Die Geburt des Löwen - Om C. Parkin

Die Geburt des Löwen

Dialoge zur Selbsterforschung

(Autor)

Buch | Softcover
384 Seiten
2006
Goldmann Verlag
978-3-442-21742-7 (ISBN)
8,95 inkl. MwSt
  • Titel ist leider vergriffen, Neuauflage unbestimmt
  • Artikel merken
In den Dialogen der Selbsterforschung (Satsang) konfrontiert OM C. Parkin den Leser unmittelbar mit der zentralen Frage: Wer ist jenes „Ich“, auf das wir das Glück und Unglück unseres Lebens, unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beziehen? Die Parabel vom Löwen macht dieses Missverständnis klar: Ein Löwe, der in einer Schafherde aufwuchs, hielt sich zeitlebens für ein Schaf, bis ihm eines Tages ein anderer Löwe im Wasser eines Sees sein Spiegelbild zeigte, und er sich als Löwe erkannte. Ebenso geht es dem Menschen, der sich mit seiner Persönlichkeit identifiziert.






Cedric Parkin, gebürtiger Hamburger, Jahrgang 1962, studierte Psychologie und beschäftigte sich intensiv mit Sufismus und dem Enneagramm. Er arbeitete als Heilpraktiker, bis er durch einen Unfall eine Nahtodeserfahrung erlebte, die er als größte Gnade bez

Einmal griff eine Löwin eine Herde von Schafen an. Sie war trächtig, und während des Angriffs verlor sie ihr Junges und starb. Doch der junge Löwe überlebte und wuchs in der Schafherde auf. Die Schafe grasten auf den Wiesen, und der junge Löwe lernte, es ihnen gleichzutun. Sie blökten, und der junge Löwe versuchte, sie nachzuahmen. Im Laufe der Zeit wurde ein ausgewachsener Löwe aus ihm. Eines Tages tauchte ein anderer Löwe auf, um die Herde anzugreifen. Zu seinem Erstaunen erblickte er in der Herde den Löwen, der sich wie ein Schaf benahm. Er jagte ihn, und als er ihn beim Genick packte, begann der andere Löwe, ängstlich zu blöken wie ein Schaf. Unbeeindruckt zerrte er ihn zum nahe gelegenen See. Er zeigte ihm das Spiegelbild zweier Löwen auf der Wasseroberfläche und sagte: »Sieh, du bist auch ein Löwe, genauso wie ich selbst. Jetzt friss dieses Stück Fleisch.« Mit diesen Worten zwang er ihm das Fleisch in sein Maul. Doch der Schafs-Löwe weigerte sich. Er blökte verzweifelt und behauptete immer noch, er sei ein Schaf. Doch als er das Blut leckte, da wurde plötzlich sein schlafender Instinkt geweckt, und er begann, das Fleisch zu fressen. Da sagte der alte Löwe: »Hast du jetzt begriffen, dass du genauso bist wie ich?« Auf diese Weise lässt der Lehrer den Schüler sein wahres Selbst erkennen. Frei übersetzt aus: Sayings of Sri Ramakrishna, Madras 1971 VORWORT »Aus Unwissenheit erscheint dieses Universum vielförmig, aber in Wirklichkeit ist all dieses Brahman, das bleibt, wenn alle mangelhaften Geisteszustände zurückgewiesen sind. Alles, was man von Brahman getrennt glaubt, hat keinen Seinsgrund. Das höchste Brahman ist die einzige Wirklichkeit, ohne ein Zweites. Es ist reine Weisheit, makellos, vollkommener Friede ohne Anfang und ohne Ende, tatenlos und das Wesen unvergänglicher Seligkeit. Wenn alle Unterschiede, die von der Maya (Illusion) geschaffen werden, zurückgewiesen sind, dann bleibt etwas Selbst-Leuchtendes, das ewig ist, makellos, unermesslich und unzerstörbar: Die Weisen erkennen es als die höchste Wahrheit, die absolutes Bewusstsein ist, in dem der Erkennende, das Erkannte und das Erkennen vereinigt sind, unendlich und unwandelbar. Gib die Vorstellung eines Ichs in Familie, Sippe, Name, Gestalt und Lebensstellung auf, die alle von diesem physischen Körper abhängen, und werde die wesenhafte Form, die absolute Seligkeit ist, nachdem du auch die Eigenschaften des feinen Körpers sowie das Gefühl, Täter zu sein, aufgegeben hast. Erst nach dem vollständigen Verschwinden des Ich-Gefühls und nach der Vernichtung all seiner trügerischen Kundgebungen entdeckt man die wesentliche Wahrheit ›DAS bin ich‹ durch die Unterscheidung zwischen dem falschen und dem wahren Selbst.