Der Komet unterm Küchentisch

Bob Berman ist begeisterter Astronom und Direktor des Overlook-Observatoriums bei Woodstock. Er schreibt für das Magazin Discover die Kolumne »NightWatchman«, lehrt an Schulen und Colleges, moderiert naturwissenschaftliche Radiosendungen und hat zahllose Artikel über Astronomie veröffentlicht.

Kapitel 2Physik am MorgenDer Weg ins Büro durch die Brille der NaturwissenschaftSie stehen auf, duschen, nehmen zwischen Tür und Angel einen Kaffee und ein Müsli zu sich, springen ins Auto oder in die Straßenbahn und ab geht's zur Arbeit.Das hat mit Naturwissenschaft nichts zu tun? Dann betrachten wir das Ganze doch noch einmal mit den Augen eines Forschergeistes wie Archimedes oder Newton, die sich noch an den kleinsten Details ihrer Umwelt begeistern konnten.Nach dem Aufwachen wanken Sie als erstes ins Bad und stellen sich unter die Dusche. Haben Sie sich auch schon mal darüber geärgert, dass der Duschvorhang nach innen in die Kabine gezogen wird, und dann an ihrem Bein klebt, wenn Sie das Wasser aufdrehen? Dieses Phänomen ist unter dem Namen Bernoulli-Gesetz bekannt, nach seinem Entdecker, dem Schweizer Physiker Daniel Bernoulli (1700-1782). Ein starker Wasserstrahl wie etwa der aus der Dusche sorgt dafür, dass der Luftdruck in seiner Umgebung absinkt. Der Strahl reißt Luft mit sich und schafft damit einen Unterdruck, in den der Duschvorhang gesogen wird. Dasselbe Prinzip sorgt übrigens dafür, dass eine Windhose Dächer abdecken und ein Flugzeug fliegen kann.Wenn Sie nach dem Duschen nicht gleich frieren wollen, dann trocknen Sie sich in der Kabine ab, denn hier ist es wärmer. Oder Sie empfinden es zumindest so, denn es hat nichts damit zu tun, dass die Luft in der Duschkabine tatsächlich wärmer wäre als die in Ihrem Bad, sondern damit, dass sie feuchter ist. Wenn Sie in diesem feuchten Klima bleiben, dann verdunstet die Feuchtigkeit auf Ihrer Haut weniger schnell als wenn Sie sich hinaus in die trockenere Luft des Badezimmers trauen. Denn Verdunstung bewirkt immer eine Kühlung: Wenn Wasser vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht, dann ist zusätzliche Energie nötig und diese Energie wird der Umgebung entzogen. Das Wasser, das nach dem Duschen auf Ihrer Haut verblieben ist, entzieht dem Körper Wärme, um verdunsten zu können. Dieser Effekt mag sehr angenehm sein, wenn wir im Sommer oder beim Sport schwitzen, aber wenn wir morgens aus der Dusche kommen meistens weniger. Nach diesem Prinzip funktioniert im Übrigen auch Ihr Kühlschrank, aus dem Sie gleich Butter und Milch für Ihr Frühstück holen.Auch auf dem Weg zur Arbeit gibt es wieder jede Menge zu entdecken. Wenn Sie mit dem Auto fahren und es regnet oder schneit, dann schauen Sie sich einmal genau an, woher der Niederschlag kommt. Es scheint so, als würden die Wassertropfen oder Schneeflocken einem einzigen Punkt etwas oberhalb ihres Blickhorizontes entspringen. Je schneller Sie unterwegs sind, desto niedriger liegt dieser Punkt. Dieser Effekt nennt sich Aberration oder Abweichung, und damit ist gemeint, dass sich die Position eines Gegenstandes zu verändern scheint, weil sich der Beobachter bewegt. Auch das Licht der Sterne ist von diesem Effekt betroffen. Aufgrund der Erdrotation erscheinen alle Planeten und Sonnen des Universums an einer anderen Stelle als der, an der sie tatsächlich stehen.