus, dass eine Plastik dieses Stils unmöglich mit Marmor aus Thasos habe hergestellt werden können. Aber der Grund, weshalb er überhaupt auf diese Argumentationslinie verfiel, war ein ganz anderer. Beim Anblick des Jünglings habe er sofort ein Gefühl »intuitiver Abneigung« empfunden. Am Ende des Symposiums waren sich viele Teilnehmer einig, dass der Kouros nicht das war, was er zu sein vorgab.

Die Anwälte und Wissenschaftler des Getty-Museums waren nach monatelanger Arbeit zu einem Ergebnis gelangt, und die weltweit führenden Experten auf dem Gebiet antiker griechischer Kunst nach einem kurzen Blick und einem Gefühl »intuitiver Abneigung« zu einem anderen. Wer hatte recht?

Eine Zeit lang war die Lage unklar. Der Kouros schien eines jener zahlreichen strittigen Kunstobjekte zu werden, über dessen Echtheit sich Experten auf alljährlichen Konferenzen die Köpfe heißreden. Dann aber lösten sich die Belege des Getty-Museums nach und nach in Luft auf. Die Briefe, mit deren Hilfe die Anwälte des...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
ISBN-10 3-98609-410-5 / 3986094105
ISBN-13 978-3-98609-410-2 / 9783986094102
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