« Das Kleinod der Unterscheidung - Shankara (788–820 n. Chr.) Als jemand, der die Perlen der Verwirklichung liebt, die in den Texten der Weisheitsliteratur zu finden sind, könnte ich obige Zitate mit endloser Begeisterung fortsetzen. Mit welcher Klarheit wird das Wesen von Erleuchtung trotz begrenzter sprachlicher Mittel, trotz der Übersetzung und trotz der Kluft von über tausend Jahren in diesen Versen zum Ausdruck gebracht! Ich habe in den vergangenen 25 Jahren das Glück gehabt, auch physisch solchen »Kennern des Absoluten« begegnet zu sein. Die Begegnung mit Anandamayi Ma z. B. war und ist für mich der lebendige Beweis dafür, wie sich Gottverwirklichung auch heute noch offenbaren kann. Nachdem ich viele Jahre lang eher der traditionellen Überlieferung der Bhakti (der liebenden Hingabe an ein erwähltes Ideal) gefolgt war, hatte in den letzten Jahren auch Jñana, der Weg der Erkenntnis und Selbsterforschung, an Bedeutung gewonnen. Die Lehren Shri Ramana Maharshis und Nisargadattas vermittelten tiefe Einsichten in das unvergängliche innere Wesen und bauten vor allen Dingen keine neuen Grenzen auf, wie sie sonst durch die Zugehörigkeit zu bestimmten Wegen und Traditionen allzu leicht entstehen. Vielleicht war ihre nackte Klarheit und die Unerbittlichkeit ihrer Erforschung der eher männliche Pol des Erkennens, welcher jetzt anstand. 1996 erzählte mir ein Bekannter von einem Deutschen, der nach einem Autounfall das Erwachen zu seinem wahren Selbst erfahren hatte. Die Broschüre »Mythos Erleuchtung« fiel mir in die Hände. Ich begann, sie beiläufig zu lesen, anfangs mit der Einstellung: »Aha, wieder ein neuer so genannter Erleuchteter …« Schließlich waren die historisch glaubhaft Befreiten bisher eher in Indien angesiedelt und liefen einem hier nicht gerade zahlreich über den Weg. So ein Anspruch musste doch erst einmal kritisch beäugt werden … Beim Lesen des Textes traten diese Überlegungen jedoch bald in den Hintergrund. Ich bekam Herzklopfen, und eine innere Beschleunigung trat ein, ein Gefühl, als ob das Kartenhaus aller zurechtgelegten Konstruktionen wie »das bin ich und das ist die Welt« zusammenbrach. Ein »Fall ins Bodenlose« geschah, in dem alle Stützen entzogen wurden und der illusorische Charakter von Chandravali und ihrer Welt bloßgelegt wurde. Das, was ich über »reines Bewusstsein« in den Schriften gelesen hatte, war plötzlich keine theoretische Aussage mehr. Hatte dieses Erleben etwas mit OM C. Parkin zu tun, dessen Interview ich gerade gelesen hatte? Hatte »ich« etwas mit »ihm« zu tun? Vom inneren Gefühl her war es eher ein Teilhaben an dem ohnehin immer präsenten, gleichen Hintergrund, der sonst wie eine Leinwand vom Geflimmer unseres Lebensdramas überschattet wird, aber niemandem »persönlich« gehört. Wie auch immer, ich fuhr einige Wochen später zu einem Satsang mit OM, doch die physische Begegnung war, verglichen mit der inneren Erfahrung, nicht ausschlaggebend. Vielleicht diente sie eher dazu, »Werkzeuge« zu verbinden, in diesem Fall Lektorin, Autor und Verlag des Buches, das Sie gerade lesen. Kurz vor Weihnachten kam ein Anruf von OM, ob ich mir vorstellen könne, aus den Tonbandaufzeichnungen seiner bisher gehaltenen Satsangs ein Buch zusammenzustellen. Ich war begeistert, beinhaltete das doch Arbeit und Vertiefung spirituellen Erkennens in einem. Ich erinnere mich, als ich die ersten 50 Seiten von OM erhielt. Ein merkwürdiges Gefühl des Schwindels, als träte ich in leeren Raum, kam zuweilen auf. Die etwa 500 Seiten Material stammten sowohl aus Satsangs, die OM zwischen Dezember 1994 und März 1997 gehalten hatte, als auch aus Interviews, die zu speziellen Themen