Hat hier mal jemand einen Mussknacker? -  Marie Brunner

Hat hier mal jemand einen Mussknacker? (eBook)

Warum du erst mal gar nichts musst
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-9314-8 (ISBN)
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Immer diese Erwartungen! Blöderweise werden sie nicht nur von außen an uns Frauen herangetragen. Sie kommen auch aus dem Inneren. Wie frau sein, aussehen, sich benehmen sollte und natürlich auch: wie nicht! Anne ist gestresste Mittvierzigerin und hat die Schnauze voll von Sätzen, die mit 'Du solltest' beginnen. Mit ihrer feministischen 'Die-Männer-sind-schuld'-Freundin Simone und der in einer konventionellen Ehe lebenden 'Ich-halte-meinem-Mann-den-Rücken-frei'-Maja diskutiert sie konfrontativ und humorvoll die großen Fragen des Frauseins. Marie Brunners ultimativ entlastendes Buch ruft den Leserinnen zu: Du bist nicht allein mit diesem Erwartungs-Mist. Die Lösung: Schnapp dir einen Mussknacker und mach aus den Zwängen Kleinholz!

Marie Brunner, geboren 1977 in Karlsruhe, arbeitet als Online-Redakteurin einer großen Tageszeitung in Köln. Mit der Anschaffung eines Hundes will sie warten, bis ihre beiden spätpubertären Kinder aus dem Haus sind. Die Abschaffung des Mannes ist momentan nicht geplant.

Marie Brunner, geboren 1977 in Karlsruhe, arbeitet als Online-Redakteurin einer großen Tageszeitung in Köln. Mit der Anschaffung eines Hundes will sie warten, bis ihre beiden spätpubertären Kinder aus dem Haus sind. Die Abschaffung des Mannes ist momentan nicht geplant.

SANDKASTENSPIELE


ICH MUSS … SEXY AUSSEHEN

Wir sitzen auf einer Bank beim Buddelkasten. Das Wetter ist herrlich, trotzdem ist es eher ruhig hier. Normalerweise, so hat Maja uns erklärt, sind viel jüngere Kinder hier, und am Wochenende und in den Ferien würde Toni sich kategorisch weigern, hier vormittags herzukommen. »Mama, ich bin doch kein Baby mehr! Ich bin ein Schulkind!« Aber jetzt, wo die Kleinen zum Mittagsschlaf nach Hause gebracht wurden und einige von Tonis Freundinnen ebenfalls hier sind, genießt sie es, noch ein Kind zu sein. Es sind auch ein paar Jungs hier – unüberhörbar. Sie sind unter sich – hier herrscht konsequente Geschlechtertrennung. Fasziniert beobachten wir die Mädchen beim Spielen. Beziehungsweise eher beim Reden. Nach einer Weile sagte Maja: »Ist euch das auch schon mal aufgefallen, wie unterschiedlich Jungs und Mädchen spielen?« Ich merke, dass Simone sofort aufbegehrt gegen »geschlechtsspezifische Zuschreibungen und Stereotype«, wie sie vermutlich sagen würde, aber ich lege ihr die Hand auf den Unterarm und bringe sie so dazu, sich erst mal zurückzuhalten. Ich will Maja vor der nächsten Verunsicherung schützen – außerdem interessiert mich ihre Beobachtung. »Jungs fangen sofort an zu spielen. Laut und grob. Ein Ball oder ein paar Stöcke und los geht’s. Dagegen die Mädchen … schaut selbst. Die räumen seit zehn Minuten ihre Spielfläche auf und palavern darüber, was sie spielen wollen und wie die Regeln sind. Jede Wette: Wenn ich in einer Stunde zu Toni sage, dass wir jetzt nach Hause müssen, weil Lennart heimkommt, wird sie sagen. ›Och, schaade, Mami! Wir wollten gerade anfangen zu spielen!‹ Ist immer so.« Und tatsächlich: Die Mädchen sind eher mit einer Anleitung für Rollenspiele beschäftigt als mit echter »Action«. Sie reden eher, als zu spielen, und der Konjunktiv ist ihr wichtigstes Werkzeug. »Du wärst jetzt die gefangene Prinzessin und ich wäre der Prinz und dann käme ich und würde dich befreien.« Ich nicke verblüfft. »Ist mir noch nie aufgefallen. Ist das immer so, bei allen Mädchen?« Maja beugt sich vor, um an mir vorbei betont deutlich in Richtung Simone zu sagen: »Nein, natürlich ist es nicht bei allen Mädchen und Jungs so. Man darf ja nicht verallgemeinern.« Das kommt im Ton eine Spur zu patzig rüber, als dass man es einfach als zutreffende Klarstellung verstehen könnte. Ich frage Maja: »Sag mal, du fühlst dich doch irgendwie unwohl. Was ist los?« Statt zu antworten, lässt sie ihren Blick an Simones etwas speckigen Jeans und ihren ausgelatschten Gesundheitsschuhen entlanggleiten. »Ich hätte euch vorher sagen sollen, dass wir uns hier öffentlich präsentieren. Dann hättet ihr euch klamottenmäßig darauf einstellen können. Wäre fairer gewesen.« Ich bin wie vom Donner gerührt. Ich habe zwar die missbilligenden Blicke von der nächsten Bank registriert, mir aber keine Gedanken darüber gemacht. »Du meinst … wir beide fallen auf, weil wir uns nicht aufgebrezelt haben, und das fällt auf dich zurück?« Maja reagiert zuerst mit dem etwas kindlichen Trotz, den wir schon kennen von ihr. Meistens ist das die letzte Station, bevor sie den Blickwinkel ändert. »Ich sehe schön angezogene und gepflegte Menschen auch lieber an als Schluris. Wie manche Männer rumlaufen … und auch manche Frauen …« Dann schaut sie uns verzweifelt an und zuckt nur mit den Achseln. Simone hat Majas vorherigen Satz zuerst gar nicht auf sich bezogen, aber jetzt beginnt es in ihr zu brodeln. »Du schämst dich, mit uns gesehen zu werden, oder? Weil wir uns nicht geschminkt haben für den Spielplatz. Na, dann gehe ich wohl besser mal!«

