Mein Tiny Boot (eBook)

Im winzigen Segelboot einmal um die Welt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
224 Seiten
Delius Klasing Verlag
978-3-667-12928-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein Tiny Boot -  Yann Quenet
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Die unglaubliche Geschichte einer Weltumseglung in einem selbstgebauten Boot Im Mai 2019 begibt sich Yann Quenet von Lissabon aus auf eine Reise um die Welt. Doch diese Reise ist alles andere als gewöhnlich. Denn das Gefährt, das er gewählt hat, ist ein Segelboot - genauer gesagt ein Segelbötchen. Mit nur 4 Metern Länge und einem selbstgebauten Konstruktionsprozess mit einem Schweizer Taschenmesser ist es ein Boot, mit dem sich andere nicht einmal auf den heimischen Baggersee trauen würden. Yann Quenet ist ein Autodidakt durch und durch. Ohne jegliche Erfahrung als Schiffbauingenieur oder erfahrener Segler, hat er nur ein Ziel vor Augen: Einfach in See zu stechen, den Soloseglern nachzueifern und den endlosen Horizont zu erleben. Sein Motto dabei lautet: Vereinfache die Dinge bis zum Maximum! • Ein Kindheitstraum wird wahr dank der Entschlossenheit und des außergewöhnlichen Einfallsreichtums eines autodidaktischen Seglers. • Eine sportliche und persönliche Heldentat, aber vor allem das Abenteuer eines freien Mannes auf der Suche nach Einfachheit und Emanzipation von gesellschaftlichen Konventionen. • Ein Buch, das dafür plädiert, sich Zeit zu nehmen - im im Gegensatz zu den Zwängen der Schnelllebigkeit der heutigen Gesellschaft Yann Quenet berichtet von einem außergewöhnlichen dreijährigen Abenteuer, in dem er den Atlantik, den Pazifik und den Indischen Ozean überquert hat. Dabei besuchte er Brasilien, Polynesien, La Réunion und Südafrika. Geboren in Nantes und wohnhaft in Saint-Brieuc (Bretagne, Frankreich), hat Yann Quenet schon immer davon geträumt, um die Welt zu segeln. Als er fünfzig wurde, entschied er sich, seinen Traum zu verwirklichen. Er kündigte seinen Job und baute sein eigenes Boot, mit dem er schließlich in See stach. Mit einer zweifachen Berichterstattung in der YACHT und YACHT-online hat das Buch bereits ein großes Leserbriefecho erhalten.

ERSTER VERSUCH: SCHIFFBRUCH MIT DER SKROWL


AUGUST 2015


Ich bin der König der Welt! Vor einer guten Woche bin ich von La Coruña in Spanien gestartet und habe gerade wieder ein heftiges Unwetter überstanden. Die SKROWL, mein 4,30 Meter langes Mini-Segelboot, mit dem ich vor zwei Monaten von der Bretagne aus zu einer Weltumrundung aufgebrochen bin, hat sich super geschlagen. Wir sind nur noch 450 Seemeilen von Madeira entfernt und bewegen uns in flottem Tempo auf die Insel zu. Ich genieße meine Reise bei weit geöffnetem Luk, höre Musik und überlasse das Steuern der Windsteueranlage, einer Art Autopilot, die mit Hilfe des Windes funktioniert und besser steuert als alle Matrosen der Welt zusammen.

Der König der Welt? Von wegen!

Gerade ist es dunkel geworden. Ich suche den Horizont ab um sicherzustellen, dass keine anderen Schiffe in der Gegend unterwegs sind. Dann stelle ich meinen Wecker so ein, dass er 45 Minuten später klingelt, mache es mir bequem und schließe die Augen.

Plötzlich ein gewaltiges Krachen. Ich bekomme einen Schwall Wasser ins Gesicht. »Que pasa?!« In einer Flut von Wasser und Gegenständen werde ich quer durch die Kajüte geschleudert. In Sekundenschnelle füllt sich das Boot mit Wasser. Meine Rettungsweste löst aus und katapultiert mich mit solcher Wucht nach oben, dass ich mit dem Kopf gegen die neue Decke pralle, die nur wenige Augenblicke zuvor noch der Boden war. Der Katapulteffekt ist so heftig, dass ich das Gefühl habe, über den Bug gekentert zu sein. Im Innern des Bootes hat sich eine Luftblase gebildet. Es ist dunkler als in einem Ofenrohr. Überall blubbert es. Ich muss dringend etwas unternehmen! Eine kleine Stimme sagt mir, dass ich ruhig bleiben soll, aber ich bin ruhig. Ein wenig schläfrig und ziemlich durchnässt, aber ruhig.

