Ernährung für die Psyche: Das Kochbuch (eBook)
256 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-2321-4 (ISBN)
Sabrina Mörkl ist Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Ernährungsmedizinerin, Wissenschaftlerin und Dozentin an der Medizinischen Universität Graz in Österreich. 2018 gründete sie die »Teaching Unit« für Ernährungsmedizin in der Psychiatrie. Sie ist Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und der »International Society of Nutritional Psychiatry Research« (ISNPR) und veröffentlichte Arbeiten in internationalen Fachzeitschriften und Lehrbüchern zum Thema Darm-Gehirn-Achse, Ernährung und Psyche. Ihr Spezialgebiet »Nutritional Psychiatry« beschäftigt sich mit der Vorbeugung und Behandlung von psychischen Erkrankungen mit Ernährung. Nach seiner Kochlehre und Ausbildung zum Küchenmeister bildete sich Attila Várnagy zum diätetisch geschulten Koch weiter. Die Arbeit mit Dysphagie-Patienten motivierte ihn zum Studium des Präventions- und Gesundheitsmanagements. Im Rahmen seiner Masterarbeit untersuchte er die therapeutische Wirksamkeit von Ernährungs- und Kochschulungen für stationäre Patient*innen der Universitätsklinik für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin.
Sabrina Mörkl ist Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin, Ernährungsmedizinerin, Wissenschaftlerin und Dozentin an der Medizinischen Universität Graz in Österreich. 2018 gründete sie die »Teaching Unit« für Ernährungsmedizin in der Psychiatrie. Sie ist Vorstandsmitglied der österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und der »International Society of Nutritional Psychiatry Research« (ISNPR) und veröffentlichte Arbeiten in internationalen Fachzeitschriften und Lehrbüchern zum Thema Darm-Gehirn-Achse, Ernährung und Psyche. Ihr Spezialgebiet »Nutritional Psychiatry« beschäftigt sich mit der Vorbeugung und Behandlung von psychischen Erkrankungen mit Ernährung. Nach seiner Kochlehre und Ausbildung zum Küchenmeister bildete sich Attila Várnagy zum diätetisch geschulten Koch weiter. Die Arbeit mit Dysphagie-Patienten motivierte ihn zum Studium des Präventions- und Gesundheitsmanagements. Im Rahmen seiner Masterarbeit untersuchte er die therapeutische Wirksamkeit von Ernährungs- und Kochschulungen für stationäre Patient*innen der Universitätsklinik für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin.
Biochemie der Gefühle: Wie stellen wir Glücksbotenstoffe her?
»Niemand wird Krankheiten heilen können, der nicht die wirklichen Ursachen kennt.«
Aurelius Cornelius Celsus
Unser Gehirn ist ständig aktiv, auch wenn wir schlafen. Es nutzt Elektrizität und chemische Botenstoffe, sodass eine Nervenzelle mit einer anderen kommunizieren kann. Tausende Enzyme arbeiten ununterbrochen, um Energie herzustellen und unseren Stoffwechsel aufrechtzuerhalten, sodass wir denken, fühlen und wahrnehmen können. Auch gerade in dieser Sekunde, in der Sie Ihre Augen über diese Zeilen wandern lassen. Alle Prozesse innerhalb und außerhalb unseres Gehirns sind auf Energiezufuhr und somit die richtige Ernährung angewiesen.
In den nächsten Kapiteln möchte ich Sie gerne auf eine Reise mitnehmen durch das spannende Themengebiet von Ernährung und Psyche. Wir werden gemeinsam erkunden, wie Glücksbotenstoffe hergestellt werden, was die Darm-Gehirn-Achse ist und wie wir ihre Funktion mit der passenden Ernährungstherapie unterstützen können.
