Die kleine Gezeitenkunde -  Rainer Lüthje

Die kleine Gezeitenkunde (eBook)

Ebbe und Flut einfach erklärt
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
144 Seiten
Delius Klasing Verlag
978-3-667-12929-1 (ISBN)
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Dieses Buch von Rainer Lüthje widmet sich dem faszinierenden Phänomen der Gezeiten. Es behandelt nicht nur die physikalischen Grundlagen, sondern auch die Besonderheiten an deutschen Küsten. Der Autor geht auf verschiedene Aspekte ein, darunter die Entstehung der Gezeiten, die astronomischen Auswirkungen sowie die örtlichen und regionalen Einflüsse. Zudem werden Gezeitenströme, Begriffe und Abkürzungen aus der Gezeitenkunde, Vorausberechnungen sowie die praktische Anwendung von Gezeitenkalendern und Gezeitentafeln behandelt. Ursprünglich als Unterrichtsskript für den Lehrgang zum Seevermessungstechniker konzipiert, wurde der Inhalt kontinuierlich erweitert und verbessert. Durch anschauliche Bilder, verständliche Illustrationen und gut nachvollziehbare Texte vermittelt der Autor dem Leser das Wissen über das tägliche Steigen und Fallen des Wassers. Dabei werden nicht nur die verwendeten Abkürzungen erklärt, sondern auch die Vorausberechnungen der Gezeiten und die korrekte Nutzung von Gezeitenkalendern und Gezeitentafeln anhand von Beispielen verdeutlicht. Rainer Lüthje, Diplom-Ingenieur und Mitarbeiter im Gezeitendienst des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie, ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Gezeiten. Seine langjährige Erfahrung und sein Fachwissen machen dieses Buch zu einer unverzichtbaren Ressource für alle, die die Geheimnisse der Gezeitenwelt entschlüsseln möchten. Egal ob Küstenbewohner, Gewässerkundler, Sportbootfahrer oder Tourist - dieses aufschlussreiche Werk bietet allen Interessierten einen umfassenden Einblick in das faszinierende Phänomen der Gezeiten.

2 Astronomische Auswirkungen auf die Gezeiten


Die sich ständig ändernde Konstellation von Sonne, Mond und Erde hat einen entscheidenden Einfluss auf die gezeitenerzeugenden Kräfte. Da sich die Gestirne nicht auf Kreisbahnen, sondern auf elliptischen Bahnen verschieden schnell umeinanderdrehen und sich die Stellungen im Raum (Entfernungen) zueinander verändern, verstärken oder vermindern sich die astronomischen Kräfte. In der Praxis ist dieses an täglich, monatlich und jährlich ändernden Gezeitenverhältnissen an der deutschen Nordseeküste gut zu beobachten. Streng genommen gibt es keine Wiederholung von denselben gezeitenerzeugenden Kräften. Im folgenden Kapitel werden die stärksten astronomischen Einflüsse kurz beschrieben. Es gibt weitaus mehr »astronomische Störungen«, was aber hier aufgrund seiner Komplexität zu weit führen würde.

2.1 Tägliche Verspätung, Erde/Mond


Rhythmus: etwa 24 Stunden und 50 Minuten


Wenn man im Gezeitenkalender z. B. die linke Spalte der Hochwasserzeiten von oben nach unten verfolgt, stellt man fest, dass die Hochwasser jeden Tag etwas später eintreten. (7:33, 8:16, 9:00, 9:47, 10:38, 11:37, …)

Man spricht davon, dass »die Gezeiten laufen«. In diesem herausgegriffenen Zeitraum »verspäten« sich die Hochwasser jeden Tag um ca. 43 bis 59 Minuten.

Grund der täglichen Verspätung der Gezeiten:

Was ist der Grund dafür, dass die Gezeiten »laufen« und sich »verspäten«?


Eine Erdumdrehung:

360° = 24 Stunden = 1440 Minuten

Ein Mondumlauf um die Erde:

360° = 29,5 Tage (synodischer Monat)

Ein Tag Mondlauf:

12,2° = 360°/29,5 [Tage]

Grobe Formel für die tägliche Verspätung

(Annahme: ein Kreis und Bewegungsstopp nach 24 Std.)#

 1440[min]360∘×12,2∘=48,8  Minuten 

Warum unterliegen die »Verspätungen« Schwankungen?