Ich schaffe es nicht mehr, mich im Boot zu orientieren, dabei ist es gar nicht groß. Die Taschenlampe! Ja, genau: die Taschenlampe! Die brauche ich zuallererst. Sie ist am Pfosten der Kombüse festgemacht. Ich finde den Pfosten, aber da ist keine Taschenlampe mehr. Das kann doch nicht wahr sein!

Ein kleiner Lichtschein treibt an mir vorbei: Es ist mein Tablet, das in einer luftgefüllten Plastiktüte steckt und Musik ausspuckt. Ein Typ mit hoher Stimme fleht seine Geliebte an, dass sie ihm bitte nicht die Zöpfe abschneiden soll – dieser Song wird mir in den folgenden Stunden nicht mehr aus dem Kopf gehen. Mir fällt ein, dass ich hier ganz in der Nähe noch eine zweite Taschenlampe festgemacht habe, eine wasserfeste Lampe, die nur fünf Euro gekostet hat, aber trotzdem gut ist. Ich finde sie und es wird hell.

Im Licht wirkt alles noch albtraumhafter: das grüne Wasser, die Paddel und hunderte Gegenstände, die an ihrem Platz bleiben sollten, treiben in einem Höllenlärm umher und stoßen gegeneinander.

Ich versuche, das Boot von rechts nach links zu krängen, in der stillen Hoffnung, dass es sich wieder aufrichtet. Dabei hatte ich doch beim Bau nach bestem Gewissen mithilfe von Augenmaß und sogenanntem gesunden Menschenverstand eine ganze Menge sehr, sehr komplizierter Berechnungen angestellt. Die Möglichkeit eines geöffneten Luks hatte ich dabei allerdings nicht bedacht. Jetzt, kopfüber und vollgelaufen, treibt das Boot mit der Nase im 45-Grad-Winkel gen Himmel gerichtet über das Meer. Da kann ich noch so viel in alle Richtungen zappeln, es bringt nichts. Die arme SKROWL hat ihre stabilste Position gefunden und präsentiert dem Mond ungeniert ihr Unterteil.

Und jetzt? Muss ich dringend die Tasche mit der EPIRB finden, meiner Notfunkbake. Als starker Legastheniker tue ich mich schon unter normalen Umständen sehr schwer damit, rechts und links zu unterscheiden. Jetzt muss ich mir auch noch alles umgekehrt vorstellen, da ja aus rechts links geworden ist und umgekehrt. Um mich zu konzentrieren, schließe ich einen Moment lang die Augen. Es gelingt mir, die Tasche im Geiste zu orten. Ich strecke den Arm nach ihr aus, aber sie ist zu weit weg. Ich muss mit dem Kopf unter Wasser tauchen, um sie zu erreichen, aber mit meiner Weste geht das nicht. Ich ziehe sie aus und sie wird Teil des umhertreibenden Durcheinanders. Geschafft, endlich habe ich die verdammte Tasche!

Es ist ein wasserdichter Rucksack, an den die EPIRB geschnürt ist. »Scheiße! Wie funktioniert das Ding nochmal?« Mit der Lampe zwischen den Zähnen versuche ich die Anweisungen zu lesen, aber ich sehe rein gar nichts. Ich drücke allerlei Knöpfe, das Gerät beginnt zu blinken. Keine Ahnung, ob der Alarm auslöst, das wird sich später zeigen. Ich setze mir den Rucksack auf.

Und dann beginne ich, meinen restlichen Verstand zusammenzuklauben. Ich muss jetzt die Prozedur in Gang setzen, die ich im Kopf viele Male durchgegangen bin. Als erstes muss ich die Rettungsinsel, die auf dem Boden im Innern des Bootes befestigt ist, nach draußen befördern. Ich durchtrenne die Halteriemen mit meinem Schweizer Messer, das ich immer bei mir trage. Keine Ahnung warum, aber ich dachte, durch das Gewicht der Rettungsinsel würde das Archimedische Prinzip neutralisiert und das Ding ließe sich leicht durchs Wasser nach unten drücken. Von wegen! Der hydrostatische Auftrieb ist enorm. Vergeblich versuche ich, das Mistding nach unten in Richtung Ausgang zu bewegen, aber es bleibt hartnäckig an der Decke kleben. Schließlich umklammere ich es mit beiden Beinen und drücke es mit meinem ganzen Körper nach unten. Auf diese Weise gelingt es mir, mit der Rettungsinsel unterzutauchen und sie durch das Luk zu schieben. Jetzt treibt sie wahrscheinlich unter dem Cockpit. Ich ziehe an der Leine, mit der die Rettungsinsel ausgelöst wird. Wie lang ist die denn bloß? Endlich erreiche ich die eigentliche Auslöseleine und ziehe heftig daran, damit die Insel sich aufbläst, und um zu sehen, ob sich das Boot durch den Stoß vielleicht wieder aufrichtet. Aber nichts geschieht … Ich habe nicht stark genug gezogen! Pech, darum kümmere ich mich später. Ich binde mir die Leine an der Taille fest. Meine Beine fangen langsam an zu schlottern; das liegt sicher an der körperlichen Anstrengung, aber auch an der Kälte und am Adrenalin.