Als Fachärztin für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin habe ich an der Medizinischen Universität Graz viele Studien zur Darmflora durchgeführt, wodurch mir die engen Zusammenhänge mit der Ernährung bewusst wurden. Gleichzeitig wurde mir klar, dass Ernährung in sehr engem Zusammenhang mit der Psyche steht – und ich kaum etwas zu diesem Thema in meinem Medizinstudium oder in der Facharztausbildung gelernt habe. Meine Forschungsgruppe und ich haben vor einigen Jahren weltweit 1056 Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten gefragt, wie diese ihr Ernährungswissen einschätzen. Tatsächlich haben nur 0,8 Prozent (!) angegeben, über ein sehr großes Wissen in diesem Bereich zu verfügen. 74,3 Prozent der Psychiater und 66,3 Prozent der Psychologen haben berichtet, keinerlei Ausbildungen oder Weiterbildungen zum Thema Ernährung und Psyche besucht zu haben. Ein bisschen in Kontrast dazu steht, dass dennoch 58,6 Prozent der Teilnehmenden angaben, Nahrungsergänzungsmittel zu empfehlen und 43,8 Prozent auf teils abenteuerliche Spezialdiäten für die Behandlung der Psyche zurückgriffen.2
Seien Sie also nicht enttäuscht, sollte Ihnen Ihr behandelnder Psychiater, Psychologe oder Psychotherapeut nicht viel über Ernährung bei psychischen Erkrankungen sagen können. Er hat wahrscheinlich im Studium nichts von dem spannenden Bereich der Ernährungspsychiatrie gehört, über welche Sie in den nächsten Kapiteln lesen und lernen werden. Genauso wie meine Kollegen hatte ich selber in meinem sechsjährigen Studium der Medizin kaum Vorlesungen zu diesem Thema. In der Facharztausbildung wurde es gar nicht behandelt. Erst durch Zusatzausbildungen konnte ich mich in diesen wichtigen Bereich vertiefen. Das meiste habe ich ohnehin erst in der Praxis für und durch meine Patienten gelernt, die den Mut hatten, auch unkonventionellere psychiatrische Therapien und Ernährungsformen auszuprobieren.
Aber nun geht’s los: Nehmen wir an, jemand kocht Ihnen etwas Gutes, überreicht Ihnen ein Geschenk, Sie werden befördert, gewinnen im Lotto oder sitzen am Abend mit einem geliebten Menschen am Strand. Ihre Gehirnzellen würden durch Freude aktiviert werden und ein regelrechtes Glücksgewitter würde in Ihrem Kopf geschehen. Wie oben erwähnt, kommunizieren unsere Nervenzellen im Gehirn über elektrische Signale miteinander. Für eine optimale Signalübertragung ist es jedoch notwendig, dass nicht nur elektrisch zwischen den einzelnen Nervenzellen kommuniziert wird, sondern auch chemisch, über die sogenannten Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter). Diese haben wohlklingende Namen wie Serotonin, Dopamin oder Noradrenalin.
Schon in den 60er-Jahren postulierten Joseph Schildkraut, ein Professor an der renommierten Harvard University, und Dr. Alec Coppen, ein britischer Psychiater, etwas, das man heutzutage regelhaft antrifft, wenn man ein Psychiatrie-Lehrbuch aufschlägt: Viele psychische Erkrankungen seien in einem Ungleichgewicht von Nervenbotenstoffen begründet. Zum Beispiel käme es bei Depressionen zu einer verminderten Verfügbarkeit der Nervenbotenstoffe Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin.3,4 Haargenau dies erklären wir auch in der Klinik, wenn ein Patient uns fragt: »Warum habe ich eigentlich Depressionen?« und »Warum brauche ich Medikamente?«
Serotonin ist tatsächlich grundlegend für unsere Stimmung – aber es hat auch andere Aufgaben, wie zum Beispiel die Regulation des Appetits oder der Schmerzempfindung. Obwohl ein Mangel an Nervenbotenstoffen wie Serotonin in den Lehrbüchern beschrieben ist, wird häufig nicht beschrieben, woher dieser Mangel kommt und was ihn verursacht. Leider können wir Serotonin auch nicht verlässlich im Blut messen beziehungsweise die Blutwerte lassen keine gesicherten Prognosen darüber zu, ob Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) im Gehirn wirken oder nicht. Es kann sich nichtsdestotrotz lohnen, einen Blick in die Biochemiebücher zu werfen und sich zu fragen: »Wie macht der Körper eigentlich Nervenbotenstoffe?« und »Was hat Ernährung damit zu tun?«
Die Chemie muss stimmen! Große und kleine Baustoffe
Ein Orchester aus lebensnotwendigen Nährstoffen muss optimal zusammenspielen, um grundlegende Funktionen im Stoffwechsel zu regulieren. Grob unterscheidet man zwischen Makronährstoffen (Makros = groß) und Mikronährstoffen (Mikros = klein). Makronährstoffe werden in großen Mengen benötigt und bilden die Bausubstanz. Zu ihnen gehören Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette. Kohlenhydrate finden Sie beispielsweise in Vollkorn, Gemüse und Früchten. Sicher haben Sie schon einmal ein Stück Brot länger gekaut. Hierbei wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass es bei längerem Kauen beginnt, süß zu schmecken. Sie vermuten richtig: Die kleineren Einheiten der Kohlenhydrate sind Zucker. Und aus Zuckern gewinnt unser Gehirn normalerweise den Hauptanteil seiner Energie.