Die Mondumlaufbahn hat ungefähr eine ellipsenförmige Form, und die Erde liegt nicht im Zentrum. Das hat zur Folge, dass der Mond entweder erdnah oder erdfern ist. Von der Erde aus betrachtet beträgt die mittlere tägliche Umlaufzeit des Mondes etwa 24 Stunden und 50,5 Minuten.

Die »Verspätung von etwa 50 Minuten« unterliegt allerdings Schwankungen. Der Grund dafür ist die ständige Änderung der Umlaufgeschwindigkeit. Wenn der Mond erdnah ist, erhöht sich die Geschwindigkeit, und die Verspätung ist größer (etwa 25 Std. 15 Min.). Bei Erdferne ist seine Geschwindigkeit langsamer und die Verspätung kürzer (24 Std. 25 Min.).

In dem betrachteten Zeitraum liegen die Schwankungen der Hochwasserzeiten in Hamburg, St. Pauli zwischen 43 Min. und 1 Std. 10 Min.

2.2 Tägliche Höhenunterschiede, Erde/Mond


Rhythmus: 12 Stunden


In den folgenden Grafiken ist deutlich zu erkennen, dass dem niedrigeren Hochwasser jeweils ein höheres Hochwasser folgt. Bei den Niedrigwassern ist der Höhenunterschied nicht so stark ausgebildet.

Woher kommt dieser Wasserstandsunterschied?


Der Grund für den täglichen Wechsel zwischen einem niedrigen und höheren Hochwasser ist folgender:

1.
Die Erdachse ist auf der Umlaufbahn (Ekliptik) um die Sonne um 23,5° geneigt.

2.
Die Erde dreht sich in 24 Stunden einmal um die eigene Achse.

In der folgenden vereinfachten Darstellung ist die Wasserfläche zum Mond ausgerichtet. Hierbei wird die Bewegung des Mondes um die Erde außer Acht gelassen. Der rote Punkt ist ein beliebiger Standort auf der Erde. In einem Zeitraum von 24 Stunden ändert sich ständig die gezeitenbedingte Wasserhöhe über dem roten Punkt. Dabei sind die Hoch- bzw. Niedrigwasser am größten, wenn der rote Punkt am nächsten zur Mondbahn liegt.

Die folgende Grafik verdeutlicht dies während der Sommerzeit auf der Nordhalbkugel. Das gleiche gilt selbstverständlich auch zur Winterzeit auf der Nordhalbkugel.

Zwölf Stunden später hat sich die Erde um 180° weitergedreht.

Der Sachverhalt wird noch komplizierter, wenn man den Mondumlauf um die Erde mitberücksichtigt. Dann ändern sich die gezeitenerzeugenden Kräfte ständig (Spring-, Mitt-, Nippzeit). Jeden Tag gibt es jeweils ein höheres und ein niedrigeres Hochwasser bzw. Niedrigwasser. Beim Lauf des Mondes um die Erde wirkt die Größe der Deklination (Winkel zum Erdäquator) verstärkend oder mindernd. Die Höhenunterschiede aufeinanderfolgender Hochwasser bzw. Niedrigwasser sind mehrere Tage nach dem Eintreten der größten nördlichen oder südlichen Deklination des Mondes am größten. Dagegen gibt es zum Zeitpunkt des Äquatordurchganges des Mondes keinen großen Höhenunterschied zwischen zwei aufeinanderfolgenden Hoch- bzw. Niedrigwasserereignissen. Die Reihenfolge des höheren und niedrigeren Hochwassers bzw. Niedrigwassers wechselt beim Monddurchgang durch die Ekliptikebene. Diese Wechsel haben eine wiederkehrende Periode eines vollen tropischen Monats, d. h. 27,3216 Tage und treten daher jeweils zwei Mal im Monat auf.