gemacht worden waren. In den Satsangs begleitet OM den fragenden Sucher in seinem eigenen Prozess der Erforschung, es wird also spontan die Ausgangssituation der jeweiligen Person einbezogen. Die Interviews behandeln auch übergreifende Fragen philosophischer Natur. Das Ordnen des Materials geschah wie das organische Wachstum einer Pflanze, es fügte sich nach einem inneren Gesetz. Wiederholungen und Überschneidungen waren nicht immer vermeidbar, um den Zusammenhang zu bewahren. Die Aussagekraft und Authentizität des Materials machten mich betroffen. Ungefiltert von einer Übersetzung lag hier ein Zeugnis des Erwachens und eine präzise Anleitung zur Selbsterforschung in deutscher Sprache vor, gepaart mit dem unbestechlichen Einfühlungsvermögen eines westlichen Psychologen in die falsche, hemmende Struktur des persönlichen Ich! Die Lehre des Advaita, der Nicht-Dualität, ist nicht mit Ramana Maharshi versiegt oder in Indien geblieben. Unaufhaltsam strahlt ihre stille Kraft im Westen weiter, lädt zum Satsang ein und entblößt den Mythos, mit dem der Mensch des Westens Erleuchtung als fern vom Hier und Jetzt umgeben hat. Weggefährten, die traditionellen Pfaden treu geblieben waren, blieben z. T. kritisch distanziert, zumal OM keineswegs darauf bedacht ist, ein traditionelles Heiligenbild zu untermauern. Eine Freundin jedoch meinte: »Vielleicht will Gott damit zeigen, dass Erleuchtung auch außerhalb der Tradition möglich ist.« Wie unwesentlich und blass diese Begriffe »außerhalb«, »innerhalb«, »traditionell«, »untraditionell« jedoch angesichts der grundlegenden Wahrheit sind! Sie haben letztlich keine Bedeutung. Die gesprochenen Worte sind nicht OM’s persönliche Botschaft oder sein Auftrag für die Welt. »Bist du dir sicher, dass ich das alles gesagt habe?«, fragte OM mich einmal während der Woche, in der wir gemeinsam an dem Buch arbeiteten. Die Wildgänse fliegen über das Wasser und spiegeln sich. Es ist weder ihre Absicht, ein Spiegelbild zu erzeugen, noch die des Sees. Es geschieht. OM ist der Klang des Absoluten. Er gehört niemandem, aber jeder darf ihn hören. In der Stille des Herzens offenbart sich, dass du DAS bist, was du suchst. Chandravali Schang, Lohmar im November 1997 Vorwort 1. DIE GEBURT DES LÖWEN EINE AUTOBIOGRAPHIE - Die Suche nach einer anderen Realität - Der Pakt - Die Romantik des Todes - Der Anfang vom Ende eines Traumes - Die Geburt des Löwen - Brennen im Nichts - Zurück auf dem Marktplatz 2. DIALOGE ZUR SELBSTERFORSCHUNG SATSANG LEIDEN - Der Ich-Gedanke ist der Quell des Leidens - Schuld und Vergessen - Der Wunsch zu leiden - Die Leugnung des Leidens - Die Verheißung der unerfüllten Wünsche - Bequemlichkeit, Angst und Zorn - Leiden ist eine Täuschung DER WUNSCH NACH BEFREIUNG STERBEN INS UNBEKANNTE LEHRER UND SCHÜLER IN DER NICHT-LEHRE SELBSTERFORSCHUNG - Wer bin ich? - Was ist der Geist? - Von ICH zu Ich: Der scheinbare Selbstschrumpfungsprozess durch Identifikation mit dem Denken - Jenseits der Subjekt-Objekt-Beziehung: Das Auge kann sich selbst nicht sehen - Der Schmerz des Erwachens ERKENNTNIS: DER FALL INS BODENLOSE MEDITATION IST STILLE JENSEITS VON BEDINGUNGEN DIE REALISATION DES SELBST: KEINE PERSON WIRD »ERLEUCHTET« SO-HEIT OHNE BEDEUTUNG FREI VON LASTER, FREI VON TUGEND LIEBE OHNE BEZIEHUNG IM FLUSS DES SEINS Glossar 1. DIE GEBURT DES LÖWEN EINE AUTOBIOGRAPHIE - Die Suche nach einer anderen Realität Als ich 18 Jahre alt war, wurde es plötzlich ganz schlimm. Von außen betrachtet, schien es sich lediglich um die Krise eines Jugendlichen zu handeln, der sich mit den Unsicherheiten und Ängsten vor dem Eintritt ins Erwachsenenleben plagt. Bis zu diesem Zeitpunkt war mein Leben ganz normal verlaufen. Ich hatte eine behütete Kindheit erfahren und war in