Maja schreit fast. »Nein! Bitte nicht gehen, Simone! Ich finde diesen Druck doch selbst unerträglich.« Dann fährt sie flüsternd fort. »Die da drüben, die immer so blöd guckt, die Laura, ist eine eingebildete Zicke. Aber sie bestimmt in der WhatsApp-Elterngruppe, wer gerade in der Gunst der Müt… der Eltern oben steht und wer nicht. Lasst mich bitte nicht allein mir ihr!« Und dann bricht es aus ihr heraus. Den Tränen nahe sagt sie: »Es ist sooo anstrengend, immer die adrette, gut gelaunte, fitte, gut aussehende sexy Maja sein zu müssen! Wenn irgendwo Männer sind, werde ich mit Blicken abgecheckt auf fuckability. Auf meinen MILF-Faktor. Zu Hause wünscht sich Dirk, dass ich mich verführerisch anziehe und immer willig bin, wenn er Lust hat. Und selbst auf dem Spielplatz, wo nur Mütter sind, wird ununterbrochen gescannt, verglichen und bewertet! Es kotzt mich an!« Mit diesem Satz reißt Maja sich die teuren Schuhe von den Füßen, krempelt ihre Chino-Hose achtlos hoch und streckt die nackten Füße von sich. Danach löst sie die Klammern aus den Haaren, sodass ihr Frisurenkunstwerk in sich zusammenfällt, und verschränkt bockig die Arme vor der Brust.

Ich bin echt verdattert. Ich dachte immer, Maja fühle sich pudelwohl in ihrer eher traditionellen Frauenrolle, dabei stresst sie sie offenbar ziemlich. Immerhin will sie jetzt ernsthaft und ehrlich reden. Die auffällig-unauffällig zuhörende Frau auf der nächsten Bank streift sie ab und zu mit einem provozierenden Blick – offenbar hat sie es satt, sich vor ihr zu fürchten. »Simone, es tut mir leid, dass ich eben so zickig war. Ich wehre mich oft gegen das, was du sagst, weil es so schwer ist, vor mir selbst zuzugeben, dass du recht hast. Ich führe ein scheiß-oberflächliches Püppchen-Leben, so wie die meisten Mütter aus der Klasse …« – Blick zur Nebenbank – »… und ich bin es leid, immer weiter in dieser Mühle zu sein. Aber das ist meine Welt, und ich kann die Regeln nicht ignorieren. Und auch nicht den Druck, der von Instagram & Co kommt, auch wenn der Mädchen und jungen Frauen noch viel mehr zusetzt. Trotzdem, Simone: Natürlich hat es auch viel mit den Männern zu tun, wenn wir gut aussehen wollen. Oder müssen. Du hast natürlich recht.« Ich schaue fasziniert auf ihre babyglatten Waden. »Apropos: Du rasierst dir täglich die Beine, oder? Ist das für dich oder für Dirk oder …?« Maja grinst unsicher: »Nicht nur die Beine.« Ich reiße die Augen auf. »Echt? Auch … also … im Schritt?« Maja nickt. »Er steht drauf. Und ich finde es inzwischen auch hygienischer.« Simone schnaubt hörbar und genervt. »Soll ja jede machen, wie sie will – aber diesen Quatsch mit der Hygiene solltet Ihr mal vergessen. Der Mensch hat ja nicht zufällig dort Körperhaare, wo sich viel Schweiß bildet, also eben unter den Achseln und im Schambereich. Die Haare fangen den Schweiß ab. Nimmt man sie weg, hat er freie Bahn. Das geht dann nur mit dreimal täglich Duschen und 48-Stunden-Deo weg. Ganz toll für die Umwelt und für den Säureschutzmantel der Haut.« Das war eine echte Simone: pragmatisch, am Ende ironisch – und völlig unempfindlich gegenüber den Zwängen eines konventionelleren Frauenlebens. Aber Maja will jetzt reden. »Du bist nicht rasiert?«, fragt sie mich. »Na, ich trimme den Busch schon. Aber ganz weg mag Jens nicht. Er sagt, das sehe dann aus wie bei kleinen Mädchen, und er möge mich doch, weil ich eine erwachsene Frau bin.« Erschrocken füge ich hinzu: »Womit ich natürlich nicht sagen will, dass Dirk …« Maja winkt ab. »Schon gut, weiß ich. Aber sag mal: Wie gehst du damit um, wenn ihr nicht gleichzeitig Lust habt? Also ich …« – offenbar will sie eher etwas loswerden, als meine Antwort zu hören. Was mich ehrlich gesagt erleichtert. Ich bin vermutlich ein bisschen verklemmt, jedenfalls liegen mir Intimgespräche nicht so. Also lasse ich sie gerne reden.