2.3 Halbmonatlicher Wechsel von Vollmond zu Neumond, Mondphasen


Rhythmus: etwa 14 Tage


Durch die Umrundung des Mondes um die Erde entstehen zwei sich ständig ändernde gezeitenerzeugende Kräfte. Diese können sich ergänzen oder auch gegenseitig abschwächen.

ellipsenförmige Umlaufbahn des Mondes

Der Mond läuft auf einer nicht zentrierten Ellipsenbahn gegen den Uhrzeigersinn um die Erde. Dies hat zur Folge, dass sich die Entfernung zwischen Mond und Erde ständig ändert (geringste Entfernung 356.000 km und größte Entfernung 407.000 km). Dadurch verändern sich auch die gezeitenerzeugenden Kräfte.

Mondphasen

Die unterschiedlichen Erscheinungsbilder des Mondes von der Erde aus gesehen nennt man Mondphasen. Der Mond braucht 27,5 Tage (anomalistischer Monat) für einen Umlauf um die Erde. Die Stellung Mond, Erde und Sonne zueinander definiert die Mondphasen. Stehen nun der Mond, die Erde und die Sonne in einer Linie, ist Neumond oder Vollmond, bei rechtwinkliger Stellung zueinander steht der Mond im ersten oder letzten Viertel (siehe Grafik). Die Zeitspanne von Neumond zu Neumond beträgt nicht etwa 27,5 Tage, sondern 29,5 Tage (synodischer Monat). Der Grund liegt darin, dass sich die Erde auch um die Sonne bewegt, während der Mond die Erde umkreist. So bilden Mond, Erde und Sonne erst nach weiteren zwei Tagen wieder eine Linie, der Mond muss noch etwas »nachlaufen«.

Mondumlaufzeiten um die Erde:

Synodischer Monat:

aus Erdsicht die gleiche Mondstellung zur Sonne → 29,5306 Tage

Anomalistischer Monat:

Durchgang vom erdnächsten Punkt zum nächsten → 27,5545 Tage

In der Gezeitenkunde werden die Mondphasen Neumond und Vollmond als Springzeit bezeichnet, das erste und letzte Viertel als Nippzeit. Mittzeit liegt zwischen Spring- und Nippzeit (siehe nachfolgende Grafik). Diese beiden Phasen treten im etwa 14-tägigen Wechsel auf. Bei Voll- und Neumond addieren sich die gezeitenerzeugenden Kräfte, während sie im ersten und letzten Viertel der Mondphasen entgegengesetzt wirken (siehe auch Grafik der Vorausberechnungen von Cuxhaven, Kapitel 4.2).

Daraus ergeben sich für einen halben Mondumlauf etwa folgende Zeiträume:

Die folgenden Grafiken zeigen, wie die Summe der gezeitenerzeugenden Kräfte von Sonne und Mond auf die Erde wirkt und eine Erhöhung oder Erniedrigung der Wasserstände ergibt.

Springzeit

Zur Springzeit addieren sich die Anziehungskräfte von Mond und Sonne, was höhere Hochwasser und niedrigere Niedrigwasser zur Folge hat.

Nippzeit

Zur Nippzeit subtrahieren sich die Anziehungskräfte von Mond und Sonne, was niedrigere Hochwasser und höhere Niedrigwasser zur Folge hat.

Mittzeit

Zur Mittzeit herrschen mittlere Verhältnisse für die Hoch- und Niedrigwasser.

2.4 Jährliche Höhenunterschiede, Erde/Sonne


Rhythmus: etwa 12 Monate


2.4.1 Ellipsenförmige Umlaufbahn

Für die Gezeitenkräfte ist die jährliche Änderung der Entfernung zwischen Sonne und Erde nicht so bedeutend.

Die Erde befindet sich Anfang Januar an ihrem sonnennächsten und Anfang Juli an ihrem sonnenfernsten Punkt. Im Sommer sind die durch die Sonne verursachten Anziehungskräfte am kleinsten. Die mittlere Entfernung von der Erde zur Sonne beträgt 149.600.000 km. Die Differenz zwischen dem entferntesten und dem...

Erscheint lt. Verlag 4.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
ISBN-10 3-667-12929-7 / 3667129297
ISBN-13 978-3-667-12929-1 / 9783667129291
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