einer Mittelklassefamilie in einem wunderschönen Luftkurort in der Nordheide bei Hamburg großgeworden. Wir wohnten in einem geräumigen Landhaus mit einem herrlichen, großen Garten. Da das Haus direkt am Waldrand stand, konnten wir Kinder den Wald als einen großen Abenteuerspielplatz nutzen und uns austoben. Als Erstgeborener war ich das Wunschkind meiner Eltern gewesen. Natürlich gab es große Eifersuchtsszenen, als meine Geschwister geboren wurden und mir meinen Platz streitig machten. Doch insgesamt war es genau diese natürliche Dynamik des Familienlebens, die Ausdruck einer scheinbar relativ gesunden Familienstruktur war, welche mir Halt gab. Der gewohnheitsmäßige Tagesablauf, die Einbindung in schulische und familiäre Aktivitäten, in Sport und Spiel, hatten eine versteckte Unzufriedenheit und Freudlosigkeit aber nur mehr oder weniger erfolgreich verborgen. Rückblickend kann ich sagen, es war eine latente Depression. Gerade hatte ich mit wenig Elan das Abitur bestanden, da tat sich plötzlich ein großes schwarzes Loch in mir auf, für das sich keine Ursache finden ließ. Gewiss, schon seit einigen Jahren hatte es dunkle Vorzeichen gegeben. Nichts hatte mir in der Schule so recht Freude bereitet, ich hatte begonnen, die ersten Drogenerfahrungen zu machen und war mit der Polizei in Konflikt geraten. Erfahrungen mit halluzinogenen Drogen hatten meine Wahrnehmung für Bereiche geöffnet, in denen ich mich meinem Ursprung »irgendwie näher« fühlte als im Normalbewusstsein, und ich begann zu ahnen, dass mit der Wahrnehmung im täglichen Bewusstsein »irgendetwas nicht stimmte«. An diesem Punkt begegnete ich zum ersten Mal bewusst einer großen Macht, welche die Wahrnehmung bestimmte, sie auf eine bestimmte Realität fixierte: der Psyche. Das Tor zu einer anderen Realität, einer inneren Realität, war aufgetan worden. Grausam war jedoch, dass der Zugang zu dieser inneren Welt in seiner Fülle und Vielfalt nur durch den Einfluss von Drogen möglich schien. Jedes Mal, wenn die Reise vorüber war, wurde ich erbarmungslos wieder hinausgestoßen aus den Toren des vermeintlichen Paradieses. Ich war gefangen. Ein Gefangener meiner Wahrnehmung. Unter diesen Umständen sah ich nur einen einzigen Ausweg. Ich musste mehr über diese Psyche erfahren. Ich hatte die Gewissheit gewonnen, dass es eine unsichtbare Macht gab, die sich hinter der Welt oder dem, was meine Wahrnehmung mir als »die Welt« weismachen wollte, verbarg. Ich wollte alles daran setzen, um herauszufinden, wer oder was das war. Das äußere Leben, Essen, Trinken, Arbeiten, ja selbst jugendliche Vergnügungen erschienen mir eher eine Bürde zu sein, ein notwendiges Übel. Es war mir lästig und bereitete mir selten wirkliche Freude. Was lag jetzt näher, als mich für einen Studienplatz in Psychologie zu bewerben? Ich hatte Glück. Über das Ausländerkontingent bekam ich trotz hohem Numerus clausus einen der heiß begehrten Studienplätze an der Uni Hamburg. Um es kurz zu machen: Ich lernte viel über Statistiken und über psychologische Tests, doch über das Wesen der Psyche selbst lernte ich wenig. Dennoch halfen mir das Studium und vor allen Dingen das »Drumherum«, die Begegnung mit anderen Studenten usw., in meiner Erforschung weiterzukommen. Nach drei Jahren brach ich das Studium unmotiviert ab. Zu diesem Zeitpunkt begegnete ich auf einer Messe für Gesundheit, Psychologie und Esoterik meinem ersten Lehrer. Er war Marokkaner und war in die Lehre nordafrikanischer Sufis gegangen. Diese haben ausgefeilte Techniken entwickelt, um durch monotone, rhythmische Bewegungen, Atemtechniken und das Wiederholen bestimmter Laute erweiterte Bewusstseinszustände zu erlangen, die er als Trancen bezeichnete. Die Möglichkeit, solche Zustände auch ohne Zuhilfenahme von Drogen zu erlangen, reizte mich ungemein. Ich befand mich auf einer verzweifelten Suche. Rückblickend muss ich allerdings sagen, dass mir weder bewusst war, was genau ich suchte, noch war mir die Verzweiflung wirklich bewusst. In einem Moment der Klarheit schrieb ich in mein Tagebuch: »Mein Ziel ist der Heilsweg. Der Heilsweg ist der Weg der Einswerdung mit Gott. In diesem Leben wird es ein Ende ganz sicher nicht geben. Dafür sind die Bequemlichkeiten, die Ablenkungen zu groß, die Verlockungen zu unüberschaubar.