Maja schaut sich um und spricht leiser: »Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mit Dirk an den fruchtbaren Tagen rund um den Eisprung zu wenig Spaß im Bett – und an den anderen Tagen will er für meinen Geschmack zu oft und zu viel. Ist echt ein Dilemma. Wie ist es bei dir?« Jetzt bin ich doch dran. Ich stammle herum, bevor ich mit der Wahrheit rausrücke. »Als Hausmann ist Jens nicht ganz unbrauchbar. Also er hat wenigstens guten Willen. Manchmal. Und er wäre sicher ein liebevoller Vater. Als Partner ist er echt ein guter Fang. Aber ich fürchte, sexuell törnt mich genau das ab.« Ich habe kalten Schweiß auf der Stirn. So klar habe ich das noch nie formuliert – nicht mal im Stillen mir selbst gegenüber. Hastig schiebe ich nach: »Aber ich finde es mindestens genauso wichtig, dass wir beieinander sind und kuscheln. Es muss ja nicht immer Hochleistungs-Befriedigungssport sein.« Maja nickt eifrig und dankbar. »Ja, genau. Ich denke auch immer: Hauptsache, wir sind zusammen. Er scheint ja weiter auf mich zu stehen, das ist doch auch nicht unwichtig. Und ich will ihm ja auch gefallen. Und gesehen werden. Auch von anderen Männern. Gesehen – nicht angeglotzt und mit Blicken ausgezogen. Meine Mutter beschwert sich übrigens inzwischen, dass Männer ihr nicht mehr nachschauen. Auch verrückt, oder?«

Simone mischt sich ein, pragmatisch wie immer. »Keine Frau ist verpflichtet, ihrem Mann zur Verfügung zu stehen, nur weil er gerade Lust hat. Und was eure eigene Lust angeht: Es gibt doch nicht nur Männer. Ich mache regelmäßig ein Wochenendseminar: Orgasmusarbeit mit Frauen. Da komme ich regelmäßig …« die Kunstpause an dieser Stelle ist sicher kein Zufall; Simone hat einen speziellen Humor – »… seeeehr entspannt und ausgeglichen nach Hause.« Sie grinst uns frech an. Maja ist jetzt richtig aufgekratzt. Absichtlich laut sagt sie: »Ich bin so froh, dass ihr meine Freundinnen seid und nicht diese gelangweilten Muttis aus der Schule. Scheißegal, wie ihr angezogen seid.« Die teuer-lässig gekleidete Frau auf der Bank neben uns steht abrupt auf und kommt auf uns zu. Auweia. Gibt es jetzt Ärger? Zickenkrieg mit Haareziehen und Augenauskratzen? Aber weit...

Erscheint lt. Verlag 5.3.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Am Arsch vorbei geht auch ein Weg • anti peer pressure • Authentisch sein • Der geile Scheiß vom Glücklichsein • eigene identität finden • Einfach mal so tun als ob das Leben einfach wäre • Empowerment • Erwartungen • erwartungen loslassen • Erwartungsdruck • female empowerment • Frauenpower • Fuck it • gegen Selbstoptimierung • Geschlechterrollen • gesellschaftlichen erwartungen trotzen • gesellschaftliche rollenbilder • humorvolle Lebenshilfe • Mach's wie die Möwe scheiß drauf • mehr selbstakzeptanz • Ratgeber mehr Selbstbewusstsein • Selbstbestimmt Leben • Selbstbewusstsein • Selbstermächtigung • Selbstliebe • Selbstoptimierung loslassen • Selbstvertrauen • Sisterhood
ISBN-10 3-8338-9314-1 / 3833893141
ISBN-13 978-3-8338-9314-8 / 9783833893148
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