Jetzt kommt der nächste Schritt: die große wasserdichte Notfalltasche sichern, die überlebenswichtige Ausrüstung und Lebensmittel für mehrere Tage enthält. Ich schnappe mir den Lifebelt der Rettungsweste und befestige die Tasche daran. Dann schaffe ich sie auf demselben Weg nach draußen wie die Rettungsinsel. Danach greife ich mir den kleinen Behälter mit den Signalraketen, die werden draußen schließlich nützlicher sein als hier drinnen, und befestige ihn an meiner Taille.

Eigentlich ist es langsam an der Zeit, zu tauchen und das Bootsinnere zu verlassen, aber ich darf nichts vergessen und zwinge mich zum Nachdenken. Ich trage Shorts und T-Shirt. Wenn ich jetzt rausschwimme, werde ich mir in den kommenden Stunden mächtig einen abfrieren. Die Kiste mit meinen Klamotten stößt schon seit einer Weile gegen meinen Rücken. Ich öffne sie, hole eine Hose und einen Pulli raus und lasse den Behälter davontreiben – einer weniger, der mich nerven kann. Ich ziehe mir die neuen Klamotten an. Ein Schuh treibt direkt vor meiner Nase entlang. Ihn ziehe ich ebenfalls an, dann bleibt wenigstens ein Fuß warm.

Meine Lampe zeigt erste Anzeichen von Schwäche. Ich spanne die Leine der Rettungsinsel, damit sie sich nicht irgendwo auf dem Weg zum Ausgang verhakt, öffne mein Schweizer Messer und mache mich bereit, jedes Seil zu zertrennen, das mir den Weg versperrt. Dann hole ich einmal tief Luft, nehme die Lampe zwischen die Zähne und tauche – gluck gluck gluck!

In meinem Kopf singt der Typ immer noch von der Geliebten und den Zöpfen. Verdammt nochmal! Der hat sich beim Text aber wirklich gar keine Mühe gegeben! Ich schwimme aus dem Boot, gefolgt von dem Behälter mit den Signalraketen. Geschafft! Endlich bin ich draußen. Ich klammere mich an eines der Ruderblätter und ziehe an dem Behälter, aber er hat sich irgendwo verklemmt. Er kann nicht weit weg sein, ich werde ihn bestimmt leicht wiederfinden. Ich binde ihn fest und versuche, auf den Schiffsrumpf zu klettern. Das ist eine einzige Rutschpartie, und die Wellen spülen mich immer wieder runter, aber irgendwie schaffe ich es nach oben. Ich klemme mich zwischen den Kiel und eines der Schwerter und wickele meine Leine auf. Puh, was für eine Schinderei!

Ich leuchte um mich herum. Der Mast treibt auf dem Wasser und schlägt wie ein durchgeknallter Bock gegen den Rumpf. Wie kann es sein, dass er nicht mehr im Boot steckt? Auch den Deckel des Vorluks sehe ich umhertreiben. Keine Ahnung, wie er sich losreißen konnte. Das Segel wabert im Wasser und das drachenartige Geschöpf darauf, das eine Art »S« für SKROWL bildet, scheint mich belustigt anzusehen. Das Segel! Na klar! Ich muss es herholen, um mich vor der Gischt zu schützen. Und auch die Spriet, die ich in einen der Schwertkästen stecken kann. Dann bin ich besser zu sehen, falls ich in den nächsten Tagen einem Schiff begegne.

Ich mache mich gerade für einen erneuten Tauchgang...

Erscheint lt. Verlag 16.1.2024
Übersetzer Sarah Pasquay
Verlagsort Bielefeld
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport Segeln / Tauchen / Wassersport
Schlagworte Atlantiküberquerung • Aufbruch • Autodidakt • Emanzipation • Kindheitstraum • Minimalismus • Selbstgebautes Boot • Transatlantik • Weltumseglung
ISBN-10 3-667-12928-9 / 3667129289
ISBN-13 978-3-667-12928-4 / 9783667129284
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