« Erst Jahre später, nachdem ich mich von meinem Lehrer längst wieder getrennt hatte, sollte ich erkennen, dass ich unterbewusst im Kontakt mit dem »Übersinnlichen« zunächst etwas ganz anderes gesucht hatte: die Erfüllung eines unbewussten Wunsches nach Macht. Ein folgenschweres Missverständnis, wie sich später herausstellen sollte … - Der Pakt Ende der 80er Jahre arbeitete ich eng mit einem Kreis von Wahrheitssuchenden in Österreich zusammen. Ein- bis zweimal im Jahr trafen wir uns zu gemeinsamen Nachtritualen, in denen wir uns gegenseitig auf Reisen nach innen begleiteten. In jener Nacht hatte ich die Reise mit dem vermeintlich harmlosen Anliegen eröffnet, mehr darüber erfahren zu wollen, woher meine Grundangst gegenüber anderen Menschen und der ganzen Welt stammte. Plötzlich fand ich mich in einem Kellergewölbe wieder. Unterirdische Gänge waren in den Fels geschlagen, welcher durch das Licht der Kerzen an den Wänden kupfern schimmerte. Eine festliche, eine erhabene Stimmung ging von diesen Gewölben aus, als ich mich durch die langen Gänge bewegte und in einen großen runden Saal mit einer Kuppel eintrat. Der goldene Glanz der großen Altarkerzen erhellte den Raum nur spärlich. Es herrschte absolute Stille. Ich schaute in den Kreis. Sie waren zusammengekommen für dieses Ritual, Satan und seine Hohenpriester: die Herrscher der Unterwelt, zwölf an der Zahl, elf mächtige Gestalten in schwarzen, wallenden Gewändern, einer in Weiß. Ich wusste um meine innere Führung. Das gab mir absolutes Vertrauen. Der Ablauf eines jeden Bildes oder Gedankens geschah mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Ich war gekommen, um den Pakt zu lösen. Ich wollte beginnen, mich umzuschauen, als der Bewusstseinsfaden riss und die Kontinuität der Wahrnehmung abbrach. Ein neues Bild erschien: Ich sah die Seele auf ihrem Weg, in diese Welt zu inkarnieren. Als ich durch das Eingangstor hindurchschritt, hielt mich noch unter dem Torbogen ein Wächter an: Es war ein Engel von vollendeter Schönheit, seine blauen Augen wie aus Eis. Sein Name war Luzifer, und er ließ sich mit »Seine Majestät« anreden. Die Menschen sprachen von ihm als dem gefallenen Engel, er selbst stellte sich jedoch als ein Abgesandter Gottes vor, beauftragt, die Teilnahmeregeln hier auf Erden festzulegen und über ihre Einhaltung zu wachen – und er ergoss sich in Schwärmereien über die Lebensbedingungen auf Erden. In dem Moment, als wir den Handel besiegelten, geschah etwas Seltsames. Eine gewaltige Macht spaltete sich entzwei, und ich vergaß. Ich vergaß den Engel, ich vergaß den Handel, ich vergaß, wer ICH BIN. Da dämmerte es mir, dass dieser Handel ein Pakt gewesen war. Ich nenne ihn »die Versuchung«, und sie begann, gnadenlos zu wirken von dem Moment an, wo der Pakt besiegelt worden war.

Reihe/Serie Arkana ; 21742
Sprache deutsch
Maße 125 x 183 mm
Gewicht 316 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Östliche Weisheit / Alte Kulturen
Schlagworte Advaita • Advaita / Nicht-Dualität / Nondualität • Selbsterfahrung • Selbstfindung
ISBN-10 3-442-21742-3 / 3442217423
ISBN-13 978-3-442-21742-7 / 9783442217427
Zustand Neuware
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Mehr entdecken
aus dem Bereich