Ebenso zählen Eiweiße zu den Makronährstoffen. Haben Sie schon einmal in einem Labor Ihr Gesamteiweiß bestimmen lassen? Es gibt einen groben Überblick darüber, wie gut Ihr Körper mit den Baustoffen für Nervenbotenstoff versorgt ist. Eiweiße finden wir zum Beispiel in Fleisch, Fisch, Bohnen oder Milchprodukten. Die kleinen Bausteine der Eiweiße nennt man Aminosäuren, hier gibt es sogenannte essenzielle Aminosäuren, welche wir unbedingt aus der Nahrung aufnehmen müssen. Als sehr wichtig für die Psyche gelten Tryptophan, die Vorstufe von Serotonin und Melatonin, sowie Tyrosin, die Vorstufe von Dopamin.
Fette sind essenzielle Baustoffe unserer Nervenzellen, dienen den Zellen untereinander als Abgrenzung und sind als Cholesterin auch Grundbaustoff der Hormone (also von wegen, dass Cholesterin nur schlecht sei!). Wichtig für die Psyche sind vor allem die Verhältnisse zwischen den Fetten, welche wir zuführen. Wir nehmen beispielsweise in unserer typischen Ernährung zu viel Omega-6-Fette und gesättigte Fettsäuren (wie in Schmalz) auf und zu wenig an ungesättigten Fetten (wie in Olivenöl, Leinöl oder Rapsöl).
Mikronährstoffe werden nur in kleineren Mengen gebraucht, aber sind nichtsdestotrotz wesentlich für das Funktionieren von Enzymen, die Nervenbotenstoffe herstellen. Zu ihnen gehören Vitamine (wie Vitamin C, D und B12) und Mineralien (nicht organische Substanzen wie zum Beispiel Zink oder Selen).
Abbildung 1 zeigt den Herstellungsprozess der Nervenbotenstoffe. Damit etwas gebaut werden kann, brauchen wir zuerst Baumaterial und Bauarbeiter. Das Baumaterial unserer Nervenbotenstoffe sind Eiweiße. Vielleicht haben Sie heute schon eine Cashewnuss gegessen? Diese enthält das Eiweiß Tryptophan, den Grundstoff für unseren Nervenbotenstoff Serotonin. Trotzdem macht der Verzehr von Tryptophan allein noch nicht glücklich, genauso wie das Baumaterial allein nicht ausreicht, um ein Haus aufzustellen. Nun kommen die Enzyme ins Spiel: Als Bauarbeiter wandeln sie Tryptophan über Zwischenstufen wie 5-HTP zu Serotonin und schließlich zu Melatonin um. Damit ihnen das gelingt, brauchen sie Co-Faktoren. Diese Co-Faktoren sind Vitamine und Mineralstoffe und sie kommen aus der Nahrung. Beachten Sie auch, dass ein Botenstoff in einen anderen umgewandelt werden kann – Serotonin, für die Stimmung, kann in Melatonin, das Schlafhormon, umgewandelt werden. Aus Dopamin – wichtig für das Empfinden von Freude und Lust – kann Noradrenalin werden, welches uns antreibt und uns die Kraft gibt, morgens aus den Federn zu kommen.
Abbildung 1: Herstellung der Nervenbotenstoffe und Co-Faktoren (Vitamine, Mineralstoffe)
Die Vielzahl von Co-Faktoren, die benötigt wird, um die Nervenbotenstoffe herzustellen, unterstreicht die Notwendigkeit und Wichtigkeit einer vielfältigen, gesunden Ernährungsweise. Nährstoffe wie Omega-3-Fette, B-Vitamine, Magnesium und Zink sind für die Synthese und das richtige Funktionieren unserer Nervenbotenstoffe unerlässlich. Wir sind,...
Erscheint lt. Verlag | 10.12.2023 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Ernährung / Diät / Fasten |
Schlagworte | ADHS • Backen • Beeren • Eintöpfe • Gesundheit • Glückshormone • Grüntee • Ingwer • Kochen • Kurkuma • Magnesium • Mental • Mental Health • mindful eating • Obst • Pfannengericht • Probiotika • PTBS • Rezeptbuch • Salate • Selbstfürsorge • Serotonin • Smoothies • Snacks • Stressabbau • Suppen • Therapie |
ISBN-10 | 3-7453-2321-1 / 3745323211 |
ISBN-13 | 978-3-7453-2321-4 / 9783745323214 |
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Größe: 25,6 MB
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